Index
E3R E03102000;Norm
31985R2220 Sicherheiten landwirtschaftliche Erzeugnisse Art22;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2013/17/0059 2013/17/0062 2013/17/0061 2013/17/0060Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, den Hofrat Mag. Straßegger und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerden
1.
des EH in A, 2. der F GmbH in W, 3. der L Ges.m.b.H. in W,
4.
und 5. der L Handelsgesellschaft mbH in W, jeweils vertreten durch Dr. Josef Hofer, Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen die Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, jeweils vom 30. März 2011,
1. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0418-I/7/2011, 2. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0417-I/7/2011, 3. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0408-I/7/2011,
4. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0415-I/7/2011 und 5. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0416-I/7/2011,
jeweils betreffend erneute Leistung und Verfall von Sicherheiten für Einfuhrlizenzen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der zur hg. Zl. 2013/17/0058 beschwerdeführenden Partei wurde am 2. Jänner 2008 die Einfuhrlizenz für "Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, gesalzen, in Salzlake, aus Geflügelfleisch des KN-Codes 0207", KN-Code ex 0210 99 39;
34.291 KG; Versendungsland (nicht verbindlich): BR Brasilien, erteilt. Der Gesamtbetrag der auferlegten Sicherheit betrug EUR 17.145,50. Letzter Tag der Gültigkeit dieser Lizenz war der 30. Mai 2008. Am 2. April 2008 wurde diese Lizenz zurückgegeben; es schien die abgeschriebene Menge "34.291 kg" des einzuführenden Produktes auf. Infolge Erfüllung der sich aus der Lizenz ergebenden Verpflichtungen wurde gegenüber der beschwerdeführenden Partei die von ihr geleistete Sicherheit am 2. April 2008 zur Gänze freigegeben.
Am 9. November 2009 erging von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) an die AMA eine Mitteilung mit folgendem Inhalt:
"Mit Anmeldung … vom 28. März 2008 wurde 20.520 kg Geflügelfleisch, gesalzen, in Salzlake, aus Geflügelfleisch des KN-Codes 0207, des KN-Codes ex 0210 99 39 von der Einfuhrlizenz … abgeschrieben. Die Technische Untersuchungsanstalt der Finanzverwaltung (TUA) stellte jedoch mit ETOS-Erledigung 3954/2008 fest, dass es sich bei dem abgefertigten Fleisch um Fleisch von Hausgeflügel der Position 0105, gefroren, von Hühnern, Teile, entbeint, des KN-Codes 0207 1410 handelt. Die betreffende Abschreibung erfolgte zu Unrecht und wurde daher vom Zollamt Wien wieder angeschrieben."
Mit Bescheid vom 19. November 2009 sprach die AMA aus, dass die für die Lizenz bereits freigegebene Sicherheit von der beschwerdeführenden Partei erneut zu leisten sei und die geleistete Sicherheit in Höhe von EUR 9.402,72 für verfallen erklärt werde. In der Begründung nahm die AMA auf den Inhalt des Schreibens des BMF Bezug.
1.2. Im Verfahren der zweitbeschwerdeführenden Partei (hg. Verfahren Zl. 2013/17/0059) wurde der beschwerdeführenden Partei ebenfalls eine Einfuhrlizenz wie für die erstbeschwerdeführende Partei erteilt, dies für eine Menge von
29.858 kg. Der Gesamtbetrag der Sicherheit betrug EUR 14.929,--. Am 25. Juni 2008 wurde diese Lizenz zurückgegeben; es schien die abgeschriebene Menge "29.585 kg" des einzuführenden Produkts auf. Im Hinblick auf die Verpflichtungen aus der Lizenz wurde die von der zweitbeschwerdeführenden Partei geleistete Sicherheit am 26. Juni 2008 zur Gänze freigegeben. Auch in diesem Fall erging am 9. November 2009 ein Schreiben der TUA mit ähnlichem Wortlaut wie für die erstbeschwerdeführende Partei. Mit Bescheid vom 19. November 2009 wurde seitens der AMA ausgesprochen, dass die bereits freigegebene Sicherheit erneut zu leisten sei und die geleistete Sicherheit in Höhe von EUR 7.184,55 für verfallen erklärt werde.
