Index
L8200 BauordnungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Abweisung einer Nachbarbeschwerde gegen eine Baubewilligung zur Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses auf einem Baugrundstück in Mutters; keine Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen des Gesamtbebauungsplans der Gemeinde Mutters für dieses Grundstück - Hinweis auf die Ausführungen im Erkenntnis zum Individualantrag; keine Willkür; kein Vorliegen von res iudicata auch im Hinblick auf drei verschiedene Sanierungsverfahren infolge geänderten SachverhaltsSpruch
I. Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.
II. Der Abspruch über die Anträge auf Kostenersatz und über den Ersatz der den Zeugen zustehenden Gebühren bleibt einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1. Die beteiligte Partei ist Eigentümerin des Grundstücks Nr 242/4, KG Mutters (in der Folge auch: Baugrundstück). Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer des unmittelbar ostseitig angrenzenden Grundstückes Nr 242/3, KG Mutters (in der Folge auch: Nachbargrundstück).
2. Der Bürgermeister der Gemeinde Mutters erteilte dem Rechtsvorgänger der beteiligten Partei über dessen Antrag vom 11. Oktober 1977 mit Bescheid vom 20. Dezember 1977 die Baubewilligung für die Errichtung eines Hauses auf dem Baugrundstück. Daraufhin errichtete der Rechtsvorgänger der beteiligten Partei im Laufe des Jahres 1978 das Haus.
Mit Schriftsatz vom 2. Jänner 1980 erhob der nunmehrige Erstbeschwerdeführer (und damalige Alleineigentümer des Grundstücks Nr 242/3) Berufung gegen die Erteilung der Baubewilligung, welche der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 25. Jänner 1980 wegen Präklusion abwies. In weiterer Folge hob die belangte Behörde den abweisenden Berufungsbescheid mit Bescheid vom 14. Mai 1980 auf. Nach mehreren Rechtsgängen (vgl. auch das Erkenntnis VwGH 21.10.2004, 99/06/0016) wurde schließlich der Antrag der beteiligten Partei vom 11. Oktober 1977 auf Erteilung der Baubewilligung mangels Bewilligungsfähigkeit abgewiesen.
3. Am 10. November 2005 und am 26. Jänner 2006 (Beharrungsbeschluss) fasste der Gemeinderat der Gemeinde Mutters den Beschluss über den im Beschwerdefall anwendbaren Gesamtbebauungsplan.
4. Am 21. Dezember 2005 beantragte der Rechtsvorgänger der beteiligten Partei die Erteilung der (nachträglichen) Baubewilligung für die Errichtung des auf dem Baugrundstück 1978 errichteten Einfamilienhauses mit Garage. Gegen den stattgebenden Bescheid des Bürgermeisters vom 7. Juni 2006 erhoben die Beschwerdeführer, die mittlerweile Miteigentümer des Nachbargrundstücks geworden waren, Berufung. Diese wies der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 5. Juli 2006 ab. Die belangte Behörde behob am 9. November 2006 diesen Bescheid auf Grund einer Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Begründung, die Planunterlagen seien in zweifacher Hinsicht unvollständig: Es würden Maße und Höhenkoten des angrenzenden Geländes fehlen, die es ermöglichen, die vollständige umlaufende Geländekontur nach der Bauführung zu konstruieren. Darüber hinaus gehe aus den Plänen nicht eindeutig hervor, wie das Gelände vor der Bauführung ausgesehen habe. Damit sei es nicht möglich, die Wandhöhen und die Einhaltung der Mindestabstände zu überprüfen.
Mit Bescheid vom 18. April 2007 wies der Gemeindevorstand die Berufung im zweiten Rechtsgang neuerlich ab. Auf Grund einer Vorstellung der Beschwerdeführer behob die belangte Behörde am 25. Oktober 2007 auch diesen Bescheid. Die belangte Behörde begründete dies mit §6 Abs1 vorletzter Satz TBO 2001, wonach im Fall von mehr als zehn Jahre zurückliegenden Geländeveränderungen vom bestehenden Geländeniveau auszugehen sei, sofern diese Geländeveränderungen entsprechend den zum damaligen Zeitpunkt geltenden Vorschriften – das heißt nach Erwirkung einer allenfalls erforderlichen Bewilligung oder Anzeige bei der Behörde – rechtmäßig ausgeführt worden seien. Aus diesem Grund sei die Feststellung des Gemeindevorstandes, dass dort seit 1994 keine Geländeveränderung stattgefunden habe, nicht ausreichend; vielmehr hätte der Gemeindevorstand Ermittlungen insbesondere im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der (deutlich länger als zehn Jahre zurückliegenden) Bauführung bewirkten Geländeveränderungen durchzuführen gehabt. Erst dann könne beurteilt werden, ob den Abstandsvorschriften des §6 TBO 2001 bzw. den Vorgaben des Bebauungsplanes entsprochen werde.
