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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §14a Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des Ö K in W, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. März 1998, Zl. 10/13116/856 717, betreffend Versagung einer Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. März 1998 wurde der am 11. Februar 1998 gestellte Antrag des Beschwerdeführers, ihm eine Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) auszustellen, gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 14a Abs. 1 AuslBG abgewiesen.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen aus, für die Erfüllung der Anspruchesvoraussetzungen gemäß § 14a Abs. 1 AuslBG sei der Zeitraum 11. Dezember 1997 bis 11. Februar 1998 bzw. im Hinblick auf die erstbehördliche Entscheidung (vom 16. Februar 1998) der Zeitraum vom 16. Dezember 1997 bis 16. Jänner 1998 heranzuziehen. Dem Beschwerdeführer sei gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG ein Befreiungsschein mit zeitlicher Geltungsdauer vom 30. März 1993 bis 29. März 1998 ausgestellt worden. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 12. Mai 1997 sei die am 29. März 1993 zwischen dem Beschwerdeführer und der österreichischen Staatsbürgerin S K (geborene K) vor dem Standesamt Wien-Brigittenau geschlossene Ehe gemäß § 23 Ehegesetz für nichtig erklärt worden. Aus diesem Grund könnten die "auf Grund der Scheinehe zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG gewertet werden"; diese Zeiten könnten "für die Berechnung einer Arbeitserlaubnis keine Berücksichtigung finden". Durch die Nichtigerklärung der Ehe sei deren Bestehen an der Wurzel mit dem Tag der Eheschließung beseitigt worden, weshalb "Ihre Beschäftigungszeiten, welche ausschließlich auf Grund des ihnen gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 AuslBG ausgestellten Befreiungsscheine zurückgelegt wurden, keine Berücksichtigung finden können". Das in § 14a AuslBG normierte Erfordernis erlaubter Beschäftigung sei daher nicht gegeben. Mangels legaler Beschäftigungszeiten im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG sei die Ausstellung der beantragten Arbeitserlaubnis zu versagen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen in seinem Recht auf Ausstellung der beantragten Arbeitserlaubnis nach dem AuslBG verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. In ihrer Stellungnahme zur Beschwerde führte die belangte Behörde u.a. aus, dass der dem Beschwerdeführer ausgestellte Befreiungsschein nicht (gemäß § 16 Abs. 1 AuslBG) widerrufen worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14a Abs. 1 AuslBG (in der gemäß § 34 Abs. 19 leg. cit. mit 1. Jänner 1998 in Kraft getretenen und demnach im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle
BGBl. I Nr. 78/1998) ist einem Ausländer auf Antrag eine Arbeitserlaubnis auszustellen, wenn der Ausländer in den letzten 14 Monaten insgesamt 52 Wochen im Bundesgebiet im Sinne des § 2 Abs. 2 mit einer dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Tätigkeit erlaubt beschäftigt war. Zeiten einer Beschäftigung
1.
gemäß § 3 Abs. 5 oder
2.
gemäß § 18 oder
3.
auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 oder
4.
auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung, welche eine Beschäftigung als Grenzgänger gemäß § 1 Abs. 11 des Fremdengesetzes 1997 zu Grunde liegt oder
5.
auf Grund einer Beschäftigungsbewilligung für Künstler gemäß § 4a
werden nicht berücksichtigt.
Voraussetzung für die Ausstellung einer Arbeitserlaubnis ist zufolge § 14a Abs. 1 AuslBG somit, dass der Antragsteller innerhalb einer Zeitraumes von 14 Monaten, rückgerechnet ab dem Tag seiner Antragstellung (arg ... "in den letzten ..."), insgesamt 52 Wochen im Bundesgebiet erlaubt beschäftigt war. Die Verweisung auf § 2 Abs. 2 AuslBG bedeutet, dass Beschäftigungszeiten, die nicht in einem Arbeitsverhältnis (sondern etwa in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis) zurückgelegt wurden, ebenfalls zu berücksichtigen sind. Demnach kann - wie der Verwaltungsgerichtshof zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 1 AuslBG in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. in dieser Hinsicht etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0146, und die darin angegebene Judikatur) - auch für die Ausstellung einer Arbeitserlaubnis nur eine behördlich genehmigte oder sonst rechtmäßige Beschäftigung die Grundlage sein. Ausdrücklich nicht zu berücksichtigen sind die unter Z. 1 bis Z. 5 des § 14a Abs. 1 AuslBG genannten Beschäftigungszeiten. Dass der Beschwerdeführer derartige Beschäftigungszeiten (im Sinne der Z. 1 bis Z. 5 leg. cit.) aufweise, hat die belangte Behörde nicht festgestellt.
