TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/23 2000/17/0137

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Veröffentlicht am 23.10.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
55 Wirtschaftslenkung;

Norm

PrAG 1992 §8 Abs2;
VStG §51e;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der D, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 3. Jänner 2000, Zl. UVS-04/G/33/699/1999/3, betreffend Übertretung gemäß § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 des Preisauszeichnungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist gewerberechtliche Geschäftsführerin der D GesmbH.

Nach dem Inhalt einer Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien sei in einem von dieser Gesellschaft betriebenen Cafehaus ein "nicht öffentliches Telefon", bei dem keine Preisverzeichnisse über die Preise einer Gebühreneinheit angebracht gewesen seien, vorgefunden worden. In einer niederschriftlichen Einvernahme vom 10. August 1999 vor der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz gab die Beschwerdeführerin an, oberhalb des Telefonapparates sei ein Zettel angebracht, wonach der Einwurf sowie die Gebühreneinheit mit S 3,-- angegeben sei. Ebenso sei ein entsprechender Hinweis unterhalb des Hörers angebracht.

Die erstinstanzliche Behörde veranlasste eine Überprüfung durch das Marktamt. Bei dieser am 25. August 1999 stattgefundenen Überprüfung wurde festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin erwähnten Hinweise nicht vorhanden seien. Es sei lediglich ein automatischer Zähler vorhanden, der bei Knopfdruck S 3,-- anzeige. Die Beschwerdeführerin habe gegenüber dem kontrollierenden Organ des Marktamtes angegeben, sie hätte geglaubt, der gegenständliche Zähler würde ausreichen.

Daraufhin legte der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 6. September 1999 zur Last, sie habe als gewerberechtliche Geschäftsführerin der D GesmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Unternehmerin ihre Pflicht zur Preisauszeichnung nicht erfüllt habe, weil am 7. Juni 1999 um 2.30 Uhr in dem Gastgewerbebetrieb dieser Gesellschaft der geforderte Preis für eine Gebühreneinheit bei der für die Gäste bestimmten Sprechstelle (einem nicht öffentlichen Telefon), die sich im Lokal befunden habe, nicht sichtbar angebracht und folglich nicht ausgezeichnet gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe hiedurch § 15 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 des Preisauszeichnungsgesetzes, BGBl. Nr. 146/1992 (im Folgenden: PrAG), verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von S 4.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen und 19 Stunden verhängt.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin brachte sie vor, das in Rede stehende Telefon sei ausschließlich zum Gebrauch der Geschäftsführung des Gewerbebetriebes und nicht für Gäste bestimmt gewesen. Die Aufstellung sei auch so erfolgt, dass Gäste keineswegs darauf hingewiesen worden seien, mit diesem Telefon auch telefonieren zu können. Darüber hinaus finde sich beim Telefon ein elektronischer Gebührenzähler, der auf Grund seiner Beschaffenheit und seiner Einrichtung den Preisauszeichnungsbestimmungen genügen würde.

Zum Beweis dieses Vorbringens berief sich die Beschwerdeführerin auf die Durchführung eines Lokalaugenscheines sowie auf die Einvernahme zweier Zeugen.

Ohne Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. Jänner 2000 der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass im Spruch bei der Zitierung der als verletzt bezeichneten Rechtsvorschriften sowie der Strafsanktionsnorm jeweils nach der Wortfolge "§ 15 Abs. 1" die Wortfolge "und 2" entfalle.

Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 8 Abs. 2 PrAG hätten Gastgewerbetreibende bei den für die Gäste bestimmten Sprechstellen den je Gebühreneinheit geforderten Preis auszuzeichnen. In der Berufung werde das Vorhandensein einer Sprechstelle im Gastgewerbelokal nicht bestritten. Schon allein die Aufstellung der Sprechstelle an einem für die Gäste allgemein zugänglichen Bereich im Gastgewerbelokal eröffne den Gästen jedenfalls die Möglichkeit, Telefongespräche von dieser Sprechstelle aus zu führen. Darauf, ob die Gäste von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen oder ob sie auf diese Möglichkeit besonders hingewiesen werden, komme es nicht an. Der am Telefon angeschlossene Gebührenzähler, der zur Feststellung des zu entrichtenden Betrages diene, setze die Betätigung einer Taste voraus. Sein Vorhandensein ersetze daher eine Preisauszeichnung im Sinne des § 8 Abs. 2 PrAG nicht.

Der objektive Tatbestand der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei gegeben. Bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, sodass gemäß § 5 Abs. 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen sei, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Ein solches Vorbringen habe die Beschwerdeführerin nicht erstattet, sodass ihr zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei.

Sodann begründete die belangte Behörde die vorgenommene Strafbemessung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Unterbleiben einer Bestrafung nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 PrAG verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 8 Abs. 2 und § 15 Abs. 1 PrAG in der hier maßgebenden

Stammfassung lauten:

"§ 8. ...

(2) Gastgewerbetreibende haben bei den für die Gäste bestimmten Sprechstellen den je Gebühreneinheit geforderten Preis auszuzeichnen. ...

...

§ 15. (1) Wer seine Pflicht zur Preisauszeichnung gemäß den §§ 1, 2, 4 und 6 bis 13 oder den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht erfüllt oder einen höheren als den ausgezeichneten Preis verlangt, annimmt oder sich versprechen lässt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis 20 000 S zu bestrafen. ..."

