TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/21 2011/11/0087

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Veröffentlicht am 21.11.2013
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Index

L94406 Krankenanstalt Spital Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §9;
KAG Stmk 1999 §28 Abs3;
KAG Stmk 1999 §28 Abs4;
KAG Stmk 1999 §38 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl, Mag. Samm und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der Dr. GS in P, vertreten durch Dr. Marlies Folger, Rechtsanwältin in 8530 Deutschlandsberg, Hauptplatz 20/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. März 2011, Zl. FA8A- 81S1/2010-9, betreffend Sondergebühren nach dem Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz 1999 (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Krankenanstalten Gesellschaft m.b.H. in Graz, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 27/I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch der Beschwerdeführerin gegen die von der mitbeteiligten Partei ausgestellte Gebührenrechnung für Leistungen der Sonderklasse im Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz (in Höhe von EUR 1.116,52, auf welche die nachfolgend erwähnte Kaution angerechnet wurde) gemäß § 42 Abs. 3 des Stmk. Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 66/1999 idF LGBl. Nr. 81/2010 (KALG), als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe sich anlässlich der Geburt ihres Kindes vom 1. Jänner bis 4. Jänner 2009 an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Landeskrankenhaus Universitätsklinikum Graz in stationärer Pflege befunden, wobei sie auf Grund ihres Aufnahmewunsches in einem Sonderklasse-Mehrbettzimmer untergebracht gewesen sei. Bei der Aufnahme in die Sonderklasse habe die Beschwerdeführerin eine Verpflichtungserklärung unterfertigt, mit welcher sie sich verpflichtet habe, mangels Angabe einer privaten Krankenversicherung die Pflege- und Sondergebühren für die Sonderklasse selbst zu bezahlen.

In ihrer Berufung gegen den den Einspruch abweisenden erstinstanzlichen Bescheid habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, sie habe weder eine derartige Verpflichtungserklärung unterfertigt, noch sei sie über die Kosten der Sonderklasseleistungen aufgeklärt worden. Dazu sei festzustellen, dass die Aufnahme der Beschwerdeführerin in die Sonderklasse auf eigenen Wunsch der Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 3 KALG erfolgt sei. Außerdem sei die Aufnahme in ein Sonderklasse-Mehrbettzimmer von der Unterzeichnung der schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung der Pflege- und Sondergebühren sowie vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung abhängig gewesen. Die Beschwerdeführerin habe nicht nur die Verpflichtungserklärung eigenhändig unterfertigt, sondern sie bzw. ihr Ehemann hätten auch die eingeforderte Kaution in Höhe von EUR 1.675,-- am 2. Jänner 2009 bar einbezahlt.

In der Beweiswürdigung stützte sich die belangte Behörde einerseits auf die Aussagen einer Arbeitnehmerin der mitbeteiligten Partei, die als Zeugin ausgesagt habe, sie habe der Beschwerdeführerin am 2. Jänner 2009 das Infoblatt ausgehändigt, die Beschwerdeführerin über die zu erwartenden Kosten aufgeklärt und die Verpflichtungserklärung für die Krankenanstalt gegengezeichnet. Zum anderen zeige auch ein Vergleich der Unterschrift auf der genannten Verpflichtungserklärung (Akt S. 70) mit der Originalunterschrift der Beschwerdeführerin auf einem weiteren von ihr unterfertigten Formular (Akt S. 75), dass kein Zweifel an der Echtheit der Unterschrift der Beschwerdeführerin auf der Verpflichtungserklärung bestehe.

