TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/18 98/09/0098

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Veröffentlicht am 18.10.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;

Norm

AVG §69 Abs1 Z1;
KOVG 1957 §13 Abs1;
KOVG 1957 §13 Abs9;
OFG §11 Abs1;
OFG §11 Abs13;
OFG §11 Abs5;
OFG §11a;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/09/0210

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerden des EP in W, vertreten durch Lansky & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/9, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1. vom 4. Dezember 1997, Zl. 645.614/2-5/97, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens betreffend Unterhaltsrente nach dem Opferfürsorgegesetz und Feststellung eines Übergenusses und 2. vom 4. März 1998, Zl. 645.614/1-5/98, betreffend Verpflichtung zur Zurückerstattung eines Übergenusses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 25.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Dem im Jahr 1908 geborenen Beschwerdeführer wurde auf Grund seines Antrages vom 4. Oktober 1989 mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. April 1990 gemäß § 11 Abs. 5 und 14 und § 11a des Opferfürsorgegesetzes (OFG) i.V.m. § 51 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957) ab 1. September 1989 eine Unterhaltsrente bis 31. Dezember 1989 in der Höhe von S 5.192,-- und ab 1. Jänner 1990 bis auf weiteres in der Höhe von S 5.486,-- zuerkannt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 19. Jänner 1996 wurde der angeführte Bescheid abgeändert, die gebührenden Rentenleistungen wurden gemäß § 2 Abs. 2, § 11 Abs. 5, 7 und 13 und § 11a OFG i.V.m. § 52 Abs. 3 KOVG 1957 neu bemessen und dem Beschwerdeführer über Antrag vom 27. Dezember 1995 eine Witwerbeihilfe gewährt. Dies erfolgte derart, dass aus dem Titel der Minderung der Erwerbsfähigkeit dem Beschwerdeführer vom 1. Jänner 1996 bis auf Weiteres Leistungen von monatlich S 1.090,-- zuerkannt wurden; weiters wurden ihm aus dem Titel der Unterhaltsrente vom 1. Dezember 1995 bis zum 31. Dezember 1995 eine monatliche Rente von S 4.957,-- und vom 1. Jänner 1996 bis auf weiteres von monatlich S 2.518,--, ferner gemäß § 11 Abs. 2 OFG vom 1. Jänner 1996 bis auf weiteres eine Zulage von monatlich S 506,-- sowie schließlich eine Witwenbeihilfe vom 1. Jänner 1995 bis auf weiteres in der Höhe von monatlich S 393,-- zuerkannt.

Am 25. Juni 1997 erließ der Landeshauptmann von Wien gegenüber dem Beschwerdeführer folgenden Bescheid (vom 26. Mai 1997):

"Bescheid

Gemäß § 69 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 AVG wird die Wiederaufnahme der durch die Bescheide des Amtes der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 12 - 32688/R/2 vom 17.4.1990 und Magistratsabteilung 12 - 32688/R/4 vom 19.1.1996 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens hinsichtlich der Unterhaltsrente von amtswegen verfügt und der Unterhaltsrenteanspruch wie folgt festgesetzt:

1.9.1989      S      3.121,--    1.1.1996 - 31.12.1996    S  653,--

1.1.1990      S      2.964,--

1.7.1990      S      3.118,--

1.1.1991      S      3.449,--

1.1.1992      S      4.111,--

1.1.1993      S      4.551,--

1.1.1994      S      5.293,--

1.1.1995      S      5.830,--

1.12.1995     S      2.767,--

Über den Anspruch auf Unterhaltsrente ab 1.1.1997 wird nach Vorliegen der kanadischen Bestätigungen für 1997 entschieden werden.

Der Bezug der Opferrente 30 % sowie Zulage gemäß § 11 (2) Opferfürsorgegesetz und Witwerbeihilfe bleibt unverändert.

Dadurch ist ein Übergenuss von S 246.205,-- für die Zeit vom 1.9.1989 - 31.10.1996 entstanden, über dessen Rückforderbarkeit nach Rechtskraft dieses Bescheides entschieden wird.