1.3. Im Verfahren der drittbeschwerdeführenden Partei (hg. Verfahren Zl. 2013/17/0060) wurde dieser ebenfalls eine Einfuhrlizenz für jene Produkte erteilt, wie auch den zuvor genannten beschwerdeführenden Parteien. Das Gesamtausmaß betrug in diesem Fall 146.517 kg und der Gesamtbetrag der Sicherheit EUR 73.258,50. Am 20. Dezember 2007 gab die drittbeschwerdeführende Partei die Lizenz unter Hinweis auf die zur Gänze abgeschriebene Menge des einzuführenden Produkts zurück. Im Hinblick darauf wurde die geleistete Sicherheit am 20. Dezember 2008 zur Gänze freigegeben. Am 9. November 2009 übermittelte das Bundesministerium für Finanzen an die AMA eine Mitteilung, worin auf die Ergebnisse der TUA wie auch in den anderen Fällen hingewiesen wurde sowie, dass die Abschreibung zu Unrecht erfolgt sei. Mit Bescheid vom 19. November 2009 sprach die AMA aus, das die für die Lizenz bereits freigegebene Sicherheit von Seiten der drittbeschwerdeführenden Partei erneut zu leisten sei und die geleistete Sicherheit in Höhe von EUR 9.102,07 für verfallen erklärt werde.
1.4. Im hg. Verfahren 2013/17/0061 wurde der viertbeschwerdeführenden Partei ebenfalls eine Einfuhrlizenz für die oben beschriebenen Produkte erteilt, die Gesamtmenge betrug
34.291 kg und der Gesamtbetrag der Sicherheit EUR 17.145,50. Auch in diesem Fall wurde die Lizenz unter Hinweis auf die abgeschriebene Menge "34.291 kg" zurückgegeben. In der Folge wurde die von der viertbeschwerdeführenden Partei geleistete Sicherheit am 2. April 2008 zur Gänze freigegeben.
1.5. Neben der unter 1.4. genannten Einfuhrlizenz wurde dieser beschwerdeführenden Partei eine weitere Einfuhrlizenz für Fleisch und genießbare Schlachtnebenerzeugnisse, gesalzen, in Salzlake, aus Geflügelfleisch im Gesamtausmaß von 71.746 kg erteilt; der Gesamtbetrag der Sicherheit betrug EUR 35.873,--. Die gegenständliche Lizenz wurde im Februar 2008 unter Hinweis auf die abgeschriebene Menge von "71.455 kg" zurückgegeben. Daraufhin wurde die Sicherheit am 15. Februar 2008 zur Gänze freigegeben. Den viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien wurde ebenfalls mit Schreiben vom 9. November 2009 von Seiten des BMF eine Mitteilung der AMA mit einem nahezu wortidenten Schreiben wie in den anderen Fällen bezüglich der zu Unrecht erfolgten Abschreibung gemacht. Auf Grund dessen erfolgten wiederum in beiden Fällen Bescheide vom 19. November 2009, in denen ausgesprochen wurde, dass die jeweils für die Lizenz freigegebene Sicherheit erneut zu leisten sei und die geleisteten Sicherheiten in der Höhe von EUR 9.402,72 bzw. EUR 11.116,85 für verfallen erklärt würden.
