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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §36a Abs3 idF 1996/788;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des B in G, vertreten durch Dr. Manfred Eichholzer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. November 1999, Zl. 187734/3-IV/10/99, betreffend Aufschub des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahre 1976 geborenen Beschwerdeführers vom 8. September 1999 auf Bewilligung des Aufschubes des Antrittes des ordentlichen Zivildienstes "gemäß § 14 Abs. 1 bis 3 Zivildienstgesetz, BGBl. Nr. 679/1986 idgF" abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Abs. 1 bis 3 des § 14 des Zivildienstgesetzes in der Fassung der ZDG-Novelle 1996, BGBl. Nr. 788, lauten:
"(1) Zivildienstpflichtigen, die zu dem im § 36a Abs. 3 WG genannten Zeitpunkt in Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung stehen, ist - sofern Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen - auf deren Antrag der Antritt des ordentlichen Zivildienstes bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres aufzuschieben, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden. Im Falle der Einbringung einer Zivildiensterklärung nach vollständiger Ableistung des Grundwehrdienstes gilt als maßgeblicher Zeitpunkt jener des Entstehens der Zivildienstpflicht.
(2) Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag der ordentliche Zivildienst aufzuschieben, wenn Erfordernisse des Zivildienstes nicht entgegenstehen, sie noch nicht zum ordentlichen Zivildienst mit Dienstantritt innerhalb eines Jahres nach Wirksamwerden der Zivildiensterklärung oder nach Ende des Aufschubes gemäß Abs. 1 zugewiesen sind und durch die Unterbrechung einer Berufsvorbereitung, Schul- oder Hochschulausbildung, die sie nach dem in § 36a Abs. 3 WG genannten Zeitpunkt begonnen haben, einen bedeutenden Nachteil erleiden würden. Dasselbe gilt, wenn der Zivildienstpflichtige ohne zugewiesen zu sein, eine weiterführende Ausbildung, etwa ein Hochschulstudium, begonnen hat und eine Unterbrechung der Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde.
(3) Der Aufschub kann in den Fällen des Abs. 2 bis zum Abschluß der begonnenen Ausbildung oder Berufsvorbereitung, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. September des Kalenderjahres gewährt werden, in dem die Zivildienstpflichtigen das 28. Lebensjahr vollenden."
Der hier in Betracht kommende maßgebliche Zeitpunkt nach § 36a Abs. 3 des Wehrgesetzes in der Fassung des Art. III Z. 3 der ZDG-Novelle 1996 ist der Beginn des Kalenderjahres, in dem jene Stellung begann, bei der erstmals die Tauglichkeit des Betreffenden festgestellt wurde.
Der Beschwerdeführer, der seit der Abgabe seiner rechtswirksamen Zivildiensterklärung am 7. März 1994 zivildienstpflichtig ist, war zu dem zuletzt genannten Zeitpunkt Schüler an einer AHS. Er begründete seinen Aufschiebungsantrag vom 8. September 1999 damit, dass er "Technische Mathematik" studiere. Im Zuge des Verwaltungsverfahrens gab er an, dass er seit Oktober 1999 einen Fachhochschulstudiengang "Informationsmanagement" an einer näher bezeichneten Fachhochschule besuche.
Sein Antrag ist daher nicht an § 14 Abs. 1 ZDG zu messen. Er befand sich bei Entscheidung über seinen Aufschiebungsantrag bereits in einer anderen Ausbildung als am Beginn des Jahres seiner Stellung.
Bei der Entscheidung über seinen Aufschiebungsantrag war der zweite Satz des § 14 Abs. 2 ZDG maßgeblich, weil dem Beschwerdeführer im Jahre 1996 im Zusammenhang mit seinem Studium ein Aufschub bis 15. August 1999 gewährt worden war, der gemäß § 76 Abs. 1 ZDG als Aufschub gemäß § 14 Abs. 1 gilt; er hat das Fachhochschulstudium nach Ende des Aufschubes innerhalb der Jahresfrist des § 14 Abs. 2 begonnen; die Entscheidung über den Aufschiebungsantrag erfolgte innerhalb dieser Frist, ohne dass eine Zuweisung mit Dienstantritt innerhalb dieses Jahres erfolgt wäre (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1998, Zl. 98/11/0115 und Zl. 98/11/0129, sowie vom 24. August 1999, Zl. 99/11/0082). Dem Antrag wäre daher stattzugeben gewesen, wenn der Beschwerdeführer dargetan hätte, dass für ihn mit der Unterbrechung des Studiums zum Zwecke der Zivildienstleistung eine außerordentliche Härte verbunden wäre.
Im Verwaltungsverfahren hatte er (soweit sein Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof noch relevant ist) angegeben, dass die Unterbrechung des von ihm besuchten Studienganges einen Verlust von zwei Jahren, wenn nicht gar den endgültigen Ausschluss aus dem Studiengang zur Folge hätte. In Ergänzung dieses Vorbringens wurde in der Folge eine Bestätigung des Leiters des von ihm besuchten Studienganges vom 18. Oktober 1999 vorgelegt; darin wird ausgeführt, dass die "Einberufung" des Beschwerdeführers während der Dauer des Studienganges für ihn "weitreichende und schwerwiegende Konsequenzen" hätte. In der Folge ist davon die Rede, dass eine Unterbrechung des Studiums von mindestens einem Studienjahr zu erwarten sei. Der Wiedereinstieg in einen neuen Jahrgang würde für den Beschwerdeführer eine erhebliche Mehrbelastung darstellen. Weiters ergäben sich für den Träger der Fachhochschule erhebliche finanzielle Mehrbelastungen sowie organisatorische und administrative Probleme.
Die belangte Behörde hat dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides entgegnet, diese Sorge beruhe "auf nicht näher konkretisierten Vermutungen". Auf die Bestätigung des Studienleiters vom 18. Oktober 1999 ist sie nicht näher eingegangen.
Der angefochtene Bescheid ist wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig. Die belangte Behörde hätte sich mit der in Rede stehenden Bestätigung auseinanderzusetzen gehabt. Wenn sie in der Gegenschrift darauf hinweist, dass der Inhalt dieser Bestätigung nicht eindeutig und klar ist, hätte sie von der in der Bestätigung angebotenen Möglichkeit Gebrauch machen und ergänzende Auskünfte einholen müssen, dies insbesondere in der Frage, ob bei Zivildienstleistung mit einem ein Jahr übersteigenden Verlust an Studienzeit zu rechnen sei. Ein Widerspruch zwischen der Bestätigung und den Ausführungen des Beschwerdeführers selbst liegt nicht vor. Klärungsbedürftig ist auch die Frage, ob die den Träger der Fachhochschule treffenden Mehrbelastungen und Probleme unmittelbare Auswirkungen für den Beschwerdeführer nach sich zögen.
Dieser Verfahrensmangel ist wesentlich, weil jedenfalls der Verlust eines weiteren Jahres über das der Leistung des Zivildienstes hinaus einen erheblichen Nachteil im Sinne des Gesetzes darstellen würde.
Der angefochtene Bescheid ist gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden. Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Oktober 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000110139.X00Im RIS seit
10.01.2001