Als Grundlage einer erlaubten Beschäftigung kommt u.a. (auch) ein nach dem AuslBG ausgestellter Befreiungsschein in Betracht, gewährt dieser seinem Inhaber doch mit konstitutiver Wirkung (vgl. §§ 3 Abs. 1 und 28 Abs. 1 AuslBG) das Recht, jede Beschäftigung auszuüben bzw. auch ohne das Erfordernis der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung den Arbeitsplatz zu wechseln (vgl. hiezu § 6 AuslBG). Dass der Beschwerdeführer - bis zur Erlangung des angefochtenen Bescheides unverändert - Inhaber eines derartigen Befreiungsscheines ist, hat die belangte Behörde festgestellt. Da dieser Befreiungsschein unbestrittenermaßen nicht widerrufen wurde, gehört er (als individuell-konkrete Norm) dem Rechtsbestand an.
Die belangte Behörde vertritt jedoch die Auffassung, dass dieser dem Beschwerdeführer ausgestellte Befreiungsschein und die auf seiner Grundlage von ihm zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht zu berücksichtigen seien. Für diese Ansicht vermag die belangte Behörde allerdings keine Rechtsgrundlage anzugeben. Der Hinweis der belangten Behörde auf das Ehenichtigkeitsurteil des Bezirksgerichtes Josefstadt ist verfehlt, weil normativer Abspruch dieses rechtskräftigen Urteils ausschließlich die Nichtigkeit der genannten, vor dem Standesamt Wien-Brigittenau geschlossenen Ehe ist. Den dem Beschwerdeführer ausgestellten Befreiungsschein hat bzw. konnte das Bezirksgericht Josefstadt mit seinem Ehenichtigkeitsurteil nicht widerrufen. Es besteht aber auch keine gesetzliche Regelung, wonach ein Ehenichtigkeitsurteil die unmittelbare Rechtswirkung habe, dass damit ein nach dem AuslBG ausgestellter Befreiungsschein als widerrufen zu gelten habe. Auch die im angefochtenen Bescheid dargelegte Ansicht, der Beschwerdeführer habe "auf Grund der Scheinehe" Beschäftigungszeiten zurückgelegt, ist insoweit verfehlt, als die (persönlichen) Rechtswirkungen einer Ehe nicht darin bestehen bzw. bestanden, dass Ehegatten derart eine öffentlich-rechtliche Erlaubnis zur Ausübung einer behördlich genehmigte Beschäftigung nach dem AuslBG erlangen, wurde diese Erlaubnis doch von der zuständigen Verwaltungsbehörde mit dem ausgestellten Befreiungsschein mit konstitutiver Wirkung erteilt.
Anders als in dem Beschwerdefall, der dem hg. Erkenntnis vom 10. Februar 1999, Zl. 98/09/0144, zu Grunde lag, wurde der dem Beschwerdeführer ausgestellte Befreiungsschein einem Widerrufsverfahren (nach dem AuslBG) nicht unterzogen. Mangels (rechtskräftigen) Widerrufs des dem Beschwerdeführer ausgestellten Befreiungsscheines durch die nach dem AuslBG zuständige Verwaltungsbehörde ist vorliegend nicht zu untersuchen, ob der ausgestellte Befreiungsschein (angesichts eines ergangenen Ehenichtigkeitsurteiles) hätte widerrufen werden können bzw. welche Rechtswirkungen ein Widerrufsbescheid - wäre ein solcher von der zuständigen Behörde erlassen worden - in zeitlicher Hinsicht gehabt hätte.
Blieb die dem Beschwerdeführer durch den ihm ausgestellten Befreiungsschein mit konstitutiver Wirkung erteilte Erlaubnis, jede Beschäftigung nach dem AuslBG erlaubt auszuüben, bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides aufrecht, dann hat die belangte Behörde, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, die vom Beschwerdeführer auf der Grundlage seines Befreiungsscheines zurückgelegten Beschäftigungszeiten seien nicht zu berücksichtigen, die Rechtslage verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 41 AMSG unter Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Oktober 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998090145.X00Im RIS seit
10.01.2001