TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/24 2000/05/0184

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Veröffentlicht am 24.10.2000
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO Wr §19 Abs1 litc;
BauO Wr §19 Abs2 litb Z3;
B-VG Art140 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. des Manfred Tromayer und 2. der Christine Tromayer in Wien, beide vertreten durch Dr. Alexander Brauer, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Bernd A. Oberhofer und Dr. Herbert Fink, Rechtsanwälte in Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. Juni 2000, Zl. MD-VfR - B XVII - 14/2000, betreffend Versagung einer Baubewilligung,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zusammen der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes Korngasse ONr. sine, EZ 1985 der KG Dornbach. Mit Ansuchen vom 6. Februar 1992 hat K.N. um Erteilung der Baubewilligung für ein Einfamilienwohnhaus auf diesem Grundstück angesucht, mit gemeinsamem Schreiben des K.N. und der Zweitbeschwerdeführerin vom 17. August 1992 wurde bekannt gegeben, dass ein Bauwerberwechsel stattgefunden habe, zukünftiger Bauwerber sei die Zweitbeschwerdeführerin.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/17, mit Bescheid vom 30. August 1994, berichtigt mit Bescheid vom 8. September 1994, die beantragte Baubewilligung gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin als Bauwerberin versagt. Aus den Bestimmungen des § 19 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien ergebe sich ein Bauverbot, wenn die vor einem Bauplatz gelegene Verkehrsfläche noch nicht befestigt oder mit dem bestehenden Straßennetz noch nicht in Verbindung gebracht worden sei oder in ihr nicht bereits ein Straßenkanal verlegt worden sei. Der gegenständliche Bauplatz liege an der zukünftigen Korngasse, die jedoch im Bereich vor der Liegenschaft nicht ausgebaut sei und auch keine Verbindung zum bestehenden Straßennetz aufweise. Ein Straßenkanal sei in dieser Verkehrsfläche im genannten Bereich nicht vorhanden. Eine Ausnahme gemäß § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO dürfe nicht gewährt werden, weil die dem Bauplatz zur Verfügung stehende Verbindung zum ausgebauten Straßennetz nur über einen Servitutsstreifen möglich sei, der den vorliegenden Unterlagen nach in einer Breite von 2,5 m grundbücherlich sichergestellt sei, wobei durch Abänderungen in der Natur die 2,5 m Breite nicht auf die gesamte Länge des Weges vorhanden sei. Es fehlten somit die Ausnahmetatbestände einer mindestens 3 m breiten beleuchteten Zufahrt mit befestigter Oberfläche, wodurch unter anderem auch eine ordnungsgemäße Räumung der projektierten Senkgrube nicht sichergestellt sei.

Gegen die Versagung der Baubewilligung erhoben beide Beschwerdeführer Berufung, in der sie ausführten, im Hinblick darauf, dass die Kornstraße noch nicht ausgebaut sei, sei die vorhandene und grundbücherliche Eintragung für das Recht des Befahrens und Begehens des Servitutsweges bis zum Ausbau der Kornstraße eine Übergangslösung. Die halbe Länge des Servitutsweges habe im oberen Teil eine Breite in der Natur von 3 m und im unteren Teil eine Breite von 2,5 m, welche für das Erreichen sowie Baumaterialtransport und Abtransport für Kleinkraftwagen keinerlei Hindernisse darstelle. Die Entsorgung des Abwassers sei durch ein Räumfahrzeug von der Czartoryskigasse mittels, falls notwendig, beigestellter Pumpe möglich, außerdem sei ein Schreiben der Magistratsabteilung 30 über die Entsorgung der Abwässer vorhanden. Die Beleuchtung des Servitutsweges sei bis zur Öffnung der Korngasse mit Sensorlampen möglich, die Befestigung mittels Schotterbelages sei von der Czartoryskigasse bis zur Liegenschaft der Frau Ch. ohnedies gegeben. Diese Liegenschaft befinde sich ca. auf halbem Weg von der Czartoryskigasse zum Grundstück der Beschwerdeführer und werde vor Ort mit LKW-Kanalräumfahrzeugen befahren.

