Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §52 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl, Mag. Samm und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des M R in E, vertreten durch M R als Sachwalterin, diese vertreten durch Dr. Thomas Kralik, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Werdertorgasse 12/4, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom 5. Mai 2010, Zl. BMSK-41550/0049-IV/9/2008, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2007, Zl. 2004/11/0153, verwiesen: Mit diesem war der Bescheid der belangten Behörde vom 26. März 2004, mit dem - im Instanzenzug - der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer "Impfschadenrente" als unbegründet abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Maßgebend für diese Aufhebung war im Wesentlichen Folgendes:
Die auf die Annahme, dem Beschwerdeführer sei entweder der näher beschriebene Impfstopf von Merck oder der von Smith Kline Beecham verabreicht worden, gestützte Feststellung, ein durch die Masern-Mumps-Impfung verursachter Impfschaden des Beschwerdeführers sei ausgeschlossen (weil die beim Beschwerdeführer aufgetretenen Symptome nicht jene gewesen seien, die zu erwarten wären, wenn die mit einem der beiden Impfstoffe erfolgte Impfung kausal gewesen wäre), war nicht schlüssig begründet, weil mangels Dokumentation von Handelsname und Charge des verwendeten Impfstoffs nicht ausgeschlossen werden konnte, dass ein möglicherweise verabreichter dritter Impfstoff die beschriebenen Wirkungsweisen hatte.
Die Annahme des beigezogenen Sachverständigen, der Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Fieber beim Beschwerdeführer falle nicht in das zu erwartende "Zeitfenster", stand in einem nicht näher aufgeklärten Spannungsverhältnis zu den Aussagen der als Zeugen vernommenen Eltern des Beschwerdeführers.
Die weitere Annahme des beigezogenen Sachverständigen, die Mumpsimpfung sei beim Beschwerdeführer nicht "angegangen" und könne daher auch keine unerwünschten Auswirkungen gehabt haben, war damit begründet worden, dass bei einer am 22. April 1999 erfolgten immunologischen Befundaufnahme Antikörper nicht nachgewiesen wurden, wobei aber offen geblieben war, ob unabhängig von den Umständen des Einzelfalls in jedem Fall derartige Antikörper auch noch mehr als 16 Jahre nach der (am 28. Jänner 1983 verabreichten) Impfung nachweisbar hätten sein müssen.
Die vom Sachverständigen allein mit der "frequenten Zirkulation der Masern-Mumps-Wildtypstämme und der niedrigen Durchimpfungsrate in der österreichischen Bevölkerung" zum Zeitpunkt der Erkrankung des Beschwerdeführers begründete größere Wahrscheinlichkeit einer Wildtypmasern/Wildtypmumps-Enzephalitis war ohne Bezugnahme auf die konkreten Verhältnisse am Ort und zur Zeit der Impfung nicht als schlüssige Begründung anzusehen und stand überdies in einem nicht näher aufgeklärten Spannungsverhältnis zur Annahme, dass die als Reaktionen auftretenden Symptome nach Lebendimpfungen im Wesentlichen den Symptomen der Wildtyperkrankung selbst entsprechen.
Zudem hatte die belangte Behörde Feststellungen darüber, ob die Erkrankung bei Kindern anders verlaufe als bei Erwachsenen (der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Impfung etwa 18 Monate alt), unterlassen.
Im fortgesetzten Verfahren veranlasste die belangte Behörde die Einholung des Gutachtens des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. I Mu, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde (iF: Mu). In dessen Gutachten vom 30. Juli 2008 wird Folgendes ausgeführt:
Zum Zeitpunkt der verabreichten Masern-Mumps-Impfung am 28. Jänner 1983 seien in Österreich nur zwei Masern-Mumps-Impfstoffe verfügbar gewesen, nämlich die bereits bisher im Verfahren beschriebenen der Fa. Merck (M-M-Vax) und der Fa. Smith Kline Beecham (Rimparix). Die Verabreichung eines anderen Impfstoffes könne daher ausgeschlossen werden.
