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E000 EU- Recht allgemein;Norm
11992E034 EGV Art34;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):98/17/0237 E 22. Jänner 2001Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. P und Dr. G, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, vom 28. Februar 2000, Zl. 17.274/01-I A 7/00, betreffend Umwandlung einer Direktverkaufs-Referenzmenge in eine Anlieferungs-Referenzmenge, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zum Stichtag 1. April 1998 stand dem landwirtschaftlichen Betrieb des Beschwerdeführers eine Anlieferungs-Referenzmenge von
133.463 kg mit einem repräsentativen Fettgehalt von 3,68 % sowie eine endgültig zugeteilte Direktverkaufs-Referenzmenge von
127.477 kg für Kuhmilch im Sinne der Verordnung Nr. 3950/92/EWG in der Fassung der Verordnung Nr. 1109/96/EG bzw. der Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995, zu. Mit Antrag vom 9. November 1998 suchte der Beschwerdeführer um die befristete Umwandlung der Direktverkaufs-Referenzmenge in eine Anlieferungs-Referenzmenge im Ausmaß von 85.000 kg für den Zwölfmonatszeitraum 1998/99 an. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass von seinem Abnehmer FE der Bezugsvertrag vom 24. Februar 1997 mit 23. Februar 1998 gekündigt worden sei und er ab 1. April 1998 die Milch mit Ausnahme von einigen Kleinabnehmern an die Molkerei lieferte. Es sei ihm nicht gelungen einen neuen Abnehmer zu finden, der in der Lage sei, auch nur einen Teil der früher zur Verfütterung abgegebenen Milch abzunehmen und es bestünde auch keine Möglichkeit einer anderweitigen Vermarktung, etwa durch Abgabe an Spitäler oder Schulen. Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich III der Agrarmarkt Austria vom 30. März 1999 wurde dieser Antrag abgewiesen. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe des § 33 der Milch-Garantiemengen-Verordnung aus, als Begründung für die Umwandlung sei angegeben worden, dass der Liefervertrag von FE gekündigt worden sei und es nicht möglich gewesen sei, einen neuen Abnehmer zu finden. Mit Antrag vom 12. Dezember 1996 hätte der Beschwerdeführer um Erhöhung seiner Direktverkaufs-Referenzmenge im Ausmaß von 126.000 kg angesucht, welche seinem landwirtschaftlichen Betrieb auch provisorisch per 1. April 1997 zugeteilt worden sei. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei zwar die Notwendigkeit für eine Direktverkaufs-Referenzmenge gegeben gewesen und es sei grundsätzlich die Voraussetzung für eine entsprechende endgültige Zuteilung der Direktverkaufs-Referenzmenge mit Wirksamkeit ab 1. April 1998 erreicht worden. Die Einstellung der Abgabe von Milch an andere Landwirte zur Verfütterung könne jedoch nicht als "wesentliche Änderung des Vermarktungsverhaltens" gewertet werden, da der Vertrag des Beschwerdeführers über die Verfütterungsmenge lediglich auf einen sehr kurzen Zeitraum befristet abgeschlossen worden sei. Somit sei es im Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers gelegen, wenn er einen derart kurzfristigen Vertrag abgeschlossen habe und nun keine Möglichkeit habe, andere Abnehmer zu finden. Da der Beschwerdeführer anscheinend keine vertragliche Vereinbarung hinsichtlich einer Mindestdauer der Lieferbeziehung getroffen habe, gehe die AMA davon aus, dass bereits von Beginn an beabsichtigt gewesen sei, die Direktverkaufs-Referenzmenge in eine Anlieferungs-Referenzmenge umzuwandeln. Da die Einstellung der Abgabe von Milch an andere Landwirte zur Verfütterung nicht als "wesentliche Änderung des Vermarktungsverhaltens" gewertet werden könne, sei die Voraussetzung für die Umwandlung einer Direktverkaufs-Referenzmenge in eine Anlieferungs-Referenzmenge nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte der Beschwerdeführer insbesondere aus, dass der Vertrag vom 24. Februar 1997 mit FE auf unbefristete Zeit abgeschlossen worden sei. Der Vertrag und das Kündigungsschreiben von FE waren der Berufung in Kopie angeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, dass der Beschwerdeführer zum 1. April 1997 neben der bereits endgültig zugeteilten Direktverkaufs-Referenzmenge von 1.477 kg eine provisorische Direktverkaufs-Referenzmenge von 126.000 kg zugeteilt erhalten habe. Von März 1997 bis Ende März 1998 hätte er im Rahmen einer Lieferbeziehung mit K und FE 124.220 kg Vollmilch geliefert, wobei S 3,50 zuzüglich 10 % MwSt pro kg Milch bezahlt worden seien. Mit Antrag vom 9. November 1998 hätte der Beschwerdeführer die Umwandlung von 85.000 kg Direktverkaufs-Referenzmenge in eine Anlieferungs-Referenzmenge beantragt und dies damit begründet, dass der Abnehmer der Verfütterungsmilch mit 23. Februar 1998 den Vertrag gekündigt habe. Die Beantragung der Direktverkaufs-Referenzmenge sei erfolgt, um ein entsprechendes Einkommen zu erwirtschaften und die vorhandenen Plätze für Milchkühe bestmöglich zu nutzen.
Gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 werde eine einzelbetriebliche Referenzmenge auf begründeten Antrag des Erzeugers erhöht oder zugeteilt, um Änderungen bei seinen Lieferungen bzw. Direktverkäufen Rechnung zu tragen. Voraussetzung für die Erhöhung oder Zuteilung einer Referenzmenge sei die entsprechende Senkung oder Aufhebung der jeweiligen anderen Referenzmenge des Erzeugers. Gemäß § 33 Abs. 1 Milch-Garantiemengen-Verordnung seien Anträge auf befristete Umwandlung von endgültig zugeteilten Referenzmengen nach Art. 4 Abs. 2 erster Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 für den laufenden Zwölfmonatszeitraum - soweit sie bis einschließlich für den Zwölfmonatszeitraum 1996/97 erfolgen - bis 31. Jänner und in den folgenden Zwölfmonatszeiträumen jeweils bis 31. Dezember bei der Agrarmarkt Austria zu stellen. Die vom Beschwerdeführer praktizierte Lieferung von Milch zur Verfütterung sei vor allem erfolgt, um eine zusätzliche Direktverkaufs-Referenzmenge endgültig zugeteilt zu erhalten zum Zwecke der Umwandlung in eine Anlieferungs-Referenzmenge. Es liege daher keine von den Gemeinschaftsrechtsvorschriften geforderte begründete Änderung des Vermarktungsverhaltens vor, sondern die Änderung des Vermarktungsverhaltens sei von Beginn an bezweckt gewesen. Die vom Beschwerdeführer gewählte Form der Direktvermarktung sei gemäß § 21 BAO auf Grund des wahren wirtschaftlichen Gehalts zu beurteilen. In ähnlicher Weise schreibe Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor, dass, wenn Handlungen, die nachgewiesenermaßen die Erlangung eines den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsrechtsvorschriften zuwiderlaufenden Vorteils zum Ziel hätten, in dem künstlich die Voraussetzungen für die Erlangung des Vorteils geschaffen werden, der betreffende Vorteil nicht gewährt bzw. entzogen werde. Diese Bestimmungen seien daher auch bei der Beurteilung des gegenständlichen Umwandlungsantrags zu Grunde zu legen gewesen.
Für den Beschwerdeführer sei von Beginn an für die Beantragung der Direktverkaufs-Referenzmenge die Möglichkeit der Umwandlung in eine Anlieferungs-Referenzmenge maßgeblich gewesen. Er habe die Referenzmengen-Regelung und die Möglichkeit der Zuteilung zusätzlicher Direktverkaufs-Referenzmengen bewusst durch künstliche Ausweitung der Absatzmöglichkeiten für den Zeitraum von Mai 1997 bis Februar 1998 umgangen, um den Vorteil einer zusätzlichen Anlieferungs-Referenzmenge zu erlangen. "Die Beurteilung der Verwendung der Milch auf den Betrieb E zeigen deutlich, dass bewusst diese Absatzmöglichkeit geschaffen wurde." Somit sei von einer künstlichen Schaffung der Voraussetzungen für die Direktvermarktung zu sprechen, die keinesfalls dazu führen könne, dass eine begründete Änderung des Vermarktungsverhaltens vorliege. Bei der vorliegenden Form der Direktvermarktung sei nicht von einer ernsthaften und längerfristigen Vermarktungsform auszugehen, da von Beginn an die Umwandlung in eine Anlieferungs-Referenzmenge beabsichtigt gewesen sei. Die Einvernahme des FE habe unterbleiben können, da auch aus dem vorgelegten Vertrag eine Mindestlaufzeit entnommen werden könne. Das tatsächliche Verhalten der Vertragsparteien und insbesondere auch der Verwendungszweck der Milch zeigten jedoch deutlich, dass die Ernsthaftigkeit "an einer permanenten Lieferbeziehung" nicht bestand.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht auf Bewilligung der Umwandlung einer Direktverkaufs-Referenzmenge in eine Anlieferungs-Referenzmenge im beantragten Umfang auf Grund der unmittelbar anzuwendenden EG-Verordnung Nr. 3950/92 in der Fassung der Verordnung Nr. 1109/96, insbesondere Art. 4 Abs. 2, und auf Grund der Milch-Garantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225/1995 idgF, insbesondere § 33, geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Art. 3 bis 5 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor lauten:
"Artikel 3
Die Summe der einzelbetrieblichen Referenzmengen gleicher Art darf die entsprechenden Gesamtmengen, die für jeden Mitgliedstaat festzusetzen sind, nicht überschreiten.
Beschließt der Rat eine Anpassung dieser Gesamtmengen an die Marktlage, so werden die Anpassungen als Prozentsatz der für den vorhergehenden Zeitraum einzuhaltenden Gesamtmengen ausgedrückt."
"Artikel 4
(1) Die einzelbetriebliche Referenzmenge entspricht der am 31. März 1993 zur Verfügung stehenden Menge, die gegebenenfalls für jeden der betreffenden Zeiträume angepasst wird, damit die Summe der einzelbetrieblichen Referenzmengen gleicher Art die entsprechenden in Artikel 3 genannten Gesamtmengen nicht überschreitet, wobei Kürzungen zur Aufstockung der einzelstaatlichen Reserve gemäß Artikel 5 zu berücksichtigen sind.
(2) Eine einzelbetriebliche Referenzmenge wird auf begründeten Antrag des Erzeugers erhöht oder zugeteilt, um Änderungen bei seinen Lieferungen bzw. Direktverkäufen Rechnung zu tragen. Voraussetzung für die Erhöhung oder Zuteilung einer Referenzmenge ist die entsprechende Senkung oder Aufhebung der jeweiligen anderen Referenzmenge des Erzeugers. Diese Anpassungen dürfen für den betreffenden Mitgliedstaat keine Erhöhung der in Artikel 3 genannten Gesamtmengen für Lieferungen und Direktverkäufe bewirken.
Bei endgültigen Änderungen der einzelbetrieblichen Referenzmengen werden die in Artikel 3 genannten Mengen nach den Verfahren des Artikels 11 entsprechend angepasst.
