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L0300 Landtagswahl, WählerevidenzNorm
B-VG Art26 Abs1, Art95 Abs2, Art117 Abs2Leitsatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der Wahl zum Niederösterreichischen Landtag im März 2013; kein Widerspruch des Vorzugsstimmensystems der Nö Landtagswahlordnung 1992 zum Homogenitätsprinzip; keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Landesgesetzgebers durch die Regelung über die Gültigkeit eines Stimmzettels mit einer Vorzugsstimme für einen Bewerber als Stimme für dessen ParteiRechtssatz
Keine Stattgabe der Anfechtung der Nö Landtagswahl vom 03.03.2013 durch die Grünen.
Keine Bedenken gegen §78 Abs3 Nö LandtagswahlO 1992 (NÖ LWO).
Übertragbarkeit der Judikatur VfSlg 14265/1995 zur in Niederösterreich vorherrschenden Gesetzeslage ("Vorzugsstimme schlägt Parteistimme") im Zusammenhang mit einer Anfechtung der Wahl zu einem Gemeinderat auf §78 Abs3 Nö LWO.
Das Homogenitätsprinzip bedeutet, dass die Landtags- und Gemeinderatswahlordnungen zwar den in Art26 Abs1 B-VG enthaltenen Grundsätzen, nicht aber den für die Wahlen zum Nationalrat geltenden einfachgesetzlichen Bestimmungen entsprechen müssen.
Das System der Vorzugsstimmen stellt einen wesentlichen Aspekt der Personalisierung der Parteilisten dar. Die Personalisierung soll den wahlwerbenden Parteien insbesondere ermöglichen soll, im Wege der Kandidatur von für die Wähler besonders attraktiven Bewerbern die Parteienpräferenz der Wähler zu beeinflussen; ein Effekt, der durch das Fehlen des "Stimmensplitting" und die Regelung, wonach eine Stimme für eine wahlwerbende Partei auch dann gültig ist, wenn zwar nicht diese, wohl aber mindestens ein Bewerber einer Parteiliste, bezeichnet ist, noch verstärkt wird.
Durch die Regelung des §78 Abs3 NÖ LWO wird nicht in die Liste der wahlwerbenden Partei als Gesamtheit der kandidierenden Personen eingegriffen, sondern es wird eine Regelung getroffen, welcher wahlwerbenden Partei eine Stimme zuzuzählen ist, wenn eine Vorzugsstimme vergeben und gleichzeitig eine andere wahlwerbende Partei gewählt wird.
Die Entscheidung, wie die Frage der Gültigkeit eines Stimmzettels, auf dem sowohl eine Partei angekreuzt als auch ein Bewerber einer anderen Wahlpartei bezeichnet ist, geregelt wird, liegt ebenso innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des jeweiligen Gesetzgebers, weshalb sich auch ein Vergleich mit den anderen Bundesländern und der Nationalrats-Wahlordnung 1992 erübrigt.
Der Wähler wird durch §78 Abs3 NÖ LWO in rechtlicher oder faktischer Weise nicht in der Freiheit seiner Wahl beeinträchtigt: Um sowohl den Wählern als auch den Wahlbehörden möglichst klare Vorgaben dafür zu geben, wann eine "eindeutige" Wahlentscheidung vorliegt, haben alle Wahlordnungen Regelungen betreffend die Gültigkeit bzw Ungültigkeit von Stimmzetteln getroffen. Dabei kommt dem jeweiligen Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum zu, der dort seine Grenzen erfährt, wo die Bestimmung zu einer Umdeutung des Wählerwillens führen würde. Diese Grenze des Gestaltungsspielraumes ist nicht überschritten, wenn der Gesetzgeber - wie im vorliegenden Fall - einen Stimmzettel, auf dem sowohl eine Partei angekreuzt als auch ein Bewerber einer anderen Wahlpartei bezeichnet ist, als gültig für diese Partei wertet. Aus dem freien Wahlrecht ist - entgegen der Ansicht der Anfechtungswerberin - nicht abzuleiten, dass ein solcher Stimmzettel als ungültig zu werten ist.
Schlagworte
Wahlen, Landtag, Homogenitätsprinzip, Verhältniswahl, Stimmzettel, Wahlrecht freies, VfGH / WahlanfechtungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:WI2.2013Zuletzt aktualisiert am
29.12.2014