Begründung

Gemäß § 69 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 AVG kann die Wiederaufnahme der durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren verfügt werden, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtliche strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie ersichtlich wurde.

Mit Bescheid vom 17.4.1990 und 19.1.1996 wurde die jeweilige Höhe der Unterhaltsrente festgestellt und in den Jahren 1991 - 1995 nach den gesetzlichen Bestimmungen valorisiert.

Diese Bescheide sowie der laufende Unterhaltsrenteanspruch beruht auf der Sachverhaltsannahme, dass Herr EP lediglich Pensionsleistungen der Pensionsversicherungsanstalt für Arbeiter bezieht.

Am 7.10.1996 wurde erstmals der Bezug einer kanadischen Pensionsleistung sowie Tantiemen bekannt gegeben.

Da diese Einkommen auf die Unterhaltsrente anzurechnen sind und zum Zeitpunkt der Gewährung der Unterhaltsrente am 1.9.1989 bereits vorlagen, war auf Grund obzitierter Bestimmungen die Wiederaufnahme zu verfügen und der laufende Unterhaltsrentenbezug zu überprüfen.

Die von der kanadischen Pensionsanstalt bzw. kanadischen Tantiemenabrechnung vorgelegten Bestätigungen wurden unter Verwendung des jeweiligen Jahresmittelkurses für kanadische Dollar der Berechnung zu Grunde gelegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

..."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales (belangte Behörde) vom 4. Dezember 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aus den darin enthaltenen Gründen bestätigt. Der Beschwerdeführer habe sich im Parteiengehör nicht mehr auf seine Berufungsangaben bezogen, sondern eingewendet, dass Bankspesen angefallen seien, deren Höhe er nicht mehr genau angeben könne und mit S 84,-- bis 126,-- beziffere. Abgesehen davon, dass diese Angaben nicht exakt seien, widerspreche eine Anrechnung der Bestimmung des § 13 Abs. 9 KOVG 1957, wonach Einkommen, die im Ausland erzielt werden, nach dem jeweiligen Monatsdurchschnitt der Mittelkurse für Devisen der Wiener Börse umzurechnen seien.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Dezember 1997 wurde "im Anschluss an den Bescheid ... vom 26.5.1997" entschieden, dass der Überbezug in der Höhe von S 246.205,-- durch Verschulden des Beschwerdeführers entstanden und gemäß § 54 Abs. 1 und 3 KOVG 1957 zurückzuerstatten sei. Von der Einbringung des Übergenusses könne gemäß § 54 Abs. 4 KOVG 1957 nicht abgesehen werden. Gemäß § 54 Abs. 2 KOVG 1957 werde die Opferrente, die Zulage gemäß § 11 Abs. 2 OFG, die Witwerbeihilfe sowie allfällige Unterhaltsrentenansprüche samt gebührender Sonderzahlungen zur Abdeckung des Übergenusses einbehalten. Dieser Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer im Bezug einer Unterhaltsrente gewesen sei und als anrechenbares Einkommen die Pension der PVA der Arbeiter angegeben habe. Über Befragen habe er am 7. Oktober 1996 angegeben, dass er seit 1989 im Bezuge einer kanadischen Pension stehe und außerdem von der kanadischen Anstalt SOCAN geringfügige Tantiemen erhalte. Der Beschwerdeführer habe somit trotz ausdrücklicher Verpflichtung, jede Einkommensänderung zu melden, seine Meldepflicht verletzt und es jahrelang verabsäumt, die Leistungen aus Kanada der Behörde anzugeben. Die angeordnete Einbehaltung sei daher in Anbetracht der Höhe des Übergenusses eine Notwendigkeit. Da der Beschwerdeführer im Bezug einer Pension der PVA der Arbeiter von S 8.294,84 monatlich sowie einer kanadischen Pension von etwa S 1.865,-- monatlich sei, sei sein Lebensunterhalt gesichert und es liege keine besondere Härte vor.

Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im Wesentlichen ausführte, dass die von der Behörde angenommene Summe um 9 Prozent, nämlich die von ihm entrichteten Bankspesen, zu verringern gewesen wäre. Flüchtlinge aus Österreich, die heute noch in Kanada oder auch in den USA lebten, bekämen noch immer ihre Pension ohne Abzüge. Auch den anderen Heimkehrern sei die volle Pension ausbezahlt worden. Der Beschwerdeführer sei auch vor seiner Heimkehr von Kanada nach Österreich weder vom österreichischen Konsul noch vom österreichischen Botschafter in Kenntnis gesetzt worden, dass die Pension von Kanada anzugeben sei. Er sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, dass ein Teil seiner Pension abgezogen werde. Den Beschwerdeführer treffe kein Verschulden, er habe das Geld in gutem Glauben genommen und schließlich auch freiwillig mitgeteilt, dass er Textautor sei (und Zahlungen aus Kanada erhalte).

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 4. März 1998 wurde die Berufung des Beschwerdeführers auch gegen den Bescheid vom 15. Dezember 1997 abgewiesen und dieser aus den darin angegeben Gründen bestätigt. Die belangte Behörde bemerkte, dass bei der gegebenen Sachlage sowohl Verschulden als auch mangelnder guter Glaube im Sinne des § 326 ABGB nachgewiesen seien. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer bereits bei der Antragstellung den Bezug seiner ausländischen Einkünfte trotz Befragung verschwiegen habe und daher gewusst haben müsse, dass ihm die gewährten Rentenleistungen nicht in dieser Höhe gebühren könnten.

In den Beschwerden gegen beide angefochtenen Bescheide wird deren Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt. Den erstangefochtenen Bescheid hält der Beschwerdeführer deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde bei der Bemessung der dem Beschwerdeführer in ausländischer Währung zugeflossenen kanadischen Pension entgegen § 13 Abs. 1 KOVG 1957 die dabei von ihm zu entrichtenden Bankspesen nicht abgezogen worden seien. Auch beziehe sich § 13 Abs. 9 KOVG 1957 nur auf die Pauschalierung einer zukünftigen Rente. Im vorliegenden Fall der Berechnung einer Rückzahlungsverpflichtung im Nachhinein sei jedoch eine genaue Berechnung der jeweiligen Wechselkurse durchaus möglich.

Auch habe die belangte Behörde keinerlei Aussage über die notwendige Absichtlichkeit der Irreführung der Behörde, mit der die Leistung erschlichen worden wäre, getroffen. Dieser Begründungsmangel stelle eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

Den zweitangefochtenen Bescheid hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen deswegen für rechtswidrig, weil darin jegliche Sachverhaltsfeststellungen fehlten, ob der Beschwerdeführer über die (kanadischen) Versorgungsleistungen eingehend befragt worden sei oder ob er diese Versorgungsleistungen schuldhaft verschwiegen habe. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer bereits bei der Antragstellung über den Bezug seiner ausländischen Einkünfte befragt worden sei, sei aktenwidrig und auch nicht im Einklang mit dem erstinstanzlichen Bescheid, in dem bloß festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer am 7. Oktober 1996, also erst Jahre nach der Antragstellung, bekannt gegeben habe, dass er im Bezug einer kanadischen Pension stehe. Mit ihrer Feststellung, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers im Sinn des § 54 Abs. 4 KOVG 1957 gesichert sei, stelle die belangte Behörde keinerlei Überlegungen dazu an, welchen Bedarf der Beschwerdeführer tatsächlich habe und sie lasse demgemäß jegliche Begründung vermissen, warum durch die angeführten Beträge der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers ausreichend gedeckt sei.