(3) Kann der Erzeuger, der auf Grund von Artikel 3a Absatz 1 letzter Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 vorläufig eine spezifische einzelbetriebliche Referenzmenge hat, der zuständigen Behörde bis zum 1. Juli 1993 nachweisen, dass er die Direktverkäufe bzw. Lieferungen tatsächlich wiederaufgenommen hat und diese in den vorangegangenen zwölf Monaten mindestens 80 v.H. der vorläufigen Referenzmenge erreicht haben, so wird ihm die spezifische Referenzmenge endgültig zugeteilt. Andernfalls entspricht die endgültig zugeteilte Referenzmenge der tatsächlich gelieferten bzw. direkt verkauften Menge.
Die Höhe der tatsächlichen Direktverkäufe bzw. Lieferungen wird anhand der Entwicklung des Produktionsrhythmus im Erzeugerbetrieb, der saisonbedingten Gegebenheiten sowie etwaiger außergewöhnlicher Umstände bestimmt.
(4) Den Betrieben, die sich auf dem Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik befinden, kann die Referenzmenge für den Zeitraum vom 1. April 1993 bis zum 31. März 1994 vorläufig zugeteilt werden, sofern die zugewiesene Menge nicht im Laufe des Anwendungszeitraums geändert wird."
"Artikel 5
Ein Mitgliedstaat kann im Rahmen der in Artikel 3 genannten Mengen nach einer linearen Verringerung der Gesamtheit der einzelbetrieblichen Referenzmengen die einzelstaatliche Reserve aufstocken, um Erzeugern, die nach objektiven, im Einvernehmen mit der Kommission festgelegten Kriterien bestimmt werden, zusätzliche oder spezifische Mengen zuzuteilen. Unbeschadet des Artikels 6 Absatz 1 werden die Referenzmengen der Erzeuger, die während eines Zwölfmonatszeitraums weder Milch noch andere Milcherzeugnisse vermarktet haben, der einzelstaatlichen Reserve zugeschlagen; sie können nach Massgabe des Absatzes 1 neu zugeteilt werden. Nimmt der Erzeuger die Produktion von Milch oder anderen Milcherzeugnissen innerhalb einer vom Mitgliedstaat festzulegenden Frist wieder auf, so wird ihm nach Massgabe des Artikels 4 Absatz 1 spätestens an dem auf den Zeitpunkt der Antragstellung folgenden 1. April eine Referenzmenge zugeteilt."
§ 33 der (im Beschwerdefall anzuwendenden) Milchgarantiemengen-Verordnung, BGBl. Nr. 225 /1995, lautete auszugsweise:
"§ 33. (1) Anträge auf befristete Umwandlung von endgültig zugeteilten Referenzmengen nach Art. 4 Abs. 2 erster Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 3950 sind bei der AMA schriftlich spätestens bis 31. Dezember für den laufenden Zwölf-Monatszeitraum zu stellen. In dem Antrag sind anzugeben
1.
Name, Anschrift und Betriebsnummer des Milcherzeugers,
2.
die Höhe der dem Milcherzeuger zustehenden Referenzmengen, getrennt nach Anlieferungs-Referenzmengen und Direktverkaufs-Referenzmengen,
3.
die Art und Höhe der begehrten Umwandlung sowie
4.
die Tatsachen, die zu Änderungen bei den Anlieferungen oder Direktverkäufen geführt haben.
Dem Antrag sind die Mitteilung der AMA über die Zuteilung der Direktverkaufs-Referenzmenge und der Anlieferungsreferenzmenge oder die gemäß § 23 mitgeteilten Referenzmengen beizufügen.
...
(3) Endgültige Umwandlungen sind mit den gemäß Abs. 1 geforderten Angaben bei der AMA zu beantragen. Eine endgültige Umwandlung ist frühestens nach zweimaliger unmittelbar vorangehender befristeter Umwandlung möglich. Die Umwandlung erfolgt nach Anpassung der Gesamtgarantiemengen.
(4) Die AMA entscheidet über die Umwandlung durch Bescheid. Sofern bereits zugeteilte Anlieferungs-Referenzmengen durch die Umwandlung erhöht oder vermindert werden, erhält der Abnehmer eine Durchschrift des Bescheides."
Art. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 lautet:
"Artikel 4
(1) Jede Unregelmäßigkeit bewirkt in der Regel den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils
-
durch Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags;
-
durch vollständigen oder teilweisen Verlust der Sicherheit, die für einen Antrag auf Gewährung eines Vorteils oder bei Zahlung eines Vorschusses geleistet wurde.
(2) Die Anwendung der Maßnahmen nach Absatz 1 beschränkt sich auf den Entzug des erlangten Vorteils, zuzüglich - falls dies vorgesehen ist - der Zinsen, die pauschal festgelegt werden können.
(3) Handlungen, die nachgewiesenermaßen die Erlangung eines Vorteils, der den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften zuwiderläuft, zum Ziel haben, indem künstlich die Voraussetzungen für die Erlangung dieses Vorteils geschaffen werden, haben zur Folge, dass der betreffende Vorteil nicht gewährt bzw. entzogen wird.
(4) Die in diesem Artikel vorgesehenen Maßnahmen stellen keine Sanktionen dar."
In den Erwägungsgründen der Verordnung Nr. 2988/95 heißt es ua:
"Die Verhaltensweisen, die Unregelmäßigkeiten darstellen, sowie die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und die entsprechenden Sanktionen sind im Einklang mit dieser Verordnung in sektorbezogenen Regelungen vorgesehen.
Die genannten Verhaltensweisen umfassen betrügerische Praktiken im Sinne des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften.
Die verwaltungsrechtlichen Sanktionen der Gemeinschaft müssen einen angemessenen Schutz der genannten Interessen gewährleisten. Es sind allgemeine Regeln für diese Sanktionen aufzustellen.