Mit Schreiben vom 24. November 1998 hat die für Straßenangelegenheiten zuständige Magistratsabteilung 28 bekannt gegeben, dass sich der gegenständliche Bereich der Korngasse noch im physischen Besitz der Anrainer befinde und laut Rücksprache mit dem Bezirksvorsteher des 17. Bezirkes auch derzeit kein Grundsatzbeschluss für den widmungsgemäßen Ausbau der Korngasse seitens der Bezirksvertretung gefasst werden könne. Ob im gegenständlichen Bereich die Verlegung eines Straßenkanales und einer Trinkwasserleitung beabsichtigt sei, müsse von den zuständigen Dienststellen erfragt werden.

Mit Schreiben der für allgemeine baubehördliche Angelegenheiten zuständigen Magistratsabteilung 35 vom 19. Juli 1999 wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass mit der Grundabteilung vom 31. Oktober 1931 das gegenständliche Baugrundstück als Bauplatz Nr. 7 genehmigt worden sei, es seien alle bescheidmäßig vorgeschriebenen Bedingungen intabuliert worden, auch das Bauverbot sowie die privaten Wegerechte. In den Jahren 1981 bis 1982 sei die Grundbuchsumstellung auf EDV erfolgt und bei dieser Gelegenheit sei die Bauplatzanmerkung nicht mitübernommen worden. Anlässlich des Verkaufes der Liegenschaft sei von den Parteien dieser Umstand festgestellt und nach § 21 des Grundbuchsumstellungsgesetzes eine Richtigstellung beantragt worden. Bei dieser Gelegenheit sei der Bauplatz ersichtlich gemacht, dafür aber die Verpflichtungen des Bauverbotes unter Herstellung der Höhenlage gelöscht worden. Anlässlich der heutigen Grundbuchserhebung seien diese Umstände gemeinsam mit dem Grundbuchsführer erhoben worden und von diesem die Wiederersichtlichmachung der fälschlicherweise gelöschten Eintragungen zugesagt worden.

Den Beschwerdeführern wurde sowohl die Stellungnahme der MA 28 vom 24. November 1998 als auch jene der MA 35 vom 19. Juli 1999 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, die gegenständliche Liegenschaft verfüge lediglich über einen Servitutsweg, der nur in einem Teilbereich eine Breite von 3 m aufweise, überwiegend habe er eine Breite von 2,5 m, welche durch Versetzen eines Zaunes von Anrainern auf ca. 40 cm verjüngt worden sei. Dies bedeute, dass die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO für die Ausnahme vom Bauverbot, das mit dem Grundabteilungsbescheid vom 31. Oktober 1931 rechtskräftig verhängt worden sei, nicht lückenlos vorliegen. Es mangle sowohl am Erfordernis der Zufahrt, als auch an deren geforderter Mindestbreite von 3 m. Die Versagung des Bauvorhabens sei daher zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Erstbeschwerdeführer hat kein Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung gestellt, er scheint auch im Schreiben betreffend den Bauwerberwechsel nicht auf. Er ist lediglich Hälfteeigentümer des zu bebauenden Grundstückes. Als Grund(Mit)eigentümer, der kein Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung gestellt hat, kann er durch die Versagung einer Baubewilligung in keinem Recht verletzt sein. Seine Beschwerde war daher zurückzuweisen.

2. Nach § 19 Abs. 1 lit. c der Wiener Bauordnung (BO) ist ein Bauverbot auszusprechen, wenn die vor einem Bauplatz, einem Baulos oder vor Teilen von solchen gelegenen Verkehrsflächen noch nicht befestigt oder mit dem bestehenden Straßennetz noch nicht in Verbindung gebracht sind oder in ihnen nicht bereits ein öffentlicher Rohrstrang einer Trinkwasserleitung und ein Straßenkanal verlegt worden sind. Nach Abs. 2 lit. b Z. 3 dieser Bestimmung sind Ausnahmen von den Bauverboten zu gewähren für Wohngebäude und Sommerhäuser, wenn die Entfernung des Bauplatzes vom ausgebauten Straßennetz nicht mehr als 150 m beträgt, eine beleuchtete Zufahrt von mindestens 3 m Breite mit befestigter Oberfläche und die Versorgung mit gesundheitlich einwandfreiem Trinkwasser sichergestellt sind, sämtliche Abwässer in gemäß § 93 Abs. 5 vorgesehene Anlagen eingeleitet werden und deren ordnungsgemäße Räumung und Beseitigung sichergestellt ist.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 46, vom 31. Oktober 1931 wurde anlässlich der Bewilligung der Abteilung des Grundstückes ein Bauverbot wegen mangelnder Anbaureife verhängt. Das Bestehen dieses Bauverbotes wurde auch in der Berufung nicht bestritten. Strittig ist nunmehr, ob eine Ausnahme vom Bauverbot im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO zu gewähren ist.

