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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
EmissionsschutzG Kesselanlagen 2005 §2 Z10;Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:* EU-Register: EU 2013/0006 16. April 2015 Vorabentscheidungsverfahren:* Vorabentscheidungsantrag des VwGH oder eines anderen Tribunals:C-570/13 Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2010/05/0174Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz und die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerden 1. der Stadtgemeinde B, vertreten durch Neger/Ulm Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Parkstraße 1 (hg. Zl. 2010/05/0173), 2. der KZ und 3. des Ing. GZ, beide in V, beide vertreten durch Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Volksgartenstraße 3/1 (hg. Zl. 2010/05/0174), gegen den Bescheid des Umweltsenats vom 13. Juli 2010, Zl. US 3A/2010/5-25, betreffend Feststellung gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (mitbeteiligte Partei: A GmbH in Wien, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16; weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend),
Spruch
I) zu Recht erkannt:
Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II) den Beschluss gefasst:
Das Beschwerdeverfahren betreffend die Zweitbeschwerdeführerin und den Drittbeschwerdeführer (zur Zl. 2010/05/0174) wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in jener Rechtssache, in der er mit hg. Beschluss vom 16. Oktober 2013, Zl. 2012/04/0040, angerufen wurde, ausgesetzt.
Begründung
In einem Edikt gemäß § 44a AVG gab die Bezirkshauptmannschaft V. bekannt, dass die hier Mitbeteiligte mit Eingabe vom 7. Mai 2009 die Wiederinbetriebnahme des Kraftwerks Voitsberg (im Folgenden: V.) III angezeigt und die Genehmigung für eine Umstellung des Brennstoffes von Braunkohle auf Steinkohle beantragt habe. Dabei erfolge keine Erhöhung der (elektrischen) Leistung von 330 MW. Als Rechtsgrundlage wurden die §§ 5 bis 7 des Emissionsschutzgesetzes für Kesselanlagen (im Folgenden: EG-K) angeführt.
Mit Antrag vom 22. September 2009, gerichtet an die Steiermärkische Landesregierung, beantragte der Bürgermeister der Stadtgemeinde V. (eine Standortgemeinde), die Landesregierung möge gemäß § 3 Abs. 7 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (im Folgenden: UVP-G 2000) feststellen, ob durch die projektierte Umstellung der Feuerung von Braunkohle auf Steinkohle in Block 3 des Kraftwerkes V. ein UVP-pflichtiger Tatbestand verwirklicht sei. Im Antrag verwies der Bürgermeister auf seine Zuständigkeit als Baubehörde erster Instanz, weshalb er auch berechtigt sei, einen derartigen Feststellungsantrag zu stellen.
In ihrer im Feststellungsverfahren erstatteten Stellungnahme erklärte die Umweltanwältin des Landes Steiermark, dass es durch die Umrüstung auf Steinkohle jedenfalls zu einer Erhöhung der Brennstoffwärmeleistung (im Folgenden: BWL) im UVP-relevanten Ausmaß kommen werde, sodass diese Änderung einer UVP zu unterziehen sei. Sie schloss dem unter anderem die Emissionserklärung des früheren Betreibers des Kraftwerkes vom Dezember 2006 an, wonach die BWL 792 MW betragen habe. Angeschlossen war auch ein Report des Österreichischen Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2006, in welchem alle Großfeuerungsanlagen über 300 MW aufgelistet sind und in dem ebenfalls die BWL für das Kraftwerk V. III mit 792 MW angegeben ist.
Laut einem Aktenvermerk vom 7. Dezember 2009 hat eine Vielzahl von Bürgern per e-mail, gerichtet an die Steiermärkische Landesregierung, die Durchführung einer UVP verlangt; darunter waren offenbar auch die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien, wie aus einem Informationsschreiben der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Dezember 2009, gesendet an alle Einschreiter, hervorgeht.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 stellte die Steiermärkische Landesregierung fest, dass für das Vorhaben der Mitbeteiligten "Umrüstung des Blockes 3 des bestehenden Dampfkraftwerkes V. auf den Betrieb mit Steinkohle" an dem näher beschriebenen Standort in V. nach Maßgabe der in der Begründung präzisierten Form keine UVP durchzuführen sei. Die von der Behörde beigezogenen Sachverständigen hätten plausibel dargelegt, dass technisch limitierende Faktoren eine Erhöhung der BWL ausschlössen; bei Umsetzung des Projekts werde der Wirkungsgrad der Anlage erhöht, was sogar zu einer Senkung der BWL führe.
