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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Entzug des gesetzlichen Richters durch Abweisung der Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz und Ausweisung in die Türkei infolge unrichtiger - nur aus zwei männlichen Richtern bestehender - Zusammensetzung des Spruchkörpers des Asylgerichtshofes im Hinblick auf den von der Zweitbeschwerdeführerin geltend gemachten Fluchtgrund einer sexuellen Belästigung im Zuge einer Festnahme im Herkunftsstaat; Durchschlag dieses Mangels auf die Entscheidungen der anderen BeschwerdeführerRechtssatz
Wie der VfGH in VfSlg 19671/2012 ausgesprochen hat, ist eine Rechtssache, in der ein Asylwerber einen Eingriff in seine sexuelle Selbstbestimmung spätestens in der Beschwerde an den AsylGH geltend macht, - sofern der Asylwerber nichts anderes verlangt - gemäß §20 Abs2 AsylG 2005 gleich bei Beschwerdeanfall (und nicht nur bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung) einem Einzelrichter desselben Geschlechts oder einem aus Richtern desselben Geschlechts bestehenden Senat zur Behandlung zuzuweisen.
Der AsylGH hat, indem er im vorliegenden Fall über die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin, die im Verfahren vor dem Bundesasylamt vorgebracht hat, in ihrem Herkunftsstaat sexuell belästigt worden zu sein, durch einen aus einem männlichen Vorsitzenden und einem männlichen beisitzenden Richter bestehenden Senat eine mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann in nichtöffentlicher Sitzung entschieden hat, die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weil über ihre Beschwerde durch einen aus zwei Richterinnen bestehenden Senat abzusprechen gewesen wäre bzw die mündliche Verhandlung von einem solchen Senat durchzuführen gewesen wäre (vgl VfSlg 19671/2012).
Da die Entscheidung betreffend die Zweitbeschwerdeführerin durch einen unrichtig zusammengesetzten Spruchkörper getroffen wurde, schlägt dieser Mangel gemäß §19 Abs5 und §2 Abs5 Z1 der Geschäftsverteilung des AsylGH für das Geschäftsjahr 2011 iVm §34 Abs4 AsylG 2005 auf die Entscheidungen betreffend den Erst-, Dritt- und Viertbeschwerdeführer durch. Auch insoweit liegt daher jeweils eine Verletzung dieser beschwerdeführenden Parteien im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vor.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Ausweisung, Behördenzuständigkeit, Behördenzusammensetzung, AsylgerichtshofEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:U1749.2012Zuletzt aktualisiert am
03.02.2014