Zur Frage, warum nur Fieber, das spätestens zwölf Tage nach der Impfung aufgetreten ist, als von der Impfung verursacht anzunehmen sei, führte der Sachverständige Folgendes aus: Bei der Injektion des Impfstoffs sei der Beginn der Inkubationszeit bis zum Auftreten von Symptomen (= Impfmasern), die durch die Vermehrung des Impfvirus im Körper verursacht werden, klar gegeben, auch sei die Menge der verabreichten Impfviren im Wesentlichen standardisiert. Dies werde durch die zitierte Literatur hinreichend belegt. Daraus gehe auch hervor, dass später, also nach dem 13. Tag, auftretendes Fieber auf andere Ursachen zurückzuführen sei. Auch in einem weiteren - vom Sachverständigen zitierten - Lehrbuch werde angegeben, dass bei der postinfektiösen Enzephalomyelitis das Zeitintervall zwischen Primärinfektion und dem Auftreten von Symptomen einer ZNS-Erkrankung zwei bis zwölf Tage betrage. Der Sachverständige verwies im Übrigen darauf, dass der Zeitpunkt der fieberhaften Erkrankung "im bisherigen Verfahren mangels ausreichender Dokumentation und auch wechselnder Angaben nicht mit Sicherheit festgestellt werden" konnte und daher "von der jeweiligen Beweiswürdigung abhängig" sei. Damit zusammenhängend sei auch die Bewertung der Kausalität der Impfung für die Erkrankung und das danach aufgetretene neurologische Krankheitsbild "nur eingeschränkt argumentierbar".
Zur Frage, ob in jedem Fall Antikörper als Zeichen des Angehens der Impfung auch noch mehr als 16 Jahre nach der Impfung nachweisbar sein müssen, wurde vom Sachverständigen (zusammengefasst) ausgeführt, auf Grund mehrerer Studien sei davon auszugehen, dass sowohl bei der Masern- als auch bei der Mumpskomponente bei einer Reihe von Untersuchten Antikörper nicht mehr nachgewiesen werden konnten; aus einer 16 Jahre nach der erfolgten Impfung erfolgten Antikörperuntersuchung, die keinen Antikörpernachweis erbracht habe, könne daher nicht sicher auf das ursprüngliche Angehen oder Nichtangehen der Impfung geschlossen werden. Hingegen blieben nach einer Erkrankung an Masern oder Mumps die Antikörper zeitlebens bestehen.
Zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer anderen "Reserveursache" führte der Sachverständige Folgendes aus:
"Eine Enzephalitis nach der Masernimpfung wurde mit der Häufigkeit (Seltenheit) von 1 Fall pro 1 Million Impfungen (USA 1:2,500.00; Albanien 1:867.000) berichtet, das ist seltener als das Vorkommen einer ungeklärten Enzephalitis bei ungeimpften Kindern. Zeitlich ergibt sich dabei eine Häufig in den 5-15 Tagen nach der Impfung. Neuropathologisch bestätigte Fälle von Impfvirusbedingter Enzephalitis bei Personen mit intaktem Immunsystem sind bisher nicht berichtet worden (Vaccines 5. Aufl. Seite 373). Die Zeitangabe 5-15 Tage ergibt sich daraus, dass zwischen Auftreten des Fiebers nach 2-12 Tagen noch 1-3 Tage bis zum Auftreten der enzephalitischen Symptome liegen können.
Enzephalitis nach Mumpsimpfung wird mit 0,4:1,000.000 Impfungen berichtet und ist damit deutlich seltener als die Hintergrundmorbidität an ungeklärter Enzephalitis (Vaccines 5. Aufl. Seite 450).
Daraus ergibt sich, dass einer anderen 'Reserveursache' eine größere Wahrscheinlichkeit zukommt, den eingetretenen Schaden verursacht zu haben. Leider bleiben auch mit den zur Zeit verfügbaren Untersuchungsmethoden zirka 50 % der Fälle von Enzephalitis ursächlich ungeklärt d.h. keinem nachweisbaren Erreger zuzuordnen. Daraus ergibt sich, dass eine nicht zu klärende Reserveursache wahrscheinlicher als Ursache einer Enzephalitis anzunehmen ist als die Verursachung durch die MM-Impfung. Der relativ hohe Prozentsatz nicht zu klärender Enzephalitisfälle ist für jede kausale Erklärung unbefriedigend, entspricht aber dem Stand der medizinisch-diagnostischen Möglichkeiten.
Diese Überlegungen sind aber nur insofern von Bedeutung als überhaupt die Tatsache einer stattgehabten Enzephalitis zum fraglichen Zeitpunkt nicht wirklich wahrscheinlich ist und keineswegs nachgewiesen werden konnte."
