Index
62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des F in L, vertreten durch Dr. Wolfgang Muchitsch, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 6/1, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 3. November 1998, Zl. LGS600/RALV/1218/1998-Dr. J/Fe, betreffend Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 17. Juni 1998 nahm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Murau mit dem im Bezug von Arbeitslosengeld stehenden Beschwerdeführer eine Niederschrift über das Nichtzustandekommen der ihm am 2. Juni 1998 zugewiesenen Beschäftigung als Forstarbeiter bei J. L. mit dem vorgesehenen Arbeitsantritt am 8. Juni 1998 auf.
Der Beschwerdeführer gab an, das Beschäftigungsverhältnis sei nicht zu Stande gekommen, weil er sich nicht vorgestellt habe. Der Beschwerdeführer sei Forstwart und Berufsjäger und wolle nicht als Forstarbeiter arbeiten, da dies für ihn einen Rückschritt bedeuten würde. Er suche eine seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeit und habe bereits mehrere Bewerbungen laufen. Demnächst sei mit einer Arbeitsaufnahme zu rechnen. Sonst lägen keine Gründe vor.
Mit Bescheid vom 7. Juli 1998 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Murau aus, der Beschwerdeführer habe den Anspruch auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 8. Juni 1998 bis zum 19. Juli 1998 verloren, weil er "eine durch das Arbeitsmarktservice zugewiesene zumutbare Beschäftigung bei der Firma L. nicht angenommen" habe. Berücksichtigungswürdige Nachsichtsgründe lägen nicht vor.
In seiner Berufung gegen diese Entscheidung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe von 1992 bis 1993 eine Forstwarteschule und von 1994 bis 1996 eine Berufsjägerlehre absolviert und sei vom 1. Februar 1996 bis zum 31. Jänner 1998 als Jäger und Forstwart berufstätig gewesen. Aus dem von ihm vorgelegten Dienstzettel gehe hervor, dass er als Angestellter tätig gewesen sei. Die Beschäftigung als Forstarbeiter sei "nicht nur den körperlichen Fähigkeiten des Berufungswerbers nicht angemessen", sondern es sei auch die Entlohnung nicht mit der eines Jägers zu vergleichen. Die Tätigkeit als Forstarbeiter würde auch "die künftige Verwendung des Berufungswerbers in seinem Beruf wesentlich erschweren, zumal er dann von der Vorgesetztenposition in die Untergebenenposition rücken würde".
Am 28. Juli 1998 veranlasste die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Murau die Erstattung eines ärztlichen Gutachtens darüber, ob beim Beschwerdeführer "Einschränkungen" bestünden, die "einer Verwendung als Forstarbeiter (verbunden mit Heben, Tragen, Bücken und der Bedienung von Maschinen, wie Motorsägen, Seilzügen, etc.)" entgegenstünden.
Im ärztlichen Gutachten vom 28. August 1998, das dem Beschwerdeführer am 7. September 1998 zur Kenntnis gebracht wurde, wurde auf der Grundlage eines Befundes, der unter anderem näher genannte Allergien und eine Wirbelsäulenfehlhaltung ergeben hatte, sowie unter Hinweis auf vom Beschwerdeführer angegebene Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich durch Ankreuzen entsprechender Felder in einem Formblatt festgestellt, der Beschwerdeführer habe "muskuläre Beanspruchung schwer", "Arbeitshaltung Stehen" und "Arbeitshaltung Bücken" je "um 50 % einzuschränken", "Arbeiten im Freien" (nicht aber in Werkshallen und Kühlräumen) "dauernd zu vermeiden" und solle keinen Kontakt mit bestimmten Stoffen (Brokettenöl, Papier und Pappe, Gummierzeugnisse) haben.
Am 18. September 1998 ersuchte die belangte Behörde die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Murau, die amtsärztliche Untersuchung, die unter anderem erbracht habe, dass das Arbeiten im Freien dauernd zu vermeiden sei, "entweder ergänzen oder neu durchführen zu lassen".
Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktserive Murau veranlasste daraufhin ein ärztliches Gutachten zur "nochmaligen Überprüfung, ob Herr T. Arbeiten im Freien ständig vermeiden soll, da er ausschließlich als Jäger oder Forstwart arbeiten will".
