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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde 1. der I,
2. des H, 3. des E und 4. des G, alle in N, alle vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Wolfgang List, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. März 2010, Zl. IIa-90001-09/20, betreffend Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes (mitbeteiligte Partei:
E GmbH in W; Oberbehörde: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), nach Durchführung einer Verhandlung am 11. Dezember 2013, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.709,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 2010 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 3. Juni 2009, mit dem der mitbeteiligten Partei gemäß § 116 iVm § 83 Mineralrohstoffgesetz - MinroG die Genehmigung für den Gewinnungsbetriebsplan Tagbau-H. erteilt worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde - u.a. gestützt auf die gewerbetechnischen Gutachten vom 6. März 2006 und vom 6. März 2008, die amtsärztlichen Gutachten vom 9. Oktober 2008 und vom 13. März 2009 und das sprengtechnische Gutachten vom 26. Februar 2009 - im Wesentlichen aus, die in den Berufungen geltend gemachte Verletzung des Parteiengehörs sei durch die Akteneinsicht vor der belangten Behörde am 14. Dezember 2009 saniert worden.
Parteien im Verfahren zur Genehmigung von Gewinnungsbetriebsplänen seien gemäß § 116 Abs. 3 MinroG neben dem Genehmigungswerber und den Eigentümern der Grundstücke, auf deren Oberfläche der Aufschluss und/oder der Abbau erfolgten, die Nachbarn; das seien im Sinne von Z. 3 dieser Bestimmung alle Personen, die durch die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstigen dinglichen Rechte gefährdet werden könnten.
Die den Nachbarn des Genehmigungsverfahrens eingeräumte Parteistellung vermittle diesen das Recht, dass eine beantragte Genehmigung nur dann erteilt werde, wenn ihre durch das MinroG geschützten Interessen gewahrt blieben. Sie hätten Anspruch darauf, dass die Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes dann unterbleibe, wenn sie trotz Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen in ihrem Leben, in ihrer Gesundheit, in ihrem Eigentum oder in ihren sonstigen dinglichen Rechten gefährdet oder in unzumutbarer Weise belästigt würden. Das MinroG räume den Nachbarn jedoch kein subjektiv-öffentliches Recht darauf ein, dass - unabhängig von einer konkreten Gefährdung oder Belästigung im dargestellten Sinn - die Genehmigung wegen eines sonstigen im MinroG verankerten Genehmigungshindernisses unterbleibe. Die Wahrnehmung solcher öffentlicher Interessen obliege alleine der zur Vollziehung des MinroG berufenen Behörde.
In diesem Zusammenhang werde auf das zum selben Sachverhalt ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 2010, Zl. 2009/04/0297, verwiesen, nach welchem sich ein näheres Eingehen auf die allfällige fehlende Zustimmung der Gemeinde, eine Überschreitung der Grenzwerte nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft und den Abtransport der mineralischen Rohstoffe auf der öffentlichen Bundesstraße erübrige.
Dem weiteren Einwand, die Abstandsregelung von 300 m sei nicht eingehalten worden, sei entgegenzuhalten, dass im Rahmen des Gewinnungsbetriebsplanes die Abstandsregelung von 300 m gemäß § 82 Abs. 2 MinroG projektgemäß eingehalten worden sei. Diesbezüglich sei auf den Vermessungsplan des DI N.M., eines staatlich befugten und beeideten Zivilingenieurs für Vermessungswesen, zu verweisen; für dessen Vermessungsplan gelte die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit.
Zu den zahlreichen Projektsänderungen und der "damit geltend gemachten späteren Antragstellung" sei anzumerken, dass es sich dabei um nicht wesentliche Änderungen handle, weil diese nicht geeignet seien, gegenüber dem ursprünglichen Projekt neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen usw. im Sinne des § 116 Abs. 1 MinroG herbeizuführen. Dem gewerbetechnischen Gutachten sei zu entnehmen, dass gerade durch diese Projektsänderungen der Stand der Technik erreicht werde und dass durch die Errichtung einer Förderbandanlage mit Abwurfsilo eine wesentliche Reduktion von Lärm und Staub zu erwarten sei. Es handle sich somit um eine zulässige, nicht wesensändernde Projektsänderung, weshalb auch kein neuer Antrag erforderlich sei.