Gegen diesen Bescheid haben die Umweltanwältin, der Bezirkshauptmann von V. als mitwirkende Behörde, die Stadtgemeinde V., die erstbeschwerdführende weitere Standortgemeinde sowie die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien Berufung erhoben.
Mit ihrer Berufung legte die Umweltanwältin das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Dr. R. vom 11. Jänner 2010 vor. Dieser Sachverständige erachtete eine BWL von 792 MW als realistische Durchschnittsleistung im Braunkohlebetrieb. Ausgehend vom Projekt der Mitbeteiligten errechnete der Sachverständige auf Grund der Dampfmenge von 980 Tonnen pro Stunde eine BWL bei Steinkohlebetrieb von 816 MW, somit eine Leistungserhöhung um 24 MW. Da das umgebaute Kraftwerk nunmehr nicht nur in den Wintermonaten, sondern ganzjährig (außer August) betrieben werden solle, ergebe sich auf Grund der Verschmutzung an den Heizflächen im Feuerraum und in den Nachschaltheizflächen durch Schlacke, Ruß und Asche ein verminderter Wärmeübergang zu den Siederohren, welcher einer zusätzlichen BWL von 20,4 bis 24,5 MW zur Kompensation des Wirkungsgradverlustes bedürfe. Schließlich führe der Betrieb in den Sommermonaten zu einer Erhöhung der Kaltwassertemperatur, was wiederum eine Erhöhung der BWL um 36,7 MW erfordere. Damit würde die Umstellung auf Steinkohle insgesamt eine Erhöhung der BWL um 81,1 bis 85,2 MW erforderlich machen.
Dieser Gutachter beschäftigte sich auch mit den nach der Änderung zu erwartenden Emissionen. Zur Staubbelastung führte er aus, mit der Verbrennung der Steinkohle werde sich auch die Qualität der Asche verändern; es sei fraglich, ob die Entstaubung der bestehenden Anlage für die Steinkohleasche eine dem Stand der Technik entsprechende Abscheideleistung bringen könne. Auf Grund der höheren Feuerraumtemperatur mit Steinkohle komme es zu verstärkter thermischer und prompter Bildung von Stickstoffoxyd. Dadurch sei ein deutlich verändertes Immissionsverhalten des Kessels gegeben. Steinkohlen wiesen meist höheren Schwefelgehalt als Braunkohlen auf, was den Gehalt an Schwefeldioxid im Rohgas erhöhen würde.
Von der Mitbeteiligten wurde das Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dipl. Ing. Dr. H. vom 12. April 2010 vorgelegt. Dieser Sachverständige betonte einleitend in seinem Gutachten grundsätzlich, dass der Nettowirkungsgrad eines Braunkohlekraftwerkes um 2 bis 3 % niedriger als der eines Steinkohlekraftwerkes sei, weshalb es nicht möglich sei, dass bei einem Umstieg vom Brennstoff Braunkohle auf den Brennstoff Steinkohle bei festgehaltener elektrischer Leistung der Brennstoffwärmebedarf ansteige. Aus den Genehmigungsdokumenten der bestehenden Anlage erschloss er eine implizit genehmigte maximale BWL von ca. 848 MW. Die von der Mitbeteiligten angegebene maximale BWL von 818 MW bewirke keine Erhöhung der BWL. Ausgehend von dem maximalen kontinuierlichen Dampfmassenstrom von 980 Tonnen pro Stunde betrage die BWL bei Produktion von 330 MW bei Braunkohle zwischen 780 und 848 MW, bei Steinkohle zwischen 753 und 818 MW. Im Gutachten Dipl. Ing. Dr. R. würden mehrmals unbelegte, nicht nachvollziehbare und zum Teil fehlerhafte Zahlenwerte aneinander gereiht. Dabei werde insbesondere der Grundsatz missachtet, dass der Brennstoffverbrauch bei steigendem Wirkungsgrad und konstanter Stromproduktion sinke.
