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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des H K in W, vertreten durch Emberger Rechtsanwälte GmbH & Co. KG in 1010 Wien, Plankengasse 2, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 6. Juli 2011, Zl. BOB- 300/10, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Durchführung einer Augenscheinsverhandlung am 10. Mai 2010 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung (MA) 37, mit Bescheid vom 21. Mai 2010 gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien (BO) dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Baulichkeiten auf einer näher genannten Liegenschaft (auszugsweise) nachstehenden Auftrag:
"1.) Das im Vorgartenbereich … errichtete Nebengebäude, welches eine Größe von ca. 2,40 m x 2,40 m mit einer Höhe von ca. 2,10 m (Firsthöhe von ca. 2,50 m) hat, ist entfernen zu lassen.
2.) Die ca. 38 m2 große Plexiglasabdeckung über dem mit Bescheid vom 5. Mai 1978, …. bewilligten Schwimmbecken, ist entfernen zu lassen.
3.) Die auf dem, mit Bescheid vom 5. Mai 1978, …. bewilligten Nebengebäude hergestellte Terrassenkonstruktion ist abtragen zu lassen.
4.) Die im Anschluss an das Nebengebäude betonierte ca. 30 m2 große Terrasse mit Steinplattenbelag - welche die in Pkt. 3 genannte Terrasse fortführt - ist abtragen zu lassen.
5.) Das ca. 25 m2 große Flugdach, welches auf der im Pkt. 4. betonierten Terrasse mit Steinplattenbelag errichtet worden ist, ist abtragen zu lassen."
Begründend führte die erstinstanzliche Baubehörde zur unter Spruchpunkt 1.) angesprochenen Gerätehütte im Wesentlichen aus, dass gemäß § 79 BO der Vorgarten frei zu bleiben sowie gärtnerisch zu gestalten sei und gemäß § 82 Abs. 3 BO Nebengebäude im Vorgarten definitiv unzulässig seien. Die (an der höchsten Stelle) ca. 1,60 m hohe, ca. 4,50 m breite und ca. 8,50 m lange halbrunde Schwimmbadabdeckung aus Plexiglas (Spruchpunkt 2.) sei auf Grund ihrer Ausmaße (deren Begehbarkeit sowie Raumbildung) als Nebengebäude zu betrachten. Das Pultdach des bewilligten Nebengebäudes (Spruchpunkt 3.) sei ohne die gemäß § 60 Abs. 1 BO notwendige Bewilligung neu und in abgeänderter Form hergestellt und nunmehr als Terrasse ausgeführt worden. Hinsichtlich des Flugdaches (Spruchpunkt 5.) führte sie weiters aus, dass es nicht auf einer unmittelbar bebaubaren Fläche errichtet worden und daher § 62a Abs. 1 Z 13 BO nicht anwendbar sei, weshalb das Flugdach ohne die hierfür erforderliche Bewilligung gemäß § 60 Abs. 1 lit b BO hergestellt worden sei und darüber hinaus auch die Bestimmungen des § 82 BO nicht einhalte.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 1.) geltend, dass die angesprochene Gerätehütte seit jeher im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. X, eingetragen sei und daher als Konsens gelte. Die verschiebbare Plexiglas-Abdeckung (Spruchpunkt 2.), für die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung keine Baubewilligung notwendig gewesen sei, sei demontabel und nicht als fixer Bauteil anzusehen. Das Pultdach (Spruchpunkt 3.) sei abgemorscht gewesen und lediglich als festes Dach renoviert und mit einer Absturzsicherung ausgestattet worden. Zum unter Spruchpunkt 5.) behandelten Flugdach brachte der Beschwerdeführer vor, dass am 27. Oktober 2008 bei der MA 21 ein Ansuchen um eine Neuwidmung dieser Liegenschaft gestellt worden sei, damit für diesen Bereich eine geringe Bebauungsmöglichkeit geschaffen werden könne.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in ihrem ersten Spruchteil die Berufung gegen die für das weitere Verfahren wesentlichen Spruchpunkte 1.) bis 3.) und 5.) gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Spruchpunkt 4.) des erstinstanzlichen Bescheides wurde mit dem zweiten Spruchteil aufgehoben.