Das Gemeinschaftsrecht sieht verwaltungsrechtliche Sanktionen der Gemeinschaft im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik vor. Derartige Sanktionen sind auch in anderen Bereichen einzuführen.
Die gemeinschaftlichen Maßnahmen und Sanktionen zur Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik sind Bestandteil der Beihilferegelungen. Sie haben einen eigenen Zweck, der die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten unberührt lässt. Ihre Effizienz ist durch die unmittelbare Wirksamkeit der Gemeinschaftsnorm und die uneingeschränkte Anwendbarkeit aller Gemeinschaftsmaßnahmen sicherzustellen, sofern mit vorsorglichen Maßnahmen dieses Ziel nicht erreicht werden konnte.
Gemäß dem allgemeinen Erfordernis der Billigkeit und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie unter Berücksichtigung des Grundsatzes 'ne bis in idem' sind unter Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstands und unter Beachtung der Vorschriften der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung geltenden spezifischen Gemeinschaftsregelungen geeignete Bestimmungen vorzusehen, um eine Kumulierung finanzieller Sanktionen der Gemeinschaft und einzelstaatlicher strafrechtlicher Sanktionen bei ein und derselben Person für dieselbe Tat zu verhindern.
Für die Anwendung dieser Verordnung kann ein strafrechtliches Verfahren dann als abgeschlossen gelten, wenn die zuständige einzelstaatliche Behörde und die betreffende Person einen Vergleich geschlossen haben.
Diese Verordnung gilt unbeschadet der Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten."
Art. 1 der Verordnung lautet:
"Artikel 1
(1) Zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften wird eine Rahmenregelung für einheitliche Kontrollen sowie für verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Sanktionen bei Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht getroffen.
(2) Der Tatbestand der Unregelmäßigkeit ist bei jedem Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gegeben, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder die Haushalte, die von den Gemeinschaften verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der Gemeinschaften erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe."
2. Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Umwandlung der Direktverkaufs-Referenzmenge einerseits damit begründet, dass keine "von den Gemeinschaftsrechtsvorschriften geforderte begründete Änderung des Vermarktungsverhaltens" vorliege, sondern die Änderung des Vermarktungsverhaltens von Beginn an bezweckt gewesen sei. Unter Hinweis auf § 21 BAO, der eine Beurteilung des Sachverhalts auf Grund des wahren wirtschaftlichen Gehalts erfordere, und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften wird darüber hinaus geschlossen, dass keine begründete Änderung des Vermarktungsverhaltens vorliege.
3. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 die einzelbetriebliche Referenzmenge auf "begründeten Antrag" des Erzeugers erhöht oder zugeteilt wird, "um Änderungen bei seinen Lieferungen bzw. Direktverkäufen Rechnung zu tragen". Wenngleich zwischen einem "begründeten Antrag" und einer "begründeten Änderung" - worauf in der Beschwerde zutreffend hingewiesen wird - zu unterscheiden ist, kann im Ergebnis der belangten Behörde insoweit Recht gegeben werden, als Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 sichtlich dahingehend zu verstehen ist, dass nicht jede Änderung im Vermarktungsverhalten des Milcherzeugers zur Umwandlung berechtigt. Dies ergibt sich zwar nicht - wie die belangte Behörde auch in der Gegenschrift vertritt - bereits aus dem deutschen Wortlaut der Bestimmung. Eine Regelung, die einen "begründeten Antrag" verlangt, kann dem Wortlaut entsprechend auch dahingehend zu verstehen sein, dass der Antrag auch zu begründen ist. Die Gründe, auf die sich der Antrag stützt, sind daher im Antrag zu nennen (vgl. § 63 Abs. 3 AVG und die dazu ergangene hg. Rechtsprechung, etwa bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 147 ff). Im vorliegenden Zusammenhang würde dies bedeuten, dass die entsprechenden Angaben über die anspruchsbegründenden Tatsachen (die zustehenden Referenzmengen, das bisherige Vermarktungsverhalten und die eingetretene Änderung) zu machen wären. In diesem Sinne enthält auch § 33 Abs. 1 MGV das Gebot zur Angabe der entsprechenden Sachverhaltselemente, insbesondere einschließlich der "Tatsachen, die zu Änderungen bei den Anlieferungen oder Direktverkäufen geführt haben". Es ist daher unzutreffend, dass der Ausdruck "begründeter Antrag" nur in dem von der belangten Behörde zugrunde gelegten Sinn verstanden werden könnte. Wie sich jedoch aus einem Vergleich mit der englischen und der französischen Fassung der Richtlinie ergibt, soll mit Art. 4 Abs. 2 der Verordnung nicht "Änderungen in den Lieferungen" sondern vielmehr Veränderungen, die die Lieferungen oder die Direktverkäufe beeinflussen, Rechnung getragen werden (in der englischen Fassung "to take account of changes affecting their deliveries and/or direct sales", in der französischen Version "pour tenir compte des modification affectant ses livraisons et/ou ses ventes directes"). In der englischen und der französischen Fassung ist auch von einem "duly justified request" bzw. von einem "demand" "dument justifiee" die Rede, was für die Annahme des Erfordernisses einer inhaltlichen Begründetheit des Antrags spricht.
Damit ist aber für den von der belangten Behörde eingenommenen Standpunkt noch nichts gewonnen.
Als Voraussetzung für die Umwandlung einer einzelbetrieblichen Referenzmenge ist in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 3950/92 die "Änderung bei seinen Lieferungen bzw. Direktverkäufen" genannt; nach dem Vorstehenden wird darunter eine Änderung in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die die Lieferungen oder den Direktverkauf beeinflussen, zu verstehen sein.
