TE Vwgh Erkenntnis 2013/12/20 2012/17/0589

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Veröffentlicht am 20.12.2013
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Index

34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita;
GSpG 1989 §53 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 19. November 2012, Zl. Senat-BN- 12-1226, betreffend Beschlagnahme nach § 53 GSpG (mitbeteiligte Partei: C s.r.o. in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang, also soweit der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. März 2012 wurde die Beschlagnahme von vier Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde, ohne eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Berufung der Mitbeteiligten hinsichtlich drei der beschlagnahmten Geräte Folge und hob den bekämpften Beschlagnahmebescheid in diesem Umfang auf. Im Übrigen wurde die Berufung der Mitbeteiligten - unangefochten - abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, anlässlich einer Kontrolle am 19. Dezember 2011 in einem bestimmt bezeichneten Lokal in Baden sei eines der Geräte betriebsbereit aufgestellt vorgefunden worden. Auf diesem seien virtuelle Walzenspiele angeboten worden. Ein auf diesem Gerät durchgeführtes Probespiel habe ergeben, dass dabei die ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängige Entscheidung über Gewinn und Verlust zentralseitig über eine Internetverbindung getroffen worden sei. Die belangte Behörde ging hinsichtlich dieses Gerätes vom Vorliegen eines die Beschlagnahme rechtfertigenden Verdachts wiederholter und fortgesetzter Verstöße gegen § 52 Abs. 1 GSpG aus.

Hinsichtlich der übrigen der Geräte hielt die belangte Behörde in Rahmen der Feststellungen lediglich fest, es habe an diesen kein Probespiel durchgeführt werden können, weil die Geräte nicht reagiert hätten. Weiter führt sie aus, von der Berufungswerberin sei weder in Abrede gestellt worden, dass es sich bei den Geräten um Glücksspielgeräte handle, noch dass Ausspielungen erfolgt seien. In rechtlicher Hinsicht folgerte die belangte Behörde, mangels Durchführung von Probespielen sei nicht nachvollziehbar gewesen, ob mit den Geräten in das Glücksspielmonopol eingegriffen worden sei bzw werde, sodass ein die Beschlagnahme rechtfertigender Verdacht nicht hinreichend substantiiert sei.

2. Gegen diesen Bescheid in seinem der Berufung der Mitbeteiligten stattgebenden Umfang richtet sich die Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Finanzen mit dem Antrag, diesen im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte - ebenso wie die Mitbeteiligte -, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3. 1. Eine Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 GSpG setzt an sich lediglich den Verdacht des Verstoßes mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, gegen Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG voraus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2007, Zl. 2004/05/0268). Eine abschließende, einer juristischen "Feinprüfung" standhaltende Qualifikation eines Spieles als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist im Beschlagnahmebescheid hingegen noch nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2012, Zl. 2012/17/0033). Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch bereits ausgesprochen hat, hat die Berufungsbehörde im Falle der Berufung gegen einen Beschlagnahmebescheid nicht nur zu prüfen, ob der Verdacht im Sinne des § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz bestanden hat, sondern darüber hinaus auch, ob der Verdacht im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung noch besteht. Sie hat dabei insbesondere allfällige in der Zwischenzeit gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen bzw. auf Einwände der Parteien einzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097). Daran ändern auch allfällige Schwierigkeiten bei der Beweisaufnahme nichts (vgl das hg. Erkenntnis vom 21.10.2013, Zl. 2012/17/0332).

3.2. Die bloße Feststellung der belangten Behörde, auf dreien der Geräte hätten keine Probespiele durchgeführt werden können, reicht nicht aus, um die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines hinreichend substantiierten Verdachts der Verwirklichung einer die Beschlagnahme nach § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG rechtfertigenden Verwaltungsübertretung beurteilen zu können, weil damit lediglich eine Aussage über das Scheitern einer - von mehreren der belangten Behörde zur Verfügung stehenden - Ermittlungsmöglichkeiten getroffen wird. Der angefochtene Bescheid enthält jedoch weder Feststellungen zur Funktionsweise der Geräte noch zur Inbetriebnahme derselben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde selbst davon ausgeht, dass von der Berufungswerberin weder in Abrede gestellt worden sei, dass es sich bei den Geräten um Glücksspielgeräte handle, noch dass Ausspielungen erfolgt seien.

Der angefochtene Bescheid war aufgrund der aufgezeigten sekundären Feststellungsmängel im Umfang der Anfechtung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 20. Dezember 2013

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012170589.X00

Im RIS seit

06.02.2014

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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