TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/24 99/11/0283

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Veröffentlicht am 24.10.2000
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Index

L94408 Krankenanstalt Spital Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art140;
B-VG Art18 Abs1;
SpitalG Vlbg 1990 §33 Abs2;
SpitalG Vlbg 1990 §36 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard, Dr. Graf, Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des PO in H, vertreten durch Dr. Clement Achammer u.a., Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 21. Juli 1999, Zl. IVb-79-20/1998, betreffend Gebührenvorschreibung nach dem Vorarlberger Spitalgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden gemäß § 55 Abs. 2 des Vorarlberger Spitalgesetzes (SpG), LGBl. Nr. 1/1990, Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Zahlungsaufforderung des Landeskrankenhauses Feldkirch betreffend den aushaftenden Gebührenrestbetrag von S 78.028,25 für einen Aufenthalt in der Zeit vom 14. bis 26. März 1998 als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei nach einem Schiunfall am 14. März 1998 in das Landeskrankenhaus Feldkirch aufgenommen worden. Er sei bis zu seiner Entlassung am 26. März 1998 (13 Verpflegstage) stationär in der Sonderklasse untergebracht gewesen. Am 26. März 1998 habe der Beschwerdeführer eine Akontozahlung von S 48.837,-- geleistet. Am 26. Mai 1998 und am 8. Juli 1998 seien weitere Zahlungen in der Höhe von S 66.289,-- und S 8.052,-- erfolgt. Auf die gesamte Krankenhausrechnung sei ein Restbetrag von S 78.028,25 offen geblieben.

Der Beschwerdeführer habe einen Aufnahmeantrag für Selbstzahlerpatienten und Sonderklassepatienten unterschrieben, der mit 14. März 1998 datiert sei. Die für den Beschwerdeführer aus der Aufnahme in die Sonderklasse sich ergebenden Verpflichtungen seien in diesem Aufnahmeantrag ausführlich beschrieben worden, sodass das Landeskrankenhaus Feldkirch seiner Aufklärungsverpflichtung im Sinne des § 33 Abs. 2 SpG nachgekommen sei. Das Landeskrankenhaus Feldkirch habe keine Pflicht zur Überprüfung getroffen, ob die private Krankenversicherung des Beschwerdeführers tatsächlich die gesamten Kosten der Sonderklasse übernehmen werde.

Vom Leiter der Abteilung für Unfallchirurgie im Landeskrankenhaus Feldkirch sei bestätigt worden, dass der Beschwerdeführer bei der Aufnahme ansprechbar und orientiert gewesen sei. Da der Aufnahmeantrag mit 14. März 1998 datiert sei, sei auch davon auszugehen, dass er an diesem Tag vom Beschwerdeführer unterfertigt worden sei. Ein Nachweis für die Behauptung des Beschwerdeführers, der Aufnahmeantrag sei erst zu einem späteren Zeitpunkt unterschrieben worden, sei nicht erbracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des SpG

lauten wie folgt:

"§ 33

Pflegeklassen

(1) Neben der allgemeinen Pflegeklasse kann eine Sonderklasse eingerichtet werden. Die Sonderklasse hat höheren Ansprüchen hinsichtlich der Unterbringung der Patienten, insbesondere durch eine geringere Bettenanzahl in den Krankenzimmern, und hinsichtlich der Verpflegung zu entsprechen.

(2) In die Sonderklasse sind anstaltsbedürftige Personen nur über eigenes Verlangen aufzunehmen. Die Aufnahme kann von der Beibringung einer schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung des Pflegeentgeltes sowie vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung abhängig gemacht werden. Über die sich aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergebenden Verpflichtungen ist die anstaltsbedürftige Person bzw. ihr gesetzlicher Vertreter vorher in geeigneter Weise aufzuklären.

...

§ 34

LKF-Entgelt, Pflege- und Sonderentgelte

(1) Für die Leistungen der Krankenanstalten dürfen, ausgenommen die Fälle der §§ 35 und 36, von den Patienten oder anderen Zahlungspflichtigen nur eine Pauschale pro Krankheitsfall (LKF-Entgelt) oder das Pflegeentgelt der allgemeinen Pflegeklasse und die im Abs. 2 vorgesehenen Sonderentgelte eingehoben werden.

(2) Folgende Sonderentgelte dürfen eingehoben werden:

...

c) von Patienten, die über eigenes Verlangen in die Sonderklasse aufgenommen wurden, ein Zuschlag zum LKF-Entgelt oder zum Pflegeentgelt für Leistungen in der Sonderklasse, ...

...

