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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
KStG 1988 §8 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie den Senatspräsidenten Dr. Fuchs und den Hofrat Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der W GmbH in M, vertreten durch Mag. Josef Wieser, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 3240 Mank, Schubertgasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 4. Juni 2009, GZ. RV/0078-W/02, miterledigt RV/0079-W/02, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1991 bis 1993, Körperschaftsteuer 1992 und 1993, Gewerbesteuer 1992 und 1993 (Spruchpunkt "B."), sowie Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1. Oktober 1991 bis 30. September 1993 (Spruchpunkt "C."), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, somit hinsichtlich der Spruchpunkte "B." und "C.", wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH führt ein Steuerberatungsunternehmen und ermittelte im Streitzeitraum ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (Bilanzstichtag 30. September). Bei der Beschwerdeführerin fand im Jahr 1996 eine abgabenbehördliche Prüfung statt, die zu Feststellungen führte, die zum Teil auch noch die Streitpunkte im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren bilden. Dabei handelt es sich u.a. um die Feststellungen im Prüfungsbericht vom 26. Juni 1996 unter Tz. 17 ("Vertragserrichtungsgebühren"), Tz. 19 lit. A bis G ("Mietobjekt Gebäude (G.)"; hier war vor allem strittig, ob oder inwieweit ein Mietverhältnis hinsichtlich des gesamten Gebäudes schon von Beginn an, ab 1991, steuerlich anzuerkennen sei), Tz. 22 und 23 (teilweise Aberkennung der Sanierungs- und Adaptierungskosten bzw. Betriebskosten im Zusammenhang mit dem Objekt G. für die Jahre 1991 bis 1993), Tz. 24 ("Reisekostenersätze"), Tz. 25 ("Gewerbeertragszurechnung gem. § 7/6 GewStG" 1992 und 1993) und Tz. 27 (Verzinsung "Verrechnungskonto (Mag. W.)") sowie Tz. 31 (Zusammenstellung verdeckter, an den Gesellschafter-Geschäftsführer Mag. W. zugerechneter, verdeckter Ausschüttungen 1992 und 1993 resultierend u.a. aus den Feststellungen zu den Tz. 17, 19, 22, 23, 24 und 27).
Gegen die auf der Grundlage des Betriebsprüfungsberichtes (u.a. nach Wiederaufnahme der Verfahren) ergangenen Bescheide des Finanzamtes erhob die Beschwerdeführerin Berufung, der die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer Berufungsverhandlung in den Spruchpunkten "B." und "C."
teilweise Folge gab (Spruchpunkt "A." betraf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bekämpfte Gegenstandslosigkeitserklärung der Berufung betreffend die verfügten Verfahrenswiederaufnahmen).
Der angefochtene Bescheid gibt den Gang des Verwaltungsverfahrens weitwendig wieder. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides wird eingangs ausgeführt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vorliege. So habe u.a. von der Einvernahme des Planverfassers zum Beweisthema "Nutzung des gesamten Objektes (G.) als Bürogebäude" Abstand genommen werden können, weil geplante und nicht verwirklichte Änderungen dieses "Ist-Zustandes des Gebäudes" nicht zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt gehörten. Dasselbe gelte für dessen Einvernahme zu den Beweisthemen "baubehördliche Auflagen, die das Einzeichnen von Büroräumlichkeiten im Obergeschoß verhindert haben sollen", oder, dass den Beteiligten der Bauverhandlung durchaus bewusst gewesen sei, "dass hier Büroräumlichkeiten entstehen sollten", weil es auf die Motivlage im Zeitpunkt der Bauverhandlung nicht ankomme. Da die Identität der Auftraggeberin der Umbauarbeiten nicht entscheidungsrelevant sei, habe die Einvernahme von Professionisten zum Beweisthema, wonach die Beschwerdeführerin Auftraggeberin der Umbauarbeiten im Objekt G. gewesen sei, unterbleiben können. Die Einvernahme des Immobilienmaklers und der Verkäuferin des Liegenschaftsobjektes G. zum Beweisthema der "Suche nach zur Errichtung einer Kanzlei geeigneten Miet- oder Kaufobjekten" sei nicht notwendig gewesen, weil die Suche nach zur Errichtung einer Kanzlei geeigneten Miet- oder Kaufobjekten nicht entscheidungsrelevant sei (dies gelte auch zur Frage einer "Angemessenheit des Kaufpreises").
