RS Vfgh 2013/12/5 B572/2013

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Veröffentlicht am 05.12.2013
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Index

72/02 Studienrecht allgemein

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Privatwirtschaftsakt
Fachhochschul-StudienG §2 Abs1, §10 Abs3, Abs6, §18 Abs4

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde eines ehemaligen Studierenden an einer Fachhochschule gegen ein E-Mail betreffend die Verweigerung der beantragten Wiederholung eines Studienjahres mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstandes; keine hoheitliche Befugnis zu bescheidförmiger Entscheidung der - als juristische Person des privaten Rechts eingerichteten - Fachhochschule

Rechtssatz

Bei der Fachhochschule St. Pölten GmbH handelt es sich um eine juristische Person des privaten Rechts, die iSd §2 Abs1 Satz 2 Fachhochschul-StudienG (im Folgenden: FHStG) als Erhalter von Fachhochschul-Studiengängen auf Grund einer Akkreditierung gemäß §8 FHStG fungiert. Eine organisatorische Einbindung in die Verwaltung des Bundes oder eines Landes liegt nicht vor. Das Gesetz müsste dem Kollegium der Fachhochschule St. Pölten durch §10 Abs3 Z11 iVm §10 Abs6 FHStG hoheitliche Entscheidungsbefugnisse und damit funktionell Behördenqualität übertragen, soll eine notwendige Voraussetzung vorliegen, um das hier angefochtene E-Mail als Bescheid deuten zu können.

Das Rechtsverhältnis zwischen dem Fachhochschulerhalter und dem Studierenden ist, wie der Ausbildungsvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der Fachhochschule St. Pölten GmbH zeigt, grundsätzlich privatrechtlich ausgestaltet. Das liegt insbesondere bei Fachhochschulerhaltern iSd §2 Abs1 Satz 2 FHStG - juristischen Personen des privaten Rechts - auch vom Gesetz her nahe. Aber auch insbesondere für Gebietskörperschaften und allgemein für juristische Personen des öffentlichen Rechts iSd §2 Abs1 Satz 1 FHStG als Fachhochschulerhalter ist das Gesetz nicht anders zu deuten.

Das FHStG regelt den Fachhochschulsektor einheitlich und ohne in den weiteren Regelungen des FHStG zwischen öffentlich rechtlicher oder privatrechtlicher Trägerschaft von Fachhochschulen zu unterscheiden, womit das Gesetz auch eine einheitliche - eben privatrechtliche - Tätigkeit der Fachhochschulerhalter und dementsprechend privatrechtliche Rechtsverhältnisse zu den Studierenden vorsieht.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz müsste sich mit hinreichender Deutlichkeit aus konkreten Regelungen des FHStG ergeben. Dies mag - was von ihrer Intention her auch die Erläuterungen zu dieser Bestimmung nahelegen und wofür die Funktion insbesondere von akademischen Graden und deren Widerruf sowie von Nostrifizierungen ausländischer akademischer Grade, auch gegenüber Dritten Rechtswirkungen zu entfalten, sprechen würde - für §10 Abs3 Z9 iVm §10 Abs6 Satz 1 FHStG gelten. Für die hier in Rede stehende Regelung von Prüfungsmodalitäten einschließlich der Wiederholung von Prüfungen liegen aber vergleichbare Argumente dafür, §10 Abs3 Z11 iVm §10 Abs6 Satz 2 FHStG eine Einräumung hoheitlicher Befugnisse zu bescheidförmiger Entscheidung zu entnehmen, nicht vor. Das "Prüfungsrechtsverhältnis" kann einschließlich eines fachhochschulinternen Verfahrens zur Regelung von Streitigkeiten funktional äquivalent privatrechtlich wie öffentlich rechtlich/hoheitlich geregelt werden.

Für die hier in Rede stehenden Entscheidungen des Kollegiums der Fachhochschule über Beschwerden gegen Entscheidungen der Studiengangsleitung in Studien-, insbesondere Prüfungsangelegenheiten vermeidet eine Deutung dieser Zuständigkeiten als privatrechtliches Streitentscheidungsverfahren aus dem privatrechtlichen Ausbildungsverhältnis auf Grund des Ausbildungsvertrags auch Folgeprobleme etwa, wie das Verfahren zur Erlassung derartiger behördlicher Entscheidungen geregelt wäre, und vermeidet auch mögliche Spannungsfelder zu den Anforderungen, die sich bei Annahme einer Übertragung von behördlichen Befugnissen auf Organe einer privatrechtlichen GmbH aus Art20 Abs1 und Abs2 B-VG ergeben würden.

Den gebotenen Rechtsschutz gewährleisten bei Streitigkeiten aus dem privatrechtlichen Ausbildungsverhältnis die ordentlichen Gerichte.

Entscheidungstexte

  • B572/2013
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 05.12.2013 B572/2013

Schlagworte

Hochschulen, Bescheidbegriff, Hoheitsverwaltung, Privatwirtschaftsverwaltung, Rechtsschutz, VfGH / Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:B572.2013

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2014
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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