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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §89a Abs2a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Senatspräsidentin Dr. Riedinger sowie den Hofrat Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch die Frysak & Frysak Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1220 Wien, Wagramer Straße 81/2, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 30. Mai 2011, Zl. MA 65- 91/2011, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO 1960, (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom 16. November 2010 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 89a Abs. 7 und 7a StVO 1960 für den auf ihn zugelassenen und dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW, der am 16. November 2009 um 15.00 Uhr an einem näher genannten Ort verkehrsbehindernd abgestellt gewesen sei, ein Kostenersatz für die Entfernung und Aufbewahrung dieses Fahrzeuges in Höhe von EUR 199,-- vorgeschrieben.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die Behörde habe eine Stellungnahme des Meldungslegers eingeholt. Dieser habe im Wesentlichen angegeben, dass das verfahrensgegenständliche Fahrzeug in einer absoluten Halteverbotszone abgestellt gewesen sei. Der Fließverkehr habe über die Sperrfläche fahren müssen, somit handle es sich um eine konkrete Behinderung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Mai 2011 wurde die Berufung abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, den Einwendungen des Beschwerdeführers zur angeblich mangelhaften Definition der Örtlichkeit (des Abstellens des gegenständlichen Fahrzeugs) und zur angeblich unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes könne sich die belangte Behörde nicht anschließen. Vielmehr sei der Ort des Einsatzes bereits im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides in ausreichender Weise konkret festgestellt. Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides lasse völlig zweifelsfrei erkennen, dass das Fahrzeug in einer Halte- und Parkverbotszone abgestellt gewesen sei.
Dem von der belangten Behörde beigeschafften Verordnungsakt sei zu entnehmen, dass unter anderem an dem näher genannten Ort entlang des südlichen Fahrbahnrandes das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art auf eine Länge von etwa 45 m verboten sei.
Eine zentimetergenaue Angabe des Abstellortes sei im Kostenvorschreibungsverfahren nicht erforderlich. Aber auch eine zentimetergenaue Messung durch das einschreitende Organ sei keineswegs erforderlich, um eine Behinderung des Fließverkehrs festzustellen, weil einem geschulten Organ die Fähigkeit zur richtigen Feststellung und Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte zuzubilligen sei. Aufgrund der täglichen Beschäftigung des Meldungslegers mit ähnlich gelagerten Sachverhalten sei davon auszugehen, dass dieser über ein geschärftes Wahrnehmungsvermögen hinsichtlich der Einschätzung verkehrstechnisch relevanter Maße verfüge. Überdies habe der Meldungsleger seine Angaben durch anschauliche Fotos untermauert.
Angesichts der gesetzwidrigen Aufstellung des Fahrzeuges und des Eintrittes der Voraussetzungen zur Entfernung sei somit nicht nur diese Entfernung des Fahrzeuges, sondern auch die Vorschreibung der Kosten zu Recht erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, die Frage, ob eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne § 89a Abs. 2 oder Abs. 2a StVO 1960 vorgelegen sei, sei eine zu lösende Vorfrage im Kostenvorschreibungsverfahren. Dem Inhalt des angefochtenen Bescheides sei in der Begründung die Feststellung der belangten Behörde zu entnehmen, dass der Pkw des Beschwerdeführers in einer Halte- und Parkverbotszone abgestellt gewesen sei.
Diese Halte- und Parkverbotszone solle sich nach dem Inhalt des von der belangten Behörde beigeschafften Verordnungsaktes "vor der Kreuzung mit der Gasse XXX entlang des südlichen Fahrbahnrandes" über eine Länge von 45 m erstrecken. Dagegen erstrecke sich die ON 13 der G.-Gasse - gegenüber welcher Anschrift der Pkw des Beschwerdeführers abgestellt gewesen sei - über eine Länge von 160 Metern, beginnend gegenüber einem näher genannten Gebäude bis zu einem näher genannten "Office", an dessen südlichem Ende die Anschrift G.-Gasse 15 beginne.
Auch wenn der Abstellort des Fahrzeuges auf jene 45 m (gegenüber ON 13) beschränkt werde, in welchem Bereich ein Halte- und Parkverbot verordnet sei, ergebe sich im Zusammenhalt mit den im Behördenakt befindlichen, vom einschreitenden Organ vorgelegten Lichtbildern, dass an der engsten in Betracht kommenden Stelle zwischen dem südlichen Fahrbahnrand und der sich beginnend aufweitenden Sperrlinie 5,80 m Platz seien. Unter Abzug der Breite eines abgestellten Pkws von 1,90 m verbleibe bis zur Leit- und in weiterer Folge zur Sperrlinie eine Durchfahrtsbreite von wenigstens 3,90 m, sodass jedes durchschnittlich 1,80 m breite Fahrzeug, aber auch Fahrzeuge mit der nach dem KFG 1967 zulässigen Breite von 2,60 m unter Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes die G.-Gasse befahren habe können, ohne "die Sperrfläche" zu überfahren und/oder den Gegenverkehr zu behindern.