Gegen diesen aufhebenden (Vorstellungs-)Bescheid erhob der Rechtsvorgänger der beteiligten Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. In seinem abweisenden Erkenntnis vom 1. April 2008, 2007/06/0323, teilte der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsauffassung der belangten Behörde mit folgender Begründung:
"Nach dem Grundsatz des viertletzten Satzes des §6 Abs1 TBO 2001 ist maßgeblich, ob das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert wurde. Es ist daher auf die Bauführung abzustellen, dies auch im Falle einer nachträglichen Baubewilligung. Der drittletzte Satz des Absatzes (Andernfalls ...) knüpft an diesen Grundsatz an, daher ebenfalls an die Bauführung, nicht minder der vorletzte Satz des Absatzes (Dies gilt auch dann ...), die Zehnjahresfrist dieses Satzes ist daher ebenfalls auf die (beabsichtigte) Bauführung zu beziehen, somit im Falle einer nachträglichen Baubewilligung auf die bereits erfolgte Bauführung. Ansonsten könnte ja ein Bauwerber, dessen bereits errichtetes Gebäude wegen Verletzung der Abstandsvorschriften zum Nachteil des Nachbarn nicht bewilligungsfähig wäre, weil auf Anschüttungen nicht Bedacht zu nehmen wäre, durch Verschleppung des Bauverfahrens bzw. durch Einbringung eines neuerlichen Baugesuches zur gegebenen Zeit nach Ablauf von zehn Jahren, dann, wenn in einem solchen Fall auf Anschüttungen nicht mehr Bedacht zu nehmen wäre, letztlich die Abstandsvorschriften zum Nachteil des Nachbarn gleichsam manipulieren."
Der Gemeindevorstand wies im dritten Rechtsgang die Berufung mit Bescheid vom 18. Dezember 2007 ein weiteres Mal ab und verwies auf eine bereits im Akt befindliche und den Parteien bekannte Vermessungsurkunde des ** *** ***** ******** vom 23. Juli 1998, der ein Luftbild vom 23. Mai 1973 zugrunde liegt. Daraus ergebe sich der Geländeverlauf zum letztgenannten Datum. Auch diesen Bescheid hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. Juni 2008 auf Grund einer Vorstellung der Beschwerdeführer auf, weil der Gemeindevorstand die Bindungswirkung des aufhebenden Vorstellungsbescheides vom 25. Oktober 2007 missachtet habe. Daraus ergebe sich das Erfordernis zusätzlicher Ermittlungen. Dem werde mit dem Verweis auf eine Urkunde, die bereits dem erstinstanzlichen Bescheid vom 1. Juni 2006 zugrunde gelegen sei, nicht genüge getan.
Der Gemeindevorstand holte daraufhin im vierten Rechtsgang ein zusätzliches vermessungstechnisches Gutachten des ** *** ******* sowie ein hochbautechnisches Gutachten ein. Aus diesen zusätzlichen Ermittlungsschritten ergab sich eine Überschreitung der Abstandsvorschriften sowie der maximalen Traufenhöhe. Daraufhin wies der Gemeindevorstand mit Bescheid vom 29. Dezember 2008 das Bauansuchen vom 21. Dezember 2005 ab. Die dagegen vom Rechtsvorgänger der beteiligten Partei erhobene Vorstellung blieb erfolglos.
5. Am 25. März 2009 beantragte die beteiligte Partei neuerlich die Erteilung einer (nachträglichen) baubehördlichen Bewilligung für das 1978 errichtete Haus. Dem Baugesuch war eine Vermessungsurkunde des ** ******* ****** vom 24. März 2009 beigeschlossen, in der die aktuellen Geländehöhen sowie das Urgelände (wiederum berechnet auf Grundlage des Luftbildes vom 23. Mai 1973) ausgewiesen waren. Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2009 erhoben die Beschwerdeführer gegen das Bauvorhaben umfangreiche Einwendungen, insbesondere hinsichtlich der Bauhöhe, der Einhaltung von Abständen (Abstandsflächen) und des Brandschutzes. Am 13. Mai 2009 fand eine Bauverhandlung statt, in welcher der hochbautechnische Sachverständige zum Ergebnis gelangte, dass im Hinblick auf die Vermessungsurkunde insbesondere die Abstandsbestimmungen sowie die Bestimmungen des Bebauungsplanes eingehalten würden. Mit Bescheid vom 10. Juli 2009 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Mutters daraufhin die beantragte Baubewilligung. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teilweise als unzulässig zurück-, teilweise als unbegründet abgewiesen.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, die mit Bescheid des Gemeindevorstandes vom 3. September 2009 abgewiesen wurde. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. März 2010 Folge und hob den Bescheid des Gemeindevorstandes auf, weil der Sachverhalt im Hinblick auf den Verlauf der Grenzen des Baugrundstücks und den Verlauf des Urgeländes (§6 Abs1 drittletzter und vorletzter Satz TBO 2001) und die daraus resultierenden Abstandsberechnungen wieder ergänzungsbedürftig sei. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern vorgetragenen Bedenken im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit des Gesamtbebauungsplanes hielt die belangte Behörde fest, dass sie an rechtskräftige Verordnungen gebunden sei. Die Einwände der Beschwerdeführer gegen den Gesamtbebauungsplan könne nur der Verfassungsgerichtshof prüfen.
Im Ersatzbescheidverfahren wies der Gemeindevorstand die Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 17. September 2010 neuerlich ab. Der dagegen erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 31. März 2011 wiederum, mit ähnlicher Begründung wie im aufhebenden Bescheid vom 17. März 2010, Folge. Zusätzlich verwies sie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 2011, 2010/06/0229, mit dem ein im Instanzenzug ergangener vermessungsrechtlicher Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend zum Grenzverlauf (insbesondere auch einer Berichtigung des Grenzkatasters) zwischen dem Baugrundstück und dem Nachbargrundstück Nr 242/3 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war. Mit diesem werde sich der Gemeindevorstand auseinanderzusetzen haben.
Eine gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführern erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde von diesem mit Erkenntnis vom 24. August 2011, 2011/06/0090, als unbegründet abgewiesen. Darin betonte der Verwaltungsgerichtshof, dass infolge der geänderten Sachlage keine Bindungswirkung des abweisenden Berufungsbescheides vom 29. Dezember 2008 bestehe.