Da die Impfung "aus Gründen der zeitlichen Bezüge und mangels Nachweises eines typischen Krankheitsbildes (i.e. Enzephalitis) als Ursache nicht wahrscheinlich" sei, komme eine Wildtyperkrankung mit größerer Wahrscheinlichkeit als Ursache in Frage.
Die weiteren Ausführungen im Gutachten lauten wie folgt:
"Fehlen der Feststellungen zum Erkrankungsverlauf bei Kindern.
In Anbetracht der Seltenheit einer durch Impfung hervorgerufenen Enzephalitis sind mir keine Studien über die besonderen Möglichkeiten des Erkrankungsverlaufes bekannt. Dies ergibt sich zusätzlich aus dem im Einzelfall auch bei stark unterschiedlichen Erkrankungsverlauf, wobei die Symptomatik von milder fieberhafter Erkrankung mit Kopfschmerzen bis zu einer schweren Krankheit mit hohem Fieber, Bewusstlosigkeit, Krampfanfällen, Lähmungen etc. variieren kann. Erstes und wichtigstes Zeichen ist das plötzliche Auftreten einer fieberhaften Krankheit (Lentze et al. Pädiatrie 2. Aufl. Seite 1438).
Nach Feigin et al (Textbook of Pediatric Infectious Diseases, 5. Auflage, Seite 510) 'sind die klinischen Zeichen der Enzephalitis bestimmt durch die Schwere der Beteiligung und die anatomische Lokalisation der betroffenen Gebiete des Nervensystems, die Art des Erregers und die Immunantwort des Patienten. Auch mit einem bestimmten Erreger gibt es einen weiten Bereich der Schwere der klinischen Erkrankung. Nachweis der Beteiligung des Gehirngewebes ist das Kennzeichen der Enzephalitis. Kinder mit Enzephalitis können als Hinweis auf eine diffuse Gehirnbeteiligung Verhaltens- oder Persönlichkeitsveränderungen aufweisen; verminderte Bewusstseinslage; generalisierte Krampfanfälle oder fokale Veränderungen wie fokale Krampfanfälle, Halbseitenlähmung, Bewegungsstörungen, Ausfälle von Hirnnerven, Gangstörung. Manche Kinder sind anfangs leicht krank, fallen dann aber in ein Koma und versterben plötzlich. Bei anderen beginnt die Krankheit mit hohem Fieber, heftigen Krampfanfällen mit bizarren Bewegungsstörungen dazwischen, Halluzinationen mit Perioden von normalem Bewusstsein; solche Kinder können mit relativ geringen Folgen davonkommen.
Am häufigsten entsprechen die Anfangszeichen einer unklaren fieberhaften Erkrankung mit Fieber und Kopfschmerzen oder bei Säuglingen mit Schreiattacken, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Zeichen einer milden Entzündung des Nasenrachenraumes können eine Atemwegsinfektion nahe legen. Mit steigender Temperatur können weitere Symptome auf die Beteiligung des Zentralnervensystems hinweisen: Bewusstseinstrübung bis Stupor (Reglosigkeit), bizarre Bewegungen, Krampfanfälle, Nackensteife - oft weniger ausgeprägt als bei einer Hirnhautentzündung, fokale neurologische Zeichen, welche gleich bleiben, fortschreiten oder wechseln können. Verlust der Blasen- und Darmkontrolle (Einnässen, Einkoten) können vorkommen.'
Aus dieser Beschreibung geht hervor, dass die Symptome bei schweren Fällen im Kindes- und Erwachsenenalter im Prinzip gleich sind d.h. Fieber, Bewusstseinsstörung, Krampfanfälle, Lähmungen; bei leichteren Fällen können subjektive Beschwerden von jungen Kindern nicht verbalisiert werden z.B. statt über Kopfschmerzen zu klagen, weinen sie oder z.B. werden Sehstörungen nicht angegeben. Wenn neurologische Ausfälle die altersgemäß noch nicht voll funktionierenden Hirnleistungen betreffen, können solche Störungen wie z.B. Verlust des Gleichgewichts oder des Stehens oder Gehens unbemerkt bleiben.
Aus dieser Beschreibung ist aber auch ersichtlich, dass eine Enzephalitis als Diagnose auch vom Arzt für Allgemeinmedizin kaum übersehen werden kann.