Darauf bestellte die belangte Behörde Dipl. Ing. Dr. B. zum Sachverständigen mit dem Auftrag, ein Gutachten darüber zu erstellen, welche BWL während des Betriebes des Projekts bei beantragter Betriebszeit und beantragtem Brennstoff im 11- monatigen Durchschnitt notwendig sei, um die beantragten 330 MW zu erreichen. Schon vorgegeben wurde in diesem Gutachtensauftrag, dass als BWL nicht der kurzfristig technisch mögliche Maximalwert, sondern der stündliche Durchschnittswert anzusetzen sei, der notwendig sei, um während der 11-monatigen Betriebszeit dauernd 330 MW zu erreichen.
Im Gutachten des Dipl. Ing. Dr. B. werden in einer Tabelle die Ergebnisse pro Kalendermonat für eine Generatorleistung von 330 MW dargestellt, wobei auch die einzelnen Komponenten für diese Ergebnisse angeführt sind. Danach ist die BWL im Monat Dezember mit 793 MW am geringsten, im Monat Juli mit 831 MW am höchsten. Der gewichtete Jahresdurchschnitt betrage 803 MW. Wörtlich führt der Sachverständige dazu abschließend aus:
"Diese Werte wurden unter der Annahme errechnet, dass die Anlage ausschließlich im Volllastbetrieb gefahren wird, eine Betriebsweise, die in der Praxis nicht vorkommt. Die Berechnungen wurden teilweise gemäß der EN 12952 durchgeführt, die Ergebnisse beruhen auf vorsichtig konservativen Annahmen zu bestimmten Parametern (z. B. Vorwärmfaktor, Abgastemperatur) und auf der Annahme, dass das Verhältnis Wirkleistung - Blindleistung des Generators unverändert bleibt.
Es ist nicht auszuschließen, dass über bestimmte Zeitspannen auch wesentlich höhere Brennstoffwärmeleistungen als oben angeführt benötigt werden. Ausschlaggebend hierfür ist die Generatorleistung, die auch im Rahmen des Konsensstandes erhöht werden kann, und die erreichte Abgastemperatur, welche maßgeblich den Kesselwirkungsgrad bestimmt. Wesentlich ist auch die maximal genehmigte Temperatur, bzw. die Wärmefracht für die Einleitung des Kühlturm-Abschlämmwassers in die Kainach."
Zu diesem Gutachten erstatteten alle Beschwerdeführer Stellungnahmen.
Am 13. Juli 2010 fand vor der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung statt. Die Erstbeschwerdeführerin schloss sich dort der Stellungnahme der Umweltanwältin an, welche u. a. erklärte, dass die UVP-Richtlinie unmittelbar anzuwenden sei, weil der vom österreichischen Gesetzgeber gewählte Parameter der Brennstoffwärmeleistung ungeeignet sei. Es wurde, falls es die belangte Behörde für erforderlich erachte, eine Frist bis 31. August 2010 für die Vorlage eines Ergänzungsgutachtens beantragt. Es wurde auch angeregt, die belangte Behörde möge ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH einleiten. Dazu brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass der im UVP-G 2000 ausschließlich enthaltene Begriff der BWL der UVP-Richtlinie widerspreche. Schließlich wurde die namens einer Vielzahl von Einschreitern, darunter der Zweitbeschwerdeführerin, an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften wegen Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts erhobene Beschwerde vom 11. März 2010 vorgelegt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen u.a. der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien zurück (Spruchpunkt 1.) und die Berufung u.a. der Erstbeschwerdeführerin ab (Spruchpunkt 2.). Dort wurden nachstehende Feststellungen getroffen:
"2. Festgestellter Sachverhalt:
2.1. Das Dampfkraftwerk Voitsberg wurde 1983 durch die österreichische Draukraftwerke AG (ÖDK) in Betrieb genommen. Ursprünglich wurde es mit Braunkohle betrieben. Das Kraftwerk wurde nur in den Wintermonaten von Oktober bis März betrieben.
Im Mai 2006 wurde das Kraftwerk außer Betrieb genommen. In den damaligen Genehmigungsbescheiden kommt der Begriff 'Brennstoffwärmeleistung' nicht vor. Lediglich die genehmigte elektrische Leistung ist mit 330 MW angegeben. (vgl. 3.1.)