§ 36

Ärztehonorare

(1) Die Abteilungs-, Departements-, Instituts- und Laboratoriumsleiter sowie die Konsiliarärzte sind berechtigt, von den Patienten der Sonderklasse ein Honorar zu verlangen (Ärztehonorar).

...

(4) Für die Vorschreibung und Einbringung der Ärztehonorare gelten die §§ 34 Abs. 6, 53 und 55 sinngemäß mit der Maßgabe, dass der Rechtsträger der Krankenanstalt die Ärztehonorare namens der Ärzte, und zwar gleichzeitig mit den Sonderentgelten, vorzuschreiben und einzubringen hat.

...

§ 53

Vorschreibung der LKF-Gebühren, Pflege- und Sondergebühren

(1) LKF-Gebühren, Pflege- und Sondergebühren der öffentlichen Krankenanstalten, die nicht im Vorhinein entrichtet wurden, sind unverzüglich nach Beendigung der Anstaltsbehandlung dem Zahlungspflichtigen vorzuschreiben. In den berücksichtigungswürdigen Fällen kann über Ersuchen des Zahlungspflichtigen die Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr in Teilbeträgen gestattet werden. Bei länger dauernder Anstaltsbehandlung können die aufgelaufenen LKF-Gebühren, Pflege- und Sondergebühren monatlich vorgeschrieben werden.

(2) Zahlungspflichtig ist in erster Linie der in der Krankenanstalt behandelte Patient, sofern und soweit nicht eine andere physische oder juristische Person aufgrund sozialversicherungsrechtlicher, fürsorgerechtlicher oder anderer gesetzlicher Vorschriften, hiefür aufzukommen hat. Können die aufgelaufenen LKF-Gebühren, Pflege- und Sondergebühren auf diese Weise nicht hereingebracht werden, sind zum Ersatz die für den Patienten unterhaltspflichtigen Personen heranzuziehen.

§ 55

Einbringung rückständiger LKF-Gebühren,

Pflege- und Sondergebühren

(1) Zahlungspflichtigen, die mit der Entrichtung von Pflege- und Sondergebühren mehr als vier Wochen im Rückstand sind, ist eine Zahlungsaufforderung zuzustellen.

...

(2) Gegen die Zahlungsaufforderung kann der Verpflichtete binnen zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder mündlich bei der Stelle Einwendungen erheben, welche die Zahlungsaufforderung ausgestellt hat. Über Einwendungen, denen nicht von der Krankenanstalt selbst Rechnung getragen wird, entscheidet die nach dem Sitz der Krankenanstalt zuständige Bezirkshauptmannschaft.

...

(5) Die Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für die Einbringung rückständiger LKF-Gebühren. In diesen Fällen hat die Zahlungsaufforderung anstelle der Angaben gemäß Abs. 1 lit. b und c die Bezeichnung der Diagnosefallgruppe, die für den Patienten ermittelten LKF-Punkte, den Schillingwert je LKF-Punkt und die Höhe der aufgelaufenen LKF-Gebühren zu enthalten."

Der Beschwerdeführer bekämpft die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, er habe am 14. März 1998 den Aufnahmeantrag unterschrieben. Er macht in diesem Zusammenhang u.a. geltend, dass der Notarzt an der Unfallstelle Bewusstlosigkeit attestiert habe. Bei der Aufnahme sei er laut Auskunft des Leiters der Unfallabteilung Prim. Dr. F. zwar ansprechbar und orientiert gewesen, habe aber das Unfallereignis nicht vollständig beschreiben können. Er führt ferner ins Treffen, dass das Landeskrankenhaus Feldkirch entgegen der im Aufnahmeantrag vorgesehenen Textstelle weder eine Vorauszahlung in der Höhe der Wertentsprechung von S 40.000,-- LDF-Punkten noch eine kostendeckende unwiderrufliche Verpflichtungserklärung einer österreichischen Privatversicherung verlangt habe.

