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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FSG 1997 §4 Abs6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des W in A, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Rainerstraße 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 1. August 2000, Zl. VwSen-510051/3/Gf/Km, betreffend Entziehung einer Fahrschullehrerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 116 Abs. 5 in Verbindung mit § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 die Fahrschullehrerberechtigung entzogen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 116 Abs. 5 KFG 1967 ist eine Fahrschullehrerberechtigung zu entziehen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung nicht mehr gegeben sind. Gemäß § 116 Abs. 1 KFG 1967 darf die Berechtigung, als Fahrschullehrer an einer Fahrschule theoretischen und praktischen Unterricht zu erteilen, nur Personen erteilt werden, bei denen u.a. die im § 109 Abs. 1 lit. b und g KFG 1967 angeführten Voraussetzungen vorliegen. Gemäß § 109 Abs. 1 lit. b KFG 1967 ist Voraussetzung für die Erteilung der dort geregelten Fahrschulbewilligung, dass die Person vertrauenswürdig ist (nach der lit. g ist u.a. Voraussetzung, dass die Person in den letzten fünf Jahren nicht wegen schwerer Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden ist).
Anlass für die Verfügung der bekämpften Entziehungsmaßnahme war, dass der Beschwerdeführer am 28. Jänner 2000 einen Verkehrsunfall mit Sachschaden (Beschädigung eines Gartenzaunes) verursacht und es in der Folge unterlassen habe, anzuhalten, an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und die nächstgelegene Sicherheitsdienststelle zu verständigen. Dadurch habe er Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a und c und Abs. 5 StVO 1960 begangen, wegen derer auch rechtkräftig bestraft worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar in seiner bisherigen Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass auch ausserberuflich begangene Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften den Wegfall der Vertrauenswürdigkeit nach sich ziehen können; dies kann sogar schon bei einem einzigen Delikt der Fall sein, wie etwa bei einem Alkoholdelikt oder dem Befahren einer Autobahn gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung, letzteres jedenfalls in Verbindung mit der gerichtlich strafbaren Handlung der Gefährdung der körperlichen Sicherheit unter besonders gefährlichen Verhältnissen im Sinne des § 89 (§ 81 Z. 1) StGB, vgl. die Erkenntnisse vom 28. September 1993, Zl. 93/11/0101, und vom 5. März 1986, Zl. 85/11/0185).
Die Übertretungen der StVO 1960, die vom Beschwerdeführer am 28. Jänner 2000 begangen worden sind, sind in ihrer Verwerflichkeit und damit in ihrer Auswirkung auf die Vertrauenswürdigkeit eines Fahrschullehrers den oben genannten strafbaren Handlungen, insbesondere Alkoholdelikten, nicht gleichzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung, dass bereits mit dem Vorfall vom 28. Jänner 2000 die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers weggefallen sei, nicht.
Der angefochtene Bescheid wäre aber dann nicht rechtswidrig, wenn ein Entziehungstatbestand nach § 116 Abs. 5 in Verbindung mit Abs. 1 und § 109 Abs. 1 lit. g KFG 1967 vorläge. In dieser lit. g ist aber davon die Rede, dass die betreffende Person "schwere Verstöße" u.a. gegen die StVO 1960 begangen hat. Wenn der Beschwerdeführer auch durch sein Verhalten am 28. Jänner 2000 die Tatbestände von drei Verwaltungsübertretungen verwirklicht hat - wovon angesichts seiner rechtskräftigen Bestrafung auszugehen ist - , so könnte allenfalls lediglich von einem schweren Verstoß gegen straßenpolizeiliche Regelungen die Rede sein. Dabei steht im Vordergrund, dass es sich insgesamt um einen Vorfall handelt, bei dem der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und sein Verhalten danach nicht dem Gesetz entsprechend eingerichtet hat. In § 4 Abs. 6 Führerscheingesetz (FSG) wird im Übrigen nur die Fahrerflucht nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 als schwerer Verstoß (eines Besitzers eines Probeführerscheines) bezeichnet; die anderen vom Beschwerdeführer begangenen Übertretungen weisen diese Qualifikation nicht auf. Ein Entziehungstatbestand in Verbindung mit der lit. g des § 109 Abs. 1 KFG 1967 liegt aber erst bei einer Mehrzahl von derartigen Verstößen vor (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1999, Zl. 98/11/0301).
Dies hat die belangte Behörde verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Oktober 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000110220.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
13.02.2012