2.2. Eine lineare und einfache Rückrechnung von 330 MWEL auf die eingesetzte Brennstoffwärmeleistung ist nicht möglich. Um 330 MW elektrische Leistung zu erzielen, ist beispielsweise bei warmer Temperatur im Sommer eine deutlich höhere Brennstoffwärmeleistung notwendig. Darüber hinaus kommt es auch auf andere Parameter (beispielsweise Verschmutzung des Kessels) an. (vgl. 3.2.)
2.3. Während des bisherigen Betriebes in den Monaten Oktober bis März betrug die tatsächliche durchschnittliche Brennstoffwärmeleistung 792 MW. (vgl. 3.3.)
2.4. Nunmehr beabsichtigt die Projektwerberin das Kraftwerk künftig mit Steinkohle zu betreiben. Das Kraftwerk soll das ganze Jahr (ausgenommen August) in Betrieb sein. (vgl. 3.1.)
2.5. Hier wird die Brennstoffwärmeleistung zwischen 793 MW im Monat Dezember und 831 MW im Monat Juli liegen. Der gewichtete Jahresdurchschnitt beträgt 803 MW. Verändert man zur Kontrolle einige der Parameter, ergeben sich nachstehende Werte:
Verringert man etwa den Dampfprozess-Wirkungsgrad um durchschnittlich 0,5 %, schwankt die Brennstoffwärmeleistung zwischen 802 MW im Monat Dezember und 841 MW im Monat Juli und ergibt sich ein gewichteter Jahresdurchschnitt von 812 MW. Verringert man den Dampferzeuger-Wirkungsgrad um durchschnittlich 1 %, beträgt der Bereich der Brennstoffwärmeleistung zwischen 802 MW im Monat Dezember und 841 MW im Monat Juli. Der gewichtete Jahresdurchschnitt beträgt dann 812 MW. Erhöht man im Dauerbetrieb die Generatorleistung um 1,5 %, bewegt sich der Bereich der Brennstoffwärmeleistung zwischen 805 MW im Monat Dezember und 844 MW im Monat Juli. Der gewichtete Jahresdurchschnitt beträgt dann 815 MW. Würde man die Revision des Kraftwerkes nicht im August, sondern in einem anderen Monat durchführen, wäre im Jahresdurchschnitt die benötigte Brennstoffwärmeleistung um zirka 4 MW höher. Würde man die Generatorleistung um 1 % im Dauerbetrieb erhöhen, bei gleichzeitig geringerem Kesselwirkungsgrad (1 %) würde sich die durchschnittliche Brennstoffwärmeleistung auf 809 MW (Dezember) und 848 MW (Juli) belaufen, der Jahresdurchschnitt wäre 820 MW. (vgl. 3.4.)
2.6. Der Standort befindet sich hinsichtlich des Luftschadstoffes PM10 in einem belasteten Gebiet gemäß § 1 Z 6 lit. m der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft über belastete Gebiete (Luft) zum UVP-G 2000, BGBl. II Nr. 483/2008. (vgl. 3.1.)"
In ihrer Beweiswürdigung verwies die belangte Behörde bezüglich der BWL des Braunkohlekraftwerks auf übereinstimmende Beweisergebnisse. Bezüglich der BWL des Steinkohlekraftwerks berief sich die belangte Behörde auf das eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Dr. B. Die Abweichungen zu den eingeholten Privatgutachten ergäben sich zum Teil schon deshalb, weil seitens der belangten Behörde eine auf sämtliche Monate eines Betriebsjahres gerichtete Durchschnittsbetrachtung gefordert worden sei, was nicht Inhalt der Privatgutachten gewesen wäre. Insofern der Amtsgutachter es nicht ausgeschlossen habe, dass über bestimmte Zeitspannen auch wesentlich höhere BWL als angeführt benötigt würden, spreche dies nicht gegen die im Rahmen der Durchschnittsbetrachtung getroffene Feststellung. Bezüglich des Wirkungsgrades der projektierten Anlage sei dem Amtssachverständigengutachten gefolgt worden, weil geringe Veränderungen der technischen Parameter keine bedeutenden Veränderungen des gewichteten Jahresdurchschnitts der BWL ergäben. Eine Ergänzung des Privatgutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. Dr. R. sei nicht notwendig gewesen, weshalb dafür auch keine Frist eingeräumt worden sei.