1.6. Sämtliche beschwerdeführende Parteien erhoben gegen die erstinstanzlichen Bescheide jeweils nahezu inhaltsgleiche Berufungen mit dem Antrag, die Bescheide aufzuheben. Sie begründeten dies im Wesentlichen damit, dass sich die Begründung der Bescheide darin erschöpfe, die Beschwerdeführer hätten innerhalb der befristeten Gültigkeitsdauer der angesprochenen Lizenz weniger als 95 % importiert. Diese Behauptung sei unrichtig, sie werde auch nicht näher begründet. Die Behörde habe kein wie immer geartetes Ermittlungsverfahren durchgeführt, es sei das rechtliche Gehör verletzt worden. Das angeblich vorliegende Gutachten der TUA sei den Beschwerdeführern nicht zur Kenntnis gebracht worden. Es sei auch nicht im Einzelnen dargelegt worden, was die TUA untersucht habe, nach welcher Untersuchungsmethode sie vorgegangen und wie sie zu diesem Ergebnis gelangt sei. Die Beschwerdeführer hätten keine Gelegenheit gehabt, sich damit auseinanderzusetzen. Erstmals durch die bekämpften Bescheide seien die Beschwerdeführer damit konfrontiert worden, die Ware habe angeblich nicht dem deklarierten KN-Code entsprochen.
Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass das in weiterer Folge durchgeführte Verfahren vor der Berufungsbehörde für sämtliche erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer mit im Wesentlichen gleichlautenden Schreiben der belangten Behörde bzw. inhaltsgleichen Schriftsätzen der jeweiligen beschwerdeführenden Parteien geführt wurde.
In der Folge wurde den beschwerdeführenden Parteien die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt.
In ihrer ersten Stellungnahme wiesen die beschwerdeführenden Parteien darauf hin, dass weder aus dem Bescheid erster Instanz noch aus dem Vorhalt der belangten Behörde zur Einräumung von Parteiengehör entnommen werden könne, wo sich die ETOS-Erledigung befinde, wie die behauptete Feststellung getroffen bzw. zustande gekommen sei. Somit werde der Antrag gestellt, diese ETOS-Erledigung zur Prüfung und Stellungnahme zu übermitteln.
Im Rahmen eines weiteren Schreibens der belangten Behörde wies sie darauf hin, nunmehr die geforderten Unterlagen beizulegen und eröffnete den Beschwerdeführern neuerlich die Möglichkeit zur Stellungnahme.
In ihrer zweiten Stellungnahme brachten die beschwerdeführenden Parteien erneut vor, dass die angesprochene ETOS-Erledigung nicht beigelegt gewesen sei und somit neuerlich der Antrag gestellt werde, die entsprechenden Unterlagen sowie die Beurteilungsunterlagen von der TUA beizuschaffen. Bereits damals erklärten sie, es gehe um den Umfang der Proben, die Anzahl der Proben, die Anzahl der Untersuchungen, das Gewicht der einzeln untersuchten Stücke und die Feststellung, wie die Untersuchung erfolgt sei.
Im Rahmen einer - von der belangten Behörde neuerlich eingeräumten - Stellungnahme nahmen die beschwerdeführenden Parteien nunmehr auf die vorgelegten Unterlagen Bezug, ersuchten jedoch um Fristerstreckung, zumal sie selbst ein Gutachten von einer Untersuchungsanstalt einholen wollten und dieses bis dato noch nicht vorliegen würde.
Nach Bewilligung der Fristerstreckung brachten die beschwerdeführenden Parteien in ihrer vierten und letzten Stellungnahme vor, dass nunmehr der fachliche Rat von "Analytec" in Salzburg eingeholt worden sei, woraus sich ergebe, dass aus den übersendeten Unterlagen nicht ersichtlich sei, wie die Untersuchungen exakt erfolgt seien. Salz könne titrimetisch nur in einer Flüssigkeit nachgewiesen werden, es fehle die Arbeitsvorschrift, wie man zur untersuchten Flüssigkeit gelangt sei, die Methode sei unzureichend beschrieben. Nicht alle Methoden seien akkreditiert bzw. sei die TUA nicht für alle angewendeten Methoden akkreditiert. Es werde bestritten, dass Art und Umfang der Probenziehung einer Warensendung im Ermessen des Abfertigungsbeamten liege, es seien vielmehr die einschlägigen Verordnungen des Gemeinschaftsrechts einzuhalten. Es könne daher keine Schlussfolgerung auf die Beschaffenheit der Ware getroffen werde. Im weiteren beantragten die beschwerdeführende Parteien die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Ladung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Lebensmitteltechnik und Lebensmitteluntersuchung sowie Einholung von Befund und Gutachten dazu, dass eine Beurteilung der eingeführten Ware bzw. ein Rückschluss von den untersuchten Proben auf die Beschaffenheit der eingeführten Ware nicht möglich sei.