Hinsichtlich der geltend gemachten fehlenden Zustimmung des Eigentümers zum gegenständlichen Abbau sei auszuführen, dass der Nachweis der Berechtigung zum Abbau von mineralischen Rohstoffen auf nicht dem Ansuchenden gehörenden Grundstücken gemäß § 80 Abs. 2 Z. 4 MinroG eine Voraussetzung für die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes durch die Behörde darstelle. Folglich handle es sich dabei nicht um ein subjektives Recht der Nachbarn.
Zu den Einwendungen in Bezug auf Lärm, Staub und Erschütterungen sei auf die vollständigen, schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der Amtssachverständigen zu verweisen. Sowohl der gewerbe- bzw. lärmtechnische als auch die sprengtechnische Amtssachverständige und der Amtsarzt kämen in ihren Gutachten zum Schluss, dass es durch das beantragte Projekt zu keinen unzumutbaren Belästigungen oder gar Gesundheitsgefährdungen komme. Die Ausführungen der Beschwerdeführer seien hingegen nicht geeignet, die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit dieser Gutachten in Zweifel zu ziehen. Darüber hinaus seien die Beschwerdeführer den einschlägigen Fachgutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten "allgemeinen Studien zu PM2,5" (einer bestimmten Art von Feinstaub), welche "in keinerlei Zusammenhang mit dem konkret zur Beurteilung anstehenden Projekt" stünden, zeigten die Beschwerdeführer keine Verletzung von subjektiven Rechten oder gar eine Unschlüssigkeit der eingeholten Sachverständigengutachten auf.
Auch die sprengtechnische Amtssachverständige lege schlüssig und nachvollziehbar in ihrem Gutachten vom 26. Februar 2009 dar, dass das beantragte Projekt dem besten Stand der Sprengtechnik entspreche, dass insbesondere in Bezug auf Erschütterungen der Anhaltswert für besonders erschütterungsempfindliche Bauten von 3 mm/s für die Gebäude H. 1 und 3 unterschritten werde und von einer erheblichen Belästigung von Menschen in den nächstgelegenen Wohngebäuden nicht auszugehen sei.
Ebenso habe der Amtsarzt in seinem Gutachten vom 13. März 2009 festgestellt, dass keine unzumutbaren Belästigungen oder Gesundheitsstörungen durch Lärm bzw. Sprenglärm bei Erweiterung des Abbaues zu erwarten seien. Auch seien keine unzumutbaren Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen durch Feinstaub oder NOx sowie durch Erschütterungen zu erwarten.
Schließlich sei auch das Vorbringen der Beschwerdeführer in Bezug auf das Verkehrskonzept nicht geeignet, eine Verletzung ihrer subjektiven Rechte aufzuzeigen, weil § 116 MinroG dem Nachbarn in Bezug auf das gemäß § 83 Abs. 1 MinroG vorzulegende Verkehrskonzept kein Mitspracherecht einräume.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die nicht rechtsanwaltlich vertretene mitbeteiligte Partei hat - wie auch die Oberbehörde - eine Stellungnahme erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach durchgeführter Verhandlung erwogen:
1. Im vorliegenden Fall sind folgende Bestimmungen des Mineralrohstoffgesetzes (MinroG), BGBl. I Nr. 38/1999 idF BGBl. I Nr. 115/2009, maßgebend:
"V. Hauptstück
Obertägiges Gewinnen grundeigener mineralischer Rohstoffe
Gewinnungsbetriebsplan - Inhalt
§ 80. (1) Natürliche Personen, juristische Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechtes, die beabsichtigen, grundeigene mineralische Rohstoffe obertägig zu gewinnen, haben der Behörde einen Gewinnungsbetriebsplan zur Genehmigung vorzulegen. Vor Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes darf nicht mit dem Gewinnen begonnen werden. (…).