6. Der Gemeindevorstand holte im dritten Rechtsgang nach Einlangen des aufhebenden Vorstellungsbescheides vom 31. März 2011 ein weiteres Vermessungsgutachten des ** *** ******** ********* ein. Unter Berücksichtigung der beiden Gutachten des ** *** ********, des ** ****** sowie des vermessungsrechtlichen Verfahrens gelangte dieser Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Grenzabstände (unter Zugrundelegung der Grenzkatasterberichtigung) mit 5 %-iger Irrtumswahrscheinlichkeit eingehalten würden. Mit Bescheid vom 8. Juli 2011 wies der Gemeindevorstand auf dieser Grundlage die Berufung ein drittes Mal ab.
Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde erachtete den Sachverhalt im Hinblick auf den Grenzverlauf nunmehr als ausreichend geklärt und teilte die darauf aufbauende rechtliche Beurteilung des Gemeindevorstandes, wonach die Höhen- und Abstandsvorschriften eingehalten worden seien. Hinsichtlich des sonstigen Vorstellungsvorbringens verwies die belangte Behörde auf den Vorstellungsbescheid vom 31. März 2011 und gelangte zum Ergebnis, dass das Bauvorhaben subjektive Rechte der Beschwerdeführer nach der TBO 2001 nicht verletze.
7. In ihrer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt. Darüber hinaus regen sie die Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens hinsichtlich zahlreicher Festlegungen (für das Baugrundstück, aber auch darüber hinaus) im Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters an, die sie für gesetzwidrig halten.
7.1. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens (einschließlich des Verfahrens vor den Gemeindebehörden) vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit des Gesamtbebauungsplanes verweist sie lediglich auf die Begründungen der Vorstellungsbescheide. Die Beschwerdeführer erstatteten dazu eine Replik.
7.2. Der mit dem Fall betraute ständige Referent (§16 VfGG) führte am 15. Juli 2013 einen gemeinsamen Augenschein auf den Grundstücken Nr 242/3 und 242/4, KG Mutters, zur Vorbereitung der Verhandlung gemäß §20 Abs1 und 2 VfGG durch. Bei diesem Augenschein waren die Beschwerdeführer, die belangte Behörde, die beteiligte Partei und die beteiligte Gemeinde bzw. ihre Vertreter, der Ortsplaner ** ******* ****, der im Auftrag der Gemeinde Mutters den Gesamtbebauungsplan Mutters für den Ortsteil Gärberbach erstellt hatte, der Rechtsvorgänger der Eigentümerin des Grundstücks Nr 242/4 sowie der Eigentümer des Grundstücks Nr 242/2 (an das Grundstück Nr 242/3 in vergleichbarer Hanglage grenzend) anwesend.
7.3. Danach legten die Beschwerdeführer weitere Schriftsätze vor; auch die beteiligte Partei sowie die beteiligte Gemeinde erstatteten Äußerungen.
7.4. Der Verfassungsgerichtshof führte am 26. November 2013 eine gemeinsame mündliche Verhandlung im Verfahren V3/2010 und im gegenständlichen Beschwerdeverfahren B265/2012 durch. In der mündlichen Verhandlung, an welcher der Rechtsvertreter der Antragsteller (V3/2010) bzw. der Beschwerdeführer (B265/2012), Vertreter der Tiroler Landesregierung und der Gemeinde Mutters teilnahmen, wurden mit den Parteien und mehreren Zeugen, darunter der Raumplaner, welcher für die Gemeinde Mutters die raumordnungsfachlichen Grundlagen für den hier maßgeblichen Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters aufbereitete und bei der Erlassung des Gesamtbebauungsplanes die notwendigen Stellungnahmen und Erläuterungen verfasste, die vom Verfassungsgerichtshof in der Ladung zur mündlichen Verhandlung gestellten Fragen erörtert. Im Wesentlichen ging es um die Vorgangsweise und die Grundlagen für die jeweiligen Festlegungen im Gesamtbebauungsplan der Gemeinde Mutters für den Abschnitt Gärberbach für die Grundstücke Nr 242/4 und 242/3, KG Mutters, und die angrenzenden Grundstücke.
II. Rechtslage
1. Die §§25 und 26 der im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl 94 idF LGBl 40/2009 (vgl. ArtII Abs4 der Novelle LGBl 48/2011, wonach §25 auf am 1. Juli 2011 anhängige Verfahren noch in der früheren Fassung anzuwenden ist), lauten auszugsweise:
"§25
Parteien
(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber und die Nachbarn.
(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.
(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:
a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
d) der Abstandsbestimmungen des §6;
e) im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach §55 Abs1 oder §113 Abs1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001.
[…]
§26
Baubewilligung
(1) Die Behörde hat über ein Bauansuchen mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden. Wird keine Bauverhandlung durchgeführt, so hat die Entscheidung spätestens innerhalb von drei Monaten nach dem Einlangen des Bauansuchens zu erfolgen.
(2) Das Bauansuchen ist zurückzuweisen, wenn einem Verbesserungsauftrag nach §13 Abs3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 oder einem Auftrag nach §24 Abs8 nicht entsprochen wird.