In ihrer Begründung hielt die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass die Gerätehütte als bewilligungs- und anzeigefreies Bauvorhaben iSd § 62a Abs. 1 Z 5 BO gemäß § 62a Abs. 3 BO dennoch den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften entsprechen müsse. Da die Gerätehütte in einem durch Ausweisung einer Fluchtlinie in dem geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. X, festgesetzten Vorgarten und somit in einer gemäß § 79 Abs. 1 BO freizuhaltenden Fläche (Verweis auf § 82 Abs. 3 und 4 BO) errichtet worden sei, entspreche sie nicht den Bebauungsbestimmungen.
Wie den im Akt einliegenden Fotos zu entnehmen sei, weise der immer fix bestehen bleibende Teil der Schwimmbadabdeckung an seiner Stirnseite eine vertikale gänzlich geschlossene Wand mit Türe auf, an seinen Fußenden der halbrunden Abdeckung verbleibe ebenfalls keine Öffnung zum Boden, wodurch zweifelsfrei mehr als die Hälfte der ständig überdeckten Fläche als von Wänden umfasst anzusehen sei und daher ein Raum iSd § 60 Abs. 1 lit a BO vorliege, zu dessen Herstellung eine Bewilligung der Baubehörde notwendig sei. Die ein gegen außen baulich geschlossenes raumbildendes Volumen aufweisende Schwimmbadabdeckung sei als Nebengebäude anzusehen, das aber zur Baulinie lediglich einen Abstand von 3,30 m aufweise und somit - zumal es auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche liege - den nach § 82 Abs. 4 BO vorgeschriebenen Mindestabstand zum Vorgarten nicht einhalte.
Zur Terrassenkonstruktion sei auszuführen, dass das mit Bescheid vom 5. Mai 1978 bewilligte Nebengebäude an seiner dem Schwimmbecken zugewandten Front über seiner gesamte Höhe und auf seiner gesamten Länge oberirdisch in Erscheinung trete, weshalb es nicht als unterirdisches Gebäude angesehen werden könne. Die abweichend vom bewilligten Pultdach hergestellte Flachdachkonstruktion mit Absturzsicherung und Terrassenbelag stelle eine Abänderung eines bewilligten Bauwerkes dar, die (zumindest) von Einfluss auf dessen äußeres Ansehen sei. Weiters widerspreche die vorliegende Ausgestaltung der Oberfläche des Flachdaches den Vorschriften des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, wonach die Dächer von Nebengebäuden ab einer Fläche von 5 m2 als Gründächer auszugestalten seien.
Auch wenn das Flugdach das in § 62 Abs. 2 Z 13 BO genannte Flächenausmaß nicht überschreite, stelle es kein bewilligungsfreies Bauvorhaben dar, weil es im gärtnerisch auszugestaltenden Bereich des Bauplatzes errichtet worden sei. Angemerkt werde, dass durch das Flugdach mit einer Größe von 24 m2 gemeinsam mit dem bestehenden Nebengebäude mit einer bebauten Fläche von 10,5 m2 das nach dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan zulässige Ausmaß der mit Nebengebäuden bebauten Fläche um 4,50 m2 überschritten werde. Angemerkt werde abschließend, dass ein anhängiges Ansuchen um Widmungsänderung ebenso wenig wie ein anhängiges Baubewilligungsverfahren die Zulässigkeit und Rechtmäßigkeit der Erlassung eines Bauauftrages für vorschriftswidrige Bauwerke hindere.
Zu der - erkennbar nur gegen den ersten Spruchteil gerichteten - gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Nach dem maßgebenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. X, ist die Widmung Wohngebiet, Bauklasse I und die offene oder gekuppelte Bauweise festgesetzt. Dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ist weiters (auszugsweise) Folgendes zu entnehmen:
"1. Die roten Planzeichen gelten als neu festgesetzt. Für die rechtliche Bedeutung der roten Planzeichen ist die beiliegende 'Zeichenerklärung für den Flächenwidmungsplan' (§§ 4 und 5 der BO für Wien) vom 1. Oktober 2001 maßgebend, die einen Bestandteil dieses Beschlusses bildet.
