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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der AK in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Joklik, Rechtsanwalt in 1170 Wien, Jörgerstraße 20, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 23. Juni 2010, Zl. BOB-599/09, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte
Partei: Univ. Doz. Dr. MT in Wien, vertreten durch Dr. Martin Drahos, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 11; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem mitbeteiligten Bauwerber wurde auf Grund seines Ansuchens vom 21. Dezember 2006 mit Bescheid des Magistrats der Stadt vom 19. Jänner 2007 die baubehördliche Bewilligung zur die Errichtung eines zweigeschossigen, unterkellerten Einfamilienhauses mit ausgebautem Dachgeschoß sowie eines Schwimmbeckens im Garten samt Geländeveränderungen auf der Liegenschaft in Wien, M.-Weg 3, erteilt (im Folgenden: Stammbewilligung). Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 2010 als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid vom 23. Juni 2010 wurde mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/05/0155, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das nunmehrige Beschwerdeverfahren bezieht sich auf ein Ansuchen gemäß § 70 Bauordnung für Wien (BO) des mitbeteiligten Bauwerbers vom 30. September 2008, mit dem beim Magistrat der Stadt Wien die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Herstellung gartenseitiger Geländeveränderungen samt Stützmauern auf der gegenständlichen Liegenschaft in Wien, M.-Weg 3, beantragt wurde (1. Planwechsel).
Bei der am 4. Februar 2009 durchgeführten mündlichen Verhandlung erhob die Beschwerdeführerin Einwendungen gegen das Bauvorhaben.
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 29. Juli 2009 wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 70 BO die beantragte Baubewilligung erteilt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Begründend führte die belangte Behörde dazu (soweit hier relevant) aus, dass Gegenstand dieses Baubewilligungsverfahrens die im Einreichplan ersichtlichen und im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides beschriebenen Bauführungen seien. Die in einem anderen (weiteren) Baubewilligungsverfahren des Mitbeteiligten (Einreichung vom 21. Oktober 2008), das derzeit ebenfalls bei der belangten Behörde anhängig sei, geplanten Bauführungen seien ebenso wenig Gegenstand dieses Berufungsverfahrens, wie - abgesehen von der Grundlage für den
1. Planwechsel - die Einreichung vom 21. Dezember 2006 betreffend die Errichtung des Einfamilienhauses sowie des Schwimmbeckens (Stammbewilligung).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf das vorliegende, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Beschwerdeverfahren sind die Bestimmungen des VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 weiter anzuwenden (vgl. § 79 Abs. 11 VwGG).
Zunächst ist festzuhalten, dass die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte, die einem Nachbarn gemäß der BO zukommen, in § 134a BO taxativ aufgezählt. Daneben stehen dem Nachbarn aber auch Parteienrechte zu, die sich allgemein aus dem AVG ergeben, wie z.B. das Recht auf Beachtung der entschiedenen Sache und das Recht auf Beachtung der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes. Als ein solches weiteres Parteienrecht des Nachbarn in einem Baubewilligungsverfahren ist die Frage anzuerkennen, ob eine Baubewilligung, die die Grundlage für eine beantragte Änderungsbewilligung ist, überhaupt noch aufrecht ist (vgl. das zum Steiermärkischen Baugesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2006/06/0001, mwN).
Die im hg. Verfahren zur Zl. 2010/05/0155 angefochtene Stammbewilligung bildete, wie die belangte Behörde selbst ausführte, die Grundlage für den 1. Planwechsel. Insbesondere bauen die im Beschwerdefall gegenständlichen Geländeanschüttungen auf den mit der Stammbewilligung bewilligten Geländeanschüttungen auf. Die geplanten Stützmauern wiederum sollen zur Abstützung dieser Geländeanschüttungen errichtet werden und sind daher als untrennbarer Teil der gegenständlichen Baueinreichung anzusehen.
Auch im Fall einer Bewilligung für bauliche Änderungen nach § 70 BO ist es erforderlich, dass ein rechtskräftiger Baukonsens, von dem abgewichen werden soll bzw. auf den sich die bauliche Änderung bezieht, vorhanden ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 23. Juli 2013, Zl. 2013/05/0053, mwN).
Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall dadurch weggefallen, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/05/0155, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, die Stammbewilligung aufgehoben hat. Der Aufhebung eines Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof kommt Wirkung ex tunc zu (vgl. auch dazu das oben genannte Erkenntnis vom 23. Juli 2013).
Auf Grund der Aufhebung der Stammbewilligung steht daher nicht fest, dass ein Baukonsens vorliegt, auf dessen Grundlage die im vorliegenden Beschwerdefall gegenständlichen Baumaßnahmen bewilligt werden könnten.
Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wodurch es sich erübrigte, näher auf das Beschwerdevorbringen einzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht in auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014 weiterhin anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 30. Jänner 2014
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2010050154.X00Im RIS seit
05.03.2014Zuletzt aktualisiert am
24.02.2015