(3) Das Bauansuchen ist ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn bereits aufgrund des Ansuchens offenkundig ist, dass
a) das Bauvorhaben dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan oder örtlichen Bauvorschriften widerspricht oder
[…]
(4) Das Bauansuchen ist weiters abzuweisen,
a) wenn im Zuge des Verfahrens ein Abweisungsgrund nach Abs3 hervorkommt oder wenn der Bauwerber ungeachtet eines Auftrages der Behörde die Angaben nach §21 Abs3 oder 4 nicht macht oder
[…]"
2. Die im Zeitraum der Beschlussfassung über den bekämpften Bebauungsplan geltenden Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (einer Wiederverlautbarung des bis dahin mehrfach novellierten Tiroler Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl 10), LGBl 93 idF LGBl 60/2005, lauteten auszugsweise:
"1. A b s c h n i t t
Allgemeine Bestimmungen
§27
Aufgaben und Ziele der örtlichen Raumordnung
(1) Die örtliche Raumordnung dient der geordneten räumlichen Entwicklung der Gemeinde. Sie hat im Einklang mit den Raumordnungsprogrammen und, soweit solche nicht bestehen, unter Bedachtnahme auf die Ziele und Grundsätze der überörtlichen Raumordnung zu erfolgen. Weiters ist auf die örtlichen Raumordnungsinteressen der Nachbargemeinden, insbesondere im Bereich der gemeinsamen Grenzen, Bedacht zu nehmen.
(2) Ziele der örtlichen Raumordnung sind insbesondere:
a) die ausgewogene Anordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse des Schutzes des Landschaftsbildes, der Sicherung vor Naturgefahren, der verkehrsmäßigen Erschließung, insbesondere auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln, der Erschließung mit Einrichtungen zur Wasser-, Löschwasser- und Energieversorgung, zur Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung sowie der Schaffung sonstiger infrastruktureller Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen und dergleichen;
b) die Sicherung ausreichender Flächen zur Befriedigung des Wohnbedarfes der Bevölkerung und für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Wirtschaft;
c) die weitestmögliche Vermeidung von Nutzungskonflikten und wechselseitigen Beeinträchtigungen beim Zusammentreffen verschiedener Widmungen, insbesondere auch unter Bedachtnahme auf die Standorte von Betrieben im Sinne des §1 Abs2 lite und die für die Ansiedlung oder Erweiterung solcher Betriebe vorgesehenen Standorte;
d) die Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz;
e) die Vorsorge für eine zweckmäßige und bodensparende, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfordernisse des Schutzes des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes abgestimmte Bebauung und verkehrsmäßige Erschließung der bebauten und zu bebauenden Gebiete und Grundflächen;
f) die Vorsorge für eine ausreichende und einwandfreie Wasser- und Löschwasserversorgung und eine geordnete Abwasserbeseitigung;
g) die Erhaltung zusammenhängender land- und forstwirtschaftlich nutzbarer Gebiete;
h) die Erhaltung ökologisch besonders wertvoller Flächen und die Bewahrung erhaltenswerter natürlicher oder naturnaher Landschaftselemente und Landschaftsteile;
i) die Erhaltung zusammenhängender Erholungsräume;
j) die Sicherung geeigneter Grundflächen für Einrichtungen des Gemeinbedarfs;
k) die Schaffung der erforderlichen Verkehrsflächen der Gemeinde unter weitestmöglicher Vermeidung von nachteiligen Auswirkungen des Verkehrs auf die Bevölkerung und die Umwelt;
l) die Bewahrung erhaltenswerter Orts- und Straßenbilder sowie erhaltenswerter Gebäudegruppen.
§28
Bestandsaufnahme
(1) Die Gemeinde hat die für die örtliche Raumordnung bedeutsamen Gegebenheiten und deren voraussehbare Veränderungen zu erheben und in einer Bestandsaufnahme festzuhalten. Dabei sind der Gemeinde zur Verfügung stehende Erhebungen in anderen Bereichen, wie beispielsweise Erhebungen im Zusammenhang mit der Erstellung, Entwicklung und Anpassung des örtlichen Tourismusleitbildes und der Dorferneuerung, so weit wie möglich heranzuziehen. Die Bestandsaufnahme ist regelmäßig auf den aktuellen Stand zu bringen.
(2) Die Bestandsaufnahme hat jedenfalls die Gebiete und Grundflächen, die durch Lawinen, Hochwasser, Wildbäche, Steinschlag, Erdrutsch und andere Naturgefahren gefährdet sind, sowie das Ausmaß der Gefährdung zu umfassen. Die Gefahrensituation ist so weit wie möglich aufgrund bestehender Gefahrenzonenpläne zu erheben.
(3) Für jene Gebiete, die aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit und Lage für die Widmung als Bauland in Betracht kommen, hat die Bestandsaufnahme jedenfalls zu umfassen:
a) die bestehenden überörtlichen Anlagen sowie jene überörtlichen Anlagen, für die rechtsverbindliche Planungen bestehen, einschließlich allfälliger Schutz- oder Sicherheitsbereiche; überörtliche Anlagen sind insbesondere Bundes- und Landesstraßen, Eisenbahnanlagen, Flugplätze, Versorgungs- und Entsorgungsleitungen von überörtlicher Bedeutung, Abfallbehandlungsanlagen und Deponien, Abwasserreinigungsanlagen, Bergbauanlagen, militärische Anlagen;
b) die Gebiete, Grundflächen und Objekte, für die gesetzliche Nutzungsbeschränkungen bestehen, wie öffentliche Gewässer, Wasserschutz- und Wasserschongebiete, Überschwemmungsgebiete, unter besonderem Naturschutz stehende Gebiete, Naturdenkmäler, denkmalgeschützte Objekte, militärische Sperrgebiete und dergleichen;
c) die Gebäude und sonstigen Anlagen, die öffentlichen Zwecken dienen;
d) die Gebiete und Grundflächen, für die in Raumordnungsprogrammen bestimmte Maßnahmen festgelegt sind;
e) die Gebiete mit erhaltenswerten Orts- und Straßenbildern sowie erhaltenswerten Gebäudegruppen;
f) die Gebiete mit einem überwiegend sanierungsbedürftigen Baubestand.