Rechtlich beurteilte die belangte Behörde die ausgesprochene Zurückweisung der Berufungen der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien mit dem Hinweis auf § 3 Abs. 7 UVP-G 2000, weil neben den anderen dort genannten Personen nur der Standortgemeinde Parteistellung zukomme, nicht aber den zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien.
Inhaltlich führte sie aus, das Projekt solle in einem belasteten Gebiet gemäß § 1 Z 6 lit. m der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über belastete Gebiete verwirklicht werden, weshalb vorerst zu prüfen gewesen sei, ob durch die beantragten Änderungen die BWL um mehr als 50 MW (das sind 50 % des in Anhang 1 Z 4 lit. b UVP-G 2000 genannten Schwellenwertes von 100 MW) erhöht werde.
Das UVP-G 2000 definiere den Begriff "Brennstoffwärmeleistung" nicht, weshalb auf die Definition in § 2 Z 10 EG-K zurückgegriffen worden sei. Diese Gesetzesbestimmung spreche von der zugeführten durchschnittlichen Wärmemenge; da die BWL von vielen Parametern, insbesondere auch von der Jahreszeit abhängig sei, sei eine Durchschnittsbetrachtung über das Jahr geboten. Damit werde die unterschiedliche BWL bei Betrieb in den Sommermonaten angemessen berücksichtigt.
Ausgehend von der bisherigen BWL (Betrieb in den Wintermonaten mit 792 MW) und der nunmehr zu erwartenden gemittelten BWL von 803 MW habe sich lediglich eine prognostizierte Zunahme von 11 MW BWL ergeben. Eine relevante Kapazitätserweiterung im Sinne der betreffenden Bestimmungen des UVP-G 2000 sei daher nicht erfolgt.
Unter Zugrundelegung dieser Werte sei auch ein Anwendungsfall des § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 im Zusammenhang mit dem Kraftwerk M./W. nicht gegeben.
Ein Widerspruch zur UVP-Richtlinie 85/337/EWG liege nicht vor. Art. 4 Abs. 2 der UVP-Richtlinie ermögliche es den Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie Einzelfalluntersuchungen oder Schwellenwerte vorsehen; der österreichische Gesetzgeber habe sich für ein gestaffeltes System von Schwellenwerten entschieden. Nach einem umfassenden Diskussionsprozess sei der Begriff der BWL als relevantes Kriterium festgelegt worden. Die BWL sei durchaus ein Parameter, der die im Anhang III der UVP-Richtlinie angeführten Kriterien wie "Größe des Projekts, Kumulierung mit anderen Projekten, Umweltverschmutzung und Belästigungen, Unfallrisiko insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe und Technologien" betreffe. Auch das Ausmaß der zu erwartenden Umweltauswirkungen könne durchaus aus der BWL abgeleitet werden. Der Standort sei hinreichend berücksichtigt worden, weil für das belastete Gebiet die Grenzwerte für die Anwendung einer UVP halbiert worden seien.
Dem Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Verlängerung der Frist zur Erstattung einer weiteren Stellungnahme bis 31. August 2010 sei schon aus dem Grund der Entscheidungsfrist des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 von sechs Wochen nicht Folge zu geben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstatte zu jeder Beschwerde eine Gegenschrift; die Mitbeteiligte erstattete zu beiden Beschwerden eine gemeinsame Gegenschrift. Sowohl die belangte Behörde als auch die Mitbeteiligte beantragten die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Auf das vorliegende, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren sind die Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden (vgl. § 79 Abs. 11 VwGG).
Die Erstbeschwerdeführerin trägt in der Sache (ebenso die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien unter der Überschrift "Darlegung der Relevanz") vor, dass die ermittelte BWL für den Steinkohlebetrieb zu niedrig angesetzt sei. Die belangte Behörde habe bei der Ermittlung der BWL zu Unrecht auf eine auf sämtliche Monate eines Betriebsjahres gerichtete Durchschnittsbetrachtung abgestellt, wodurch es zu einer deutlichen Glättung der in § 2 Z 10 EG-K normierten durchschnittlichen Wärmemenge komme. Zudem habe der österreichische Gesetzgeber die UVP-Richtlinie durch die ausschließliche Heranziehung des Beurteilungskriteriums der BWL in Anhang 1 Z 4 UVP-G 2000 nicht gehörig umgesetzt, weil dieser Schwellenwert nicht geeignet sei, alle relevanten Auswahlkriterien des Anhanges III der UVP-Richtlinie zu berücksichtigen.