…
3. Bestimmungen gemäß § 5 Abs. 4 der BO für Wien für das gesamte Plangebiet, ohne Plandarstellung:
…
3.3. Nicht bebaute, jedoch bebaubare Baulandflächen sind gärtnerisch auszugestalten.
…
3.5. Die mit Nebengebäuden bebaute Grundfläche darf höchstens 30 m2 je Bauplatz betragen. Die Dächer dieser Nebengebäude sind ab einer Größe von 5 m2 entsprechend dem Stand der Technik als begrünte Flachdächer auszubilden, sofern es sich nicht um Wintergärten mit Glasdachkonstruktion handelt. Technische bzw. der Belichtung dienende Aufbauten sind im erforderlichen Ausmaß zulässig.
…
3.7. Für Gebäude bis zu einer Gebäudehöhe von 7,5 m wird bestimmt, dass bei der Errichtung von Flachdächern bis zu einer Dachneigung von 5 Grad diese entsprechend dem Stand der Technik als begrünte Flachdächer auszubilden sind, sofern es sich nicht um Glasdächer handelt. …"
1.2. Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen der Bauordnung für Wien idF LGBl. Nr. 46/2010 (BO) lauten (auszugsweise):
"7. Teil
Formelle Erfordernisse bei Bauvorhaben
Ansuchen um Baubewilligung
§ 60. (1) Bei folgenden Bauvorhaben ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken:
a) Neu-, Zu- und Umbauten. Unter Neubau ist die Errichtung neuer Gebäude zu verstehen; ein solcher liegt auch vor, wenn nach Abtragung bestehender Bauwerke die Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Ein einzelnes Gebäude ist ein raumbildendes Bauwerk, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist, ausgenommen die zulässige Bebauung von Teilen des öffentlichen Gutes. … Ein Raum liegt vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist; ein Aufenthaltsraum muss allseits umschlossen sein. Flugdächer mit einer bebauten Fläche von mehr als 25 m2 oder einer lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von mehr als 2,50 m gelten als Gebäude. …
b) Die Errichtung aller sonstigen Bauwerke über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden.
c) Änderungen oder Instandsetzungen von Bauwerken, wenn diese von Einfluss auf die Festigkeit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Feuersicherheit oder auf die subjektivöffentlichen Rechte der Nachbarn sind oder durch sie das äußere Ansehen oder die Raumeinteilung geändert wird, sowie jede Änderung der bewilligten Raumwidmungen oder des bewilligten Fassungsraumes eines Bauwerks; …
(2) Für die Beurteilung als Bauwerk ist es ohne Belang, auf welche Dauer sie errichtet wird und ob sie im Grunde verankert oder mit dem Grund nur durch ihr Gewicht verbunden ist.
…
Bewilligungsfreie Bauvorhaben
§ 62a. (1) Bei folgenden Bauführungen ist weder eine Baubewilligung noch eine Bauanzeige erforderlich:
1. die nicht unter §§ 60, 61 und 62 fallenden Bauvorhaben,
…
4. Badehütten auf bewilligten Trennstücken im Erholungsgebiet - Grundflächen für Badehütten;
5. Gartenhäuschen, Lauben, Saletteln, Geräte- und Werkzeughütten und dergleichen mit einer Grundfläche von höchstens 12 m2 und einer Gebäudehöhe beziehungsweise lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von höchstens 2,50 m im Bauland, auf Grundflächen für Badehütten und im Erholungsgebiet - Sport- und Spielplätze;
…
13. Flugdächer mit einer bebauten Fläche von höchstens 25 m2 und einer lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von höchstens 2,50 m auf unmittelbar bebaubaren Flächen, ausgenommen in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre;
14. Pergolen;
…
22. Schwimmbecken mit einem Abstand von mindestens 3 m von Nachbargrenzen bis zu einem Ausmaß von 50 m3 Rauminhalt im Bauland;
…
(3) Anlagen nach Abs. 1 müssen den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften entsprechen und sind andernfalls zu beseitigen; gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge gemäß § 129 Abs. 10 erteilen. Solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.