Zusammenfassend stelle ich fest, dass mein Gutachten (Punkt 3.) der Feststellung unter 5. im Gutachten von DDr. M teilweise widerspricht, dass ein negativer Antikörpernachweis nach einer Mumpsimpfung das Angehen der Impfung ausschließt; wohl aber ist die Schlussfolgerung von DDr. M richtig, dass bei einer durch den Mumpsimpfstamm erfolgten Erkrankung Antikörper nachweisbar sein müssten. In den anderen Punkten ergeben die ergänzenden Erläuterungen meines Gutachtens keine Korrektur der von DDr. M getätigten Schlussfolgerungen."
Der Beschwerdeführer erstattete dazu eine Stellungnahme (Schriftsatz vom 28. November 2008), in der er zunächst geltend machte, der Sachverständige Mu sei - ebenso wie der im früheren Verfahren beigezogene Sachverständige Mag. DDr. M (iF: Ma) - befangen. In der Impfempfehlung des Obersten Sanitätsrates vom 16. Oktober 1993 finde sich nämlich folgender Absatz:
"Weiters ist darauf hinzuweisen, dass gerade bei Impfungen solche Verdachtsfälle abgeklärt werden müssen. Da es speziell bei Impfungen mit Totimpfstoffen keinen Test für nichtallergische Impfkomplikationen gibt, sollen ärztlicherweise Erhebungen durchgeführt werden, die dazu geeignet sind, eine andere Ätiologie der vorliegenden Gesundheitsstörung zu diagnostizieren."
Nach Auffassung des Beschwerdeführers bedeute dies, dass "darauf geschaut werden soll, dass möglichst keine Impfschäden im Sinne des Impfschadengesetzes auftauchen können". Dies habe auf beide Sachverständige insofern Auswirkungen, als beide Bundesbedienstete seien und "daher entsprechend dieses Erlasses" handeln müssten. Es liege daher eine Befangenheit vor, weshalb beantragt werde, einen Sachverständigen aus Deutschland mit der Gutachtenserstellung zu beauftragen.
Inhaltlich brachte der Beschwerdeführer zum Gutachten im Wesentlichen Folgendes vor:
Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer anderen Reserveursache sei - auf Grund einer beigelegten Abhandlung - davon auszugehen, dass das Risiko einer aseptischen Meningitis bei 1:11.000 liege, nicht aber - wie bisher angenommen bei 0,4:1.000.000. Schon ausgehend vom "statistischen Zahlenmaterial" sei also die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung des Beschwerdeführers auf die Impfung zurückzuführen sei, höher als eine andere Ursache.
Die Frage, welche Impfstoffe zum damaligen Zeitpunkt auf dem Markt gewesen seien, habe der Sachverständige beantwortet. Dabei sei aber unberücksichtigt geblieben, dass der Impfstoff Rimparix im Jahr 1992 in Österreich deshalb vom Markt genommen worden sei, weil dieser Impfstoff ein deutlich höheres Risiko von Nebenwirkungen gehabt habe als andere Wirkstoffe. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass in beiden Impfstoffen mit hoher Wahrscheinlichkeit der Wirkstoff Thiomersal vorhanden gewesen sei, der dazu führe, dass die Abwehrkraft des Immunsystems geschwächt werde. Hinzu trete, dass auch in den Vorimpfungen, die der Beschwerdeführer kurz vor der fraglichen Masern-Mumps-Impfung erhalten habe, dieser Wirkstoff enthalten gewesen sei, weshalb sein Immunsystem zum Zeitpunkt der Impfung beeinträchtigt gewesen sei.
Der Beschwerdeführer machte weiters geltend, dass die Auffassung, eine Wildtyperkrankung habe mit höherer Wahrscheinlichkeit den Gesundheitsschaden herbeigeführt als die Impfung, nicht schlüssig begründet sei. Was den Erkrankungsverlauf bei Kindern anlange, gehe der Sachverständige selbst davon aus, dass die Symptome von Kind zu Kind völlig unterschiedlich sein könnten; es sei daher unverständlich, warum dezidiert ausgeschlossen werde, dass die Krankheit durch die Impfung bedingt sei. Da die Kausalität nicht mehr festgestellt werden müsse, vielmehr die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität reiche, und es keine andere Ursache gebe, die wahrscheinlicher als die Impfung sei, sei der Anspruch berechtigt.
In seinem Ergänzungsgutachten vom 17. März 2009 führte der Sachverständige Mu dazu Folgendes aus:
Zur behaupteten Befangenheit auf Grund seiner Stellung als Bundesbediensteter teilte er mit, er sei von 1965 bis 1978 Bundesbediensteter gewesen, seit 1979 aber Vertragsbediensteter des Landes Steiermark.
