TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/21 2012/15/0025

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Veröffentlicht am 21.11.2013
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §47 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der G GmbH in S, vertreten durch die Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG, in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 28. November 2011, Zl. RV/0133-K/10, betreffend u.a. Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2008 und 2009, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, also hinsichtlich Dienstgeberbeitrag 2008 und 2009 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2008 und 2009, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand die Planung und Beratung im Bereich Metallbau ist.

Im Zug einer Prüfung der lohnabhängigen Abgaben stellte die Prüferin fest, dass der seit 1. April 2008 für die Beschwerdeführerin mit der Durchführung von statischen Berechnungen tätige Dipl.-Ing. D als Dienstnehmer anzusehen sei und daher dessen Bezüge den Bemessungsgrundlagen für Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag der Jahre 2008 und 2009 hinzuzurechnen seien.

Für die Prüfung des Verhältnisses des Dipl.-Ing. D zog die Prüferin den Honorarvertrag vom 1. April 2008 heran. Darin ist u. a. festgehalten, Dipl.-Ing. D sei staatlich befugter und beeideter Ingenieurkonsulent für das Bauingenieurwesen. Er sei berechtigt, statische Bearbeitungen von Tragwerkskonstruktionen auf selbständiger Basis durchzuführen, diese mit Rundsiegel zu beurkunden sowie gegen Honorar zu veräußern. Seine Tätigkeit erstrecke sich über den gesamten Hochbaubereich, insbesondere aber auf die Sektoren Stahl- und Metallbau sowie den Glas-Fassadenbau. Die Beschwerdeführerin erbringe technische Planungsleistungen (Aluminium-, Stahl-, Glasfassaden, Fenster, Portalkonstruktionen, Schlosserarbeiten, Stahlbauarbeiten) für Metallbauunternehmen. Viele Auftraggeber wollten dabei die der technischen Planung zu Grunde liegende Statik in die Planungsaufträge integrieren. Beide Vertragsparteien (Dipl.-Ing. D und die Beschwerdeführerin) seien deshalb übereingekommen, Leistungen der Metallbaustatik im weitesten Sinn gemeinsam anzubieten. Die Werkaufträge für die statische Bearbeitung werde die Beschwerdeführerin auf eigenen Namen und Rechnung unter Nennung und Einbeziehung von Dipl.-Ing. D als Ingenieurkonsulenten mit den Auftraggebern abschließen. Die abgeschlossenen Werkverträge würden sodann auf Basis dieser Vereinbarung auf Dipl.-Ing. D überbunden. Auftragsbeschaffung, Kontaktnahme zu potentiellen Kunden, Kalkulation, Anbotlegung und Vertragsabschlüsse oblägen beiden Vertragsparteien zu gleichen Teilen. Dipl.-Ing. D erbringe die Statikerleistungen in Eigenverantwortung. Er garantiere für die Richtigkeit der Ausführungen unter strikter Einhaltung der Regeln der Technik, der gültigen gesetzlichen Vorschriften, der bestehenden Normen und sonst gültigen Regeln, insbesondere der Standesregeln der Kammer der Ingenieurkonsulenten sowie der werkvertraglichen Vereinbarungen. Es werde ausdrücklich die fachliche Weisungsfreiheit, welche die Standesregeln der Kammer für Ingenieurkonsulenten fordere, garantiert. Der Beschwerdeführerin oblägen die kaufmännischen Punkte der Vertragsabwicklung, wie die Verrechnung der erbrachten Leistungen sowie die Verwaltung und das Inkasso der ausstehenden Beträge. Die Beschwerdeführerin sorge ebenso für die buchhalterische und abgabenrechtliche Verantwortung der eingehenden und ausgehenden Rechnungen. Die Beschwerdeführerin stelle auf eigene Rechnung alle notwendigen Arbeitsmittel und die erforderliche Infrastruktur bei, wie geeignete Büroräumlichkeiten, Büroausstattung sowie EDV Hard- und Software. Dipl.-Ing. D erbringe seine Leistungen im Büro der Beschwerdeführerin. Ausnahmen seien die werkvertraglich notwendigen Besuche beim Kunden, auf Baustellen oder bei Dritten. Dipl.-Ing. D sei angehalten, die üblichen Bürozeiten einzuhalten, um einen reibungslosen Büroablauf zu gewährleisten. Dipl.-Ing. D erhalte für seine Tätigkeit ein Honorar von 40% der vereinnahmten Entgelte aus den überbundenen Werkverträgen. Überstiegen diese Entgelte den Betrag von 96.000 EUR, so erhalte Dipl.-Ing. D von dem 96.000 EUR übersteigenden Betrag 50%. Dipl.-Ing. D lege monatlich eine Rechnung mit einem pauschalen Vorauszahlungsbetrag von 4.000 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Dipl.-Ing. D trage alle Steuern und sozialrechtlichen Abgaben, er trage auch seine gewerblichen Versicherungen selbst. Am Ende jedes Kalenderquartals werde die Differenz der tatsächlichen Honorarhöhe zur Vorauszahlung ermittelt und mit der nächsten Vorauszahlungsrechnung ausgeglichen. Dipl.-Ing. D leiste Gewähr für seine Arbeiten und trage alle Schäden, die daraus entstünden. Dipl.-Ing. D schließe eine Haftpflichtversicherung ab, wie sie dem jeweiligen Stand der Ingenieurkonsulenten im Bauwesen für Statik entspreche. Dieser Honorarvertrag könne von beiden Seiten jederzeit ohne Angabe von Gründen mit einer Kündigungszeit von 3 Monaten zu einem Quartalsende gekündigt werden.

