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10/07 Verfassungsgerichtshof;Norm
BAO §212a Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2011/16/0205Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des Mag. H B in L, vertreten durch Dr. Philipp Spring, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Porzellangasse 4, gegen die Bescheide des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, jeweils vom 21. Juni 2011, Zl. RV/0827-W/11, (hg. Zl. 2011/16/0204) und Zl. RV/0828-W/11, (hg. Zl. 2011/16/0205), betreffend jeweils Ablauf der Aussetzung nach § 212a BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 2.208 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde eine Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien "vom 25. Februar 2011, ErfNr. 314.608/2009 betreffend Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO" und "vom 25. Februar 2011, ErfNr. 317.439/2010 betreffend Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO" ab.
Mit Bescheiden vom 3. März 2010 und vom 18. August 2010 des damaligen Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien sei dem Beschwerdeführer jeweils eine Gebühr gemäß § 17a VfGG sowie die Gebührenerhöhung vorgeschrieben worden. Gegen diese Bescheide sei Berufung eingebracht und gleichzeitig die Aussetzung der Einhebung beantragt worden.
Mit Bescheiden vom 20. April 2010 und vom 13. September 2010 habe das Finanzamt den jeweiligen Antrag auf Aussetzung der Einhebung bewilligt, jedoch jeweils mit Bescheid vom 25. Februar 2011 den Ablauf der Aussetzung der Einhebung verfügt, nachdem "die Erledigung der Berufungen gegen die Bescheide mit dem die Gebühr und deren Erhöhung festgesetzt worden wären, mittels Berufungsentscheidung erfolgt sei. Gegen den den Ablauf der Aussetzung verfügenden Bescheid wende sich nunmehr die jeweilige Berufung.
Nach rechtlichen Ausführungen zu § 212a Abs. 1 und 5 BAO hielt die belangte Behörde jeweils fest, nachdem sie bereits eine Berufungsentscheidung betreffend Gebühr und Erhöhung erlassen habe, und somit über die zugrunde liegende Berufung entscheiden worden sei, seien die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Einhebung nicht mehr gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welche sich der Beschwerdeführer im Recht auf Aussetzung der Einhebung verletzt erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
§ 212a Abs. 5 BAO lautet:
"(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. DiesereEndet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden
a)
Berufungsvorentscheidung oder
b)
Berufungsentscheidung oder
c)
anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2) nicht aus. …"
Der Beschwerdeführer trägt vor, die belangte Behörde habe die angefochtenen Bescheide damit begründet, dass sie bereits eine Berufungsentscheidung betreffend Gebühren und Erhöhung erlassen habe und so über die zugrunde liegende Berufung entschieden habe. Aus den Entscheidungsgründen der angefochtenen Bescheide, insbesondere aus dem dargestellten Sachverhalt sei nicht ableitbar, welche konkrete Berufungsentscheidung gemeint sein solle.
Tatsächlich ist den vorgelegten Verwaltungsakten lediglich ein "Bescheid über den Ablauf einer Aussetzung der Einhebung" vom 25. Februar 2011 enthalten, wonach die für die "nachstehend angeführten Abgaben" bewilligte Aussetzung der Einhebung infolge Berufungserledigung ablaufe. Die Abgaben werden mit "Gebühren 2010" und der Betrag in Euro mit "660,00" bezeichnet. Eine Buchungsmitteilung liege bei, ist den vorgelegten Verwaltungsakten aber nicht zu entnehmen. Als "Ordnungsbegriff" wird "10100/1287" angeführt.
Damit ist nicht ersichtlich, welche Gebühr, die mit welchem Bescheid festgesetzt worden wäre, vom Ablauf der Aussetzung der Einhebung betroffen ist. Insbesondere fehlt eine Zuordnung zu einem mit Datum und Geschäftszahl bezeichneten Bescheid, gegen den Berufung erhoben wäre. Eine nähere Bezeichnung der den Grund des Ablaufs der Aussetzung bildenden Entscheidung über eine Berufung fehlt.
Die angefochtenen Bescheide sprechen von Berufungen gegen Bescheide des Finanzamtes vom 25. Februar 2011, die jeweils mit einer "ErfNr." bezeichnet sind, wogegen in den vorgelegten Verwaltungsakten lediglich ein Bescheid, der mit einem in der Ziffernfolge verschiedenen "Ordnungsbegriff bezeichnet ist. Eine nähere Bezeichnung der den Grund des Ablaufs der Aussetzung bildenden Entscheidung über eine Berufung fehlt.
Somit ist den angefochtenen Bescheiden - wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt - nicht zu entnehmen, mit welcher Berufungsentscheidung über die in den angefochtenen Bescheiden erwähnten Berufungen gegen die Gebührenfestsetzungsbescheide entschieden worden wäre.
Soweit die belangte Behörde in den Gegenschriften ausführt, bei den fraglichen Berufungsentscheidungen handle es sich um jene jeweils vom 8. Februar 2011, Zl. RV/1291-W/10, miterledigt RV/1290- W/10, und Zl. RV/2936.W/10, miterledigt RV/2937-W/10, ist sie daran zu erinnern, dass in der Gegenschrift die einer Berufungsentscheidung fehlende, nach § 288 Abs. 1 lit. d BAO aber erforderliche Begründung nicht erfolgreich nachgeholt werden kann (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Februar 2006, 2002/13/0093, und vom 29. September 2011, 2008/16/0180).
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff, insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 21. November 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2011160204.X00Im RIS seit
18.12.2013Zuletzt aktualisiert am
22.04.2014