2. Die belangte Behörde wies mit den angefochtenen Bescheiden die Berufungen der beschwerdeführenden Parteien jeweils ab.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens sowie der ihrer Ansicht nach anzuwendenden Rechtsvorschriften im Wesentlichen gleichlautend aus, dass der Antrag auf Abhaltung einer Berufungsverhandlung und Einholung eines Gutachtens verfehlt sei, im Hinblick auf ein von der Behörde als tauglich gewertetes Gutachten, das von der TUA und somit einer Dienststelle des BMF erstellt worden sei, nunmehr durch die Ladung eines Sachverständigen bzw. die Erstellung eines neuen Gutachtens widerlegen zu lassen. Das von den Beschwerdeführern in Auftrag gegebene Gutachten der "Analytic" Salzburg liege nicht vor. Mit schriftlich vorgelegten Auszügen eines Telefonats betreffend den "fachlichen Rat" könne dem tauglichen Sachverständigengutachten nicht begegnet werden. Weitere Ausführungen in dieser vierten Stellungnahme könnten nicht nachvollzogen werden. Die belangte Behörde wies darauf hin, dass laienhafte Ausführungen einem tauglichen Sachverständigengutachten nicht die Glaubwürdigkeit nehmen könnten. Gleiches führte die belangte Behörde auch zu dem Vorbringen der mangelnden Akkreditierung der TUA aus. Nach Auffassung der Behörde liege kein Zweifel an der Plausibilität der vorliegenden Gutachten vor; es seien von Seiten der beschwerdeführenden Parteien in den ersten drei Stellungnahmen keine konkreten Ausführungen vorgenommen worden, die die Plausibilität widerlegten. In der vierten Stellungnahme sei keine der in Aussicht gestellten Stellungnahmen, die die TUA Gutachten widerlegen sollten, übermittelt worden. Somit gehe die Behörde davon aus, dass der auf Grund der vorgenommenen Probeziehung erfolgte Rückschluss auf die Beschaffenheit der gegenständlichen Ware plausibel sei. Da wie von der ersten Instanz ausgesprochen davon auszugehen sei, dass die eingeführte Ware nicht den lizenzrechtlichen Vorgaben entspreche, sei der Ausspruch des Verfalls der Sicherheit zu Recht erfolgt und seien die Berufungen abzuweisen.
3. Gegen diese Bescheide haben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 23. November 2012, B 617/2011 bis 621/2011, abgelehnt und die Beschwerde über nachträgliche Anträge der Beschwerdeführer dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten hat.
In den im Wesentlichen gleichlautenden Beschwerdeergänzungen bekämpfen die Beschwerdeführer die Bescheide vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeverfahren wegen ihres sachlichen und hinsichtlich der hg. Verfahren zu den Zlen. 2013/17/0061 und 0062 auch persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über die Beschwerden erwogen:
4.1. Die Beschwerdeführer führen zusammengefasst aus, die belangte Behörde habe sich darauf beschränkt, ihrer Entscheidung die ETOS-Erledigung zugrunde zu legen. Wiederholt hätten die Beschwerdeführer darauf hingewiesen, das einzige Aktenstück, auf welches die Entscheidung gestützt werden solle, enthalte keine überprüfbaren Ergebnisse. Der ETOS-Untersuchungsbefund enthalte unter anderem die Angabe, der Gesamtkochsalzgehalt würde weniger als 1,2 GHT betragen. Zurecht sei von den Beschwerdeführern verlangt worden, die Beurteilungsgrundlage von der TUA beizuschaffen; es gehe insbesondere um den Umfang der Proben, die Anzahl der Proben, die Anzahl der Untersuchungen, das Gewicht der einzelnen untersuchten Stücke und um die Feststellung, wie die Untersuchung erfolgt sei. Sämtliche Befunde seien nicht überprüfbar, es handle sich auch um kein Gutachten.