Die von der belangten Behörde getroffene Feststellung der Abstellung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers in einer Halte- und Parkverbotszone sei per se aber nicht geeignet, eine Beeinträchtigung des Verkehrs zu indizieren. Dies ergebe sich eindeutig aus der Absicht des Gesetzgebers, der die Entfernung eines Fahrzeuges ohne weiteres Verfahren aus einem Halte- und Parkverbots in § 89a Abs. 2 lit. b StVO 1960 (nur) unter der kumulativen Voraussetzung vorsehe, dass das Halte- und Parkverbot durch das Vorschriftszeichen nach § 52 Z. 13b leg. cit. mit einer Zusatztafel "Abschleppzone" (§ 54 Abs. 5 lit. j leg. cit.) kundegemacht sei.
Sollte daher auch eine "zentimetergenaue Angabe des Abstellortes" nicht erforderlich sein, so ergebe sich aus den konkreten Dimensionen des Ortes der Abstellung des Fahrzeuges, dass eine Verkehrsbehinderung, wie sie das Gesetz zur rechtmäßigen Vorschreibung der Kosten der Entfernung und Aufbewahrung eines Fahrzeuges normiere, nicht vorgelegen sei. Die Kostenvorschreibung sei daher rechtswidrig.
Wohl aufgrund der gerügten unrichtigen rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde habe diese die vom Beschwerdeführer gestellten Beweisanträge ignoriert. So habe er in der an die belangte Behörde verfassten Berufung unter anderem die Vornahme eines Lokalaugenscheines beantragt, bei dessen Durchführung sich die Richtigkeit dieses Tatsachenvorbringens erwiesen hätte.
Weiters seien im gegenständlichen Verfahren (in erster Instanz) Ausdrucke von (angeblich vom einschreitenden Organ aufgenommenen) Lichtbildern zum Akt genommen worden, die aber zur Klärung des Sachverhaltes wenig zweckdienlich seien. Diese zeigten weder den konkreten Ort der Abstellung des Fahrzeuges des Beschwerdeführers, noch dieses selbst.
Wohl aber finde sich im Verwaltungsstrafakt ein - angeblich vom Meldungsleger angefertigtes - mit einer Datumsbezeichnung ("16/11/2009 14:14") versehenes Lichtbild, auf welchem der Pkw des Beschwerdeführers in der G.-Gasse - wenngleich nicht verkehrsbehindernd abgestellt - zu sehen sei. Der Beschwerdeführer habe daher die Beischaffung des bezeichneten Verwaltungsstrafaktes beantragt, weil sich aufgrund dieses Beweismittels im Zusammenhang mit dem beantragten Lokalaugenschein die nicht verkehrsbehindernde Abstellung verifizieren hätte lassen. Beiden (wie auch den sonst von ihm gestellten) Beweisanträgen sei die belangte Behörde nicht nachgekommen. Sie habe in ihrer Begründung auch nicht ausgeführt, warum diese Beweisanträge ignoriert worden seien, geschweige denn habe sie sich mit diesen auseinandergesetzt.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Kostenvorschreibung nach § 89a Abs. 7 StVO 1960 stellt die Rechtmäßigkeit der Abschleppung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2009, Zl. 2008/02/0398, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1990, VwSlg. Nr. 13.275/A, die Ansicht vertreten, dass in allen Fällen des § 89a Abs. 2a StVO 1960, somit in den Fällen, in denen der Gesetzgeber für die Annahme einer Verkehrsbeeinträchtigung verlangt, dass Verkehrsteilnehmer "gehindert sind", die konkrete Besorgnis einer solchen Behinderung ausreicht und nicht die konkrete Behinderung von Verkehrsteilnehmern erforderlich ist (sogenannte "Besorgnisjudikatur"; vgl. auch das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2009).
Im Beschwerdefall lag aufgrund der Beobachtungen des Meldungslegers zum Vorfallszeitpunkt, die bereits im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens verwertet wurden, nicht nur die begründete Besorgnis einer Verkehrsbehinderung, sondern aufgrund der damals gegebenen Verkehrsverhältnisse sogar eine konkrete Verkehrsbehinderung vor, weil andere Verkehrsteilnehmer gezwungen waren, mit ihren Fahrzeugen über die vorhandene Sperrfläche zu fahren, um am Fahrzeug des Beschwerdeführers gefahrlos vorbei zu gelangen.
Ferner ist aus den den Verwaltungsakten zuliegenden Fotos von der gegenständlichen Örtlichkeit unschwer zu ersehen, dass beim Vorbeifahren von größeren und längeren Fahrzeugen an einem in diesem Bereich im absoluten Halte- und Parkverbot abgestellten Fahrzeug jedenfalls die konkrete Besorgnis bestand, dass die Sperrlinie überfahren bzw. anschließend die Sperrfläche befahren werden müsste, sodass es keinen Bedenken begegnet, dass die belangte Behörde den Beweisanträgen des Beschwerdeführers nicht nachgekommen ist. Ergänzend sei auch angemerkt, dass der Beschwerdeführer in der Berufung nur allgemein die Beischaffung eines der Aktenzahl nach näher benannten Verwaltungsaktes der MA 67 beantragt, sich jedoch nicht auf ein konkretes Lichtbild berufen hat, das nunmehr in der Beschwerde als Beweismittel zur Widerlegung der Annahme der verkehrsbehindernden Abstellung des Fahrzeugs des Beschwerdeführers angeführt wird.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 20. November 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2011020263.X00Im RIS seit
13.12.2013Zuletzt aktualisiert am
22.01.2014