Das Bestehen einer Dienstbarkeit könnte durchaus geeignet sein, die im § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO geforderte Sicherstellung der Verbindung zum ausgebauten Straßennetz darzustellen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, Zl. 99/05/0282). Aus dem während des Verwaltungsverfahrens von den Beschwerdeführern vorgelegten Servitutsvertrag vom 1. August 1932 geht hervor, dass das Geh- und Fahrrecht auf eine Breite von 2,50 m an der Klampfelgasse zur Gasse 6 und weiter bis zum Grundstück der Beschwerdeführer eingeräumt wurde. Damit ist aber keine Zufahrt von mindestens 3 m Breite gewährleistet, weshalb schon aus diesem Grund eine Ausnahme vom Bauverbot nicht in Betracht kam.

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, in Wahrheit sei die eingeräumte Servitut breiter als 2,5 m, findet dies in dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Vertrag keine Deckung und widerspricht überdies dem aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbot. Da die rechtliche Sicherstellung der Zufahrt nur über eine Breite von 2,5 m vorliegt, ist es auch unerheblich, ob die belangte Behörde mit Recht oder auf Grund eines Irrtums davon ausgegangen ist, dass diese Breite in der Natur auf "40 cm eingeengt wird", oder, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, dass über eine Länge von 40 m eine Einengung (auf 2,5 m) in der Natur erfolgte.

Wenn die Beschwerde darlegt, dass es noch andere Möglichkeiten gäbe, den Bauplatz zu erreichen, beispielsweise zwischen den Hausnummern Czartoryskigasse 181b und 183a, nach Auskunft der Magistratsabteilung 69 der Stadt Wien werde die Zufahrt über diesen Weg zum Zweck des Bauens auf der Liegenschaft der Beschwerdeführer problemlos gestattet, so wird damit verkannt, dass mit der angeblichen problemlosen "Benützung einer Zufahrt zum Zweck des Bauens" keine regelmäßige Zufahrt im Sinne des § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO "sichergestellt" ist. Den weiteren Hinweisen in der Beschwerde, es bestünde die Möglichkeit, die Korngasse bis zur Twarochgasse und zur Czartoryskigasse zu öffnen, ist entgegen zu halten, dass bei Vorliegen eines Bauverbotes nach § 19 Abs. 1 lit. c BO die Gemeinde zum Ausbau einer Straße nicht verpflichtet werden kann (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 15. Jänner 1985, Zl. 82/05/0139, BauSlg. Nr. 366), ebenso wenig wie die Gemeinde gehalten werden kann, Zufahrtswege "zu öffnen". Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO nicht "alternativ" zu verstehen, eine Ausnahme vom Bauverbot kann vielmehr schon dann nicht gewährt werden, wenn eine der Voraussetzungen nicht vorliegt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2000, dem ein Beschwerdefall zu Grunde lag, in dem schon wegen einer fehlenden Voraussetzung zu Recht die Ausnahme vom Bauverbot nicht erteilt wurde).

Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 19 Abs. 2 lit. b Z. 3 BO, die in der Beschwerde dargelegt werden, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Die Festlegung auf einen "starren Wert", wie dies in der Beschwerde bezeichnet wird, nämlich die Sicherstellung von 3 m Breite des Zufahrtsweges, bietet Gewähr dafür, dass nicht nur die Bautätigkeit möglich ist, sondern die leichte Erreichbarkeit des Gebäudes sowohl für Fußgänger als auch für Fahrzeuge einschließlich der Einsatzfahrzeuge während des gesamten Bestandes des Gebäudes gewährleistet ist.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher zu keiner Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof veranlasst.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Oktober 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000050184.X00

Im RIS seit

23.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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