Soweit die Beschwerdeführerin vorbringe, sie habe die Verpflichtungserklärung am 1. Jänner 2009 nicht rechtswirksam unterfertigen können, weil sie sich auf Grund der Geburt ihres Kindes in einem körperlichen und psychischen Ausnahmezustand befunden habe, sei ihr einerseits zu entgegnen, dass dieses Vorbringen im Widerspruch zur Behauptung stehe, sie habe die Unterschrift auf der Verpflichtungserklärung gar nicht geleistet. Andererseits bestätige die am 2. Jänner 2009 erfolgte Vorauszahlung des Betrages von EUR 1.675,-- durch den Ehemann der Beschwerdeführerin das Bewusstsein darüber, dass die Unterbringung in der Sonderklasse mit Kosten verbunden sei.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften des KALG führte die belangte Behörde zum Umfang der Leistungspflicht der Beschwerdeführerin aus, diese sei anlässlich einer "Spontangeburt" nach Abschluss der medizinischen Versorgung im Kreißsaal in einem Sonderklasse-Mehrbettzimmer des Landeskrankenhauses Universitätsklinikum Graz aufgenommen worden. Aus der Formulierung der von der Beschwerdeführerin unterfertigten Verpflichtungserklärung, dass die Kosten für die Unterbringung/Verpflegung und die medizinischen Leistungen "von Beginn an" selbst zur Gänze zu bezahlen seien, ergebe sich, dass sämtliche an diesem Tag erbrachte Leistungen (auch die Leistungen hinsichtlich der Entbindung) als Leistungen der Sonderklasse zu bezahlen seien.

Zur Höhe dieser einzelnen (in der Gebührenrechnung aufgeschlüsselten) Leistungen verwies die belangte Behörde auf die Verordnungen der Steiermärkischen Landesregierung einerseits über die Festsetzung der Sondergebühren in der Sonderklasse der Landeskrankenanstalten, LGBl. Nr. 36/2008, und andererseits über die Pflegegebühren sowie Zuschläge dazu in der Sonderklasse der Landeskrankenanstalten, LGBl. Nr. 124/2008.

Da im gegenständlichen Fall eine andere physische oder juristische Person auf Grund der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes oder auf Grund sonstiger gesetzlicher Vorschriften zum Ersatz der gegenständlich aufgelaufenen Pflegegebühren und Kostenbeiträge nicht verpflichtet sei (§ 41 Abs. 1 KALG), seien die genannten Gebühren nach der letztgenannten Bestimmung von der Beschwerdeführerin zu tragen und dieser gemäß § 42 Abs. 1 KALG vorzuschreiben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift erstattet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Bestimmungen des Stmk. Krankenanstaltengesetzes 1999, LGBl. Nr. 66/1999 in der hier maßgebenden Fassung LGBl. Nr. 81/2010 (KALG), lauten auszugsweise (wobei die Abkürzung "LKF-Gebühren" gemäß § 75 Abs. 1 leg. cit. die Gebühren auf der Grundlage leistungsorientierter Krankenanstaltenfinanzierung bezeichnet):

"Gebührenklassen

§ 28. (1) In öffentlichen Krankenanstalten kann neben der allgemeinen Gebührenklasse nach Maßgabe der Bestimmungen des § 22 Abs. 1 lit. g mit Bewilligung der Landesregierung eine Sonderklasse errichtet werden, wenn die Einrichtungen der Krankenanstalt die Errichtung einer solchen Sonderklasse ermöglichen und eine zureichende Zahl an Betten der allgemeinen Gebührenklasse für anstaltsbedürftige Personen, insbesondere für unabweisbare Kranke, vorhanden ist. In der ärztlichen Behandlung und in der Pflege darf jedoch kein Unterschied gemacht werden. Die Sonderklasse hat durch die besondere Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung zu entsprechen, insbesondere auch durch eine geringere Bettenanzahl in den Krankenzimmern gegenüber der allgemeinen Gebührenklasse.

...

(3) In die Sonderklasse sind anstaltsbedürftige Personen über eigenes Verlangen aufzunehmen. Diese Aufnahme kann von der Beibringung einer schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung der Pflege- und Sondergebühren sowie vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung oder von der Beibringung einer verbindlichen Kostenübernahmserklärung seitens eines mit der öffentlichen Krankenanstalt direkt verrechnenden Kostenträgers (Privatversicherung, Zuschusskasse u.a.) abhängig gemacht werden.

(4) Über die sich aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergebenden Verpflichtungen ist die anstaltsbedürftige Person bzw. ihr gesetzlicher Vertreter vorher in geeigneter Weise aufzuklären.

...

Ermittlung und Festsetzung von

Pflegegebühren und Sondergebühren

§ 38. ...

(3) Die Pflegegebühren der allgemeinen Gebührenklasse und die Zuschläge hierzu in der Sonderklasse sowie die Sondergebühren sind von der Landesregierung durch Verordnung festzusetzen und im Landesgesetzblatt kundzumachen. ...