Selbst wenn man somit der belangten Behörde dahingehend folgen kann, dass der Gemeinschaftsbestimmung nicht unterstellt werden kann, allein das Faktum der Änderung in den Lieferungen bzw. Direktverkäufen könnte den Anlass der Umwandlung abgeben, ergibt sich keineswegs, dass die Auffassung der belangten Behörde zutrifft, dass im Falle der Beendigung einer Lieferbeziehung durch die Kündigung des Vertrages durch den Vertragspartner keine derartige begründete Änderung vorliege, wenn - was die belangte Behörde im Beschwerdefall als gegeben unterstellt - nur eine kurzfristige Lieferbeziehung intendiert war. Die belangte Behörde hat nicht näher dargelegt, worin das Kriterium für zulässige oder unzulässige Änderungen iSd Art. 4 Abs. 2 Verordnung 92/3950/EWG gelegen sein sollte. Im Sinne des Vorstehenden wäre zu präzisieren, dass zu unterscheiden wäre zwischen Änderungen, die die Direktvermarktung oder Lieferung beeinflussen, die nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung zu berücksichtigen wären, und solchen (derartigen) Änderungen, die keine Berücksichtigung finden dürften.
Die belangte Behörde hat nicht näher begründet, woraus zu schließen ist, dass eine "Änderung bei seinen Lieferungen und Direktverkäufen" iSd Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 92/3950/EWG nur dann vorliegt, wenn langfristige Lieferbeziehungen auslaufen oder vom Vertragspartner des Milcherzeugers gekündigt werden. Wie die Gemeinschaftsregelung (auch schon nach der Verordnung 84/857/EWG idF der Verordnung 85/590/EG) zeigt, geht der Gemeinschaftsnormsetzer davon aus, dass auch für einzelne Jahre ein unterschiedlicher Vermarktungsbedarf bzw. ein unterschiedliches Vermarktungsverhalten gegeben sein kann. Inwiefern der Gedanke der ausschließlichen oder bevorzugten Berücksichtigung langfristiger Lieferbeziehungen dem Gemeinschaftsrecht entnommen werden kann, wäre daher zu begründen. Von seinem Wortlaut her erfasst Art. 4 Abs. 2 der genannten Verordnung jegliche Änderung bei den Lieferungen und Direktverkäufen, somit eben gerade auch Nachfrageschwankungen. Im Gegensatz zu anderen Regelungen auf dem Gebiet der Marktordnung wird dabei nicht ausdrücklich auf das Bestehen bestimmter Verträge abgestellt (vgl. hinsichtlich des Abstellens auf den Wortlaut auch das bereits erwähnte Urteil des EuGH vom 7. 11. 1991, Slg. 1991 I-5285, zur Vorläuferbestimmung des Art. 4 Abs. 2 Verordnung 92/3950/EWG).
Die Notwendigkeit der Erschließung einer neuen Absatzmöglichkeit nach Beendigung einer Lieferbeziehung durch den Vertragspartner des Milcherzeugers kann jedoch, jedenfalls dann, wenn dieser durch sein Verhalten keinen Anlass für die Beendigung gegeben hätte (etwa Nichteinhaltung des Vertrages oder einzelner Bestimmungen des Vertrages), auch in diesem (materiellen) Sinn durchaus als ausreichend für das Vorliegen des Tatbestandes "Änderung bei den Direktverkäufen" angesehen werden (es liegt eine vom Willen des Milcherzeugers unabhängige Veränderung vor, sodass auch unter Zugrundelegung der englischen Textfassung die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 4 Abs. 2 der Verordnung gegeben sind).
Auch die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts hinsichtlich der Möglichkeit der Übertragung (Umwandlung) von Referenzmengen für Direktverkäufe und für Anlieferungen legt keine restriktive Auslegung, wie sie die belangte Behörde vertreten hat, nahe. Auch nach der Verordnung Nr. 857/84/EWG konnte ein Milcherzeuger über zwei Referenzmengen, nämlich über eine solche für Direktverkäufe und eine solche für Lieferungen, verfügen. Art. 5 Abs. 5 dieser Verordnung bestimmte im Wesentlichen, dass diejenigen Erzeuger, die eine Referenzmenge für ihre Direktverkäufe erhalten hatten und diese Direktverkäufe einstellten, gegebenenfalls innerhalb der Garantiemenge des Mitgliedstaates eine Referenzmenge eingeräumt erhalten konnten. Art. 6a dieser Verordnung (in der Fassung der Verordnung Nr. 590/85/EWG) sah vor, dass Erzeugern, die über zwei Referenzmengen verfügten, "zur Berücksichtigung der Änderung ihrer Vermarktungsverhältnisse auf Antrag eine Erhöhung einer der beiden Referenzmengen innerhalb eines Zwölfmonatszeitraumes bewilligt" werden konnte (vgl. das Urteil des EuGH 7. 11. 1991, Rs C-22/90, Frankreich/Kommission, Slg. 1991, I-5303). Voraussetzung einer solchen Bewilligung war die Herabsetzung der anderen Referenzmenge innerhalb desselben Zwölfmonatszeitraumes. Daraus erhellt auch, dass die Übertragung auch nur kurzfristig vorgenommen werden konnte. Die Berücksichtigung von Änderungen der "Vermarktungsverhältnisse" oder der gänzlichen Einstellung von Direktverkäufen erfolgte somit auch schon auf Grund der Verordnung Nr. 857/84, wobei auf die Änderung der "Vermarktungsverhältnisse" abgestellt war. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit mit der Neufassung der Rechtsgrundlage für die Umwandlung durch die Verordnung 92/3950/EWG (Art. 4 Abs. 2) die Rechtslage verändert werden sollte (vgl. etwa Thiele, Das Recht der Gemeinsamen Agrarpolitik der EG, 1997, 228, der das Urteil des EuGH vom 7. 11. 1991, Rs C-22/90, Frankreich/Kommission, Slg. 1991, I-5285, "wegen der dem Art. 6a VO Nr. 857/84 vergleichbaren Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 Nr. 3950/92" auch für die jetzige Rechtslage für relevant bezeichnet; das Urteil behandelte zwar primär die Frage, ob für die Umwandlung die Voraussetzung galt, dass der Milcherzeuger während des fraglichen Wirtschaftsjahres sowohl Direktverkäufe als auch Lieferungen getätigt hatte; der EuGH stellt darin aber auch fest, dass das Ziel der Regelung gewesen sei, es Erzeugern, die über zwei Referenzmengen verfügen, zu ermöglichen, einer Änderung ihrer Vermarktungsbedürfnisse zu begegnen). Dies spricht letztlich auch dafür, die aus der englischen Fassung der derzeit geltenden Verordnung gewonnene Bedeutung zugrunde zu legen, da diese dem früheren deutschen Wortlaut ("Vermarktungsverhältnisse") entspricht.