(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Umfang der Bestandsaufnahme zu erlassen.
§29
Planungsinstrumente
(1) Jede Gemeinde hat durch Verordnung ein örtliches Raumordnungskonzept, einen Flächenwidmungsplan, allgemeine Bebauungspläne und ergänzende Bebauungspläne zu erlassen. […]
(2) Das örtliche Raumordnungskonzept besteht aus textlichen Festlegungen sowie aus Karten und Plänen samt Planzeichenerläuterung. Der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne bestehen aus Plänen samt Planzeichenerläuterung und aus ergänzenden textlichen Festlegungen. Dem örtlichen Raumordnungskonzept, dem Flächenwidmungsplan und den Bebauungsplänen sind Erläuterungen anzuschließen, die eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Entscheidungsgrundlagen zu enthalten haben.
[…]
(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Erstellung, die Form und den Maßstab der örtlichen Raumordnungskonzepte, der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne zu erlassen. Dabei sind insbesondere die zu verwendenden Karten und Pläne und die darin zu verwendenden Planzeichen zu regeln.
[…]
4. A b s c h n i t t
Bebauungspläne
§54
Allgemeines
(1) In den allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplänen sind unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme die verkehrsmäßige Erschließung und die Art der Bebauung des Baulandes, der Sonderflächen für Beherbergungsgroßbetriebe, der Sonderflächen für Handelsbetriebe, der Sonderflächen für Einkaufszentren sowie jener sonstigen Sonderflächen und jener Vorbehaltsflächen, bei denen dies im Hinblick auf den festgelegten Verwendungszweck im Interesse einer geordneten baulichen Entwicklung erforderlich ist, festzulegen. Die allgemeinen Bebauungspläne sind möglichst für größere funktional zusammenhängende Gebiete, die ergänzenden Bebauungspläne möglichst für funktional zusammenhängende Gebiete, zu erlassen.
(2) In die allgemeinen Bebauungspläne können auch Grundflächen einbezogen werden, die noch nicht als Bauland, als Sonderflächen oder als Vorbehaltsflächen gewidmet sind, sofern sie innerhalb der im örtlichen Raumordnungskonzept für Siedlungszwecke und betriebliche Zwecke vorgesehenen Bereiche liegen. Ergänzende Bebauungspläne dürfen frühestens gleichzeitig mit der Widmung der betreffenden Grundflächen als Bauland, als Sonderflächen oder als Vorbehaltsflächen erlassen werden.
(3) Ein ergänzender Bebauungsplan ist zu erlassen, sobald unter Bedachtnahme auf das örtliche Raumordnungskonzept im Hinblick auf die angestrebte bauliche Entwicklung in der Gemeinde ein Bedarf an der widmungsgemäßen Verwendung der betreffenden Grundflächen besteht und die Gemeinde finanziell in der Lage ist, die verkehrsmäßige Erschließung und die Erschließung mit den Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vorzunehmen.
[…]
(5) Die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden darf außer in den Fällen des §55 Abs1 und 2 nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan bestehen und die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung rechtlich sichergestellt ist.
[…]
§56
Inhalte
(1) Im allgemeinen Bebauungsplan sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien (§58) der Straßen nach §53 Abs1 und hinsichtlich der Bebauung die Mindestbaudichten (§61) festzulegen. Im allgemeinen Bebauungsplan können weiters die Bauweisen (§60) festgelegt werden.
(2) In den ergänzenden Bebauungsplänen sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien der Straßen, die der inneren Erschließung des jeweiligen Gebietes dienen, und hinsichtlich der Bebauung die Höchstgröße der Bauplätze, die Baufluchtlinien (§59 Abs1 und 2), die Bauhöhen (§62 Abs1 bis 5) und, sofern diese nicht bereits im allgemeinen Bebauungsplan festgelegt worden sind, die Bauweisen festzulegen. In den ergänzenden Bebauungsplänen können weiters die Firstrichtungen und Dachneigungen, die Baugrenzlinien (§59 Abs3) und die Höhenlage (§62 Abs6) festgelegt sowie ergänzende Festlegungen über die Baudichten (§61) getroffen werden. Weiters kann in den ergänzenden Bebauungsplänen festgelegt werden, dass statt der Mindestabstände nach §6 Abs1 litb der Tiroler Bauordnung 2001 jene nach §6 Abs1 lita der Tiroler Bauordnung 2001 einzuhalten sind. Gegenüber den Grenzen zu Grundstücken, für die diese Festlegung nicht gilt, sind jedoch stets die Mindestabstände nach §6 Abs1 litb der Tiroler Bauordnung 2001 einzuhalten.
(3) Liegen die Voraussetzungen nach §54 Abs3 vor und ist ein allgemeiner Bebauungsplan noch nicht erlassen, so können die Festlegungen nach den Abs1 und 2 in einem Bebauungsplan getroffen werden.
§57
Änderung und Außer-Kraft-Treten von Bebauungsplänen
(1) Bebauungspläne sind zu ändern, soweit dies
a) aufgrund einer Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder des Flächenwidmungsplanes;
b) aufgrund von Raumordnungsprogrammen oder anderen vorrangigen raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen des Landes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen oder
c) aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung raumbedeutsamer Planungen oder Maßnahmen des Bundes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen
erforderlich ist.