Die von ihm genannte Häufigkeitsangabe der Enzephalitis nach Mumpsimpfung mit 0,4:1,000.000 Impfungen sei korrekt, zumal das vom Beschwerdeführer wiedergegebene Zitat sich auf die deutlich häufigere, aber nicht von so schwerwiegenden Folgen belastete Meningitis und nicht auf Enzephalitis beziehe. Zudem handle es sich bei der vom Beschwerdeführer zitierten Zeitschrift nicht um eine "Fachzeitschrift im Sinne einer wissenschaftlichen beweisgestützten Medizin".
Das Auftreten von einzelnen Fällen von aseptischer Meningitis nach der Verabreichung von Mumps-Lebendimpfstoffen sei vom Impfstamm abhängig und werde zwischen 1:1.000 beim Leningrad- 3 Minusstamm und 1:800.000 beim Jeryl-Lynn-Stamm angegeben. Für den im Impfstoff Rimparix enthaltenen Urabe-Stamm schwankten die Angaben zwischen 1:2.000 und 1:9.000. Bleibende Folgeschäden würden nicht berichtet. Damit sei die Impfung "gegenüber der natürlichen Erkrankung mit einer Meningitisrate von 1:10 eindeutig besser". Zum Wirkstoff Thiomersal führte der Sachverständige aus, dieser sei in Lebendimpfstoffen wie für Masern, Mumps, Röteln und Varizellen nicht als Konservierungsmittel enthalten, werde vielmehr nur als Konservierungsmittel für Totimpfstoffe verwendet. Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers sei daher nicht zielführend.
Eine Erkrankung durch Wildtypvirus von Masern oder Mumps sei - wegen des fehlenden Antikörpernachweises nach 16 Jahren - mit größter Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen; ein anderer positiver Erregernachweis liege nicht vor. Abschließend führte der Sachverständige aus, die Abklärung von Verdachtsfällen solle möglichst bald mit den zur Verfügung stehenden Methoden erfolgen. Gerade bei Enzephalitis sei auch bei eingehenden Untersuchungen im Akutstadium die Ursache nur in der Hälfte der Fälle eindeutig zu klären. Aus diesem Grund habe auch nachträglich die Ursache des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers nicht geklärt werden können. Die frühere Feststellung, wonach einer anderen "Reserveursache" größere Wahrscheinlichkeit zukomme, bleibe aufrecht.
Der Beschwerdeführer wandte dagegen (Schriftsatz vom 4. Mai 2009) ein, ihm sei zur Kenntnis gelangt, dass der Sachverständige Mu Vorsitzender des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates sei. Dieser sei ein Beratungsorgan des Gesundheitsministeriums und stehe daher in einem wirtschaftlichen Naheverhältnis zur Republik Österreich, die eine allfällige Rente nach dem Impfschadengesetz zu bezahlen hätte. Es sei daher nicht auszuschließen, dass dies Einfluss auf den Inhalt des Gutachtens gehabt habe, was noch dadurch erhärtet werde, dass der Sachverständige in seiner Stellungnahme seine Tätigkeit als Vorsitzender des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates nicht erwähnt habe.
Da die "aseptische Meningitis" auch als "Meningoenzephalitis" beschrieben werde, seien die Angaben des Sachverständigen, der zwischen Meningitis und Enzephalitis differenziert habe, nicht geeignet, die Vorhalte in der Stellungnahme zu entkräften. Weiters gebe der Sachverständige Mu das Auftreten von einzelnen Fällen von aseptischer Meningitis bei dem in Rimparix enthaltenen Urabe-Stamm mit 1:2.000 bis 1:9.000 an. Demgegenüber habe der Sachverständige Ma dies mit 1:4.000 beschrieben.
Dazu führte der Sachverständige Mu in seinem Ergänzungsgutachten vom 1. Juli 2009 Folgendes aus:
"Meningoenzephalitis versus Meningitis:
Eine aseptische Meningitis wird unter dem Überbegriff Meningoenzephalitis angeführt. Für den einzelnen Patienten wird aber in der ärztlichen Diagnostik sehr wohl unterschieden, ob der Patient Symptome einer Meningitis, Meningoenzephalitis oder Enzephalitis aufweist, weil dies für den Schweregrad der Krankheit, den Ausgang der Erkrankung und ev. spätere Folgezustände von Bedeutung ist.