4.2. Gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 376/2008 der Kommission vom 23. April 2008 mit gemeinsamen Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. L 114 vom 26. April 2008 berechtigt und verpflichtet die Einfuhr- oder Ausfuhrlizenz dazu, mit dieser Lizenz, ausgenommen im Fall höherer Gewalt, innerhalb einer Gültigkeitsdauer die angegebene Menge des bezeichneten Erzeugnisses und/oder der bezeichneten Ware einzuführen bzw. auszuführen. Die in diesem Absatz genannten Pflichten sind Hauptpflichten im Sinne von Art. 20 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. L 205 vom 3. August 1985.
Gemäß Art. 22 der zuletzt genannten Verordnung verfällt eine Sicherheit in voller Höhe für die Menge, für die eine Hauptpflicht nicht erfüllt wurde. Gemäß Abs. 2 leg. cit. gilt eine Hauptpflicht als nicht erfüllt, wenn, abgesehen von Fällen höherer Gewalt, der entsprechende Nachweis innerhalb der hiefür vorgeschriebenen Frist nicht erbracht wurde.
Art. 29 der genannten Verordnung besagt auszugsweise wie folgt:
"Erhält die zuständige Stelle Kenntnis von Umständen, die den gänzlichen oder teilweisen Verfahren (Anm.: Verfall) der Sicherheit zur Folge haben, so fordert sie den Beteiligten unter Einräumung einer Frist von höchstens 30 Tagen unverzüglich zur Zahlung des verfallenen Betrages auf."
Art. 34 der Verordnung (EG) Nr. 376/2008 besagt auszugsweise:
"(1) Die Mitgliedstaaten können auf Antrag des Inhabers der Lizenz die Sicherheit für die Teilmengen frei geben, für die die Nachweise nach Art. 31 erbracht sind, sofern nachgewiesen wurde, dass mindestens fünf v.H. der in der Lizenz angegebenen Menge ein- oder ausgeführt worden sind.
(2) Vorbehaltlich der Anwendung der Bestimmungen der Art. 39, 40 und 47 verfällt die Sicherheit bei Nichterfüllung der Verpflichtung zur Ein- bzw. Ausfuhr für eine Menge, die dem Unterschied zwischen
a)
95 v.H. der in der Lizenz angegebenen Menge und
b)
der tatsächlich ein- bzw. ausgeführten Menge entspricht.
Werden die Lizenzen nach der Stückzahl erteilt, wird das Ergebnis der Berechnungen der genannten 95 v.H. gegebenenfalls auf die nächstniedrigere Stückzahl abgerundet.
Beträgt die eingeführte oder ausgeführte Menge jedoch weniger als 5 v.H. der in der Lizenz angegebenen Menge, so verfällt die Sicherheit vollständig."
4.3. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Die Begründung eines Bescheides muss erkennen lassen, welchen Sachverhalt die Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher all jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Die gesetzmäßige Begründung eines Bescheides erfordert somit in einem ersten Schritt die Feststellung jenes, in einem nach Maßgabe der Verfahrensgesetze amtswegig geführten Ermittlungsverfahren erhobenen Sachverhaltes, welchen die Behörde ihrer rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt; die Behörde ist somit verpflichtet, in der Begründung des Bescheides in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglicher Weise aufzuzeigen, von welcher konkreten Sachverhaltsannahme sie bei ihrem Bescheid ausgegangen ist und worauf sich die getroffenen Sachverhaltsannahmen im Einzelnen stützen. Dieser Rechtspflicht nicht entsprechend gestaltete Bescheide werden nicht nur dem Sinn und Zweck der §§ 58 und 60 AVG nicht gerecht, sondern hindern im Fall seiner Anrufung auch den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie in § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als nicht oder unzureichend begründete Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20.Oktober 2004, Zl. 2001/08/0020).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid nicht.