Die Berufung auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Umwandlung nach Art. 4 Abs. 2 Verordnung 92/3950/EWG war damit aber verfehlt.
4. Streitentscheidend ist daher, ob die Argumentation der belangten Behörde im Zusammenhang mit § 21 BAO und Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 zutreffend ist, da diesfalls der Bescheid ungeachtet der aufgezeigten verfehlten grundsätzlichen Rechtsansicht der Behörde betreffend Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 92/3950/EWG nicht rechtswidrig wäre (erfolgte die Berufung auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 95/2988/EG zu Recht, wäre die Umwandlung zutreffend versagt worden).
5. Es kann dahingestellt bleiben, ob § 21 BAO im vorliegenden Zusammenhang anwendbar ist (nach der hg. Rechtsprechung sind die Vorschriften der BAO auch im Verfahren betreffend die Anlieferungs-Referenzmengen anwendbar, Gleiches muss für das Verfahren betreffend die Direktverkaufs-Referenzmengen bzw. das vorliegende Umwandlungsverfahren gelten), oder ob er, da er als Auslegungsregel für die "Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen" eine Vorschrift des materiellen Rechts darstellt, auch bei grundsätzlicher Anwendung der Verfahrensbestimmungen der BAO nicht anwendbar ist. Es ist nämlich nicht ersichtlich, zu welcher anderen Beurteilung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalts im Beschwerdefall eine wirtschaftliche Betrachtungsweise führen sollte. Die Tatsache des Vertragsabschlusses und der Lieferungen an den Abnehmer der Milch sowie die nachfolgende Beendigung des Vertrages kann auch unter Anlegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht anders beurteilt werden. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist die Tatsache, dass sich Änderungen ergeben haben, die die Direktverkäufe und Lieferungen des Beschwerdeführers betreffen, nicht zu leugnen.
6. Ausschlaggebend für den Beschwerdefall ist somit, ob die belangte Behörde sich zu Recht auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 berufen hat.
Zunächst ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof angesichts des Urteils des EuGH vom 17. Juli 1997, Rs C-354/95, National Farmers' Union, Slg. 1997 I-4559, davon ausgeht, dass die Verordnung 95/2988/EG auch auf dem Gebiet der Gemeinsamen Agrarpolitik anwendbar ist (und nicht nur auf jenen Sachgebieten, für welche die in den Erwägungsgründen der Verordnung genannten - bereits bestehenden - Vorschriften über verwaltungsrechtliche Sanktionen der Gemeinschaft im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik nicht gelten). Es erübrigt sich im Hinblick auf dieses Urteil, die Bedeutung der Erwägungsgründe, die ua davon sprechen, dass Regelungen wie in der gemeinsamen Agrarpolitik "auch in anderen Bereichen einzuführen" seien, näher zu untersuchen. Auch Korte/van Rijn in: Von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU/EG-Vertrag, 5. Auflage, Rdnr. 66 zu Art. 40 EGV, gehen sichtlich davon aus, dass die genannte Verordnung auch im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik anwendbar ist. Für diese Auslegung spricht schließlich auch der Hinweis in den Erwägungsgründen der Verordnung, dass ein allen Bereichen der Agrarpolitik gemeinsamer rechtlicher Rahmen festgelegt werden müsse.
Zur Anwendung des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 95/2988/EG:
Der Verwaltungsgerichtshof zweifelt nicht daran, dass Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 95/2988/EG nicht nur im Falle von Beihilfenregelungen im engeren Sinn, sondern auch im Zusammenhang mit Marktordnungsregelungen, bei denen die Wirtschaftstätigkeit wie im Falle der Referenzmengen für Milch und der für Überlieferungen zu zahlenden Abgabe reglementiert ist, anwendbar sein kann. Der Vorteil, den sich der Bürger verschaffen könnte, läge in einer höheren Referenzmenge als sie ihm bei Unterlassung des gemeinschaftsrechtlich verpönten Verhaltens zustünde; zum einen wäre aber zu begründen, welchen Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften die Handlung zuwiderliefe, zum anderen wäre sachverhaltsmäßig festzustellen, dass der Vertragsabschluss mit dem Abnehmer der Milch tatsächlich ausschließlich zu dem Zweck erfolgte, sich eine Direktvermarktungs-Referenzmenge zuteilen zu lassen, die nach endgültiger Zuteilung in eine Anlieferungs-Referenzmenge umgewandelt werden sollte.