(3a) In sachlich begründeten Ausnahmefällen kann die Behörde über Antrag für Anlagen nach Abs. 1, die den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften nicht voll entsprechen, eine Bewilligung nach § 71 erteilen.
…
8. Teil
Bauliche Ausnützbarkeit der Bauplätze
Vorgärten, Abstandsflächen und gärtnerisch auszugestaltende
Flächen
§ 79. (1) Der Vorgarten ist der an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie gelegene Grundstreifen, der frei bleibt, wenn durch den Bebauungsplan das Anbauen eines Gebäudes an diesen Fluchtlinien untersagt ist. Seine Tiefe beträgt 5 m, soweit im Bebauungsplan durch Fluchtlinien nicht eine andere Tiefe festgesetzt wird.
…
Bebaute Fläche
§ 80. Als bebaute Fläche gilt die senkrechte Projektion des Gebäudes einschließlich aller raumbildenden oder raumergänzenden Vorbauten auf eine waagrechte Ebene; als raumbildend oder raumergänzend sind jene Bauteile anzusehen, die allseits baulich umschlossen sind oder bei denen die bauliche Umschließung an nur einer Seite fehlt. Unterirdische Gebäude oder Gebäudeteile bleiben bei der Ermittlung der bebauten Fläche außer Betracht.
…
Nebengebäude
§ 82. (1) Nebengebäude sind Gebäude oder gesondert in Erscheinung tretende Teile eines Gebäudes, wenn sie nicht mehr als ein über dem anschließenden Gelände liegendes Geschoß aufweisen, keine Aufenthaltsräume enthalten und eine bebaute Grundfläche von nicht mehr als 100 m2, in Gartensiedlungsgebieten von nicht mehr als 5 m2 haben.
(2) Die Errichtung eines Nebengebäudes setzt das Vorhandensein oder das gleichzeitige Errichten eines Hauptgebäudes voraus. Die Fläche aller Nebengebäude auf demselben Bauplatz darf nicht mehr als ein Zehntel seiner Fläche betragen.
(3) Nebengebäude dürfen auf allen kraft des Bebauungsplanes unbebaut zu belassenden Flächen des Bauplatzes errichtet werden, wenn für diese Flächen nicht die gärtnerische Ausgestaltung gemäß § 5 Abs. 4 lit. p angeordnet ist. In Vorgärten und auf Abstandsflächen sind Nebengebäude unbeschadet des Abs. 4 und der Bestimmungen über die Errichtung von Garagen unzulässig.
(4) Beträgt die Gebäudehöhe von Nebengebäuden nicht mehr als 2,50 m und die Firsthöhe nicht mehr als 3,50 m und werden sie in einer Tiefe von mindestens 10 m ab der Vorgartentiefe errichtet, dürfen sie auch auf den kraft Gesetzes oder des Bebauungsplanes ansonsten unbebaut zu belassenden Flächen des Bauplatzes errichtet werden; die Anordnung der gärtnerischen Ausgestaltung von Grundflächen nach § 5 Abs. 4 lit. p steht dem nicht entgegen.
(5) Die durch Nebengebäude in Anspruch genommene Grundfläche ist auf die nach den gesetzlichen Ausnutzbarkeitsbestimmungen bebaubare Fläche und die die nach § 5 Abs. 4 lit. d durch den Bebauungsplan beschränkte bebaubare Fläche des Bauplatzes anzurechnen. Im Gartensiedlungsgebiet ist die mit einem Nebengebäude bebaute Grundfläche auf die Ausnutzbarkeitsbestimmungen eines Bauloses dann anzurechnen, wenn die bebaubare Fläche im Bebauungsplan mit mindestens 100 m2 festgesetzt ist.
(6) Den Bestimmungen der Abs. 2 bis 5 unterliegen auch Flugdächer jeder Größe.
