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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §63 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):96/17/0358 E 27. November 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der T reg. Gen. mbH, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 19. Mai 1995, Zl. 29 0370/12-V/5/95, berichtigt mit Bescheid vom 30. Mai 1995, Zl. 29 0370/16-V/5/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. von Pönalezinsen nach dem BWG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit ihrem Bescheid vom 19. Mai 1995 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 10. April 1995, gerichtet an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol, betreffend den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 10. März 1995 als unzulässig zurück. Die Vorschreibung von Pönalezinsen gemäß § 97 Bankwesengesetz (BWG) sei keine Verwaltungsstrafe im Sinne des Verwaltungsstrafgesetzes und unterliege daher den Vorschriften des AVG. Sie sei eine verschuldensunabhängige pauschale Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils aus einem gesetzwidrigen Verhalten. Dieser Umstand komme auch aus dem Einleitungssatz des § 97 Abs. 1 BWG zweifelsfrei zum Ausdruck. Da für die Beurteilung der Zulässigkeit der Berufung nicht die Form, in der nach Meinung des Berufungswerbers entschieden hätte werden sollen (Strafbescheid) maßgeblich sei, sondern die Form, in der tatsächlich entschieden worden sei (Administrativbescheid), somit ein Bescheid einer obersten Verwaltungsbehörde des Bundes vorliege, sei eine Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat unzulässig; ausschließlich mit einer Beschwerde an einen Gerichtshof des öffentlichen Rechts könne der vorliegende Verwaltungsakt bekämpft werden.
Mit Beschluss vom 10. Juni 1996, B 2062/95-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab. Die gerügten Rechtsverletzungen im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf das in Art. 6 MRK garantierte faire Verfahren wären im vorliegenden Fall nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Dies gelte auch für die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung einer Berufung durch die erstinstanzliche Behörde. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht erforderlich. Die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage sei von der Entscheidung daher nicht zu erwarten.
Die beschwerdeführende Partei bekämpft in ihrer - ergänzten - Beschwerde den Bescheid der belangten Behörde ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Sie erachtet sich durch ihn in ihrem Recht verletzt, dass über von ihr gestellte Anträge von der zuständigen Behörde, nämlich dem Unabhängigen Verwaltungssenat, entschieden werde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat - wie sich aus dem Inhalt des bekämpften Bescheides ergibt - die Ansicht vertreten, keine Verwaltungsbehörde (und daher auch nicht der mit Berufung angerufene unabhängige Verwaltungssenat) sei für die Erledigung der Berufung zuständig. Die Zurückweisung einer Berufung hat durch die Berufungsbehörde und nicht durch die "Unterinstanz" zu erfolgen, es sei denn, die "Unterinstanz" ist im betreffenden Vollzugsbereich die höchste Behörde (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 535, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung).
Hier liegt eine Berufung gegen einen Bescheid des Bundesministers für Finanzen vor, den dieser wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen hat. Die beschwerdeführende Partei meint, der von ihr bekämpfte Bescheid über die Vorschreibung von Pönalezinsen gemäß § 97 BWG sei kein Bescheid einer obersten Administrativbehörde, sondern ein "in Verwaltungsstrafsachen" ergangener Bescheid, gegen den ein Rechtsbehelf nach Art. 129a Abs. 1 Z. 1 B-VG an den Unabhängigen Verwaltungssenat zulässig sei.
Nach der Bestimmung des Art. 129a Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt, im Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes. Es trifft zu (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1997, Zlen. G 1393/95 u. a.), dass sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates aus der Verfassung auch ohne ausdrückliche einfachgesetzliche Anordnung ergeben kann; der Unabhängige Verwaltungssenat könnte daher - eine gesetzliche Anordnung etwa im Bankwesengesetz fehlt - dann für eine Berufung gegen die Vorschreibung von Pönalezinsen gemäß § 97 BWG zuständig sein, wenn dieser Bescheid in einem Verfahren "wegen Verwaltungsübertretungen" ergangen wäre.
Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch in seinem Erkenntnis vom 22. Februar 1999, Zl. 96/17/0006, mit näherer Begründung ausgeführt hat, handelt es sich bei den "Pönalezinsen" gemäß § 97 BWG um wirtschaftsaufsichtsrechliche Maßnahmen ohne Strafcharakter. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch ausdrücklich in dem erwähnten Erkenntnis ausgesprochen, dass er und nicht ein unabhängiger Verwaltungssenat im Sinne des Art. 129a B-VG zur Erledigung der Beschwerde gegen einen Bescheid zuständig ist, mit dem derartige "Pönalezinsen" auferlegt werden.
Zur Zurückweisung der unzulässigen Berufung war daher, wie oben ausgeführt, die für den Vollzugsbereich höchste Verwaltungsbehörde, nämlich der Bundesminister für Finanzen, zuständig.
Da der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Berufung somit nicht zuständig war, wird die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als
unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Oktober 2000
Schlagworte
Instanzenzug Zuständigkeit AllgemeinInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996170359.X00Im RIS seit
11.04.2001Zuletzt aktualisiert am
19.08.2009