Diese Ausführungen des Beschwerdeführers lassen die der bekämpften Sachverhaltsfeststellung zugrunde liegende Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als unschlüssig erkennen. Die belangte Behörde weist in der Gegenschrift mit Recht darauf hin, dass der Beschwerdeführer das auf dem Aufnahmeantrag aufscheinende Datum nicht bemängelt habe, und schließt daraus, dass die Unterfertigung an diesem Tag erfolgt sei. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Bewusstlosigkeit am Unfallort kommt im gegebenen Zusammenhang nur geringes Gewicht zu, weil Bewusstlosigkeit oder eine Bewusstseinseinschränkung im Sinne fehlender oder eingeschränkter Handlungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Aufnahme nach der Aktenlage nicht vorlag und vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet wird. Auch aus dem Umstand, dass das Landeskrankenhaus Feldkirch nicht bereits anlässlich der Aufnahme eine Vorauszahlung im Wert von S 40.000,-- LDF-Punkten verlangt hat, kann im gegebenen Zusammenhang für den Beschwerdeführer nichts gewonnen werden, weil der Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung im Sinne des § 33 Abs. 2 SpG nicht zwingende Voraussetzung für die Aufnahme in die Sonderklasse darstellt. Eine entsprechende Vorauszahlung wurde vom Landeskrankenhaus Feldkirch unverzüglich verlangt, als die Privatversicherung des Beschwerdeführers erklärt hat, nur die Kosten für die allgemeine Pflegeklasse zu übernehmen, und vom Beschwerdeführer in Kenntnis dieser Tatsache auch geleistet. Aus der Tatsache, dass die Anzahlung nicht bereits im Zeitpunkt der Aufnahme verlangt wurde, kann für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen werden, weil es gerade in dringenden Fällen (wie auch im Beschwerdefall) meistens nicht möglich ist, dass der Patient eine entsprechende Vorauszahlung im Zeitpunkt der Aufnahme erlegt.

Im Hinblick darauf, dass die Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde betreffend die Unterfertigung des Aufnahmeantrages am 14. März 1998 keinen Bedenken begegnet, kann es auf sich beruhen, ob nicht in der - nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers erst einige Tage nach der Aufnahme erfolgten - widerspruchslosen Unterfertigung des vorliegenden Aufnahmeantrages und dem Unterbleiben jeglicher Reklamation seitens des Beschwerdeführers bis zu seinem Schreiben vom 19. Mai 1998 eine Genehmigung der Aufnahme in die Sonderklasse durch den Beschwerdeführer zu erblicken wäre.

Der Beschwerdeführer macht geltend, der vorliegende Aufnahmeantrag sei für den Patienten hinsichtlich der zu leistenden Zahlungen nicht ausreichend konkretisiert.

Dem ist zu erwidern, dass die ziffernmäßige Angabe der Höhe des LKF-Entgeltes und der Sonderentgelte im Zeitpunkt der Aufnahme gerade bei Notfällen nicht möglich ist, weil Art, Umfang und Dauer der erforderlichen Untersuchungen und Behandlungen regelmäßig noch nicht feststehen. Das Gleiche gilt für die Ärztehonorare, die gemäß § 36 Abs. 1 SpG von Patienten der Sonderklasse verlangt werden können. Aus dem Umstand, dass im Aufnahmeantrag nur die Verpflichtung zur Zahlung der Ärztehonorare, nicht aber deren ziffernmäßige Höhe, genannt wurde, kann daher keine Verletzung der Aufklärungspflicht im Sinne des § 33 Abs. 2 letzter Satz SpG abgeleitet werden. Auf den Sonderklassezuschlag zur LKF-Gebühr (S 1.665,-- pro Tag) wurde im Aufnahmeantrag ausdrücklich hingewiesen, sodass auch diesbezüglich der gesetzlichen Aufklärungspflicht entsprochen wurde. Eine Überspitzung dieser Aufklärungspflicht in dem vom Beschwerdeführer angestrebten Sinn hätte zur Folge, dass in allen Fällen, in denen eine genaue Berechnung der anfallenden Entgelte im Vorhinein nicht möglich ist, insbesondere also in dringenden Fällen, die Aufnahme eines Patienten in die Sonderklasse verweigert werden müsste. Ein derartiges Ergebnis ist mit Sinn und Zweck der im Gesetz vorgesehenen Aufklärungspflicht nicht in Einklang zu bringen.

Die vom Beschwerdeführer in Ansehung des § 33 Abs. 2 dritter Satz SpG geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen mangelnder Bestimmtheit dieser Vorschrift teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Der in dieser Gesetzesstelle enthaltene unbestimmte Gesetzesbegriff "in geeigneter Weise" ist einer Auslegung zugänglich. Die Aufklärung wird je nach dem Kenntnisstand und der körperlichen und geistigen Verfassung der anstaltsbedürftigen Person so zu erteilen sein, dass es ihr möglich ist zu erkennen, welche Verpflichtungen mit der Aufnahme in die Sonderklasse verbunden sind. Eine derartige Aufklärung kann auch durch die Aufnahme entsprechender Belehrungen in den Aufnahmeantrag erfolgen. Auf allfälliges Verlangen der anstaltsbedürftigen Person sind darüber hinaus weitere entsprechende Informationen zu erteilen.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999110283.X00

Im RIS seit

21.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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