TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/18 95/08/0184

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Veröffentlicht am 18.10.2000
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §225 Abs1 Z1 litb;
ASVG §308 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl u.a., Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 11. Mai 1995, Zl. MA 15-II-H 10/94, betreffend Überweisungsbetrag (mitbeteiligte Parteien:

1. Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien; 2. Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz, Radetzkystraße 2, 1031 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde mit 1. August 1990 in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis zum Bund (Bundeskanzleramt) übernommen. Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1992 wurde sie auf eine Planstelle des (damaligen) Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz ernannt.

Mit Bescheid vom 31. März 1993 stellte die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt fest, dass für die Beschwerdeführerin gemäß § 308 ff ASVG an das Bundeskanzleramt (Bundesrechenamt) ein Überweisungsbetrag für 118 Beitragsmonate (darunter für fünf Beitragsmonate für die Zeit vom 5. November 1973 bis 12. März 1974 und für fünfzehn Beitragsmonate für die Zeit vom 1. November 1976 bis 31. Jänner 1978) in der Höhe von S 95.155,20 zu leisten sei.

Mit einem weiteren Bescheid vom 31. März 1993 wurde ausgesprochen, dass durch die Zahlung dieses Überweisungsbetrages sämtliche Ansprüche aus der Pensionsversicherung bis 31. Juli 1990 entfertigt seien.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Bescheide Einspruch, da ihre Vordienstzeiten vom 1. Juli 1965 bis 28. Mai 1978 im Rahmen der "Wiener Internationalen Hochschulkurse" der Universität Wien (in der Folge: "Hochschulkurse") nicht berücksichtigt worden seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch keine Folge gegeben. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Wiener Gebietskrankenkasse habe nach einer Beitragsprüfung bei den "Hochschulkursen" mit Bescheid vom 30. November 1977 die Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin festgestellt. Mit Bescheid vom 3. Juli 1978 seien die "Hochschulkurse" als Dienstgeber daraufhin zur Beitragsnachzahlung verpflichtet worden. Die Beschwerde der "Hochschulkurse" sei allerdings mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1982, Zl. 82/08/0130, zurückgewiesen worden, da es diesen auf Grund ihrer eingeschränkten Rechtsfähigkeit an der Aktivlegitimation zur Beschwerdeerhebung gemangelt habe. Daraus ergebe sich, dass die Wiener Gebietskrankenkasse einen falschen Dienstgeber zur Beitragszahlung verpflichtet habe. Da der eigentliche Dienstgeber, die Republik Österreich, bis zum 21. März 1977 die Vortragenden bei den "Hochschulkursen" nicht als versicherungspflichtig angesehen und demzufolge auch keine Beiträge zur Sozialversicherung geleistet habe, habe die Beschwerdeführerin für ihre Tätigkeit bei den "Hochschulkursen" keine überweisungsfähigen Beitragsmonate erworben. Die Verpflichtung des Dienstgebers zur Leistung von Beitragszahlungen sei im Übrigen gemäß § 68 ASVG verjährt, so dass nunmehr auch keine Beitragszahlungen mehr hereingebracht werden könnten. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt habe daher zu Recht die strittigen Beschäftigungszeiten der Beschwerdeführerin bei der Berechnung des Überweisungsbetrages nicht berücksichtigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Auch die mitbeteiligten Parteien haben jeweils eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 308 Abs. 1 ASVG hat der zuständige Versicherungsträger auf Antrag dem Dienstgeber einen Überweisungsbetrag zu leisten, wenn der Versicherte in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis aufgenommen wird und der Dienstgeber nach den für ihn geltenden dienstrechtlichen Vorschriften Beitragsmonate und bestimmte Ersatzmonate nach dem ASVG anrechnet.

Nach § 225 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 folgende Zeiten anzusehen:

Zeiten einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit Ausnahme der in Z. 2 bezeichneten Zeiten, und zwar

a) wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung binnen sechs Monaten nach Beginn der Beschäftigung bzw. des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses erstattet worden ist, vom Tag des Beginnes der Beschäftigung bzw. des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses an,

b) sonst von dem Tag an, an dem die Anmeldung beim Versicherungsträger eingelangt oder die Pflichtversicherung ohne vorhergehende Anmeldung bescheidmäßig festgestellt worden ist; die vor diesem Tag in einer die Pflichtversicherung begründeten Beschäftigung bzw. in einem Lehr- oder Ausbildungsverhältnis zurückgelegten Zeiten gelten als Beitragszeiten nur, soweit die Beiträge für diese Zeiten wirksam (§ 230) entrichtet worden sind und für diese Zeiten das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen noch nicht verjährt war (§ 68).