Gegen die den Prüfungsfeststellungen entsprechend ergangenen Abgabenbescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie führte aus, Dipl.-Ing. D unterliege den Bestimmungen des Ziviltechnikergesetzes. Zwischen ihm und der Beschwerdeführerin sei erstmals am 1. April 2008 ein Honorarvertrag in Form eines Rahmenvertrages über Statikerleistungen abgeschlossen worden. Die einzelnen konkreten durch Dipl.-Ing. D zu erbringenden Werkleistungen seien in einzelnen, jeweils neu abzuschließenden Werkverträgen vereinbart worden. Aus der Honorarvereinbarung lasse sich eine Dienstnehmereigenschaft des Dipl.-Ing. D nicht ableiten. Dieser sei in der Erbringung seiner Statikleistungen nicht weisungsgebunden; er erbringe die Statikleistungen in Eigenverantwortung. In der Honorarvereinbarung vom 1. April 2008 sei ausdrücklich festgehalten, dass Dipl.-Ing. D Leistungsteile (z.B. externe Statikleistungen) zukaufen und Mitarbeiter für die Erbringung der Statikleistungen anstellen dürfe. Es sei somit vereinbart gewesen, dass Dipl.-Ing. D sich anderer Personen bedienen könne. Es bestehe somit eine Vertretungsbefugnis. Die Honorarvereinbarungen mit Dipl.-Ing. D hielten auch ausdrücklich fest, dass dieser Gewähr für seine Arbeiten leiste und alle Schäden, die durch seine Leistungen entstünden, trage. In der Honorarvereinbarung vom 1. April 2008 werde festgehalten, dass Dipl.-Ing. D alleine für die Richtigkeit der Ausführungen unter strikter Einhaltung der gültigen gesetzlichen Vorschriften, der bestehenden Normen und der sonst gültigen Regeln garantiere. Zwar seien nach der Honorarvereinbarung vom 1. April 2008 Dipl.-Ing. D alle notwendigen Betriebsmittel durch die Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden, jedoch könne hieraus alleine nicht auf eine Dienstnehmereigenschaft geschlossen werden. Dipl.-Ing. D sei auch nicht verpflichtet, im Betrieb der Beschwerdeführerin zu fixen Zeiten anwesend zu sein. Die Honorarvereinbarung halte nur fest, dass dieser "angehalten ist", die üblichen Bürozeiten einzuhalten. Hieraus könne keinesfalls eine Verpflichtung herausgelesen werden. Eine persönliche Abhängigkeit des Dipl.- Ing. D von der Beschwerdeführerin oder eine organisatorische Eingliederung auf Grund fixer Dienstzeiten könne nicht angenommen werden.

Dipl.-Ing. D erhalte keine erfolgsunabhängige Entlohnung; er habe in jedem Monat Rechnung über seine erbrachten Leistungen zu legen. Entsprechend diesen Rechnungen komme es zur Auszahlung von Honorarbeträgen. Die 4.000 EUR, die Dipl.-Ing. D am Ende eines jeden Monats erhalte, seien lediglich Vorauszahlungen. Komme es zu einer Differenz der tatsächlichen Honorarhöhe zur Vorauszahlung, werde diese mit der nächsten Vorauszahlungsrechnung ausgeglichen.

