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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
StVG §116 Abs4 Satz3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des O in G, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Graz vom 31. Jänner 2012, Zl. Vk 9/12, betreffend Strafvollzug (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Leiters der Justizanstalt G wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer eine Ordnungswidrigkeit nach § 107 Abs. 1 Z. 10 Strafvollzugsgesetz (StVG) begangen habe. Hiefür wurde er mit Geldbuße in der Höhe von EUR 90,-- bestraft und der Verfall näher bezeichneter Gegenstände ausgesprochen. Ferner wurde ihm ein Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von EUR 9,-- auferlegt.
Dem Beschwerdeführer wurde dieses Straferkenntnis am 21. Dezember 2011 mündlich verkündet. Mit Eingabe vom 3. Jänner 2012 begehrte er eine schriftliche Bescheidausfertigung. Eine solche, datiert mit 5. Jänner 2012, wurde ihm am 9. Jänner 2012 zugestellt.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer am 12. Jänner 2012 mit Eingabe seines Verteidigers Beschwerde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Beschwerde gemäß "§§ 120 Abs. 2 StVG" als verspätet zurückgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sein Verlangen auf Bescheidausfolgung erstmals am 3. Jänner 2012, somit nach "der 3-tägigen Frist ab Verkündung" gestellt, sodass die erst am 12. Jänner 2012 eingebrachte Beschwerde seines Verteidigers verspätet sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 Z. 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 116 Abs. 4 StVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 142/2009 hat (im Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten) der Anstaltsleiter oder ein von ihm beauftragter Strafvollzugsbediensteter dem Strafgefangenen ein Straferkenntnis zu verkünden. Zugleich ist der Strafgefangene über die Möglichkeit einer Beschwerde (§ 120) zu belehren. Auf sein Verlangen ist ihm eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen.
Gemäß § 120 Abs. 2 StVG idF BGBl. I Nr. 138/2000 kann eine Beschwerde außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem dem Strafgefangenen der Beschwerdegrund bekanntgeworden ist. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung, so kann sie außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden ist.
Wie die belangte Behörde festgestellt hat, wurde dem Beschwerdeführer (über sein Verlangen) eine schriftliche Ausfertigung des Straferkenntnisses am 9. Jänner 2012 zugestellt. Die vierzehntägige Beschwerdefrist im Sinne des § 120 Abs. 2 StVG endete daher am 23. Jänner 2012.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2005/06/0041, mwN, darlegte, ist in einem Fall, in welchem ein Straferkenntnis mündlich verkündet wurde und in der Folge auch die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses erfolgt, für den Beginn des Laufes der Beschwerdefrist die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Straferkenntnisses maßgeblich. Auf dieses Erkenntnis (und die darin angeführte Judikatur) wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die am 12. Jänner 2012 und damit innerhalb der vierzehntägigen Frist des § 120 Abs. 2 StVG erhobene Beschwerde rechtzeitig war.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 21. November 2013
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2012010056.X00Im RIS seit
18.12.2013Zuletzt aktualisiert am
24.03.2014