In der Folge beschäftigt sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid mit den einzelnen "Streitpunkten".
Zum "Mietobjekt Gebäude (TZ 19, 22, 23)" wurden die Mietzahlungen sowie Ausgaben für Sanierung und Adaptierung des Gebäudes und Betriebskostenzahlungen teilweise als verdeckte Ausschüttungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer Mag. W. (der das Gebäude zusammen mit einer damaligen Mitgesellschafterin im September 1991 erworben hatte) gewertet und deshalb nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt. Im Zeitraum von "August 1991 bis Juli 1992" seien nur zwei Räume im Erdgeschoß als Büro genutzt worden, nur insoweit könne der zuvor mündlich geschlossene Mietvertrag (mit der Vermietungsgemeinschaft) anerkannt (und könnten die Kosten anteilig berücksichtigt) werden. Dass ein Teil des Obergeschoßes ab Ankauf der Liegenschaft als Büro genutzt worden sei, stehe u.a. im Widerspruch zur Aussage im Betriebsprüfungsverfahren, wonach diese Räume erst nach Abschluss der Sanierungs- und Adaptierungsarbeiten, somit frühestens ab September 1992, als Büro genutzt worden seien. Ein rückwirkend zum 1. Oktober 1991 geschlossener Dienstvertrag vom 8. November 1992 würde dem Gesellschafter-Geschäftsführer Mag. W. zwar einen Anspruch auf eine Dienstnehmerwohnung vermitteln. Da eine Rückwirkung für Verträge zwischen nahen Angehörigen im Steuerrecht nicht anzuerkennen sei, sei die Dienstnehmerwohnung vor dem 8. November 1992 schon aus diesem Grund, "ganz abgesehen davon, dass (…) die gesamte Dienstwohnungskonstruktion steuerlich nicht anzuerkennen" sei, nicht steuerlich zu berücksichtigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Verdeckte Ausschüttungen sind Vorteile, die eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern aus ihrem Vermögen in einer nicht als Gewinnausschüttung erkennbaren Form außer der Dividende oder sonstigen offenen Gewinnverteilung unter welcher Bezeichnung auch immer gewährt, die sie anderen Personen, die nicht ihre Gesellschafter sind, nicht oder nicht unter den gleichen günstigen Bedingungen zugestehen würde. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverwendung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursache wird an Hand eines Fremdvergleichs ermittelt (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. September 2012, 2008/13/0241, mwN).
In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, die Beschwerdeführerin werde durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht verletzt, von Beginn an als Mieter des gesamten Gebäudes G. angesehen zu werden "und ist folglich das vorliegende Mietverhältnis von Beginn an steuerlich anzuerkennen". Damit seien die gesamten Mietaufwendungen, die Sanierungs-, Adaptierungs- und Instandhaltungsaufwendungen als Betriebsausgaben anzuerkennen. Ebenso bildeten die gesamten geltend gemachten Betriebskosten einen Aufwand der Beschwerdeführerin und die gesamten geltend gemachten Vorsteuern seien als solche zu berücksichtigen (die Rechnung R. sei entsprechend dem im Berufungsbegehren gestellten Antrag aufzuteilen). Die belangte Behörde habe es
u. a. unterlassen, die angebotenen Beweismittel aufzunehmen und Befragungen von Auskunftspersonen durchzuführen, woraus die Rechtmäßigkeit der von der Beschwerdeführerin gewählten Vorgangsweise zu ersehen gewesen wäre. Wenn auch der geplante rasche Aufbau der Steuerberatungskanzlei nicht in der gewünschten Form vor sich gegangen sei, sei die Absicht der Beschwerdeführerin immer im Umbau und der Nutzung des gesamten Gebäudes gelegen gewesen (zu einer privaten Nutzung durch die Liegenschaftseigentümer sei es nie gekommen). Bei allen Verhandlungen und geschäftlichen Angelegenheiten sei beispielsweise stets die Beschwerdeführerin als Partner aufgetreten und nicht die Vermietungsgemeinschaft. Die von der Beschwerdeführerin gewählte Vorgangsweise der Anmietung des gesamten Objektes sei in Hinblick auf die in Aussicht genommenen Erweiterungsmöglichkeiten geradezu zwingend gewesen. Dies werde auch durch die "sofort gesetzten Umbaupläne und die Gespräche mit den Mietern über die Aufgabe der Mietrechte" bewiesen.