Das diagnostische Kriterium für Meningitis ist der Nachweis einer erhöhten Zellzahl in der Rückenmarksgehirnflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis). Für den Nachweis einer Enzephalitis sind klinische Zeichen (schwere Bewusstseinsstörung, neurologische Ausfälle, Krampfanfälle) ev. mit EEG-Veränderungen oder anatomischen Veränderungen in Bild gebenden Verfahren (CT = Computertomogramm, MR = Magnetresonanztomogramm) entscheidend. Beim einzelnen Patienten können also die Krankheitsbilder einer Meningitis, einer Meningoenzephalitis oder einer Enzephalitis vorliegen. Meine Angabe und Schlussfolgerungen sind darauf gegründet.
Urabe-Stamm in Rimparix:
Das Auftreten von einzelnen Fällen von aseptischer Meningitis nach der Verabreichung von Mumps-Lebendimpfstoffen ist vom Impfstamm abhängig und wird zwischen 1:1.000 beim Leningrad-3- Stamm und 1:800.000 Jeryl-Stamm angegeben; für den in Rimparix enthaltenen Urabe-Stamm schwanken die Angaben zwischen 1:2.000 und 1:9.000 (Vaccines, 5. Aufl. Seite 450, 451; 2008).
Die Angaben von DDr. M 1:4.000 und mein Zitat 1:2.000 bis 1:9.000 widersprechen sich zahlenmäßig nicht, weil die Angabe von DDr. M im dem von mir angegebenen Bereich liegt; die von mir zitierte Literaturstelle hat eben mehrere verschiedene Publikationen zu diesem Thema berücksichtigt.
Meine frühere gutachterliche Feststellung bleibt daher aufrecht.
...
PS: Ich stehe in keinem speziellen wirtschaftlichen Naheverhältnis zur Republik Österreich, weil die Tätigkeit als Mitglied bzw. Vorsitzender des Impfausschusses eine ehrenamtliche (ohne Honorar) ist, wobei lediglich die reinen Reisekosten für die Teilnahme an Sitzungen nach dem offiziellen Tarif ersetzt werden."
Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 2010 wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 27. Februar 1998, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Entschädigung nach dem Impfschadengesetz abgewiesen worden war, erneut ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Nach einer einleitenden Darstellung des Verfahrensgangs verwies die belangte Behörde hinsichtlich der beim Beschwerdeführer aufgetretenen Symptome auf die betreffenden Feststellungen im Bescheid vom 30. Juli 2002:
"Zu Beginn und Art der Symptome wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Gesundheitszustand des Berufungswerbers nach der Masern-Mumpsimpfung am 28. Jänner 1983 war vorerst unauffällig und ohne Fieber. Etwa zwei Wochen nach der Impfung bzw. Mitte Februar 1983 hat der Berufungswerber hoch zu fiebern begonnen. Das Fieber erreichte 39-41 Grad. Das Fieber hat etwa drei Wochen angehalten, war ca. zwei Wochen hoch und ist erst in der dritten Woche heruntergegangen. Während des Fiebers lag er ganz ruhig, war apathisch bzw. 'ganz weg', hat sich nicht bewegt und war hoch rot (Gesicht). Er hat auf Ansprechen nicht reagiert, hingegen aber schon auf Berühren. An ein Verkrampfen im Sinne eines Zusammenziehens besteht keine Erinnerung. Ebenso ist nicht erinnerlich, ob der Berufungswerber während des Fiebers erbrochen hat. Die fiebrige Erkrankung wurde zwei Wochen lang vom Hausarzt medikamentös (Antibiotika) behandelt; es kam zum Abfiebern. Im Gegensatz zum ruhigen Verhalten vor der Impfung war der Berufungswerber nach dem Fieber sehr unruhig und hat sich außergewöhnlich viel bewegt. Er hat dann auch zu sprechen aufgehört. Über ein weiteres Fieber Ende April/Anfang Mai 1983 liegt bereits von Dr. W eine Diagnose vor, bei dem sich der Berufungswerber am 11. Mai 1983 und 1. Juni 1984 in Behandlung befand. Bei der Behandlung am 11. Mai 1983 wurden vom Arzt ein Husten, Vergrößerung der Rachenmandel und der Adenoide, eine verzögerte Sprachentwicklung, eine gewisse Bewegungsunruhe, aber keine neurologischen Auffälligkeiten bemerkt.
