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10/11 Vereins- und VersammlungsrechtNorm
EMRK Art11Leitsatz
Keine Verletzung der Versammlungsfreiheit durch Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Unterlassung der Verpflichtung zum Verlassen des Versammlungsortes nach behördlicher Auflösung einer unangemeldeten Versammlung anlässlich des so genannten Tierschützerprozesses; Zulässigkeit dieser Auflösung im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und SicherheitRechtssatz
Bei der vorliegenden Versammlung handelte es sich um eine Zusammenkunft bzw einen Demonstrationszug, die wegen ihres engen zeitlichen, örtlichen und sachlichen Zusammenhanges als eine Einheit zu betrachten sind (vgl hierzu auch VfSlg 14367/1995).
Selbst wenn durch eine Versammlung ausgelöste kurzfristige Verkehrsbehinderungen im Lichte des Rechts auf Versammlungsfreiheit an sich hinzunehmen sind, fällt im konkreten Fall ins Gewicht, dass der Behörde aufgrund der Unterlassung einer Versammlungsanzeige keine Möglichkeit geboten wurde, im Vorfeld Vorkehrungen zu treffen, um bei Abhaltung der Versammlung die Verkehrssituation zu entspannen. Da die (unangemeldete) Versammlung erst auf der Wiener Ringstraße stattfand und sich dann als Marsch in Richtung Alser Straße - allerdings mit unbekanntem Ziel - fortbewegte, hatten die am Versammlungsort anwesenden Sicherheitsorgane auf Basis einer umfassenden Lageanalyse ad hoc die Entscheidung zu treffen, ob im weiteren Verlauf der Versammlung eine Situation entstehen würde, die im Lichte des Art11 Abs2 EMRK die Auflösung der Versammlung zulässig machen würde, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten und die Rechte und Freiheiten anderer zu schützen.
Dient dieser Eingriff - wie im vorliegenden Fall - in Ermangelung der Möglichkeiten verkehrlicher Vorsorge dem Ziel, den städtischen Verkehrsfluss in den Abendstunden im Wesentlichen aufrecht zu erhalten, ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie nach Abwägung aller Umstände in diesem Fall die Auflösung als legitim und auch verhältnismäßig beurteilte.
Zulässigkeit der Auflösung der Versammlung gem §13 VersammlungsG iVm Art11 Abs2 EMRK im hier vorliegenden Fall und der spezifischen Konstellation dieser Versammlung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Keine Verletzung der Versammlungsfreiheit durch den angefochtenen Strafbescheid.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Versammlungsteilnehmer gemäß §14 VersammlungsG nicht nur dazu verpflichtet sind, den Versammlungsort nach Versammlungsauflösung sogleich zu verlassen, sondern auch gehalten sind auseinanderzugehen, und die Nichtbefolgung der Anordnung als verwaltungsstrafbehördlich relevantes Verhalten qualifiziert ist, ist nicht denkunmöglich.
Abweisung der Beschwerde - insoweit sie die Rechtmäßigkeit der Auflösung der vorliegenden Versammlung betrifft.
Im Übrigen Ablehnung der Behandlung der Beschwerde.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Versammlungsrecht, Verwaltungsstrafrecht, VfGH / PrüfungsmaßstabEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:B1573.2012Zuletzt aktualisiert am
29.12.2014