(2) Anstelle der im § 113 Abs. 2 angeführten Unterlagen sind dem Ansuchen um Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes anzuschließen:
(…)
4. Unterlagen zum Nachweis der Überlassung des Gewinnens grundeigener mineralischer Rohstoffe auf den nicht dem Ansuchenden gehörenden Grundstücken einschließlich des Rechtes zur Aneignung dieser mineralischen Rohstoffe,
(…)
Gewinnungsbetriebsplan für grundeigene mineralische Rohstoffe - zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen
§ 83. (1) Neben den in § 116 Abs. 1 und 2 angeführten Genehmigungsvoraussetzungen ist ein Gewinnungsbetriebsplan erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu genehmigen, wenn
1. das öffentliche Interesse an der Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes auf den bekanntgegebenen Grundstücken andere öffentliche Interessen im Hinblick auf die Versagung des Gewinnungsbetriebsplanes überwiegt,
(…)
(2) Öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 1 Z 1 sind in der Mineralrohstoffsicherung und in der Mineralrohstoffversorgung, in der im Zeitpunkt des Ansuchens um Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes gegebenen Raumordnung und örtlichen Raumplanung, in der Wasserwirtschaft, im Schutz der Umwelt, im Schutz der Bevölkerung vor unzumutbaren Belästigungen durch den Abbau, den ihm dienenden Bergbauanlagen und den durch ihn erregten Verkehr sowie in der Landesverteidigung begründet. Bei der Abwägung der öffentlichen Interessen hat die Behörde insbesondere auf die Standortgebundenheit von Vorkommen grundeigener mineralischer Rohstoffe, auf die Verfügbarkeit grundeigener mineralischer Rohstoffe sowie auf die Minimierung der Umweltauswirkungen durch möglichst kurze Transportwege Bedacht zu nehmen.
(…)
Genehmigung von Gewinnungsbetriebsplänen
§ 116. (1) Gewinnungsbetriebspläne sind, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen, wenn nötig auch nur befristet, zu genehmigen, wenn
(…)
5. im konkreten Fall nach dem besten Stand der Technik vermeidbare Emissionen unterbleiben,
6. nach dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit und keine unzumutbare Belästigung von Personen zu erwarten ist,
7. keine Gefährdung von dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen Sachen und keine über das zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung der Umwelt und von Gewässern (§ 119 Abs. 5) zu erwarten ist,
(…)
(3) Parteien im Genehmigungsverfahren sind:
(…)
3. Nachbarn: das sind im Sinne dieser Bestimmung alle Personen, die durch die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Gebietes, auf dem der Aufschluß/Abbau beabsichtigt ist, aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen, regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
(…)
(10) Handelt es sich um die Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes für die ausschließlich obertägige Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe, sind für dessen Genehmigung auch noch die §§ 81, 82 und 83 anzuwenden.
(…)"
2. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Parteiengehörs bringt die Beschwerde zunächst vor, dass dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer bei der Akteneinsicht am 14. Dezember 2009 nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien. Dem Rechtsvertreter seien erst am 19. Jänner 2010 die maßgeblichen Kopien des aktuellen Flächenwidmungsplanes übermittelt worden. Die Berufung sei allerdings bereits am 8. Jänner 2009 (richtig: 8. November 2009) eingebracht worden. Die Übermittlung wesentlicher Aktenteile sei somit erst nach der Erstattung der Berufung erfolgt, was die Arbeit des vertretenden Rechtsanwaltes wesentlich erschwert habe.
Mit diesem Vorbringen unterlässt es die Beschwerde allerdings, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels konkret darzutun. Darüber hinaus wäre es den Beschwerdeführern offen gestanden, zwischen dem 19. Jänner 2010, an dem dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen maßgebliche Kopien übermittelt wurden, und der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 31. März 2010 - sohin innerhalb von über zwei Monaten - eine Berufungsergänzung einzubringen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2012, Zl. 2012/05/0070).
3.1. Weiters bringt die Beschwerde im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe betreffend die Problematik der fehlenden Zustimmung der Gemeinde, die Überschreitung der Grenzwerte nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) und den Abtransport mineralischer Stoffe auf der öffentlichen Bundesstraße nicht die erforderlichen Ermittlungen angestellt, sondern lediglich auf das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2010, Zl. 2009/04/0297, verwiesen.
Darüber hinaus sei Grundlage dafür, dass die Behörde die Genehmigung erteilen dürfe, die Berechtigung, als Eigentümer über das Grundstück verfügen zu dürfen, oder der Nachweis der Berechtigung zum Abbau von mineralischen Rohstoffen auf nicht dem Ansuchenden gehörenden Grundstücken im Sinne des § 80 Abs. 2 Z. 4 MinroG. Tatsächlich bestehe aber keine Berechtigung zur Benutzung des der Gemeinde N. gehörenden Grundstückes Nr. X/Y, GB N., über das die Zufahrt zum Abbaugebiet erfolgen solle.