…
Benützung und Erhaltung der Gebäude; vorschriftswidrige Bauwerke
§ 129. (1) …
(10) Jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften ist zu beheben. Ein vorschriftswidriges Bauwerk, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt oder eine Bauanzeige nicht rechtswirksam (§ 62 Abs. 6) erstattet wurde, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht. Aufträge sind an den Eigentümer (jeden Miteigentümer) des Bauwerkes zu richten; …"
1.3. Vorschriftswidrig im Sinne des § 129 Abs. 10 BO ist ein Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung ein baubehördlicher Konsens erforderlich war und weiterhin erforderlich ist, für den aber ein solcher Konsens nicht vorliegt. Bei Abweichungen von den Bauvorschriften können nach § 129 Abs. 10 BO Bauaufträge sowohl für bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige als auch bewilligungsfreie Bauvorhaben erteilt werden. Der Grund für die Abweichung von der Bewilligung ist unerheblich. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit der vorgenommenen Abweichungen von der Baubewilligung ist im Auftragsverfahren nach § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen (s. für viele die hg. Erkenntnisse vom 13. November 2012, Zl. 2010/05/0111, und vom 30. April 2013, Zl. 2011/05/0128, mwN)
2. Die Beschwerde ist unbegründet.
2.1. Zur Gerätehütte:
Zutreffend hat die belangte Behörde die Unzulässigkeit der gemäß § 62 Abs. 1 Z 5 BO bewilligungs- und anzeigefreien Gerätehütte als Nebengebäude angenommen und dies gemäß § 79 Abs. 1 iVm § 82 Abs. 3 und 4 BO mit deren Errichtung im - durch den maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplan festgelegten - 5 m tiefen Vorgarten begründet. Dass, nach Auffassung des Beschwerdeführers, das gegenständliche Gartenhäuschen im relevanten Flächenwidmungs- und Bebauungsplan schwarz umrandet eingezeichnet sei und diese Fläche somit iSd § 5 Abs. 1 BO unmittelbar bebaut werden dürfe, weil sie als Bauland gelte, vermag daran nichts zu ändern. Laut Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, Plandokument Nr. X, wurden nämlich nur die in roter Farbe dargestellten Plan- und Schriftzeichen neu festgesetzt und es kommt daher nur diesen rechtliche Bedeutung zu. Folglich wurde im Plandokument die bebaubare Fläche mit roter unterbrochener (Bauflucht)Linie dargestellt, während die rote durchgängige Linie die Straßenfluchtlinie festlegt; die Fläche zwischen diesen beiden Linien bildet schließlich den 5 m tiefen Vorgarten.
2.2. Zur Schwimmbeckenabdeckung:
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde gegen die Annahme der belangten Behörde, die Schwimmbadabdeckung sei als Gebäude zu verstehen und als Neubau iSd § 60 Abs. 1 lit a BO zu beurteilen, und bringt vor, dass der Verwaltungsgerichtshof als eine Voraussetzung für das Vorliegen eines Gebäudes ein Bauwerk definiere, also auf die Regeln der Baukunst abstelle. Dies treffe hier weder zu, noch habe es die belangte Behörde aufgezeigt. Weiters zeige die belangte Behörde nicht auf, dass zur Herstellung der Schwimmbadabdeckung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich gewesen und die Abdeckung mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht sei. Dazu komme, dass die Schwimmbadabdeckung teleskopartig eingezogen werden könne, weshalb sie jederzeit auf ein Viertel reduziert werden könne, wodurch eine Seite freiliege und eine Begrenzung zum Schwimmbecken überhaupt nicht bestehe.
Gemäß § 60 Abs. 1 lit a BO ist ein Gebäude eine raumbildende bauliche Anlage, die in ihrer Bausubstanz eine körperliche Einheit bildet und nicht durch Grenzen eines Bauplatzes oder eines Bauloses oder durch Eigentumsgrenzen geteilt ist. Ein Raum liegt nach dieser Bestimmung vor, wenn eine Fläche zumindest zur Hälfte ihres Umfanges von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen ist.
Nach den weitgehend unbestrittenen Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde sowie den im Akt einliegenden Fotos ist der halbrunde teleskopartig eingezogene Teil der Schwimmbadabdeckung an drei der vier Seiten von Wänden umschlossen und von einer Deckfläche abgeschlossen. Die mit einer Tür versehene Stirnseite der Abdeckung reicht, wie die übrigen drei Seitenwände, bis zum Schwimmbeckenrand, an dieser Seite besteht somit eine Öffnung bis zum Schwimmbeckenboden. Jener Teil der Schwimmbeckenfläche ist daher "zumindest zur Hälfte seines Umfanges durch Wände" umschlossen, die bauliche Anlage daher raumbildend und die rechtliche Qualifikation als Neubau iSd § 60 Abs. 1 lit a BO demnach zutreffend.