(2) Bebauungspläne dürfen geändert werden, wenn die Änderung im Hinblick auf eine den Zielen der örtlichen Raumordnung und dem örtlichen Raumordnungskonzept entsprechende weitere verkehrsmäßige Erschließung und bauliche Entwicklung der Gemeinde vorteilhaft ist.
(3) Ergänzende Bebauungspläne sind weiters zu ändern, soweit dies aufgrund einer Änderung des allgemeinen Bebauungsplanes erforderlich ist.
[…]
§62
Bauhöhe, Höhenlage
(1) Die Bauhöhe von Gebäuden kann durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt oder durch die Anzahl der oberirdischen Geschosse festgelegt werden. Diese Arten der Festlegung können auch kombiniert werden. Weiters kann die Wandhöhe der Außenwände festgelegt werden. Dabei kann bestimmt werden, dass nur die Wandhöhe bestimmter Wände, wie etwa der traufenseitigen, der straßenseitigen oder der talseitigen Wände, maßgebend ist.
(2) Der oberste Punkt kann als Obergrenze, als Unter- und Obergrenze oder zwingend festgelegt werden. Ebenso können für die Anzahl der oberirdischen Geschosse Höchstzahlen, Mindest- und Höchstzahlen oder zwingende Zahlen festgelegt werden. Weiters können für die Wandhöhe Höchstmaße, Mindest- und Höchstmaße oder zwingende Maße festgelegt werden. Wurde das Gelände durch die Bauführung oder im Hinblick auf die beabsichtigte Bauführung verändert, so ist hinsichtlich der Anzahl der oberirdischen Geschosse und der Wandhöhe vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen.
(3) Oberirdische Geschosse sind jene Geschosse, bei denen zumindest die Hälfte der Grundfläche mindestens 1 m über dem angrenzenden Gelände liegt. Geschosse, die das Dach berühren (Dachgeschosse), sind zu berücksichtigen, wenn über mehr als der Hälfte der Grundfläche eines solchen Geschosses der Senkrechtabstand vom Fußboden zur Dachhaut mehr als 2,70 m beträgt.
(4) Die Bauhöhe sonstiger baulicher Anlagen ist durch deren obersten Punkt bezogen auf die absolute Höhe oder auf einen sonstigen Fixpunkt festzulegen. Abs2 erster Satz ist anzuwenden.
(5) Bei der Bestimmung des obersten Punktes von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen bleiben untergeordnete Bauteile außer Betracht. Weiters gelten Festlegungen über den obersten Punkt nicht für Gebäude und sonstige bauliche Anlagen, die aus zwingenden technischen Gründen nur mit einer größeren als der danach zulässigen Höhe errichtet werden können.
(6) Die Höhenlage ist eine durch die absolute Höhe oder durch einen sonstigen Fixpunkt bestimmte horizontale Ebene.
[…]
5. A b s c h n i t t
Verfahren, Rechtswirkungen
§65
Verfahren zur Erlassung von Bebauungsplänen
(1) Der Entwurf eines Bebauungsplanes ist aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates zur allgemeinen Einsicht im Gemeindeamt während vier Wochen aufzulegen. Die Auflegung ist durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde während der gesamten Auflegungsfrist kundzumachen. Die Kundmachung hat die Auflegungsfrist und den Hinweis zu enthalten, dass Personen, die in der Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben, und Rechtsträgern, die in der Gemeinde eine Liegenschaft oder einen Betrieb besitzen, das Recht zusteht, bis spätestens eine Woche nach dem Ablauf der Auflegungsfrist eine schriftliche Stellungnahme zum Entwurf abzugeben. Für die Verständigung der Eigentümer der vom Entwurf umfassten Grundstücke gilt §64 Abs2 sinngemäß.
(2) Der Gemeinderat kann gleichzeitig mit der Beschlussfassung über die Auflegung des Entwurfes nach Abs1 erster Satz den Beschluss über die Erlassung des Bebauungsplanes fassen. Dieser Beschluss wird jedoch nur rechtswirksam, wenn innerhalb der Auflegungs- und Stellungnahmefrist keine Stellungnahme zum Entwurf von einer hiezu berechtigten Person oder Stelle abgegeben wurde.
(3) Wird der Entwurf nach seiner Auflegung geändert, so ist dieser neuerlich entsprechend dem Abs1 aufzulegen. Dabei kann die Auflegungsfrist auf zwei Wochen herabgesetzt werden.
(4) Der Bürgermeister hat nach dem Abschluss des Verfahrens nach den Abs1, 2 und 3 den Entwurf zusammen mit den eingelangten Stellungnahmen und den maßgebenden Entscheidungsgrundlagen dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.
[…]
§67
Kundmachung
(1) Der Beschluss des Gemeinderates über die Erlassung oder Fortschreibung des örtlichen Raumordnungskonzeptes bzw. über die Erlassung des Flächenwidmungsplanes ist innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Der Beschluss des Gemeinderates über die Erlassung eines Bebauungsplanes ist innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung, im Falle des §65 Abs2 innerhalb von zwei Wochen nach dem Eintritt der Rechtswirksamkeit des Beschlusses und im Falle des §65 Abs5 zweiter Satz innerhalb von zwei Wochen nach dem Vorliegen der aufsichtsbehördlichen Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch öffentlichen Anschlag während zweier Wochen kundzumachen. Das örtliche Raumordnungskonzept, der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne treten mit dem Ablauf der Kundmachungsfrist in Kraft. Eine allfällige Kundmachung nach §60 Abs1 oder 2 der Tiroler Gemeindeordnung 2001, LGBl Nr 36, in der jeweils geltenden Fassung bewirkt nicht das In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes.