Das entscheidende Gutachten über staubförmige Emissionen und Immissionen sei vom Gutachter im Auftrag der Mitbeteiligten erstellt worden, wodurch dessen Unbefangenheit zumindest in Zweifel zu ziehen sei. Die Beschwerdeführer hätten daher beantragt, dass ein gerichtlich beeideter Sachverständiger bestellt werde. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, sich mit dieser Frage durch Einholung eines Sachverständigengutachtens auseinanderzusetzen.
Betreffend das Mitspracherecht bei dem vorzulegenden Verkehrskonzept sei auszuführen, dass aufgrund der Enge der Straße die Verwirklichung des Verkehrskonzeptes und der gefahrlose Abtransport nicht möglich seien. Es sei zu befürchten, dass es beim Abtransport zu Gefährdungen, jedenfalls aber zu unzumutbaren Belästigungen von Menschen kommen werde.
Darüber hinaus sei auch mehrmals darauf hingewiesen worden, dass im Rahmen des Gewinnungsbetriebsplanes auf die Abstandsregelung des § 82 Abs. 2 MinroG nicht ausreichend Bedacht genommen worden sei. Jedenfalls betrage der Abstand zwischen "den Beschwerdeführern und dem Projektstandort" weniger als die gebotenen 300 m.
3.2. Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde allerdings nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen:
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung folgt aus § 116 Abs. 3 MinroG ein subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes (bzw. einer wesentlichen Änderung dieses Betriebsplanes), dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn - trotz Vorschreibung von Bedingungen oder Auflagen - eine Gefährdung seines Lebens oder seiner Gesundheit, seines - dem Genehmigungswerber nicht zur Benützung überlassenen - Eigentums oder seiner sonstigen dinglichen Rechte zu erwarten ist sowie wenn eine unzumutbare Belästigung seiner Person zu erwarten ist. Hingegen besteht kein subjektives Recht des Nachbarn, dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn andere - im öffentlichen Interesse normierte - Genehmigungsvoraussetzungen (nach seiner Auffassung) nicht erfüllt sind. Sein Mitspracherecht im Genehmigungsverfahren ist vielmehr auf die Geltendmachung der ihm nach dem MinroG gewährleisteten Nachbarrechte beschränkt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, Zl. 2009/04/0121, mwN).
Davon ausgehend zeigen die Beschwerdeführer die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes mit dem Vorbringen zu den Eigentumsverhältnissen am Betriebsgrundstück bzw. der fehlenden Zustimmung der Gemeinde, zum Verkehrskonzept bzw. zum Abtransport mineralischer Stoffe auf der öffentlichen Bundesstraße sowie zu einem geringeren Abstand zwischen den Liegenschaften der Beschwerdeführer und dem Projektstandort als die von § 82 Abs. 1 MinroG geforderten 300 m nicht auf (vgl. dazu wiederum das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, mwN, sowie die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 2010, Zl. 2009/04/0297, und vom 8. Mai 2013, Zl. 2011/04/0193, mwN).
Dadurch, dass den Nachbarn im Verfahren zur Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes kein subjektives Recht auf die Einhaltung der Abstandsregelungen des § 82 MinroG zukommt, werden diese allerdings nicht in ihren Rechten verkürzt, können sie doch wegen eines zu geringen Abstandes allenfalls drohende Gesundheitsgefährdungen im Rahmen ihrer Einwendungen gemäß § 116 Abs. 3 MinroG geltend machen (zum Regelungszweck der §§ 82, 83 MinroG vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 2013, Zl. 2011/04/0140).
Was das wiedergegebene Beschwerdevorbringen zu der "in Zweifel zu ziehenden Unbefangenheit" des Verfassers des "entscheidenden Gutachtens über staubförmige Emissionen und Immissionen", Dr. F., anlangt, so hat die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich beim Gutachten des Dr. F. um einen Bestandteil des Projektes handelte und dieses Gutachten - was der hg. Rechtsprechung (vgl. dazu etwa etwa das Erkenntnis vom 28. September 2011, Zl. 2011/04/0117, mwN) entspricht - durch die behördlich beigezogenen Amtssachverständigen überprüft wurde. Das eine Befangenheit des Dr. F. andeutende Vorbringen der Beschwerdeführer geht somit ins Leere, bezieht sich doch § 7 AVG nur auf Verwaltungsorgane (vgl. näher Hengstschläger/Leeb, AVG § 7 Rz 2, mwN).
