TE Vwgh Erkenntnis 2014/1/27 2013/11/0246

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Veröffentlicht am 27.01.2014
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Index

43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

WehrG 2001 §26 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des SK in F, vertreten durch Dr. Josef Lagler, Rechtsanwalt in 7132 Frauenkirchen, Franziskanerstraße 62, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport vom 14. Oktober 2013, Zl. P989665/5- PersC/2013, betreffend Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des 1992 geborenen Beschwerdeführers vom 20. Juni 2013 auf gänzliche Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes gemäß § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001 abgewiesen.

Begründend stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei anlässlich seiner Stellung am 14. Jänner 2010 für tauglich befunden und zunächst mit Einberufungsbefehl vom 15. April 2013 zur Ableistung des Präsenzdienstes per 1. Oktober 2013 einberufen worden. Im Hinblick auf den damals bevorgestandenen Vorbereitungslehrgang für die Lehrabschlussprüfung als Landmaschinenmechaniker im Februar 2014, für den der Beschwerdeführer angemeldet gewesen sei, habe das Militärkommando Burgenland den genannten Einberufungstermin bescheidmäßig auf den 3. März 2014 abgeändert.

Der Beschwerdeführer habe seinen Antrag auf Befreiung damit begründet, dass er seit 1. April 2013 eine landwirtschaftliche Fläche in D. im Ausmaß von ca. 80 ha zur eigenständigen Nutzung gepachtet habe, die er entsprechend bearbeiten müsse. Dafür stünde ihm keine Hilfe zur Verfügung, weil sein Vater eine eigene Landwirtschaft in der Größe von ca. 90 ha in F. bearbeiten müsse. Im Falle der Ableistung des Grundwehrdienstes könne er die landwirtschaftlichen Arbeiten nicht fristgerecht durchführen und müsse mit gesamtwirtschaftlichen Einbußen rechnen.

Dazu stellte die belangte Behörde aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen fest, dass es sich bei den von ihm gepachteten landwirtschaftlichen Flächen um Ackerland handle (die Landwirtschaft werde "viehlos geführt"), die im Eigentum seiner Tante und seines Onkels stünden, wobei der "Bewirtschafterwechsel mit Übernahme aller Verpflichtungen" am 7. Februar 2013 erfolgt sei. In Beantwortung mehrerer Fragen der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass das Pachtangebot für ihn überraschend gekommen sei und er sich, weil es auch andere Interessenten gegeben hätte, kurzfristig entscheiden habe müssen, sodass Dispositionen wegen des bevorstehenden Präsenzdienstes nicht mehr möglich gewesen seien.

In der rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde davon aus, im vorliegenden Fall sei entscheidungsrelevant, ob das vom Beschwerdeführer geltend gemachte wirtschaftliches Interesse besonders rücksichtswürdig iSd § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001 sei. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse der Beschwerdeführer unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so einrichten, dass einer Einberufung keine vorhersehbaren Schwierigkeiten entgegenstehen (Hinweis u.a. auf das Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 98/11/0195). Daher hätte der Beschwerdeführer seit der Feststellung seiner Tauglichkeit am 14. Jänner 2010 die Planung und Gestaltung seiner privaten wirtschaftlichen Angelegenheiten im Interesse der Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes so vornehmen müssen, dass für den Fall der zu erwartenden Einberufung vorhersehbare oder zu befürchtende Schwierigkeiten vermieden würden. Die belangte Behörde könne keine Notwendigkeit erkennen, weshalb der (ohnedies viehlos geführte) Betrieb vom Beschwerdeführer zum genannten Zeitpunkt habe gepachtet werden müssen bzw. weshalb der Beschwerdeführer damit nicht bis nach der Ableistung des Grundwehrdienstes habe zuwarten können. Dem Argument des Beschwerdeführers, die Pacht der landwirtschaftlichen Flächen mit 1. April 2013 sei eine "einmalige Chance" gewesen, sei iSd der Judikatur zu entgegnen, dass der Wehrpflichtige auch bei einmaligen wirtschaftlichen Gelegenheiten im Rahmen der genannten Harmonisierungspflicht auf die öffentlichen Interessen Bedacht nehmen müsse. Besonders rücksichtswürdige familiäre Interesse iSd § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001 habe der Beschwerdeführer nicht dargetan.

Der Beschwerdeführer hätte daher entweder von vornherein das wirtschaftliche Engagement im Rahmen eines Pachtverhältnisses unterlassen oder so disponieren müssen, dass er im landwirtschaftlichen Betrieb während der Erfüllung der Präsenzpflicht ausreichend vertreten werden könne. Erkennbar in diesem Zusammenhang verwies die belangte Behörde auf die Möglichkeit, Betriebshelfer vom Maschinenring zu organisieren bzw. den Vater des Beschwerdeführers in die Bewirtschaftung der gepachteten Flächen einzubinden, dem dies trotz des eigenen Landwirtschaftsbetriebes zumutbar sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

§ 26 Wehrgesetz 2001, BGBl. I Nr. 146/2001 in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 63/2012, lautet auszugsweise:

"Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

..."

Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde zusammengefasst geltend, er habe das Pachtverhältnis mit 1. April 2013, somit schon vor der Zustellung des Einberufungsbefehls vom 15. April 2013 begonnen, sodass er Dispositionen zur Ableistung des Grundwehrdienstes nicht mehr habe treffen können. Das Angebot zur Übernahme des landwirtschaftlichen Betriebes sei für ihn nicht vorhersehbar gewesen. Hätte er diese Gelegenheit nicht genützt, so wäre der Betrieb an einen Dritten verpachtet worden. Ein Zuwarten wäre daher keine Alternative gewesen. Auch eine Unterstützung durch den Vater, der selbst einen Landwirtschaftsbetrieb führe, sei entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht möglich. Die auch von der belangten Behörde anerkannten wirtschaftlichen Interessen seien daher entgegen deren Auffassung besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001. Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde würde im Ergebnis dazu führen, dass ein Wehrpflichtiger keine beruflichen Verpflichtungen für die Zukunft eingehen dürfe, die zeitlich mit dem Grundwehrdienst nicht in Einklang zu bringen seien. Das käme einem Berufsverbot gleich.

Im Beschwerdefall ist ausschließlich zu klären, ob besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen im Sinn des § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001 die Befreiung des Beschwerdeführers von der Leistung des Präsenzdienstes erfordern (besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen iSd genannten Bestimmung wurden nicht geltend gemacht).

Der Beschwerdeführer sieht die besondere Rücksichtswürdigkeit seiner wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst darin, dass er durch die notwendige Bewirtschaftung der von ihm gepachteten landwirtschaftlichen Flächen den Grundwehrdienst ohne wirtschaftlichen Schaden nicht ableisten könne, wobei ihm der Abschluss des Pachtvertrages nicht vorgeworfen werden könne, weil dieser einerseits noch in Unkenntnis des erst danach ergangenen Einberufungsbefehls abgeschlossen worden sei und es sich andererseits dabei um eine einmalige Chance gehandelt habe (die landwirtschaftlichen Flächen wären andernfalls an einen Dritten vergeben worden).

Das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen im Sinn des § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001 setzt voraus, dass der Wehrpflichtige selbst Unternehmensinhaber ist, was auch beim Unternehmenspächter zu bejahen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2005, Zl. 2003/11/0026). Nach dem zitierten Erkenntnis ist der Wehrpflichtige gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es ein Wehrpflichtiger seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetzes 2001 angesehen werden (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2012, Zl. 2011/11/0086, mwN).

Auch wenn der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall im Zeitpunkt seiner hier maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionen (Pachtvertrag mit Beginn 1. April 2013) noch nicht zum Grundwehrdienst einberufen war, so musste er doch aufgrund der Feststellung seiner Tauglichkeit im Jahr 2010 mit der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes rechnen. Indem der Beschwerdeführer dennoch den landwirtschaftlichen Betrieb mit 1. April 2013 gepachtet hat, hat er damit die Schwierigkeiten, die für seinen landwirtschaftlichen Betrieb durch die Leistung seines Grundwehrdienstes verbunden sind, selbst geschaffen (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis Zl. 2003/11/0026). Der Beschwerdeführer hätte somit wegen der (aufgrund der Tauglichkeitsfeststellung) zu erwartenden Einberufung zum Grundwehrdienst seine wirtschaftlichen Angelegenheiten so einrichten müssen, dass er der Einberufung ohne voraussehbare Schwierigkeiten nachkommen kann. Ließe sich somit, was dem Beschwerdevorbringen zugrunde liegt, die Führung des gepachteten Betriebes mit der Leistung des Grundwehrdienstes nicht vereinbaren, so hätte der Beschwerdeführer das Pachtverhältnis nicht eingehen dürfen, selbst wenn es sich dabei um eine besondere (wirtschaftliche) Gelegenheit gehandelt haben sollte. Der Beschwerdeführer zeigt nämlich nicht auf noch finden sich sonst Anhaltspunkte dafür, dass er seine wirtschaftliche Existenz nur durch den Abschluss des Pachtverhältnisses habe sichern können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2008, Zl. 2007/11/0202). Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde führt dies zu keinem Berufsverbot in der Phase vor Ableistung des Grundwehrdienstes, stehen dem Wehrpflichtigen doch vor der Einberufung zum Grundwehrdienst alle beruflichen (z.B. unselbständigen) Erwerbsmöglichkeiten offen, die für die Dauer des Ableistens des Grundwehrdienstes ohne größere Schwierigkeiten unterbrochen werden können (nach den unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid übte auch der Beschwerdeführer eine unselbständige Erwerbstätig bis zum Beginn des Pachtverhältnisses aus).

Im Übrigen hat die belangte Behörde zutreffend darauf hingewiesen, dass ein besonders rücksichtswürdiger Grund für die Befreiung vom Grundwehrdienst auch deswegen nicht vorliegt, weil der Beschwerdeführer für die Dauer des Grundwehrdienstes Betriebshelfer vom Maschinenring organisieren könne. Dem ist die Beschwerde nicht entgegen getreten.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2013110246.X00

Im RIS seit

20.02.2014

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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