Sofern der Beschwerdeführer zusammengefasst vorbringt, das Schwimmbecken mit der Schwimmbadabdeckung sei nicht begehbar, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt. Ein Raum liegt etwa auch dann vor, wenn eine raumbildende bauliche Anlage nach ihrer Fertigstellung mit Material aufgefüllt wird, das jederzeit entfernt werden kann, ohne dass in die Bausubstanz eingegriffen wird (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 2001, Zl. 2000/05/0234, und vom 20. Juli 2004, Zl. 2003/05/0215).
Die vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gewünschte analoge Anwendung des § 62a Abs. 1 Z 4, 5 und 14 BO muss abgelehnt werden, hat der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 62a Abs. 1 Z 2 BO doch auch Schwimmbecken bis zu einem Ausmaß von 50 m2 Rauminhalt erfasst, eine solche Freistellung bezüglich Schwimmbadabdeckungen hingegen unterlassen. Eine planwidrige durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke ist somit nicht zu erkennen.
Die Bewilligungsfähigkeit ist im Übrigen nach der zitierten hg. Judikatur im Bauauftragsverfahren nicht zu prüfen.
2.3. Zur Terrassenkonstruktion:
Die belangte Behörde stützte die Bewilligungspflicht der vom erstinstanzlichen Bescheid in Spruchpunkt 3.) erfassten Maßnahme auf § 60 Abs. 1 lit. c BO, weil diese Abänderung des mit Bescheid vom 5. Mai 1978 bewilligten Gebäudes von Einfluss auf dessen äußeres Ansehen sei.
Damit ist die belangte Behörde im Recht, hat der Verwaltungsgerichtshof doch schon in seinem Erkenntnis vom 4. März 2008, Zl. 2007/05/0092, im Hinblick auf die Ausgestaltung eines Flachdaches mit Waschbetonplatten, Geländern und der Errichtung einer Verbindungsstiege aus verzinktem Stahl, angenommen, dass durch jede einzelne dieser Maßnahmen das äußere Ansehen des Gebäudes geändert wird und diese daher nach § 60 Abs. 1 lit. c BO bewilligungspflichtig sind. Davon ausgehend muss auch die abweichend vom bewilligten Pultdach hergestellte Flachdachkonstruktion mit Absturzsicherung aus Glas und Terrassenbelag als der Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO unterliegend angesehen werden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist diese Beurteilung aber unabhängig davon zu treffen, ob der geänderte Gebäudeteil von außen einsehbar ist oder nicht bzw. welchem Zweck die getroffene Maßnahme dient (s. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 4. März 2008, Zl. 2007/05/0092, und vom 23. Juli 2013, Zl. 2010/05/0089, mwN).
Bei der Beurteilung der Frage, ob und welche Bauteile als "unterirdisch" iSd § 80 Abs. 1 letzter Satz BO anzusehen sind, kommt es grundsätzlich auf die Sichtbarkeit und Wahrnehmbarkeit an, wobei untergeordnete Bauteile außer Betracht bleiben und die geplanten zulässigen Geländeveränderungen bereits mit zu berücksichtigen sind (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1992, Zl. 89/05/0027, vom 18. November 2003, Zl. 2001/05/0927, und vom 20. Dezember 2005, Zl. 2003/05/0124, sowie Moritz, aaO, S. 235, und Geuder, Bauordnung für Wien, 2013, S. 346).
Wie aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Bildmaterial ersichtlich, tritt das in Rede stehende bewilligte Nebengebäude nicht nur an seiner dem Schwimmbecken zugewandten Front über seiner gesamten Höhe und Länge und mit seiner gesamten Deckfläche, sondern auch (zur Hälfte) mit seinen Seitenwänden oberirdisch in Erscheinung, weshalb es vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur und Literatur trotz seiner Einbettung im abfallenden Gelände gemäß § 80 Abs. 1 BO nicht als unterirdisches Gebäude anzusehen ist und als bebaute Fläche gilt. Daher kann der diesbezüglichen Feststellung im angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten werden.