Einbringung der LKF-Gebühren, Pflegegebühren, Kostenbeiträge, Sondergebühren und Sonderaufwendungen

§ 40. (1) Die öffentlichen Krankenanstalten haben für die Einbringung fälliger LKF-Gebühren, Pflegegebühren, Kostenbeiträge, Sondergebühren und Sonderaufwendungen von den in Anstaltspflege genommenen Personen und für die Geltendmachung der Ansprüche gegenüber dritten Personen (Unterhaltspflichtige, Sozialversicherungsträger u.a.) und die Berechnung und Einbringung von Pflege(Sonder)gebühren für Begleitpersonen von Patienten (§ 35 Abs. 7) in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise zu sorgen. Zu diesem Zwecke haben sie schon bei der Aufnahme die notwendigen Erhebungen einzuleiten. Die Landesbehörden und die Gemeinden haben hierbei Unterstützung zu leisten.

(2) Von zahlungsfähigen Patienten, die zur Tragung der Kosten verpflichtet sind, kann verlangt werden, dass sie die LKF-Gebühren, Pflegegebühren und Sonderaufwendungen in der Allgemeinen Gebührenklasse bis zu jeweils 10 Tagen, die Sondergebühren in der Sonderklasse bis zu jeweils 30 Tagen und die Kostenbeiträge bis zu jeweils 28 Tagen im Vorhinein entrichten. Die endgültige Abrechnung erfolgt bei der Entlassung aus der Anstaltspflege.

...

§ 41. (1) Soweit nicht eine andere physische oder juristische Person auf Grund der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes oder auf Grund sonstiger gesetzlicher Vorschriften zum Ersatz der in einer öffentlichen Krankenanstalt aufgelaufenen LKF-Gebühren, Pflegegebühren (Sondergebühren und Sonderaufwendungen) und Kostenbeiträge verpflichtet ist, hat in erster Linie der Patient hierfür aufzukommen.

...

§ 42. (1) Soweit LKF-Gebühren, Pflegegebühren, Kostenbeiträge, Sondergebühren und Sonderaufwendungen nicht im Vorhinein entrichtet wurden, sind sie mit dem letzten Tag eines jeden Pflegemonats beziehungsweise mit dem Tag der Entlassung aus der Anstaltspflege abzurechnen und ohne Verzug zur Zahlung vorzuschreiben. Sie sind mit dem Tage der Vorschreibung fällig und innerhalb von zwei Wochen zu bezahlen. ...

(2) Zur Einbringung fälliger Pflegegebühren, Kostenbeiträge, Sondergebühren und Sonderaufwendungen ist dem Verpflichteten eine Gebührenrechnung zuzustellen; diese hat zu enthalten:

a)

die Dauer der Krankenanstaltspflege,

b)

die Höhe der täglichen LKF-Gebühr, Pflegegebühr,

c)

die Höhe der aufgelaufenen LKF-Gebühren, Pflegegebühren,

d)

die Höhe der aufgelaufenen Kostenbeiträge,

e)

die Höhe der aufgelaufenen Sondergebühren und Sonderaufwendungen,

f)

die geleisteten Teilzahlungen,

g)

die Höhe des aushaftenden Rückstandes,

h)

einen Hinweis auf die Fälligkeit der Forderung (Abs. 1) und auf allfällige Verzugszinsen,

              i)              einen Hinweis auf die Regelung der Abs. 3 und 4.

(3) Gegen die Gebührenrechnung kann der Verpflichtete binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich bei der Stelle einen begründeten Einspruch erheben, welche die Gebührenrechnung ausgestellt hat. Wird innerhalb dieser Frist kein begründeter Einspruch erhoben, so gilt die in der Gebührenrechnung ausgewiesene Zahlungsverpflichtung als endgültig. Ansuchen um Gewährung eines Zahlungsaufschubes oder von Teilzahlung gelten nicht als Einspruch. Falls dem Einspruch vom Träger der Krankenanstalt nicht voll Rechnung getragen wird, ist er vom Träger der nach dem Sitz der öffentlichen Krankenanstalt zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vorzulegen. Diese hat darüber mit Bescheid zu entscheiden.

(4) Die Gebührenrechnung ist vollstreckbar und gilt als Rückstandsausweis entweder

..."