Dipl.-Ing. D treffe daher das für selbständige Unternehmer typische Unternehmerwagnis. Seine Entlohnung finde nur auf der Grundlage erbrachter Leistungen und entsprechend gelegter Rechnungen statt. Bei der Beurteilung, ob im gegenständlichen Fall ein Dienstverhältnis vorliege, müsse auch die Bestimmung des § 14 Abs. 4 Ziviltechnikergesetz berücksichtigt werden, die wie folgt laute: "Während der Dauer eines privaten Dienstverhältnisses, das eine Tätigkeit zum Gegenstand hat, die auch zu dem Befugnisumfang des Ziviltechnikers gehört, darf die Befugnis des Ziviltechnikers nicht ausgeübt werden, sofern es sich nicht um ein Dienstverhältnis zu einer Ziviltechnikergesellschaft handelt, in welcher der Ziviltechniker selbst Gesellschafter ist." Auch dies sei ein Indiz dafür, dass Dipl.-Ing. D kein Dienstnehmer sein könne, andernfalls hätte er seine Tätigkeit als Ziviltechniker nicht ausüben können.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Bei den von Dipl.-Ing. D erbrachten Statikleistungen handle es sich um höher qualifizierte Tätigkeiten, die auf Grund einer entsprechenden universitären Ausbildung bzw. nach Erwerb weiterer Fähigkeiten weitgehend selbständig und eigenverantwortlich, d.h. ohne Anleitung von Vorgesetzten und ohne größere Unterstützung anderer Mitarbeiter, ausgeführt würden. Die Tätigkeit beinhalte somit eine selbständige Bewältigung der Aufgaben, was auch dadurch dokumentiert werde, dass Dipl.-Ing. D auf der Homepage der Beschwerdeführerin als Leiter der Statikabteilung betitelt werde. Auf Grund der Art der Tätigkeit des Dipl.-Ing. D trete somit das Merkmal der Weisungsgebundenheit in den Hintergrund.

Bei Prüfung, ob Dipl.-Ing. D ein Unternehmerwagnis trage, sei zu beachten, dass er in den Streitjahren nahezu ausschließlich für die Beschwerdeführerin tätig geworden sei. Wegen des vereinbarten Konkurrenzverbotes sei jedwede Tätigkeit für einen anderen Auftraggeber untersagt bzw. an die Zustimmung der Beschwerdeführerin gebunden gewesen. Eine selbständige Tätigkeit sei in der Regel durch eine unbegrenzte und wechselnde Zahl von Auftraggebern gekennzeichnet.

In den Werkverträgen mit den Kunden trete die Beschwerdeführerin als alleinige Werkvertragsnehmerin auf, Dipl.- Ing. D trete in den Verträgen als "Ingenieurkonsulent" in Erscheinung. Bei dieser Konstruktion sei Dipl.-Ing. D somit auch nach außen hin nicht als selbständiger Unternehmer in Erscheinung getreten. Dabei könne auch die zwischen der Beschwerdeführerin und Dipl.-Ing. D vereinbarte Honorierung seiner Leistungen keinen Ausschlag geben, weil diese nur eine prozentuelle Abhängigkeit seiner Bezahlung von den von der Beschwerdeführerin abgeschlossenen und an Dipl.-Ing. D überbundenen Werkverträgen vorsehe.

Ein Unternehmerwagnis liege aber auch auf der Ausgabenseite nicht vor. Der Honorarvereinbarung vom 1. April 2008 zu Folge habe Dipl.-Ing. D seine Tätigkeit in den Büroräumlichkeiten der Beschwerdeführerin erbracht. Die Kosten für diese Räumlichkeiten, deren Ausstattung und für sämtliche technischen Hilfsmittel habe die Beschwerdeführerin getragen. Dienstliche Fahrten seien Dipl.- Ing. D mit dem amtlichen Kilometergeldsatz vergütet worden. Somit seien Dipl.-Ing. D im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit keinerlei selbst zu tragende Kosten erwachsen.

Dipl.-Ing. D habe seine Dienstzeit an die üblichen Bürozeiten anpassen müssen, "um einen reibungslosen Büroablauf zu gewährleisten".

Es sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass Dipl.-Ing. D eigenes Personal beschäftigt hätte. Vielmehr lasse sich erschließen, dass Dipl.-Ing. D die Infrastruktur der Beschwerdeführerin genützt habe.

Es sei auch nicht hervorgekommen, dass Dipl.-Ing. D die ihm eingeräumte Vertretungsbefugnis tatsächlich beansprucht habe. Diesem Merkmal könne somit kein Gewicht beigemessen werden.

Die Haftung des Dipl.-Ing. D für die von ihm erbrachten Leistungen könne ebenfalls keinen Ausschlag geben, zumal der Abschluss von Versicherungen zur Absicherung allfälliger Schäden aus Anlass von Haftungen mittlerweile auch bei Dienstnehmern üblich sei. Zudem sei die Beschwerdeführerin für die diesbezüglichen Versicherungsprämien aufgekommen.