Unter dem Aspekt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Erstbeschwerdeführerin die Ablehnung des von ihr gestellten Fristerstreckungsantrages zur Stellungnahme zum Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. Dr. B. Für die Erstbeschwerdeführerin sei zudem aus den ihr vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, ob die verpflichtend vorgesehene Anhörung des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes stattgefunden habe. Des Weiteren sei im angefochtenen Bescheid entgegen § 13 des Bundesgesetzes über den Umweltsenat nur die Kundmachung durch die Stadtgemeinde V. als Standortgemeinde und nicht auch durch die Erstbeschwerdeführerin als weiterer Standortgemeinde verfügt worden.
Die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien berufen sich hinsichtlich ihrer Parteistellung auf neue Judikatur des EuGH, weshalb ihre Berufung nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen.
Ad I.) Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:
Das am 7. Mai 2009 eingereichte Projekt betrifft die Änderung des im Jahr 2006 stillgelegten Dampfkraftwerks V. III. Durch den Umbau von Braunkohlefeuerung auf Steinkohlefeuerung soll die gleiche elektrische Leistung von 330 MW wieder erreicht werden.
Im Beschwerdefall ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde das UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2009, anzuwenden.
Die Notwendigkeit der Durchführung einer UVP im Fall von Änderungen eines Vorhabens richtet sich nach § 3a UVP-G 2000, welcher auszugsweise wie folgt lautet:
"§ 3a. (1) Änderungen von Vorhaben,
1. die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des in Spalte 1 oder 2 des Anhanges 1 festgelegten Schwellenwertes, sofern ein solcher festgelegt wurde, erreichen, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen; dies gilt nicht für Schwellenwerte in spezifischen Änderungstatbeständen;
2. für die in Anhang 1 ein Änderungstatbestand festgelegt ist, sind einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, wenn dieser Tatbestand erfüllt ist und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(2) Für Änderungen sonstiger in Spalte 1 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn
1. der Schwellenwert in Spalte 1 durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder bei Verwirklichung der Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder
2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 1 des Anhanges 1 kein Schwellenwert angeführt ist,
und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(3) Für Änderungen sonstiger in Spalte 2 oder 3 des Anhanges 1 angeführten Vorhaben ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen, wenn
1. der in Spalte 2 oder 3 festgelegte Schwellenwert durch die bestehende Anlage bereits erreicht ist oder durch die Änderung erreicht wird und durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% dieses Schwellenwertes erfolgt oder
2. eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50% der bisher genehmigten Kapazität des Vorhabens erfolgt, falls in Spalte 2 oder 3 kein Schwellenwert festgelegt ist,
und die Behörde im Einzelfall feststellt, dass durch die Änderung mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist.
(4) Bei der Feststellung im Einzelfall gemäß Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 2 und 3 hat die Behörde die in § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 angeführten Kriterien zu berücksichtigen. § 3 Abs. 7 ist anzuwenden.
(5) Soweit nicht eine abweichende Regelung in Anhang 1 getroffen wurde, ist für die Beurteilung der UVP-Pflicht eines Änderungsprojektes gemäß Abs. 1 Z 2 sowie Abs. 2 und 3 die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden einschließlich der beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen, wobei die beantragte Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 25% des Schwellenwertes oder, wenn kein Schwellenwert festgelegt ist, der bisher genehmigten Kapazität erreichen muss.
(6) Bei Änderungen von Vorhaben des Anhanges 1, die die in Abs. 1 bis 5 angeführten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben in einem räumlichen Zusammenhang stehen und mit diesen gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert oder das Kriterium des Anhanges 1 erreichen oder erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplante Änderung durchzuführen ist. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das beantragte Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25% des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des § 3 Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, § 3 Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen.
(...)"
Rechtsgrundlage des hier von einer mitwirkenden Behörde eingeleiteten Feststellungsverfahrens ist § 3 Abs. 7 UVP-G 2000.
Diese Bestimmung lautet:
"(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit."