4.1. In Bezug auf die Gesundheitsgefährdung der beschwerdeführenden Nachbarn bringt die Beschwerde (u.a.) vor, dass es im Falle des Betriebes der Anlage zu Gefährdungen durch PM2,5 kommen werde, was "bis dato" in keiner Weise geprüft worden sei.
In der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof am 11. Dezember 2013 brachten die Beschwerdeführer dazu ergänzend vor, die belangte Behörde wäre dazu verpflichtet gewesen, Untersuchungen zu dem "nachweislich gesundheitsrelevanten" PM2,5- Wert anzustellen. Mangels solcher Untersuchungen sei der angefochtene Bescheid als rechtswidrig zu erkennen.
4.2. Mit diesem Vorbringen wird eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:
Der erstbehördliche Bewilligungsbescheid vom 3. Juni 2009 stützte sich bei Beurteilung der Einwendungen der nunmehr als Beschwerdeführer auftretenden Nachbarn nach § 116 MinroG auf die auf sachverständiger Grundlage gewonnene Einschätzung, dass aus Sicht der Emissionstechnik "keine wesentlichen Veränderungen der Ist-Situation bei plan- und beschreibungsgemäßem Betrieb" erwartet werden könnten; in den in diesem Zusammenhang wiedergegebenen Gutachten ist mit Blick auf die Feinstaubbelastung lediglich von PM10 die Rede.
Bereits in ihrer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid haben die Beschwerdeführer vorgebracht, im Fall eines Betriebes der Anlage werde es zu Gefährdungen durch PM2,5 kommen, was bis dato in keiner Weise geprüft worden sei. Die Behörde sei verpflichtet, sich mit dieser Frage durch Einholung eines Sachverständigengutachtens auseinanderzusetzen.
In einem Schreiben an die belangte Behörde vom 6. Dezember 2009 brachten die Beschwerdeführer ergänzend vor, der Gutachter Dipl.-Ing. F. vernachlässige die "erforderliche Berechnung auch des (gegenüber PM10) wesentlich gefährlicheren Feinstaubes, angegeben als PM2,5". Nach dem unter einem vorgelegten Vortragsmanuskript von Univ.-Prof. Dr. N. sei in jedem Genehmigungsverfahren die Untersuchung der PM2,5 -Belastung unbedingt erforderlich. Diesbezüglich wäre daher auch ein neues humanmedizinisches Gutachten einzuholen.
Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde allerdings nur insoweit auseinandergesetzt, als sie im angefochtenen Bescheid ausgeführt hat, die von den Beschwerdeführern vorgelegten "allgemeinen Studien zu PM2,5" stünden "in keinerlei Zusammenhang mit dem konkret zur Beurteilung anstehenden Projekt". Eine Ergänzung der sachverständigen Grundlagen durch die Berufungsbehörde mit Blick das wiedergegebene Vorbringen der Beschwerdeführer zum Feinstaub PM2,5 ist aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich.
Gemäß § 37 erster Satz AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Gemäß § 66 Abs. 1 AVG hat die Berufungsbehörde notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durch eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde durchführen zu lassen oder selbst vorzunehmen.
Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens können etwa dadurch notwendig werden, dass im Berufungsverfahren neue Tatsachen behauptet werden, mit denen sich die Behörde sachkundig auseinandersetzen muss (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 2, mwN).
Dadurch dass sich die belangte Behörde mit dem wiedergegebenen Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach im erstbehördlichen Verfahren eine Berechnung der Entwicklung des "wesentlich gefährlicheren" Feinstaubes PM2,5 bei Betrieb der projektierten Anlage unterblieben sei, nicht in Ergänzung des Ermittlungsverfahrens befasst hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einem Verfahrensmangel belastet; der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG (idF BGBl. I Nr. 122/2013) und § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 auf die §§ 47 ff VwGG (in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung) iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das auf Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil diese in den nach der genannten Verordnung pauschalierten Beträgen bereits enthalten ist.
Wien, am 21. Jänner 2014
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung RechtsmittelverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2014:2010040052.X00Im RIS seit
19.02.2014Zuletzt aktualisiert am
24.03.2014