Am 29. September 1998 wurde - dem Anschein nach durch einen anderen Arzt - ein neues Gutachten auf einem gleichartigen Formblatt erstellt, das sich vom ersten Gutachten im Wesentlichen nur dadurch unterschied, dass statt der Ankreuzung des Feldes "Arbeiten im Freien dauernd zu vermeiden" nun folgende Beurteilung aufschien: "Forstarbeiten auf Grund des Wirbelsäulenleidens nicht anzuraten, Arbeiten im Freien sind zumutbar." Dieses Gutachten wurde dem Beschwerdeführer am 7. Oktober 1998 zur Kenntnis gebracht.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. In der Begründung dieser Entscheidung ging die belangte Behörde auf die Frage einer Gesundheitsgefährdung durch die zugewiesene Arbeit mit folgenden Ausführungen ein:
"Die aufgrund Ihrer Berufungsangaben veranlasste amtsärztliche Untersuchung hat letztlich ergeben, dass schwere muskuläre Beanspruchung sowie die Arbeitshaltungen Stehen und Bücken einzuschränken sind, während leichte und mittelschwere muskuläre Beanspruchungen, die übrigen Arbeitshaltungen wie Gehen, Sitzen, Hocken ... im vollen Umfang gegeben sind wie auch die Arm-, Hand- und Fingerbeweglichkeit, Seh- und Hörvermögen, nervliche/psychische Beanspruchung, Arbeiten unter Zeitdruck, arbeitsumfeldbedingte Einflüsse ebenfalls optimal gegeben sind. Ergänzend wurde amtsärztlich bemerkt, dass Arbeiten im Freien zumutbar und Forstarbeiten aufgrund des Wirbelsäulenleidens (lediglich) nicht anzuraten sind. ...
Nach dem amtsärztlichen Gutachten kann nicht davon ausgegangen werden, dass die vorgeschlagene Beschäftigung Ihren körperlichen Fähigkeiten schlechthin unangemessen ist bzw. Ihre Gesundheit gefährdet und durften wir daher erwarten, dass Sie zumindest einen Kontakt mit dem vorgesehenen Dienstgeber herstellen, Sie sich ein Bild über die konkrete Arbeit und die konkreten Arbeitsbedingungen machen bzw. Sie sogar die Arbeit auch aufnehmen und eben gegebenenfalls aus einem triftigen Grund beenden."
Zur Frage, ob die zugewiesene Beschäftigung eine künftige Verwendung des Beschwerdeführers in dessen Beruf wesentlich erschweren würde, führte die belangte Behörde aus:
"Sie besitzen die Ausbildung zum Forstfacharbeiter, was eine Qualifikation für die vorgesehene Beschäftigung in sich schließt.
Österreichweit war eine offene Stelle für die von Ihnen gewünschte bzw. zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht verfügbar und haben auch eigene Bemühungen, eine solche Beschäftigung zu finden, bisher nicht zum Erfolg geführt und könnte sich eine solche nach eigener, nicht näher konkretisierter Angabe ab 4/99 ergeben. Nachdem davon auszugehen ist, dass eine längerdauernde Arbeitslosigkeit sich im Bezug auf die Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes schlechter auswirkt als die Annahme einer allenfalls unterqualifizierten Beschäftigung bzw. die Annahme einer solchen Arbeit kaum gegebene Vermittlungschancen nicht beeinträchtigen kann, kann nicht gesagt werden, dass die künftige Verwendung in Ihrem Beruf wesentlich erschwert wird."
Schließlich legte die belangte Behörde noch dar, dass die Tätigkeit angemessen entlohnt gewesen wäre und Nachsichtsgründe nicht vorlägen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Nach § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs (unter näher umschriebenen Voraussetzungen: acht) Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Diese Bestimmungen sind Ausdruck der dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszwecke, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene, zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. in diesem Sinn schon das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, Slg. Nr. 13.286/A, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermines oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (so - ausgehend von dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132 - etwa das Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0219, und zahlreiche weitere Erkenntnisse).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG als Vereitelung zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. dazu schon die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, Slg. Nr. 13.722/A, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0050).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 AlVG angesichts der unterbliebenen Kontaktaufnahme mit dem zugewiesenen Dienstgeber im vorliegenden Fall erfüllt waren, wenn die zugewiesene Beschäftigung dem Beschwerdeführer zumutbar war.
Gemäß § 9 Abs. 2 erster Satz AlVG war die Beschäftigung dem im Bezug des Arbeitslosengeldes stehenden Beschwerdeführer - unter den fallbezogen zu erörternden Gesichtspunkten - zumutbar, wenn sie seinen körperlichen Fähigkeiten angemessen war, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdete, angemessen entlohnt war und dem Beschwerdeführer eine künftige Verwendung in seinem Beruf nicht wesentlich erschwerte. Die zuletzt genannte Voraussetzung bleibt bei Arbeitslosen, deren Anspruch auf den Bezug des Arbeitslosengeldes erschöpft ist und bei denen keine Aussicht besteht, dass sie in absehbarer Zeit in ihrem Beruf eine Beschäftigung finden, außer Betracht (§ 9 Abs. 2 zweiter Satz AlVG).