Im Verwaltungsakt (S. 70) findet sich die nachstehend auszugsweise wiedergegebene Verpflichtungserklärung:

     "SONDERKLASSE - VERPFLICHTUNGSERKLÄRUNG

     1.        Ich erkläre ausdrücklich,

     a)*        dass ich freiwillig die Aufnahme in die

Sonderklasse (Zweitbettzimmer) wünsche.

     b)*        als gesetzlicher Vertreter, dass der Patient

(Beschwerdeführerin) in die Sonderklasse (Zweitbettzimmer)

aufgenommen werden soll.

     *Nichtzutreffendes bitte streichen

     2.        Die Kosten für die Unterbringung/Verpflegung

und die medizinischen Leistungen (Pflege- und Sondergebühren) sind - von Beginn an - selbst zur Gänze zu bezahlen, soweit kein Leistungsanspruch aus der angeführten privaten Krankenversicherung, z.B. bei Ablehnung wegen Vorvertraglichkeit, Unterversicherung, Taggeldversicherung etc. besteht. In diesem Fall habe ich binnen 5 Tagen eine entsprechende Vorauszahlung zu leisten.

...

6. Ich erkläre, über die Verrechnung der Kosten

ausdrücklich aufgeklärt worden zu sein. Ein Informationsblatt über die möglichen Kosten für die Unterbringung/Verpflegung und die medizinischen Leistungen habe ich erhalten.

Graz, am 01.01.2009

 

 

(Patient oder gesetzlicher Vertreter)

Die Aufklärung laut Punkt 6. wurde durchgeführt:

 

 

(Für die Anstalt)"

In ihrer Beschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht, die genannte Verpflichtungserklärung nicht unterfertigt zu haben bzw. dass ihr eine solche Unterfertigung nicht erinnerlich sei. Außerdem habe sie ausgeführt, dass sie sich unmittelbar nach der Geburt infolge der damit verbundenen Anstrengung in einem körperlichen und psychischen Ausnahmezustand befunden habe. Auf Grund dieser Ausführungen wäre die belangte Behörde nach Ansicht der Beschwerdeführerin verhalten gewesen, Ermittlungen dahingehend zu pflegen, ob die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Unterfertigung der Verpflichtungserklärung geschäftsfähig gewesen sei.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich auf der aktenkundigen Verpflichtungserklärung (Akt S. 70) in der Zeile neben dem Datum eine Unterschrift befindet. Diese Unterschrift hat die belangte Behörde nach einem Vergleich mit der unstrittig von der Beschwerdeführerin stammenden Unterschrift auf einem anderen Formular (Akt S. 75) als von der Beschwerdeführerin stammend festgestellt. Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis ist die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin die gegenständliche Verpflichtungserklärung selbst unterfertigt hat, nicht als unschlüssig zu erkennen.

Mit dem weiteren Vorbringen macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Unterfertigung der Verpflichtungserklärung nicht rechtswirksam erfolgt sei, weil sie zum Zeitpunkt der Unterfertigung der Verpflichtungserklärung auf Grund der Geburt ihres Kindes nicht geschäftsfähig gewesen sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren den Mangel der Geschäftsfähigkeit nicht explizit vorgebracht hat. Zwar hat sie im Schriftsatz vom 17. Juli 2009 (Akt S. 105) behauptet, es sei "allgemein bekannt", dass sich eine Frau unmittelbar nach der Geburt in einer "körperlichen und psychischen Ausnahmesituation befindet, sodass eine rechtswirksame Unterschrift gar nicht abgegeben werden kann". Es trifft aber weder die Ansicht, Frauen könnten nach einer Geburt keine rechtswirksamen Unterschriften leisten, in dieser Allgemeinheit zu, noch kann konkret im vorliegenden Fall angenommen werden, die Sonderklasse-Verpflichtungserklärung sei deshalb rechtsunwirksam, weil diese von der Beschwerdeführerin am 1. Jänner 2009 im Anschluss an die Entbindung ihres Kindes unterfertigt wurde. Nach den unstrittigen Feststellungen hat die Beschwerdeführerin nämlich Sonderklasse-Leistungen der mitbeteiligten Partei noch bis zum 4. Jänner 2009 bezogen. Die Beschwerdeführerin behauptet aber nicht, dass sie trotz Inanspruchnahme dieser Leistungen am Tag nach der Geburt oder an einem der Folgetage ihre Zustimmung zur Inanspruchnahme von Sonderklasse-Leistungen gegenüber der mitbeteiligten Partei bestritten oder zurückgezogen hätte. Vielmehr ist mit der belangten Behörde davon auszugehen, dass gerade durch die Leistung der Vorauszahlung (§ 28 Abs. 3 KALG) in Höhe von EUR 1.675,-- am 2. Jänner 2009 durch die Beschwerdeführerin bzw. ihren Ehemann und vor allem durch die fortgesetzte Inanspruchnahme der Sonderklasse-Leistungen das rechtswirksame Einverständnis der Beschwerdeführerin, diese Leistungen zu bezahlen, zum Ausdruck kam. Vor diesem Hintergrund bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen zur Geschäftsfähigkeit der Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin macht als weiteren Verfahrensmangel geltend, sie habe keine Möglichkeit gehabt, Fragen an die Zeugin S.K. zu richten. Bei Ausübung ihres Fragerechtes gegenüber der Zeugin hätte aufgezeigt werden können, dass die Beschwerdeführerin nicht ausreichend über die Kosten der Sonderklasse aufgeklärt worden sei.