Die belangte Behörde gibt zunächst das Verwaltungsgeschehen wieder. Darüber hinaus trifft sie jedoch keine Feststellungen, sondern setzt sich ausschließlich mit den in den Berufungen erhobenen Einwänden auseinander. Des Weiteren fehlt auch eine Auseinandersetzung mit der Rechtsfrage; vielmehr verweist die belangte Behörde am Ende ihres Bescheides offenbar auf die Erwägungen der Erstinstanz, dass die eingeführte Ware nicht den lizenzrechtlichen Vorgaben entsprochen habe, weswegen der Ausspruch des Verfalls der Sicherheit zu Recht erfolgt sei.
Auch die AMA hatte lediglich festgestellt, dass die technische Untersuchungsanstalt der Finanzverwaltung (TUA) mit ETOS-Erledigung 3954/2008 festgestellt habe, dass es sich bei dem abgefertigten Fleisch um Fleisch von Hausgeflügel der Position 0105, gefroren, von Hühnern, Teile, entbeint, des KN-Codes 02071410 handle. Die betreffende Abschreibung sei zu Unrecht erfolgt und werde daher vom Zollamt Wien wieder angeschrieben, weshalb der Ausnützungsgrad der gegenständlichen Einfuhrlizenz geringer sei als ursprünglich angegeben. Auf der letzten Seite der erstinstanzlichen Bescheide wurde festgestellt, dass innerhalb der befristeten Gültigkeitsdauer der gegenständlichen Lizenz weniger als 95 % importiert worden sei. Letztendlich wurde eine Aufstellung der erteilten Menge, der Pflichtmenge, der nachgewiesenen Menge und der Fehlmenge gemacht.
Bereits in den Berufungen monierten die Beschwerdeführer ausdrücklich, dass das von der ersten Instanz angenommene Ausmaß der Importe von weniger als 95 % der durch die Lizenz vorgeschriebenen Menge unrichtig bzw. auch nicht näher begründet worden, sowie dass kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei.
Wenn sich die erste Instanz pauschal auf die Untersuchungen der technischen Untersuchungsanstalt der Finanzverwaltung stützt, ohne darzulegen, auf Grund welcher konkreten Ergebnisse sie welche Rückschlüsse zieht, hätte die belangte Behörde insbesondere nach den Einwänden in den Stellungnahmen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und in den Berufungen konkrete Feststellungen treffen müssen, die die Nachvollziehbarkeit der nicht erreichten Importmenge von 95 % erlaubten, wobei eine Auseinandersetzung mit den Untersuchungsergebnissen notwendig gewesen wäre.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Auseinandersetzung mit den Berufungsvorbringen der Beschwerdeführer darauf verweist, dass laienhafte Ausführungen ein von der Behörde als tauglich gewertetes Sachverständigengutachten nicht entkräften können, wäre sie umso mehr verhalten gewesen darzulegen, aus welchen nachvollziehbaren Gründen sie davon ausgeht, dass hinsichtlich der Fehlmengen andere Waren als durch die Lizenz vorgeschrieben wurden, tatsächlich eingeführt wurden. Zu diesem Zweck wäre allenfalls die TUA zur Ergänzung ihres Gutachtens aufzufordern gewesen.
Somit erweisen sich die angefochtenen Bescheide auf Grund des Vorliegens von Begründungsmängeln mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet und waren deshalb aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 14. November 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013170058.X00Im RIS seit
10.12.2013Zuletzt aktualisiert am
04.04.2014