Thermische Kraftwerke sind im Anhang 1 Z 4 UVP-G 2000 angeführt; unter lit. a (Spalte 1) sind thermische Kraftwerke oder andere Feuerungsanlagen mit einer BWL von mindestens 200 MW erfasst, unter lit. b (Spalte 3) thermische Kraftwerke oder andere Feuerungsanlagen in schutzwürdigen Gebieten der Kategorie D mit einer BWL von mindestens 100 MW. Da das hier gegenständliche Kraftwerk unbestrittenermaßen in einem schutzwürdigen Gebiet im Sinne der Spalte 3 liegt, ist das Änderungsvorhaben hinsichtlich seiner UVP-Pflicht nach § 3a Abs. 3 UVP-G 2000 zu beurteilen. Da in der Spalte 3 ein Schwellenwert festgelegt ist (BWL von mindestens 100 MW), besteht nach § 3a Abs. 3 Z 1 UVP-G 2000 eine UVP-Pflicht dann, wenn durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 % dieses Schwellenwertes, somit von mindestens 50 MW, erfolgt.
Was unter dem Begriff "Brennstoffwärmeleistung" zu verstehen ist, wird im UVP-G 2000 nicht definiert. Dazu kann, wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, die in § 2 Z 10 EG-K, BGBl. I Nr. 150/2004 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 84/2006, enthaltene Definition herangezogen werden, welche wie folgt lautet:
"10. 'Brennstoffwärmeleistung' jene einer Anlage mittels dem Brennstoff zugeführte durchschnittliche stündliche Wärmemenge, die zum Erreichen der auslegungsmäßig vorgesehenen Kesselleistung bzw. Gasturbinenleistung im Dauerbetrieb (Nennlast) erforderlich ist. Bei unbefeuerten Abhitzekesseln ergibt sich die Brennstoffwärmeleistung analog aus der mit den heißen Abgasen zugeführten durchschnittlichen Wärmemenge. Die Brennstoffwärmeleistung wird in gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien als thermische Nennleistung bezeichnet und in Megawatt (MWth) angegeben."
Die Auffassung der belangten Behörde, dass zur Beurteilung des Schwellenwertes BWL eine Durchschnittsbetrachtung übers Jahr geboten sei, weil die BWL von vielen Parametern, insbesondere der Jahreszeit, abhänge, bekämpft die Erstbeschwerdeführerin mit dem Argument, dass der Gesetzeswortlaut eine Bedachtnahme auf die durchschnittliche stündliche Wärmemenge erfordere. Eine Durchschnittsbetrachtung übers Jahr führe zu einer deutlichen Glättung der durchschnittlichen stündlichen Wärmemenge, sodass sich eine wesentlich geringere BWL ergebe. Dazu zählt die Erstbeschwerdeführerin andere, den Begriff "Brennstoffwärmeleistung" enthaltende Normen auf, die gleichfalls keine Durchschnittsbetrachtung übers Jahr vorsähen. Bei rechtsrichtiger Anwendung des § 2 Z 10 EG-K wäre die belangte Behörde zu einem gänzlich anderen Ergebnis gelangt.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die in § 2 Z 10 EG-K enthaltene Definition lediglich besagt, dass es sich bei der BWL um jene Wärmemenge handelt, die durchschnittlich pro Stunde erforderlich ist, um die vorgesehene Leistung zu erreichen. Sie gibt aber keine Auskunft darüber, von welcher konkreten Stunde bei der Ermittlung der durchschnittlichen Wärmemenge auszugehen ist. Da insbesondere die Außentemperatur einen wesentlichen Einfluss auf die BWL hat (siehe dazu alle im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten), erscheint es grundsätzlich nicht unsachlich, wenn ein sich auf die jeweilige Betriebszeit erstreckender Durchschnittswert zur Ermittlung der BWL herangezogen wird. Darüber hinaus hat die Erstbeschwerdeführerin eine andere Methode zur Ermittlung der BWL, die zu einem gänzlich anderen Ergebnis geführt hätte, nicht aufgezeigt.