Gemäß § 28 Abs. 4 KALG ist die anstaltsbedürftige Person (bzw. ihr gesetzlicher Vertreter) über die sich aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergebenden Verpflichtungen vorher in geeigneter Weise aufzuklären. Dass eine solche Aufklärung erfolgte, ergibt sich aber schon aus dem Punkt 6. der oben wiedergegebenen Verpflichtungserklärung, sodass es auf die Aussagen der Zeugin (bzw. diesbezügliche Fragen an die Zeugin) nicht ankommt.

Schließlich meint die Beschwerdeführerin, die Formulierung der gegenständlichen Verpflichtungserklärung sei hinsichtlich der Wortfolge "- von Beginn an - selbst zur Gänze zu bezahlen" ungenau und könne bei rechtskonformer Auslegung nur dahin verstanden werden, dass nur solche Leistungen der Sonderklasse zu bezahlen seien, die erst nach der Verlegung in die Sonderklasse erbracht worden seien. Die Beschwerdeführerin habe nämlich "lediglich (den) Sondertarif für die ihr ab ca. 19:00 Uhr des 01.01.2009 im Rahmen der Sonderklasse erbrachten Leistungen auf Basis dieses Tarifes bezahlen" wollen. Keinesfalls habe sich die Beschwerdeführerin verpflichten wollen, den Sonderklassetarif auch für Leistungen zu übernehmen, die vor der Verlegung in die Sonderklasse erbracht worden seien (womit offensichtlich die Leistungen im Zusammenhang mit der Entbindung am 1. Jänner 2009 gemeint sind).

Diesem Beschwerdevorbringen steht der Wortlaut des Punktes 2. der oben wiedergegebenen Sonderklasse-Verpflichtungserklärung entgegen, wonach die Kosten "für die Unterbringung/Verpflegung und

die medizinischen Leistungen ... von Beginn an selbst zur Gänze zu

bezahlen" seien. Schon dieser Wortlaut lässt keinen Zweifel offen, dass die mit der Verpflichtungserklärung übernommene Pflicht zur Abgeltung von Leistungen der Sonderklasse jedenfalls auch jene (gemäß § 38 Abs. 3 KALG durch Verordnung näher umschriebene) Leistungen erfasst, die am Tag des jeweiligen Wirksamwerdens einer Verpflichtungserklärung (hier: 1. Jänner 2009) von Beginn an erbracht wurden. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass durch die gemäß § 38 Abs. 3 KALG erlassenen Verordnungen die Gebühren für einzelne Leistungen in der Sonderklasse "pro Pflegetag" zu leisten sind (vgl. § 3 Abs. 2 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung über die Festsetzung der Sondergebühren in der Sonderklasse der Landeskrankenanstalten, LGBl. Nr. 36/2008, sowie § 1 und § 2 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung über die Pflegegebühren der Allgemeinen Gebührenklasse für die Fonds- und andere Krankenanstalten sowie Zuschläge dazu in der Sonderklasse der Landeskrankenanstalten, LGBl. Nr. 124/2008).

Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 21. November 2013

Schlagworte

Handlungsfähigkeit Prozeßfähigkeit natürliche Person

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2011110087.X00

Im RIS seit

19.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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