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass der Vertrag zwischen dem Beschwerdeführer und EF von Haus aus nur zu dem Zweck abgeschlossen worden sei, die auf Grund der Lieferung an EF erworbene Direktverkaufs-Referenzmenge in eine Anlieferungs-Referenzmenge umzuwandeln. Die belangte Behörde schließt dies im angefochtenen Bescheid aus dem "tatsächlichen Verhalten der Vertragsparteien und insbesondere" dem Verwendungszweck der Milch. An welches Verhalten dabei gedacht ist, wird im angefochtenen Bescheid nicht dargestellt. Die Einvernahme des EF habe unterbleiben können, da "auch aus dem Vertrag eine Mindestlaufzeit entnommen werden könne" und das erwähnte tatsächliche Verhalten deutlich gezeigt habe, dass die "Ernsthaftigkeit an einer permanenten Lieferbeziehung" nicht bestanden habe.
Diese Schlüsse sind durch die von der belangten Behörde getroffenen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht gedeckt. Die entsprechende Begründung ist nicht nachvollziehbar, die Ablehnung des Beweisantrages stellt eine Vorwegnahme des Beweisergebnisses und damit eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung dar (die belangte Behörde geht in diesem Zusammenhang auch nicht darauf ein, dass der Abnehmer der vom Beschwerdeführer direkt vermarkteten Milch angegeben hat, dass die Wirtschaftlichkeit im Hinblick auf den Preisverfall bei Ferkelfutter und Molke nicht mehr gegeben gewesen sei; die Veränderung derartiger wirtschaftlicher Gegebenheiten wäre aber bei der von der belangten Behörde intendierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei der Bewertung des Verhaltens der beteiligten Vertragspartner mit ins Kalkül zu ziehen gewesen). Aus einer Mindestvertragsdauer kann nicht geschlossen werden, dass die Vertragsparteien von Haus aus von einer Beendigung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Mindestdauer ausgegangen seien. Darüber hinaus ist es nicht verständlich, wieso Milcherzeuger, die auf Grund einer vertraglichen Beziehung mit einem Abnehmer Milch liefern insofern schlechter behandelt werden sollten als Milcherzeuger, die ohne derartige vertragliche Bindungen ab Hof verkaufen; letztere kämen jedenfalls in den Genuss der Umwandlungsmöglichkeit, wenn sie mangels Vorhandenseins von Abnehmern, die ab Hof kaufen würden, ihr Vermarktungsverhalten umstellen müssten.
Wenngleich es nicht ausgeschlossen erscheint, dass sich aus dem Verhalten von Vertragspartnern im Einzelfall ableiten lässt, dass eine Lieferbeziehung von Haus aus befristet intendiert ist und nur eingegangen wird, um dem Milcherzeuger den Erwerb einer Direktvermarktungs-Referenzmenge zu ermöglichen, die er sonst nicht erwerben hätte können, ist damit noch nicht ausgesagt, dass die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 vorliegen. Eine derartige Schlussfolgerung wäre durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen zu untermauern und zu begründen gewesen. Inwiefern ohne Einvernahme des Vertragspartners des Beschwerdeführers an Hand des eine Mindestdauer vorsehenden Vertrages über die Lieferung von Milch zur Verfütterung durch diesen Vertragspartner die Absicht der Vertragsparteien auf eine kurzfristige Vertragsbeziehung ableitbar wäre, wird im angefochtenen Bescheid nicht näher dargetan. Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang im Verwaltungsverfahren ein Gutachten des Qualifizierungszentrums Mostviertel/Bäuerliche Unternehmer- und Projektberatung (Amstetten) vorgelegt, in welchem die Wirtschaftlichkeit der von ihm durchgeführten Direktvermarktung bestätigt wird. Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auf diese Stellungnahme eingegangen, sodass nicht ersichtlich ist, inwiefern sie im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich sein sollte.
Geht man nach dem oben unter 3. Ausgeführten davon aus, dass das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 92/3950/EWG im Beschwerdefall grundsätzlich nicht bestritten werden kann, käme eine Versagung der Anwendung des Art. 4 Abs. 2 der genannten Verordnung nur in Betracht, wenn die "künstliche Schaffung der Voraussetzungen für die Erlangung des Vorteils" im Sinn des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 95/2988/EG nachgewiesen wäre. Das Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen kann aber nach dem Vorgesagten nicht schon allein mit Hinweis auf eine kurzfristige Lieferbeziehung begründet werden, hieße dies doch den Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 92/3950/EWG deutlich einzuschränken, da nur in den seltensten Fällen der von der Behörde offenbar verlangte Nachweis von (erwartungsgemäß) dauerhaften Lieferbeziehungen gelingen wird. Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer im Verfahren die erwähnte Stellungnahme des Qualifizierungszentrums Mostviertel vorgelegt, wonach die von ihm vorgenommene Milchdirektvermarktung als äußerst wirtschaftlich anzusehen sei. Ohne nähere Begründung kann daher nicht davon ausgegangen, dass etwa nur ein Scheingeschäft vorgelegen sei und damit die Lieferungen an den Abnehmer als "künstlich" herbeigeführt zu bewerten wären. Insofern ist der aufgezeigte Feststellungs- und Begründungsmangel im vorliegenden Fall auch wesentlich, da eine Überprüfung, ob die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 vorliegen, auf Grund der kursorischen Feststellungen der belangten Behörde nicht möglich ist.
7. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auch nicht dargelegt, inwieweit durch die Lieferung zur Verfütterung und die nach deren Einstellung beantragte Umwandlung in eine Anlieferungs-Referenzmenge den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsrechtsvorschriften zuwidergehandelt würde. Gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2988/95 ist jedoch die Erlangung eines Vorteils, der den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften zuwiderläuft, Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung. Die in der Gegenschrift enthaltenen Ausführungen, dass die Ziele der Regulierung und Stabilisierung des Milcherzeugungsmarktes und der Vermeidung zusätzlicher Haushaltsbelastungen und Marktschwierigkeiten, die durch die Vorschriften im Bereich der Garantiemengenregelung verfolgt würden, maßgebend seien, vermögen keine derartige Begründung zu liefern. Es bleibt offen, inwieweit die Ausnützung einer gemeinschaftsrechtlichen Möglichkeit im Rahmen der Garantiemengenregelung (durch welche definitionsgemäß keine Erhöhung der in Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 genannten Gesamtmengen für Lieferungen und Direktverkäufe bewirkt wird), dem Ziel der Regulierung und Stabilisierung des Milcherzeugungsmarktes und der Vermeidung zusätzlicher Haushaltsbelastungen zuwiderlaufen sollte (vgl. auch die Darstellung des Spielraums der neu beigetretenen Mitgliedstaaten Finnland, Österreich und Schweden auf Grund der Verordnung Nr. 3950/92 hinsichtlich der Festlegung der Kriterien für die Erstzuteilung der Milchquoten im Rahmen der Garantiemengen im Urteil des EuGH vom 13. April 2000, Rs C-292/97, Karlsson; der EuGH leitet in diesem Zusammenhang keine über die Einhaltung der Garantiemengen hinausgehenden Restriktionen etwa aus den Zielen der Gemeinsamen Agrarpolitik ab; inwieweit die Ausnützung der Möglichkeiten des Art. 4 Abs. 2 der Verordnung 3950/92 durch andere Gesichtspunkte beschränkt sein sollte, wäre begründungspflichtig). Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass der Europäische Gerichtshof in verschiedenen Zusammenhängen ausgesprochen hat, dass die Zielsetzung der Zusatzabgabenregelung, wie sie nunmehr durch die Verordnung 3950/92/EG geregelt wird, darin bestehe, "die Milcherzeugung weiter und endgültig zu verringern" (EuGH 15. 4. 1997, Rs. C-22/94, Irish Farmers' Association, Slg. 1997, I-1809) bzw. die Verringerung des Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage im Milchsektor sei (EuGH 29. April 1999, Rs C-288/97, Asiago, Slg. 1999, I-2575, Rdnr. 23), doch wäre es im systematischen Zusammenhang der Bestimmungen der Gemeinsamen Marktordnung vordergründig argumentiert, wollte man im Falle der Ausnützung einer von der Gemeinschaftsrechtsordnung eingeräumten Umwandlungsmöglichkeit davon ausgehen, der Umstand allein, dass sich der Milcherzeuger damit die Möglichkeit sichert, weiterhin eine bestimmte Menge Milch zu produzieren (ohne den zusätzlichen Absatzförderungsbeitrag zahlen zu müssen), wohingegen er bei Abweisung des Umwandlungsantrags genötigt sein könnte, den Teil der Milchproduktion, der bisher für die Direktvermarktung bestimmt war, mangels Absatzmöglichkeit aufzugeben und damit die Milchproduktion uU verringert wird, bedeute, dass der Tatbestand des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 95/2988/EG erfüllt sei. Immerhin wurde die Umwandlungsmöglichkeit vom Gemeinschaftsgesetzgeber vorgesehen. Es wären zumindest Kriterien dafür anzugeben, wann (legal) von der in Art. 4 Abs. 2 Verordnung 3950/92 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht werden kann und wann von einem Missbrauch auszugehen wäre, der zur Anwendung des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 2988/95/EG führen muss. Die belangte Behörde hat eine derartige Begründung unterlassen.
8. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist im Beschwerdefall nicht näher auf die Frage einzugehen, ob die endgültige Zuteilung der Direktverkaufs-Referenzmenge an den Beschwerdeführer mit Bescheid erfolgt war und ob die belangte Behörde nach Gemeinschaftsrecht (etwa gemäß Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 95/2988/EG) berechtigt wäre, gegebenenfalls auch einen rechtskräftigen Bescheid unbeachtet zu lassen (da dem Gemeinschaftsrecht auch entsprochen werden kann, wenn unter Einsatz der im innerstaatlichen Verfahrensrecht vorhandenen Institute zunächst ein Bescheid, der der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht entgegenstünde, aufgehoben wird, erscheint die Annahme, dass Art. 4 Abs. 3 der Verordnung 95/2988/EG erfordere, rechtskräftige Bescheide unbeachtet zu lassen, nicht zwingend). Die belangte Behörde ist in diesem Zusammenhang - wie aus dem Akt ersichtlich ist - zwar offenbar von den Angaben des Beschwerdeführers über die endgültige Zuteilung ausgegangen, hat aber nicht festgestellt, ob diesbezüglich ein Bescheid vorlag (vgl. die Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides, in der lediglich von einer provisorischen Zuteilung der Direktvermarktungs-Referenzmenge die Rede ist; möglicherweise liegt insoweit nur eine Unvollständigkeit vor, da dem Akt zufolge an der endgültigen Zuteilung keine Zweifel bestanden).
9. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
10. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Oktober 2000
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 begründeter Antrag begründete ÄnderungGemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 VermarktungsverhältnisseGemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen Konkordanz Deutsche Übersetzung - Österreichischer Rechtsbegriff Bezug auf die englische und/oder französische Originalfassung des Rechtsaktes der EU EURallg8/1/1 VwRallg7 begründeter Antrag begründete ÄnderungGemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen Konkordanz Deutsche Übersetzung - Österreichischer Rechtsbegriff Bezug auf die englische und/oder französische Originalfassung des Rechtsaktes der EU EURallg8/1/1 VwRallg7 VermarktungsverhältnisseGemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000170058.X00Im RIS seit
13.07.2001Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011