Für inhaltlich rechtswidrig hält der Beschwerdeführer den zweitangefochtenen Bescheid deswegen, weil ihn ein Verschulden (im Sinne des § 1297 ABGB) an der Ungebührlichkeit der empfangenen Leistung nicht treffe. Er habe nahezu sein gesamtes Leben nicht in Österreich, sondern in Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika verbracht und sei erst anlässlich seiner Pensionierung nach Österreich zurückgekehrt. Er habe den Bezug seiner kanadischen Pension sehr wohl auf Befragen bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter angegeben und sei davon ausgegangen, dass diese Angabe ausreichend sei. Weder aus dem gesamten Akt noch aus den Bescheiden gehe hervor, dass der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde darüber aufgeklärt worden wäre, dass auch im Rahmen der Bewilligung einer Rente nach dem Opferfürsorgegesetz ausländische Pensionsleistungen anzugeben seien. Die genaue Kenntnis der Bestimmungen des OFG seien dem Beschwerdeführer, zumal er so lange Zeit im Ausland verbracht habe und er diese Anzeige schon der Behörde gemacht habe, nicht zuzumuten gewesen. Aus seiner Sicht habe er der Stelle, die für Pensionen in Österreich zuständig sei, nämlich der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, den Bezug seiner kanadischen Pension gemeldet und damit seine Pflicht erfüllt. Die belangte Behörde habe daher pflichtwidrig Feststellungen darüber unterlassen, ob vom Beschwerdeführer verlangt werden konnte, dem Landeshauptmann von Wien (Amt der Wiener Landesregierung) den Bezug seiner kanadischen Rente bereits bei seiner Antragstellung nach dem OFG bekannt zu geben.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete in beiden Beschwerdeverfahren Gegenschriften, in denen sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 11 Abs. 1, 5 und 13 und § 11a des Opferfürsorgegesetzes (OFG) i.d.F. BGBl. Nr. 433/1995 lauten (auszugsweise):

"§ 11. (1) Gegenstand der Rentenfürsorge sind die Opferrente, die Hinterbliebenenrente, die Unterhaltsrente und die Beihilfe.

...

(5) Inhaber einer Amtsbescheinigung haben zur Sicherung des Lebensunterhaltes Anspruch auf Unterhaltsrente, auf die das Einkommen gemäß Abs. 13 anzurechnen ist. ...

...

(13) Auf die Unterhaltsrente ist jedes Einkommen im Sinne des § 13 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 anzurechnen; zum Einkommen zählen auch 30 v.H. des Einkommens des Lebensgefährten. Soweit das Einkommen aus laufenden Monatsbezügen besteht, sind in einzelnen Monaten anfallende Sonderzahlungen nicht als Einkommen zu werten. Gemäß Abs. 2 und 3 zuerkannte Renten sowie Beschädigten- und Hinterbliebenen(Grund)renten nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 sind auf die Unterhaltsrente nicht anzurechnen.

§ 11a. (1) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat den für den Bereich des ASVG festgesetzten Anpassungsfaktor auch für den Bereich des Opferfürsorgegesetzes mit Verordnung für verbindlich zu erklären. Der aus dem Ausgleichstaxfonds bereitgestellte Betrag (§ 6 Z 5), die Zulage (§ 11 Abs. 2) und das Sterbegeld (§ 12a) sind mit Wirkung vom 1. Jänner eines jeden Jahres mit diesem Anpassungsfaktor zu vervielfachen.

(2) Die Regelung des Abs. 1 gilt auch für die Unterhaltsrenten (§ 11 Abs. 5), sofern keine über die Vervielfachung mit dem Anpassungsfaktor hinausgehende Erhöhung des Richtsatzes gemäß § 293 Abs. 1 lit. a ASVG stattfindet. Erfolgt eine derartige besondere Erhöhung des Richtsatzes, sind die Unterhaltsrenten gemäß § 11 Abs. 5 lit. a und b um den Betrag zu erhöhen, um den der Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG erhöht wird und die Unterhaltsrente gemäß § 11 Abs. 5 lit. c um den Betrag, um den der Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG erhöht wird.

(3) Die Anpassung ist in der Weise vorzunehmen, dass die im § 12a Abs. 1 angeführten Beträge mit Wirkung vom 1. Jänner 1978, der im § 6 Z 5 angeführte Betrag mit Wirkung vom 1. Jänner 1991 und die im § 11 Abs. 2 und 5 angeführten Beträge mit Wirkung vom 1. Jänner 1996 gemäß Abs. 1 und 2 zu vervielfachen bzw. zu erhöhen und auf volle Schillingbeträge zu runden sind. Mit Wirkung vom 1. Jänner der folgenden Jahre ist der Erhöhung der für das jeweils vorangegangene Jahr ermittelte Betrag zu Grunde zu legen.