Dem angefochtenen Bescheid, dessen Nachvollziehbarkeit schon deshalb erschwert ist, weil er keine zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes enthält (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2006, 2002/13/0204, mwN), ist zu entnehmen, dass die mit dem in Rede stehenden Mietverhältnis im Zusammenhang stehenden Aufwendungen auch von der belangten Behörde von Beginn an ("von August 1991 bis Juli 1992") betreffend zwei als Büro genutzte Räume im Erdgeschoß des Gebäudes als betrieblich veranlasst bzw. nicht als verdeckte Ausschüttungen gewertet worden sind (insoweit sei auch der zuvor mündlich geschlossene Mietvertrag anzuerkennen gewesen). Nicht nachvollziehbar ist es dann aber, weshalb die belangte Behörde Beweisanträgen mit den im angefochtenen Bescheid referierten Beweisthemen in Richtung einer geplanten Nutzung des gesamten Objektes als Bürogebäude nicht gefolgt ist, weil es etwa auf die Motivlage im Zeitpunkt der Bauverhandlung nicht angekommen sei. Bei einer von vornherein bestehenden Absicht zur Nutzung des gesamten Gebäudes für betriebliche Zwecke der Beschwerdeführerin spräche dies jedenfalls gegen eine rein gesellschaftsrechtliche Veranlassung der strittigen Leistungsbeziehung und eine (teilweise) Versagung der damit im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge. Soweit von der belangten Behörde in der - nach der Aktenlage auch zeitlich nur vorübergehenden - Nutzung einer Dienstwohnung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer eine verdeckte Ausschüttung gesehen wird, rügt die Beschwerde weiters zu Recht, dass die belangte Behörde auf die dazu vorgebrachten betrieblichen Gründe (so im Wesentlichen einer gesehenen Notwendigkeit zu einer Anwesenheit vor Ort, um den Aufbau der Steuerberatungskanzlei am neuen Standort zu gewährleisten) nicht eingegangen ist. Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass einem Geschäftsführer auch ohne Vorliegen einer Vereinbarung eine angemessene Entlohnung gebührt, sodass es hinsichtlich der Wertung eines Geschäftsführerbezuges (samt einer allfälligen Nutzung einer Dienstwohnung) als verdeckte Ausschüttung nicht auf formelle Vereinbarungen, sondern in erster Linie auf die Angemessenheit der "Gesamtausstattung" der Entlohnung ankommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999, 97/15/0198, 0199, mwN).
Da die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid somit bereits betreffend die mit dem "Liegenschaftsobjekt G." (Tz 19, 22 und 23 des Prüfungsberichtes) im Zusammenhang stehenden Aufwendungen, die Auswirkungen für alle vom angefochtenen Bescheid betroffenen Streitjahre und Abgaben zeitigten, mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet hat, war dieser schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war. Die darin vorgetragene Kritik an einer im angefochtenen Bescheid beispielsweise lange (rund 13 Jahre) nach dem erstinstanzlichen Verfahren (offenbar auch entgegen einer eine stattgebende Erledigung befürwortenden Stellungnahme des Finanzamtes) erfolgten Korrektur bei den "Vertragserrichtungskosten (TZ 17)" oder an einer als verdeckte Ausschüttung gewerteten Verzinsung des (offensichtlich erst durch die nachträglichen Korrekturen entstandenen) Saldos am Verrechnungskonto des Gesellschafter-Geschäftsführers erscheint allerdings jedenfalls nicht von vornherein unberechtigt (zum weiters strittigen Beginn der wesentlichen Beteiligung im Rahmen der Hinzurechnung nach § 7 Z 6 GewStG werden gegebenenfalls noch ausdrückliche Feststellungen zum - maßgeblichen - Zeitpunkt der Begründung des wirtschaftlichen Eigentums an den Gesellschaftsanteilen zu treffen sein).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 28. November 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2009130141.X00Im RIS seit
20.12.2013Zuletzt aktualisiert am
22.04.2014