[…]
(3) Das örtliche Raumordnungskonzept, der Flächenwidmungsplan und die Bebauungspläne sind im Gemeindeamt zur allgemeinen Einsicht während der Amtsstunden aufzulegen.
(4) Die Bebauungspläne sind nach ihrem In-Kraft- Treten unverzüglich der Landesregierung mitzuteilen.
[…]
§107
Örtliche Raumordnungskonzepte, bestehende Flächenwidmungspläne, anhängige Verfahren
(1) Jede Gemeinde hat bis zum 31. Dezember 2000 […] ein örtliches Raumordnungskonzept zu beschließen und der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorzulegen. Jede Gemeinde hat weiters innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes den Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder den bestehenden Flächenwidmungsplan zu ändern, soweit dies zur Vermeidung von Widersprüchen zu den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz und zu den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes erforderlich ist. […]
[…]
§112
Bebauungspläne
(1) Die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestehenden Bebauungspläne nach §18 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 dürfen nicht mehr geändert werden. Sie treten mit der Erlassung des allgemeinen Bebauungsplanes für die betreffenden Grundflächen, spätestens jedoch drei Jahre nach dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach §107 Abs1 zweiter Satz, außer Kraft. Bis dahin ist auf die Festlegungen solcher Bebauungspläne, soweit sie nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes stehen, im Bauverfahren Bedacht zu nehmen.
[…]
(3) Festlegungen über Geschossflächendichten und über die Anzahl der Vollgeschosse, die am 30. September 2001 bestanden haben oder die bis zu diesem Zeitpunkt beschlossen worden sind, bleiben weiterhin aufrecht. §61 und §62 Abs1 dieses Gesetzes in der Fassung LGBl Nr 10/1997 und des Gesetzes LGBl Nr 21/1998 sind darauf weiter anzuwenden. Solche Festlegungen treten spätestens am 31. Dezember 2010 außer Kraft.
[…]"
3. Die §§54, 56, 57 und 117 des geltenden Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 (TROG2011), LGBl 56 (einer neuerlichen Wiederverlautbarung des seinerzeitigen TROG1997), lauten auszugsweise:
"4. Abschnitt
Bebauungspläne
§54
Bebauungspläne
(1) In den Bebauungsplänen sind unter Berücksichtigung der Ziele der örtlichen Raumordnung, des örtlichen Raumordnungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Ergebnisse der Bestandsaufnahme die verkehrsmäßige Erschließung und die Art der Bebauung des Baulandes, von Sonderflächen und von Vorbehaltsflächen festzulegen. Die Bebauungspläne mit Ausnahme der ergänzenden Bebauungspläne (Abs8) sind möglichst für größere funktional zusammenhängende Gebiete zu erlassen.
[…]
(8) Im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise (§60 Abs4) ist zusätzlich zum Bebauungsplan ein ergänzender Bebauungsplan zu erlassen.
[…]
§56
Inhalte
(1) Im Bebauungsplan sind hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien (§58) und hinsichtlich der Bebauung die Baufluchtlinien (§59 Abs1 und 2), die Bauweisen (§60), die Mindestbaudichten (§61) und die Bauhöhen (§62 Abs1 bis 6) festzulegen.
[…]
§57
Änderung und Außerkrafttreten von Bebauungsplänen
(1) Bebauungspläne sind zu ändern, soweit dies
a) aufgrund einer Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes oder des Flächenwidmungsplanes,
b) aufgrund von Raumordnungsprogrammen oder anderen vorrangigen raumbedeutsamen Planungen oder Maßnahmen des Landes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen oder
c) aufgrund der verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung raumbedeutsamer Planungen oder Maßnahmen des Bundes zur Vermeidung von Planungswidersprüchen
erforderlich ist.
(2) Bebauungspläne dürfen geändert werden, wenn die Änderung im Hinblick auf eine den Zielen der örtlichen Raumordnung und dem örtlichen Raumordnungskonzept entsprechende weitere verkehrsmäßige Erschließung und bauliche Entwicklung der Gemeinde vorteilhaft ist.
(3) Wird in einem Bebauungsplan statt einer besonderen Bauweise eine andere Bauweise festgelegt, so tritt ein allfälliger ergänzender Bebauungsplan außer Kraft.
(4) Wird eine als Bauland, als Sonderfläche oder als Vorbehaltsfläche gewidmete Grundfläche als Freiland gewidmet oder wird eine solche Widmung vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, so treten außer in den im örtlichen Raumordnungskonzept nach §31 Abs5 festgelegten Gebieten allfällige Bebauungspläne hinsichtlich dieser Grundflächen außer Kraft. Das Außerkrafttreten ist am betreffenden Bebauungsplan ersichtlich zu machen.
[…]
§117
Bebauungspläne
[…]
(7) Die am 30. Juni 2011 bestehenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungspläne bleiben aufrecht. Sie gelten als Bebauungspläne im Sinn des §54. Desgleichen bleiben zu diesem Zeitpunkt bestehende allgemeine Bebauungspläne, zu denen ein ergänzender Bebauungsplan nicht besteht, aufrecht. Sie sind, sofern an deren Stelle nicht Bebauungspläne im Sinn des §54 erlassen werden, spätestens bis zum 31. Dezember 2015 um die fehlenden Festlegungen nach §56 Abs1 zu ergänzen. Anderenfalls treten sie mit dem Ablauf dieser Frist außer Kraft. Ergänzte allgemeine Bebauungspläne gelten als Bebauungspläne im Sinn des §54."