2.4. Zum Flugdach:
Gemäß § 62a Abs. 1 Z 13 BO ist für Flugdächer dann keine Baubewilligung oder Bauanzeige erforderlich, wenn sie mit einer bebauten Fläche von höchstens 25 m2 und einer lotrecht zur bebauten Fläche gemessenen Höhe von höchstens 2,50 m auf unmittelbar bebaubaren Flächen, ausgenommen in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre, errichtet werden.
2.4.1. Sofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, das Flugdach bestehe über einer Terrasse, welche nach dem Flächenwidmungsplan gerade keine gärtnerisch auszugestaltende Fläche darstelle und deren unmittelbare Bebaubarkeit gegeben sei, verkennt er den Inhalt des maßgeblichen Flächenwidmungs- und Bebauungsplans, Plandokument Nr. X. Das ohne Bewilligung mit einer bebauten Fläche von 24 m2 und einer Höhe von 2,50 m errichtete Flugdach wurde nämlich nicht auf der innerhalb der Baufluchtlinie befindlichen unmittelbar bebaubaren, sondern auf einer mit "G" versehenen und damit der gärtnerischen Ausgestaltung unterliegenden Fläche errichtet; es fällt somit - der Ansicht der belangten Behörde folgend - nicht als bewilligungs- und anzeigefreies Bauvorhaben unter § 62a Abs. 1 Z 13 BO. Dass die darunter liegende Terrasse gemäß § 79 Abs. 6 BO als auf einer gärtnerisch auszugestaltenden Fläche erbaut für zulässig erklärt wurde (vgl. die Ausführungen der belangten Behörde zu Spruchpunkt 4.) des erstinstanzlichen Bescheides), hat keine Auswirkung darauf. Vielmehr unterliegt das gegenständliche Flugdach der Bewilligungspflicht gemäß § 60 Abs. 1 lit. c BO (vgl. hiezu Moritz, Bauordnung für Wien, 4. Auflage, S. 153, wonach kleinere Flugdächer als die in § 60 Abs. 1 lit a BO genannten entweder unter lit b oder unter § 62a Abs. 1 Z 13 BO fallen).
2.4.2. Es trifft zwar zu, dass auf Grund des nunmehrigen Textes des § 129 Abs. 10 BO im Einzelfall ein größerer Spielraum für die Behörde bei der Entscheidung, ob ein Bauauftrag zu erlassen ist, gegeben ist. Allerdings bedarf es für das Unterbleiben eines Auftrages eines sachlichen Grundes, der jedenfalls nicht schon dadurch gegeben ist, dass keine Gefahr in Verzug besteht. Außerdem kann das Unterlassen eines Auftrages kein Dauerzustand sein, sondern es muss sich um Gründe handeln, die ein bloß gewisses Abwarten sachlich rechtfertigen (s. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. September 2013, Zl. 2013/05/0149).
Der bloße Umstand, dass der Eigentümer der Liegenschaft einen Antrag auf Änderung von Flächenwidmungs- und Bebauungsbestimmungen gestellt hat, rechtfertigt nicht den Schluss, dass mit einer gewissen Sicherheit eine Änderung dieser Bestimmungen zu erwarten ist, die den Baubestand sanierbar machen würde. Dieser behauptete Umstand stellt daher keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für ein Unterbleiben des gegenständlichen Bauauftrages dar, zumal selbst die allfällige Einbringung eines Bauansuchens einen Bauauftrag nicht hindern kann, wobei die Frage der Bewilligungsfähigkeit von Abweichungen von einer Baubewilligung im Auftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 BO nicht zu prüfen ist (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 27. September 2013, und Moritz, Bauordnung für Wien4, 2009, S. 324).
Dass die belangte Behörde die Notwendigkeit der Erteilung eines Bauauftrages nicht dargelegt habe, begründet vor dem Hintergrund dieser Judikatur ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 10. Dezember 2013
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2011050130.X00Im RIS seit
27.12.2013Zuletzt aktualisiert am
21.02.2014