§ 51e VStG lautet:

"§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine 3 000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.       sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. ...

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."

Die Beschwerdeführerin rügt, dass die belangte Behörde entgegen dem Berufungsvorbringen und ohne nähere Ermittlungen oder Durchführung einer Verhandlung davon ausgegangen sei, das gegenständliche Telefon sei in einem allgemein zugänglichen Bereich aufgestellt gewesen, sodass die Gäste jederzeit die Möglichkeit gehabt hätten, damit zu telefonieren. Ein Telefon, welches hinter der Theke im Gastraum "unter der Pudel" abgestellt sei, wo der Kellner oft auch seine Brieftasche deponiere, sei nicht als allgemein zugänglicher Ort zu qualifizieren.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin aus folgenden Erwägungen einen relevanten Verfahrensmangel auf:

Die belangte Behörde wäre vorliegendenfalls aus dem Grunde des § 51e Abs. 1 VStG verpflichtet gewesen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Voraussetzungen für den Entfall oder das Absehen von einer Berufungsverhandlung nach den Abs. 2 bis 5 des § 51e VStG lagen hier nicht vor. Insbesondere wurde mit dem vor der belangten Behörde angefochtenen Bescheid eine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt, in der Berufung wurde auch nicht bloß eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die erstinstanzliche Behörde behauptet.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die unabhängigen Verwaltungssenate u.a. gerade aus dem Grund eingerichtet worden, um eine Tatsacheninstanz zu schaffen, die grundsätzlich nach durchgeführter mündlicher Verhandlung entscheidet. Weiters wurde ausgeführt, dass ein Berufungswerber darauf vertrauen darf, dass über seine (zulässige) Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat eine mündliche Verhandlung durchgeführt werde, sofern dieser Berufung nicht ohnedies ein Erfolg beschieden sei. Ein Verstoß gegen die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 51e VStG stellt jedenfalls einen Verfahrensmangel dar, der, wie andere Verfahrensfehler auch, dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt, wenn die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2000, Zl. 99/17/0399).

Die Beschwerdeführerin hat nun in ihrer Berufung ausdrücklich vorgebracht, das in Rede stehende Telefon sei ausschließlich zum Gebrauch der Geschäftsführung gewidmet und daher nicht für die Gäste bestimmt. Seine Aufstellung sei so erfolgt, dass die Gäste nicht darauf hingewiesen worden seien, mit diesem Telefon auch telefonieren zu können.

Es mag zutreffen, dass - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darlegt - damit kein präzises Vorbringen betreffend den Aufstellungsort und die Wahrnehmbarkeit des Telefons für die Gäste erstattet wurde. Nichtsdestotrotz hat die Beschwerdeführerin aber in ihrer Berufung die nach § 8 Abs. 2 PrAG maßgebliche Widmung der in Rede stehenden Sprechstelle für die Gäste ausdrücklich bestritten. Wenn die belangte Behörde nun aber im angefochtenen Bescheid erstmals die Auffassung vertrat, eine solche Widmung ergebe sich schon daraus, dass das Telefon in einem für die Gäste allgemein zugänglichen Bereich des Gastgewerbelokals aufgestellt gewesen sei, so wäre sie gehalten gewesen, von Amts wegen in einem mangelfreien Verfahren Feststellungen über den Aufstellungsort des Telefons innerhalb des Lokales zu treffen. Zwischen dem von der belangten Behörde als unbestritten vorausgesetzten Umstand des Vorhandenseins einer Sprechstelle "im Gastgewerbelokal" und dem von ihr als Ausgangspunkt ihrer rechtlichen Überlegungen herangezogenen Umstand der Aufstellung des Telefons in einem "für die Gäste allgemein zugänglichen Bereich" des Lokales besteht nämlich durchaus ein Unterschied.

Der Gegenschrift ist einzuräumen, dass sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus den Angaben der Beschwerdeführerin in der Verhandlungsschrift vom 10. August 1999, Umstände ergeben könnten, die - auch unabhängig vom Aufstellungsort des Telefonapparates - für eine Widmung desselben zum Gebrauch durch die Gäste sprechen würden. Diesbezügliche Überlegungen sind aber dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen und können nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch in der Gegenschrift nicht nachgetragen werden.

Dazu kommt noch, dass aus dem Grunde des § 51i VStG im Falle der - hier gebotenen - Durchführung der Verhandlung bei Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen wäre, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist (vgl. auch hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2000). Vor diesem Hintergrund erweist sich das oben wiedergegebene Beschwerdevorbringen jedenfalls als ausreichend, dem von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis, in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde die Relevanz des Verfahrensmangels darzutun, zu entsprechen.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren ist weiters festzuhalten, dass das Vorhandensein eines Gebührenzählers, welcher zur Feststellung des zu entrichtenden Betrages die Betätigung einer Taste voraussetzt, nicht genügt, um der Preisauszeichnungspflicht gemäß § 8 Abs. 2 PrAG zu genügen. Im Sinne dieser Bestimmung ist ein Preis nämlich nur dann gehörig ausgezeichnet, wenn dem Publikum die Höhe des Preises je Gebühreneinheit erkennbar ist, ohne dass es dazu weiterer Manipulationen (hier: der Betätigung der Taste des Gebührenzählers) bedürfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000170137.X00

Im RIS seit

05.02.2001

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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