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die – zulässige – Beschwerde erwogen:
1. Soweit die Beschwerdeführer rügen, dass die Bestimmungen des Gesamtbebauungsplanes für den Abschnitt Gärberbach für das Baugrundstück Nr 242/4, KG Mutters, gesetzwidrig seien, kann auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2013, V3/2010, verwiesen werden. Der Verfassungsgerichtshof hat sich darin auf Grund eines (Individual-)Antrags der Beschwerdeführer auf Aufhebung von Bestimmungen des Gesamtbebauungsplanes der Gemeinde Mutters für das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Nachbargrundstück Nr 242/3, KG Mutters, auch mit den Bestimmungen des Gesamtbebauungsplanes für das Baugrundstück auseinandergesetzt, weil die Beschwerdeführer (bzw. Antragsteller im Verfahren V3/2010) die unterschiedlichen Festlegungen für diese beiden Grundstücke als gesetzwidrig erachteten:
Der Verfassungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis ausgesprochen, dass dem Gesamtbebauungsplan – wie sich aus den Akten ergibt und wie es auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof bestätigt wurde – eine nachvollziehbare, ordnungsgemäße und sachliche Gesamtplanung der Gemeinde für das Gebiet zugrunde liegt, in welchem sich unter anderem die Grundstücke Nr 242/3 und 242/4 befinden. Die unterschiedlichen Festlegungen im Gesamtbebauungsplan für das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Nachbargrundstück gegenüber dem angrenzenden Baugrundstück haben ihren Grund in der unterschiedlichen Bebaubarkeit der beiden Grundstücke und der unterschiedlichen Zufahrtsmöglichkeit zu den beiden Grundstücken. Wie auch die mündliche Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof unbestrittenermaßen ergeben hat, haben die Festlegungen im Gesamtbebauungsplan für das Baugrundstück nicht zum Ziel, den dort bestehenden, nicht konsensgemäß errichteten Bau in dieser Form zu sanieren. Dies erweist sich daraus, dass dieser konsenswidrige Bau auf Grund des Gesamtbebauungsplanes – wie insbesondere die mündliche Verhandlung unstrittig ergeben hat – rückgebaut werden muss. Die Festlegungen des Gesamtbebauungsplanes sowohl für das Nachbargrundstück Nr 242/3 als auch für das Baugrundstück 242/4 ermöglichen im Übrigen eine Bebauung, welche sich unbedenklich in die für das Gesamtgebiet festgelegte Planung einbettet.
2. Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, dass die belangte Behörde sie bei Erlassung des angefochtenen Bescheids in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG verletzt habe.
2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnten die Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie den bei ihr angefochtenen Bescheid des Gemeindevorstands der Gemeinde Mutters bestätigte. Ob die von den Beschwerdeführern gerügten Vollzugsfehler der Gemeindebehörden (insbesondere keine ausreichende Ermittlungstätigkeit vor allem zum Urgelände, keine Ermittlungen zum Grenzverlauf zwischen dem Baugrundstück und dem im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden angrenzenden Grundstück, Nichtaufnahme bestimmter Beweise, unrichtige Beweiswürdigung, unrichtige oder unvollständige Gutachten, Verletzung des Parteiengehörs) genauso wie die Befangenheit von bestimmten Gemeindeorgangen tatsächlich vorliegen und dementsprechend von der belangten Vorstellungsbehörde aufzugreifen gewesen wären, betrifft nur Fragen der richtigen Handhabung des einfachen Gesetzes, zu deren Beantwortung der Verfassungsgerichtshof nicht zuständig ist.
2.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).
Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird auch dann verletzt, wenn die Gemeindeaufsichtsbehörde im Vorstellungsbescheid die Nichtzuständigkeit der Gemeindebehörde nicht wahrgenommen hat (VfSlg 10.347/1985, 11.017/1986).
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, dass die drei baurechtlichen "Sanierungsverfahren" rechtlich nicht als unterschiedliche "Sanierungsverfahren" angesehen werden könnten und daher die Gemeindebehörden im dritten Bauverfahren, welches Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, zur Entscheidung über das Ansuchen der beteiligten Partei auf Erteilung der Baubewilligung wegen entschiedener Sache nicht mehr zuständig gewesen seien.
Auch in dieser Hinsicht kann der Verfassungsgerichtshof der belangten Vorstellungsbehörde nicht entgegentreten, wenn sie den bei ihr angefochtenen Bescheid des Gemeindevorstands der Gemeinde Mutters nicht wegen Vorliegens von entschiedener Sache aufhob. In diesem Zusammenhang ist zum einen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 24. August 2011, 2011/06/0090, zu verweisen, aus dem hervorgeht, dass sich gegenüber den vorhergehenden Verfahren die Sachlage geändert hatte (weswegen der vorher ergangene Berufungsbescheid des Gemeindevorstands der Gemeinde Mutters keine Bindungswirkung entfalten könne). Schon daraus kann erschlossen werden, dass infolge des geänderten Sachverhaltes keine res iudicata vorliegt. Ob die belangte Behörde dies allerdings in jeder Hinsicht richtig beurteilt hat, wird nicht vom Verfassungsgerichtshof, sondern nur vom Verwaltungsgerichtshof entschieden.
IV. Ergebnis
1. Die behauptete Verletzung der Beschwerdeführer in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG hat ebensowenig stattgefunden wie eine Rechtsverletzung wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung.
2. Die Beschwerde ist daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
3. Über die von den Beschwerdeführern gegebenenfalls zu erstattenden Kosten wird in einem gesonderten Beschluss entschieden.
Schlagworte
Baurecht, Baubewilligung, Raumordnung, Bebauungsplan, Schwarzbauten, res iudicataEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:B265.2012Zuletzt aktualisiert am
29.12.2014