(4) Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat die sich aus Abs. 3 ergebenden Beträge für jedes Jahr durch Verordnung festzustellen. Diese Verordnung kann auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden."

§ 13 Abs. 1 und 9 sowie § 54 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 (KOVG 1957) i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 139/1997 lauten:

"§ 13. (1) Unter Einkommen im Sinne des § 12 Abs. 2 ist - abgesehen von den Sonderbestimmungen der Abs. 4 bis 8 - die Wertsumme zu verstehen, die einer Person aus dauernden Ertragsquellen in Geld- oder Güterform zufließt und die sie verbrauchen kann, ohne dass ihr Vermögen geschmälert wird. Zum Einkommen zählen jedoch nicht Familienbeihilfen, Erziehungsbeiträge sowie die für Kinder gewährten Familienzulagen, Familienzuschläge, Steigerungsbeträge und sonstigen gleichartigen Leistungen. Wenn das Einkommen aus einer Pension, einer Rente, einem Gehalt oder einem sonstigen gleichartigen Bezug besteht, gelten auch die zu diesen Bezügen geleisteten Sonderzahlungen nicht als Einkommen.

...

(9) Einkommen, die im Ausland erzielt werden, sind nach dem jeweiligen Monatsdurchschnitt der Mittelkurse für Devisen der Wiener Börse umzurechnen; der Umrechnung von Währungen, die an der Wiener Börse nicht notieren, sind die von der Österreichischen Nationalbank errechneten Werte zu Grunde zu legen. Bei der Bemessung der Versorgungsleistung, der ein solches Einkommen zu Grunde gelegt wird, ist Abs. 3 anzuwenden.

...

§ 54. (1) Zu Unrecht empfangene Rentenbezüge und sonstige Geldleistungen einschließlich eines von einem Träger der Krankenversicherung für Rechnung des Bundes gezahlten Krankengeldes sind dem Bund zu ersetzen. Sie dürfen jedoch nur für einen Zeitraum von drei Jahren, gerechnet vom Ersten des Monates an, in dem die Behörde (§ 78) von dem Neubemessungs- oder Einstellungsgrund Kenntnis erlangt hat, zum Rückersatz vorgeschrieben werden, sofern die Leistungen nicht durch eine Handlung im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, herbeigeführt worden sind. Trifft den Empfänger an der Ungebührlichkeit der Leistung kein Verschulden und ist die Leistung von diesem in gutem Glauben empfangen worden, so tritt keine Verpflichtung zum Rückersatz ein.

(2) Der Ersatz zu Unrecht empfangener Rentenbezüge und sonstiger Geldleistungen ist durch Aufrechnung zu bewirken. Kann keine Aufrechnung stattfinden, so ist der Ersatzpflichtige oder sein gesetzlicher Vertreter zur Rückzahlung zu verhalten. Ist die sofortige Hereinbringung durch Aufrechnung oder Rückzahlung auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Ersatzpflichtigen nicht möglich oder nach der Lage des Falles unbillig, so ist die Forderung zu stunden oder die Abstattung in Raten zu bewilligen; Stundungszinsen sind nicht vorzuschreiben. Alle noch aushaftenden Teilbeträge werden aber sofort fällig, wenn der Ersatzpflichtige mit mindestens zwei Raten im Verzug ist. Bleibt die Aufforderung zur Rückzahlung erfolglos, so ist der Schadensbetrag im Verwaltungsweg einzutreiben.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatze zu Unrecht empfangener Rentenbezüge oder sonstiger Geldleistungen ist mit Bescheid auszusprechen.

(4) Wenn die Verpflichtung zum Ersatze des Schadensbetrages eine besondere Härte bedeuten würde oder wenn das Verfahren zur Schadloshaltung des Bundes mit Kosten oder Weiterungen verbunden wäre, die in keinem Verhältnis zum Schadensbetrage stehen würden, kann von der Hereinbringung abgesehen werden."