Der Einwand, dass nach § 14 Ziviltechnikergesetz die Berufsbefugnis eines Ziviltechnikers ein nichtselbständiges Dienstverhältnis nicht ermögliche bzw. das Eingehen eines derartigen Verhältnisses das Berufsverbot nach sich ziehe, gehe ins Leere, weil berufsrechtliche Überlegungen für die steuerrechtliche Beurteilung nicht entscheidend seien, sondern für die steuerrechtliche Qualifikation der Einkünfte vielmehr maßgeblich sei, in welchem tatsächlich verwirklichtem Schuldverhältnis die Leistungen erbracht würden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 3. August 2004, 2000/13/0046).

Aus dem Gesamtbild ergebe sich somit nach Ansicht der belangten Behörde, dass in den Streitjahren ein Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 anzunehmen sei.

Gegen diesen Bescheid, soweit er die Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag 2008 und 2009 sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2008 und 2009 betrifft, wendet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten.

Zu den Dienstnehmern gehören nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. Nr. 818/1993 Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen. Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art. im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Die Pflicht zur Entrichtung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag gründet sich auf § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998.

Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitsgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Vorliegen eines Unternehmerrisikos oder Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 24. November 2011, 2008/15/0180, und vom 22. März 2010, 2009/15/0200).

Eine Weisungsgebundenheit des Dipl.-Ing. D stellt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht fest. Sie verweist in diesem Zusammenhang lediglich darauf, dass Statikerleistungen zu den höher qualifizierten Leistungen gehören, die weitgehend selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden. Somit trete "das Merkmal der Weisungsgebundenheit in den Hintergrund".

Wenn die belangte Behörde aus der Nutzung der Büroräumlichkeiten und der "Infrastruktur" der Beschwerdeführerin sowie dem Umstand, dass Dipl.-Ing. D "angehalten" war, seine Arbeitszeit an die üblichen Bürozeiten der Beschwerdeführerin "anzupassen, um einen reibungslosen Büroablauf zu gewährleisten", auf die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin geschlossen hat, trifft dies auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.

Es trifft auch zu, dass dem Umstand der Dipl.-Ing. D eingeräumten Vertretungsbefugnis nur eingeschränkte Bedeutung zukommt, weil er diese im Streitzeitraum nicht in Anspruch genommen hat.

In Zusammenhang mit dem Unternehmerwagnis betont die belangte Behörde, Dipl.-Ing. D sei ausschließlich für die Beschwerdeführerin tätig gewesen, weshalb ein Unternehmerwagnis auf der Einnahmenseite nicht erkennbar sei. Ein ausgabenseitiges Wagnis sei deshalb nicht gegeben, weil die Tätigkeit in den Büroräumlichkeiten der Beschwerdeführerin ausgeübt worden sei, die auch die technischen Hilfsmittel (insbesondere EDV) bereitgestellt habe. Der Verwaltungsgerichtshof hält in diesem Zusammenhang allerdings für bedeutsam, dass die Entlohnung des Dipl.-Ing. D mit 40% der "vereinnahmten" Entgelte aus den "überbundenen Werkverträgen" (Statikerleistungen) bzw., wenn diese Entgelte 96.000 EUR überstiegen, 50% des übersteigenden Betrag festgelegt war. Solcherart kann von einem Fehlen des Unternehmerwagnisses nicht gesprochen werden. Typischerweise kennzeichnend für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist, dass der Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft (laufend) zur Verfügung zu stellen, die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenübersteht, dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 24. November 2011, 2008/15/0180). Ein Entgelt, das mit einem Prozentsatz des für vollendete Werkverträge vereinnahmten Honorars bemessen wird, ist als erfolgsabhängig anzusehen.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist in diesem Zusammenhang auch die uneingeschränkte Haftung des Dipl.-Ing. D für die von ihm erbrachten Leistungen auf dem Gebiet der Statik von Bedeutung. (In der Berufungsverhandlung hat die Beschwerdeführerin einen - allerdings erst im Jahr 2010 eingetretenen - Haftungsfall mit einer Schadenssumme von 250.000 EUR angesprochen). Das Bestehen einer - im Wirtschaftsleben durchaus üblichen - Haftpflichtversicherung bedeutet dabei noch nicht den Ausschluss jedes finanziellen Risikos.

Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren auch die Regelung des § 14 Abs. 4 Ziviltechnikergesetz eingewendet. Sie hat vorgebracht, nach dieser Regelung dürfe während der Dauer eines privaten Dienstverhältnisses, das eine Tätigkeit zum Gegenstand habe, die zum Befugnisumfang des Ziviltechnikers gehöre, die Befugnis des Ziviltechnikers gar nicht ausgeübt werden. Anderes würde nur für den gegenständlich nicht vorliegenden Fall eines Dienstverhältnisses zu einer Ziviltechnikergesellschaft, in welcher der Ziviltechniker selbst Gesellschafter sei, gelten. Bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses zur Beschwerdeführerin hätte Dipl-Ing. D - so das Vorbringen der Beschwerdeführerin - die Statikerleistungen, zu denen er sich im Vertrag mit der Beschwerdeführerin verpflichtet habe, berufsrechtlich gar nicht erbringen dürfen.

In der Berufungsentscheidung begegnet die belangte Behörde diesem Vorbringen mit dem an sich zutreffenden Einwand, dass die steuerrechtliche Beurteilung von Einkünften eigenständig nach steuerlichen Kriterien erfolge. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 3. August 2004, 2000/13/0046. Dieses Erkenntnis betraf das Verhältnis zwischen einer AG und einem Mitglied ihres Vorstandes mit ruhender Berufsberechtigung als Wirtschaftstreuhänderin. Die Vorständin hatte ihre Vorstandstätigkeit zunächst (berufsrechtlich unbedenklich) als Dienstnehmer und dann ab einem bestimmten Stichtag auf der Grundlage eines Werkvertrages ausgeübt, wobei sie den Wechsel damit begründete, dass sie ihre "Wirtschaftstreuhänderberechtigung" wieder ausüben wolle und daher aus dem Dienstverhältnis ausscheide, weil ein solches nach der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung mit der Ausübung dieser Berechtigung unvereinbar sei; sie habe nicht Gefahr laufen wollen, die Wirtschaftstreuhänderprüfung wiederholen zu müssen, was ihrem Vorbringen zufolge bei einem Ruhen der Berufsberechtigung für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren hätte passieren können. Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu im angeführten Erkenntnis ausgeführt, es sei für die steuerrechtliche Beurteilung der Einkünfte aus der Vorstandstätigkeit nicht entscheidend, "ob berufsrechtliche Überlegungen (z.B. im Zusammenhang mit dem allenfalls befürchteten Verlust der Berufsbefugnis) bestimmte vertragsmäßige Gestaltungen nahelegten, wenn dadurch an den für die Einkünftequalifikation maßgeblichen Kriterien keine wesentliche Änderung eintrat."

Im Gegensatz zu dem dem Erkenntnis 2000/13/0046 zugrunde liegenden Sachverhalt besteht im vorliegenden Fall der Einwand der Beschwerdeführerin darin, dass gerade die streitgegenständlichen Statikerleistungen berufsrechtlich nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht werden dürften, was, wenn sich dieser Einwand als berechtigt erweist, über das Berufsrecht im engeren Sinn hinausgehende Folgen (etwa für die Frage der Deckung von Schadensfällen durch eine Haftpflichtversicherung oder der ordnungsgemäßen Erfüllung der - Statikerleistungen umfassenden - Verträge zwischen der Beschwerdeführerin und deren Kunden) Bedeutung haben kann. Wenn auch § 14 Ziviltechnikergesetz auf ein Dienstverhältnis im Sinn des Zivilrechts abstellt, hätte sich die belangte Behörde sohin mit diesem Einwand der Beschwerdeführerin fundiert auseinander setzen müssen, weil sich daraus durchaus Indizien für den rechtlichen Hintergrund der Betätigung des Dipl.- Ing. D ergeben können.

Auf der Grundlage der Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides kann von den für ein Dienstverhältnis sprechenden Merkmalen nur jenes der betrieblichen Eingliederung als gegeben angesehen werden.

Die belangte Behörde hat es insbesondere unterlassen, konkrete Feststellungen darüber zu treffen, ob - unabhängig von der fachlichen Freiheit und damit dem Fehlen eines sachlichen Weisungsrechts (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1997, 95/13/0289, zu einem in einem Architekturbüro tätigen Bautechniker) - eine persönliche Weisungsgebundenheit des Dipl.- Ing. D vorgelegen ist. Für die Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit ist das Gesamtbild der Verhältnisse darauf zu untersuchen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Bei der gegebenen, durch das Vorliegen eines relevanten Unternehmerrisikos geprägten Konstellation wird im Fall des Fehlens jeglicher Weisungsunterworfenheit ein Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 auszuschließen sein.

Der angefochtene Bescheid ist somit in seinem Anfechtungsumfang, also soweit er die Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag 2008 und 2009 sowie Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2008 und 2009 betrifft, mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 21. November 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012150025.X00

Im RIS seit

10.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

22.04.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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