Die belangte Behörde unterlag allerdings bei dem Vergleich der BWL des zuvor bestehenden Kraftwerks mit jener des nunmehr geplanten Kraftwerks zur Ermittlung des im vorliegenden Fall maßgeblichen Schwellenwertes aus nachfolgenden Gründen einem Rechtsirrtum:
Nach § 3a Abs. 3 Z 1 UVP-G 2000 besteht eine UVP-Pflicht dann, wenn durch die Änderung eine Kapazitätsausweitung von mindestens 50 MW BWL erfolgt. Die im Beschwerdefall zu beurteilende Änderung des Kraftwerks V. besteht in einem Umbau von Braunkohlefeuerung auf Steinkohlefeuerung. In diesem Zusammenhang ist die belangte Behörde ohne Bezugnahme auf die für das (zuvor mit Braunkohle betriebene) Kraftwerk erteilten Bewilligungen davon ausgegangen, dass auch eine Erweiterung der Betriebszeit auf die Monate April bis Juli und September stattfindet. Die belangte Behörde hätte aber nachvollziehbar von den bisher erteilten Bewilligungen und nicht von einem allenfalls bloß tatsächlichen Zustand (nämlich einer zuvor gegebenen Betriebsdauer von Oktober bis März) ausgehend feststellen müssen, ob durch die nunmehr beantragte Änderung des Kraftwerks eine Überschreitung des Schwellenwertes vorliegt (vgl. dazu die Ausführungen von D. Ennöckl in Ennöckl-N. Raschauer-Bergthaler, Kommentar zum UVP-G3, Rz 6 zu § 3a).
Der Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, weshalb es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Ad II.) Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers:
Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurden die Berufungen der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien mangels Parteistellung im Bezug habenden Feststellungsverfahren gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 zurückgewiesen. Nach Ansicht der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien erweise sich der Ausschluss der Nachbarn vom UVP-Feststellungsverfahren bzw. zumindest die Nichteinräumung einer Nachprüfungsmöglichkeit als gemeinschaftsrechtswidrig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Beschwerdeverfahren zur Zl. 2012/04/0040 mit Beschluss vom 16. Oktober 2013 dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
"1. Steht das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 26 vom 28.1.2012, S. 1-12 (Richtlinie 2011/92), insbesondere deren Art. 11 einer nationalen Rechtslage entgegen, nach der ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass bei einem bestimmten Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung auch für Nachbarn, denen im vorangegangenen Feststellungsverfahren keine Parteistellung zukam, entfaltet, und diesen in nachfolgenden Genehmigungsverfahren entgegengehalten werden kann, auch wenn diese die Möglichkeit haben ihre Einwendungen gegen das Vorhaben in diesen Genehmigungsverfahren zu erheben (das heißt im Ausgangsverfahren dahingehend, dass durch die Auswirkungen des Vorhabens ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihr Eigentum gefährdet werden oder sie durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt werden)?
Bei Bejahung der Frage 1:
2. Verlangt es das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2011/92 im Wege ihrer unmittelbaren Anwendung, die in der Frage 1 dargestellte Bindungswirkung zu verneinen?"
In diesem Beschluss setzte sich der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung der Frage, ob die Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden in nachfolgenden Materienverfahren mit dem Unionsrecht und der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH zur Richtlinie 85/337/EWG vereinbar sei, mit der aktuellen Judikatur des EuGH (insbesondere mit dem Urteil "Mellor") und der diesbezüglichen österreichischen Literatur auseinander und hielt im Anschluss fest, dass gerade die Frage, ob das im zugrunde liegenden Verfahren gegenständliche Vorhaben einer UVP zu unterziehen ist, auf Grund der Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden von der Materienbehörde nicht zu prüfen ist.
Daraus ergibt sich, dass die von der hg. Rechtsprechung bisher angenommene Bindungswirkung von UVP-Feststellungsbescheiden in nachfolgenden Genehmigungsverfahren aus unionsrechtlicher Sicht im Hinblick auf die fehlende Parteistellung der Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren nicht unbedenklich erscheint.
Der Beantwortung der Vorlagefragen kommt im Hinblick auf den Ausschluss der Parteistellung der Zweitbeschwerdeführerin und des Drittbeschwerdeführers als Nachbarn im UVP-Feststellungsverfahren auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren deswegen Bedeutung zu, weil bei einer Verneinung der Bindungswirkung der Ausschluss durch § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 auch unionsrechtlich unbedenklich erschiene. Es liegen daher die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 zweiter Satz AVG iVm § 62 Abs. 1 VwGG vor.
Wien, am 30. Jänner 2014
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2010050173.X00Im RIS seit
05.03.2014Zuletzt aktualisiert am
03.10.2017