§ 69 Abs. 1 AVG lautet:

"§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde."

Der Tatbestand des "Erschleichens" gemäß § 69 Abs. 1 lit. a AVG setzt voraus, dass der Bescheid in einer Art zu Stande gekommen ist, dass die Partei vor der Behörde objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht hat und diese unrichtigen Angaben dann dem Bescheid zugrundegelegt wurden, wobei die Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist. Die Irreführungsabsicht wiederum setzt voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat, und dies deshalb, um einen sonst vielleicht nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 31. Oktober 1957, VwSlg. Nr. 4.455/A). Wesentlich für den Tatbestand des Erschleichens ist es, dass die Partei das Zustandekommen der Entscheidungsgrundlagen absichtlich durch unrichtige Angaben oder durch Verschweigung wesentlicher Tatsachen beeinflusst hat (vgl. das Erkenntnis vom 30. April 1986, Zl. 85/09/0103). Wenn der Behörde durch unrichtige und unvollständige Ausfüllung eines amtlichen Fragebogens durch die Partei die Tatsachen zunächst verborgen geblieben sind, bei deren Kenntnis ein anderer Bescheid ergangen wäre und wenn die Behörde aus der unrichtigen oder unvollständigen Ausfüllung des Fragebogens auf eine Irreführungsabsicht darum geschlossen hat, weil keine gegen eine solche Absicht sprechende Umstände hervorgekommen sind, kann diesem Schluss nur dann entgegengetreten werden, wenn die im Fragebogen enthaltenen Fragen nicht auch für einen Rechtsunkundigen unschwer zu beantworten sind und insbesondere die rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes fordern (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. Februar 1988, Zl. 88/08/0027, mit Hinweis auf die Vorjudikatur). Bei der Prüfung der Frage, ob der Tatbestand des Erschleichens gegeben sei, bildet wohl das Gesamtverhalten jener Person, der die Erschleichung vorgehalten wird, die Beurteilungsgrundlage. Doch müssen schon im wiederaufzunehmenden Verfahren (nicht also etwa nur nachher) Handlungen und Unterlassungen feststellbar gewesen sein, die eine Erschleichungsabsicht erkennen lassen (vgl. das Erkenntnis vom 17. September 1962, Zl. 492/60). Das den Tatbestand des Erschleichens erfüllende Verhalten muss denknotwendig der Erlassung des Bescheides vorangehen (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1992, Zl. 90/08/0164, m.w.N.).

Der erstangefochtene Bescheid enthält keine ausdrückliche Feststellung dahingehend, der Beschwerdeführer habe bei seiner Antragstellung im Jahr 1989 oder späterhin den Bezug von Geldleistungen aus Kanada absichtlich verschwiegen, um Leistungen auf Grund des OFG zu erhalten. Die Feststellung einer solchen Absicht wäre aber denknotwendige Voraussetzung für die von der belangten Behörde im erstangefochtenen Bescheiden gezogene rechtliche Schlussfolgerung gewesen, der Beschwerdeführer habe den Bezug von zumindest Teilen der von ihm nach dem OFG bezogenen Leistungen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG erschlichen.

Gemäß § 60 AVG sind aber in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 1993, Zl. 93/04/0156, vom 13. Oktober 1991, Zl. 90/09/0186, Slg. Nr. 13.520/A, und vom 28. Juli 1994, Zl. 90/07/0029).

Diesen Anforderungen entspricht der erstangefochtene Bescheid auch insoferne nicht, als darin keine Feststellungen hinsichtlich der Höhe der dem Beschwerdeführer aus Kanada zugeflossenen Zahlungen getroffen werden.