Dass die Tätigkeit angemessen entlohnt gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht in Frage gestellt. Gerügt wird die Ansicht der belangten Behörde, die Annahme der Beschäftigung hätte die künftige Verwendung des Beschwerdeführers in seinem Beruf nicht wesentlich erschwert, und die Begründung des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die gesundheitliche Zumutbarkeit der Beschäftigung.
Schon der erste dieser Gesichtspunkte führt die Beschwerde zum Erfolg. Im vorliegenden Fall ist zwar unstrittig, dass die zugewiesene Beschäftigung auf Grund einer vom Beschwerdeführer absolvierten Ausbildung zum Forstfacharbeiter seinen erlernten Kenntnissen und Fähigkeiten entsprach (vgl. zu diesem Erfordernis etwa die Erkenntnisse vom 30. September 1997, Zl. 97/08/0414, vom 22. Dezember 1998, Zl. 96/08/0252, und zuletzt vom 21. Juni 2000, Zl. 99/08/0031). Der Beschwerdeführer war vor dem Eintritt der Arbeitslosigkeit aber mehrere Jahre hindurch als "Jäger und Forstwart" tätig gewesen und er genoss schon deshalb, weil sein Anspruch auf Arbeitslosengeld noch nicht erschöpft war, den im § 9 Abs. 2 erster Satz AlVG unter anderem verankerten Berufsschutz. Dieser Berufsschutz erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf formelle Befähigungsnachweise, sondern auch auf die in der Praxis erworbenen und unter Beweis gestellten Fähigkeiten und Kenntnisse des Arbeitslosen (so - unter Hinweis auf Dirschmied, AlVG 3, 86 - das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1998, Zl. 97/08/0585). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang - unter dem Gesichtspunkt der wesentlichen Erschwerung der künftigen Verwendung - etwa die allgemeine Erfahrungstatsache, dass Hilfsarbeiter nicht ohne weiteres in der Folge eine Anstellung als Facharbeiter angeboten erhalten (vgl. auch dazu das eben zitierte Erkenntnis).
Der Beschwerdeführer hatte in der Berufung ausdrücklich auf das von ihm zuletzt erreichte berufliche Niveau hingewiesen und geltend gemacht, die Tätigkeit als Forstarbeiter würde die künftige Verwendung in seinem Beruf (gemeint: als Jäger und Forstwart) wesentlich erschweren, zumal er "von der Vorgesetztenposition in die Untergebenenposition rücken" würde. Diese Behauptung war - bei Vermeidung überspitzter Maßstäbe - konkret genug, um eine Begründungspflicht der belangten Behörde auszulösen, wenn sie der Ansicht des Beschwerdeführers, seine künftige Verwendung als Jäger und Forstwart wäre durch die Beschäftigung als Forstarbeiter wesentlich erschwert worden, nicht folgen wollte (vgl. allgemein zum Erfordernis, die behauptete Erschwernis konkret darzutun, aus der Vorjudikatur etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1994, Zl. 94/08/0143, und vom 26. März 1996, Zl. 94/08/0087). Die belangte Behörde hat dies auch erkannt und dem Beschwerdeführer entgegengehalten, die Versuche, für ihn eine Beschäftigung im zuletzt ausgeübten Beruf zu finden, seien bisher misslungen und es sei davon auszugehen, dass einerseits eine länger dauernde Arbeitslosigkeit für die künftigen Vermittlungschancen schädlicher sei als die Annahme einer unterqualifizierten Tätigkeit und andererseits die Annahme einer solchen Arbeit "kaum gegebene Vermittlungschancen" nicht beeinträchtigen könne.
Das zuletzt wiedergegebene Argument - geringe Vermittlungschancen im eigenen Beruf - reicht zur Ausschaltung des Gesichtspunktes einer wesentlichen Erschwerung der künftigen Verwendung in diesem Beruf nur unter der weiteren Voraussetzung aus, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld schon erschöpft ist. Ist dies nicht der Fall und besteht schon während des Bezuges von Arbeitslosengeld keine Aussicht, dass der Arbeitslose "in absehbarer Zeit" - worunter ein Zeitraum zu verstehen ist, über den eine einigermaßen konkrete Prognose möglich ist - in seinem Beruf eine Beschäftigung findet, so ist ihm dennoch nur eine Beschäftigung, die ihm eine Verwendung in diesem Beruf nicht wesentlich erschweren würde, zumutbar. Zu prüfen ist unter der Voraussetzung eines entsprechenden künftigen Stellenangebotes, wobei diesbezügliche Wahrscheinlichkeitserwägungen bis zur Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld außer Betracht zu bleiben haben, ob die nunmehrige Annahme der hinsichtlich ihrer Zumutbarkeit strittigen Beschäftigung die Rückkehr in den früheren Beruf wesentlich erschweren würde. Diese Rückkehrmöglichkeit soll demnach auch für den Fall eines im Vorhinein unwahrscheinlichen Stellenangebotes und unabhängig von der Richtigkeit diesbezüglicher Erwägungen nicht durch die Zuweisung einer anderen Berufstätigkeit (wesentlich) beeinträchtigt werden, solange der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erschöpft ist.
Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde untergraben, wenn die Prognose mangelnder Vermittelbarkeit im eigenen Beruf durch eine solche schlechter Aussichten auch in anderen (die Rückkehr in den eigenen Beruf nicht wesentlich erschwerenden) Berufen mit der Wirkung ergänzt werden könnte, dass es auf die Erschwerung einer Rückkehr in den eigenen Beruf durch die zugewiesene Beschäftigung schon während des Bezuges von Arbeitslosengeld nicht mehr ankäme. Dies wäre der Fall, wenn einem Arbeitslosen, der noch im Bezug des Arbeitslosengeldes steht und dem durch die strittige Beschäftigung die Rückkehr in seinen Beruf - ein entsprechendes Stellenangebot vorausgesetzt - wesentlich erschwert würde, die hypothetische Ersatzursache längerer Arbeitslosigkeit entgegengehalten werden könnte, wobei die Verlässlichkeit einer derartigen alle die Rückkehr in den eigenen Beruf nicht wesentlich erschwerenden Berufe umfassenden Prognose naturgemäß noch geringer wäre als die in Bezug nur auf den eigenen Beruf des Arbeitslosen.
Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die Begründung der belangten Behörde - anders als in dem mit dem Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 95/08/0080, entschiedenen Fall einer Bezieherin von Notstandshilfe - nicht nur deshalb ungenügend ist, weil die Gefahr längerer Arbeitslosigkeit wegen mangelnder Vermittlungschancen des Beschwerdeführers sowohl in seinem Beruf als auch in sonstigen, die künftige Verwendung in diesem Beruf nicht wesentlich erschwerenden Berufen von der belangten Behörde nicht festgestellt wurde. Mit dem - nach Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld überflüssigen, weil es dann auf die Vermittelbarkeit in Drittberufen nicht mehr ankommt - Argument, längere Arbeitslosigkeit schade noch mehr als die zugewiesene Beschäftigung, lässt sich der in § 9 Abs. 2 erster Satz AlVG normierte Berufsschutz für die Dauer des Bezuges von Arbeitslosengeld vielmehr von vornherein nicht ausschalten. Die belangte Behörde hätte auf das Argument, die Annahme einer Stelle als Forstarbeiter erschwere die Rückkehr in den Beruf eines Jägers und Forstwartes wesentlich, in der Begründung ihrer Entscheidung daher inhaltlich eingehen müssen und sich nicht mit dem Hinweis auf die von ihr ins Spiel gebrachte hypothetische Ersatzursache begnügen dürfen.
Auf der Grundlage der ihr vorliegenden ärztlichen Gutachten konnte die belangte Behörde aber auch nicht ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, die Beschäftigung als Forstarbeiter sei dem Beschwerdeführer in gesundheitlicher Hinsicht zumutbar gewesen. Ergibt eine amtsärztliche Begutachtung, dass eine bestimmte Tätigkeit dem Arbeitslosen auf Grund eines näher genannten Leidens - uneingeschränkt - "nicht anzuraten" ist, so erlaubt dies in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht den Schluss, seine Gesundheit wäre durch diese Tätigkeit im Sinne des § 9 Abs. 2 erster Satz AlVG "nicht gefährdet" gewesen. Dem ist der Vollständigkeit halber hinzuzufügen, dass auch die Annahme der belangten Behörde, in Bezug auf Arbeitsanforderungen, bei denen in den beiden Gutachten keine Belastbarkeitsbeschränkungen angekreuzt wurden, sei der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers schon deshalb in hervorhebenswerter Weise "optimal", nicht schlüssig begründet erscheint, und die belangte Behörde auch nicht darlegt, dass es bei der Beschäftigung eines Forstarbeiters von der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses im Einzelfall abhinge, ob sich schwere muskuläre Beanspruchung sowie das Arbeiten im Stehen und Bücken im Vergleich zur diesbezüglichen Belastbarkeit eines Gesunden um zumindest 50 % einschränken lassen (vgl. zu den Begründungserfordernissen im Zusammenhang mit Gesundheitsbelastungen durch die zugewiesene Beschäftigung auch die hg. Erkenntnisse vom 13. April 1999, Zl. 97/08/0160, und vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/08/0289).
Der somit in beiden strittigen Punkten nicht ausreichend begründete angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Oktober 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998080410.X00Im RIS seit
18.10.2001