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob die Zeiten der Beschäftigung der Beschwerdeführerin bei den "Hochschulkursen" vom 1. Juli 1965 bis 28. Mai 1978 im Rahmen des Überweisungsverfahrens gemäß § 308 ASVG zu berücksichtigen sind.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen die Auffassung vertreten, der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt reiche zur Beurteilung der Verjährungsfrage nicht aus. So werde die Verjährung des Feststellungsrechtes durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige davon in Kenntnis gesetzt werde. Davon ausgehend könne es nicht darauf ankommen, wann ein Bescheid gegenüber dem Bund als Dienstgeber bzw. Beitragspflichtigen erlassen worden sei, sondern wann dessen zuständigen Organen erstmals Maßnahmen der vorangeführten Art zur Kenntnis gelangt seien. Im Beschwerdefall müsse angenommen werden, dass dies bereits während der Beitragsprüfung in der Zeit von Jänner 1974 bis April 1976 geschehen sei. Die für die "Hochschulkurse" maßgeblichen Organe müssten wohl dem Bund zugerechnet werden, so dass deren Kenntnisnahme genüge. Berücksichtige man weiters, dass die Verjährung gehemmt sei, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung zur Zahlung von Beiträgen anhängig sei, so könne nicht nachvollzogen werden, wann die Beitragsverjährung eingetreten sein solle. Für den Zeitraum vom 21. März 1977 bis 3. Juli 1978 sei unerfindlich, weshalb diesbezüglich abschlägig entschieden worden sei. In der Bescheidbegründung werde nicht einmal behauptet, dass dafür keine Beiträge entrichtet worden seien. Wenn § 308 ASVG auch durch den Begriff "Beitragsmonate" die wirksame tatsächliche Beitragsentrichtung voraussetze, so könne dies nach Auffassung der Beschwerdeführerin im gegenständlichen Fall nicht so gesehen werden: Die Nichtentrichtung der Beiträge sei auf einen entscheidenden Fehler der Verwaltung zurückzuführen. Es erscheine daher undenkbar, es als den Willen des Gesetzgebers anzusehen, dass daraus für den Versicherten eine Leistungsminderung resultiere.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist nur die Zeit bis 28. Mai 1978. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass für die Zeit vom 1. November 1976 bis 31. Jänner 1978 ohnedies Überweisungsbeträge geleistet worden sind. Im Übrigen, also für die Zeit vom 1. Februar 1978 bis 28. Mai 1978 und die restlichen Zeiten vom 1. Juli 1965 bis 31. Oktober 1976 - mit Ausnahme für die Zeit vom 5. November 1973 bis 12. März 1974 -, wurden keine Beiträge geleistet (vgl. dazu die in den Verwaltungsakten erliegende Übersicht über den Versicherungsverlauf der Beschwerdeführerin).

Dass die "Hochschulkurse" die Vortragenden bzw. Kursleiter an den Sprachkursen nicht zur Sozialversicherung gemeldet und für diese keinerlei Beiträge entrichtet haben, kann nach Lage der Verwaltungsakten keinem Zweifel unterliegen (vgl. z.B. die Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse vom 30. Oktober 1984 und vom 20. Juni 1994).

Daraus folgt allerdings, dass im Beschwerdefall Erhebungen bezüglich eines allfälligen Verschuldens an der Unterlassung von rechtzeitigen Meldungen bzw. an der Verjährung des Rechtes zur Vorschreibung von Beiträgen dahinstehen konnten, da es jedenfalls an der nach § 225 Abs. 1 Z. 1 lit. b ASVG erforderlichen wirksamen Beitragsentrichtung fehlt.

Ein allfälliges Verschulden des Dienstgebers an der unterlassenen Meldung zur Sozialversicherung mag zwar zu seiner (Schaden)Ersatzpflicht führen, weil er damit auch seine Fürsorgepflicht verletzt hat (vgl. dazu etwa die Anmerkung von Apathy und Riedler zum Urteil des OGH vom 26. Februar 1992, 9 Ob A 21/92, in: DRdA 1992, S 347), berechtigte allerdings die belangte Behörde nicht, vom eindeutigen Wortlaut des Gesetzes abzugehen.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Den nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Parteien steht kein Ersatz des Schriftsatzaufwandes zu (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 96/08/0269).

Wien, am 18. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995080184.X00

Im RIS seit

10.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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