Unter Einkommen als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Beihilfe ist unter Zugrundelegung des § 13 Abs. 1 erster Satz KOVG 1957 - abgesehen von den Sonderbestimmungen der Abs. 4 bis 9 - die Wertsumme zu verstehen, die einer Person aus dauernden Ertragsquellen in Geld- oder Güterform zufließt und die sie verbrauchen kann, ohne dass ihr Vermögen geschmälert wird. Zur Auslegung dieses nicht weiter umschriebenen Einkommensbegriffes hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass die Grundsätze des Einkommensteuerrechtes heranzuziehen, jedoch verschiedene, sich aus dem Zweck des Kriegsopferversorgungsgesetzes (bzw. des Opferfürsorgegesetzes) ergebende Besonderheiten zu beachten sind. Da das Kriegsopferversorgungsgesetz bzw. Opferfürsorgegesetz den Versorgungszweck in den Vordergrund stellt, muss auf die Bestimmung des Gesetzes besonderes Gewicht gelegt werden, dass nur das als Einkommen gelten kann, was zum Verbrauch übrig bleibt (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Slg. Nr. 13.520/A).

Der erstangefochtene Bescheid ist daher auch insoferne rechtswidrig, als die belangte Behörde entgegen der gemäß § 11 Abs. 13 OFG anwendbaren Bestimmung des § 13 Abs. 1 KOVG 1957 nicht auf jenes Einkommen des Beschwerdeführers abgestellt hat, das er "verbrauchen kann, ohne dass sein Vermögen geschmälert wird". Der Beschwerdeführer weist zu Recht darauf hin, dass Zahlungen in ausländischer Währung, die einer in Österreich lebenden Person zufließen, nur nach Abzug der dafür notwendig zu entrichtenden Bankspesen als Einkommen im Sinn des § 11 Abs. 13 OFG zu veranschlagen sind. Als Einkommen in diesem Sinn ist nämlich "die Wertsumme zu verstehen, die einer Person aus dauernden Ertragsquellen in Geld- oder Güterform zufließt und die sie verbrauchen kann, ohne dass ihr Vermögen geschmälert wird" (§ 13 Abs. 1 KOVG 1957). Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, solche Bankspesen seien als Kosten der allgemeinen Lebensführung ähnlich wie Miet- und Stromkosten zu werten, so trifft dies auf die im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer mit dem Empfang von Geldleistungen ausländischer Währung in Österreich notwendig zu entrichtenden Bankspesen nicht zu. Auch zeigt der Beschwerdeführer richtig auf, dass im Beschwerdefall § 13 Abs. 9 KOVG 1957 auf die in der Vergangenheit empfangenen Geldleistungen nicht zur Anwendung kommen durfte, weil es hier darum ging, welche Geldleistungen er tatsächlich - ohne dass sein Vermögen geschmälert wurde - erhalten hat.

Ist somit die Feststellung der Geldsumme, die der Beschwerdeführer zu Unrecht erhalten habe, mit dem erstangefochtenen Bescheid unrichtig erfolgt - auch die mit dem erstangefochtenen Bescheid verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens ist nach dem oben Ausgeführten rechtswidrig -, so folgt daraus, dass auch der darauf aufbauende zweitangefochtene Bescheid insofern keinen rechtlichen Bestand haben kann. In Bezug auf diesen trifft im Übrigen auch der Beschwerdevorwurf zu, die belangte Behörde hätte sich mit den sachverhaltsmäßigen Grundlagen für ihre Beurteilung nicht auseinander gesetzt, warum bei dem von der belangten Behörde erzielten Ergebnis der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers im Sinne des § 54 Abs. 2 KOVG 1957 gesichert sei. Insofern widerspricht auch der zweitangefochtene Bescheid den §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG, weil sich die belangte Behörde nicht damit auseinander setzt, ob die sofortige Hereinbringung durch Aufrechnung auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht möglich und insbesondere, ob sie nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher - sollte sie zum Ergebnis einer mängelfrei festgestellten Erschleichungsabsicht des Beschwerdeführers gelangen - die von ihm in Österreich tatsächlich ohne Schmälerung seines Vermögens empfangenen Geldleistungen festzustellen und sich gegebenenfalls damit zu befassen haben, ob die Voraussetzungen des § 54 Abs. 2 und 4 KOVG 1957 für die Verpflichtung zur Zurückerstattung gegeben sind.

Nach dem Gesagten waren daher beide angefochtene Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Oktober 2000

Schlagworte

Einkommensermittlung und Absetzbarkeit Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998090098.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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