Dr. F beschreibt als Symptome einer Encephalitis Fieber, Kopfschmerzen, Erbrechen, Nackensteifigkeit, epileptische Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Lähmungen. Encephalitis ist primär klinisch von einer fieberhaften Erkrankung zu unterscheiden, durch das zusätzliche Auftreten neurologischer Herdsymptome (z.B. Lähmungen) oder durch neurologische Allgemeinsymptome (z.B. epileptische Krämpfe und Koma).
Zu den vorgebrachten Symptomen wird ausgeführt, dass bei hohem Fieber eine Rötung der Haut in jedem Fall zu erwarten ist. Ebenso ist bei hoch fiebernden Kindern eine Apathie möglich, was durch das Fieber und den zusätzlichen Flüssigkeitsverlust zu erklären ist. Nicht festgestellt worden seien epileptische Anfälle, Nackensteifigkeit, Koma, auffallendes Erbrechen, oder Lähmungen."
Die belangte Behörde gab daraufhin die weiteren Verfahrensschritte wieder, insbesondere das Gutachten des Sachverständigen Mu samt Ergänzungen und die dazu vom Beschwerdeführer erstatteten Stellungnahmen.
Nach einer Darlegung der wesentlichen rechtlichen Grundlagen führte die belangte Behörde Folgendes aus:
Der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz bestehe nicht nur bei einem "Kausalitätsnachweis", sondern schon im Fall der "Kausalitätswahrscheinlichkeit". Jedenfalls dann, wenn auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anzunehmen sei, dass die drei in der Folge genannten Kriterien erfüllt seien, könne von der Wahrscheinlichkeit der Kausalität einer Impfung für die betreffende Gesundheitsschädigung ausgegangen werden:
"…
1. Es muss ein klarer zeitlicher Zusammenhang bestehen, d.h. die sog. Inkubationszeit muss 'stimmen'.
2. Die Symptomatik des als Ursache der späteren Behinderung angesehenen akuten 'Schadensereignisses' soll im Wesentlichen, wenn auch in abgeschwächter Form, dem Bild einer Komplikation nach einer Virusinfektion entsprechen.
3. Da ein direkter Nachweis eines ätiologischen Zusammenhangs mit der Impfung im Nachhinein nicht möglich ist, wird zumindest das Fehlen einer anderen (wahrscheinlicheren) Erklärungsmöglichkeit der Ätiologie gefordert.
Univ. Prof. Dr. Mu hat - vom Berufungswerber unbestritten - festgestellt, dass die angeschuldigte Impfung am 28. Jänner 1983 verabreicht worden ist und damals in Österreich nur zwei Masern-Mumps-Impfstoffe verfügbar waren, nämlich M-M-Vax der Fa. Merck, Sharp & Dohme, West Point und Rimparix der Fa. Smith Kline-RIT, Rixensart, Belgien. Die Verabreichung eines anderen Impfstoffes kann daher ausgeschlossen werden.
Da festgestellt wurde, dass der Berufungswerber etwa zwei Wochen nach der Impfung bzw. Mitte Februar 1983 hoch zu fiebern begonnen hat, ist davon auszugehen, dass das Kriterium 'Die sog. Inkubationszeit muss stimmen' erfüllt ist. Der dem widersprechende Sachverständigenbeweis wird daher der Entscheidung nicht zugrunde gelegt.
Die Wahrscheinlichkeit einer Reserveursache konnte durch die befassten Sachverständigen nicht schlüssig begründet werden. Die diesbezüglichen Feststellungen sind nicht ausreichend substantiiert. Fallbezogene Ausführungen, welche konkreten Umstände es seien, die gegen eine Impfinfektion, aber für die Wildtypinfektion sprächen wurden trotz Aufforderung nicht getätigt. Auch die Argumentation Mag. DDr. M betreffend Antikörpernachweis vermag nicht zu überzeugen, weil Univ. Prof. Dr. Mu nachvollziehbar darlegt, warum bei fehlendem Antikörpernachweis nach 16 Jahren nicht eindeutig auf das Angehen oder Nicht-Angehen der MM-Impfung geschlossen werden kann.
Andere Ursachen konnten im Ermittlungsverfahren somit nicht festgestellt werden. Das Kriterium 'Fehlen einer anderen - wahrscheinlichen - Ursache' ist somit grundsätzlich erfüllt.
Allerdings ist beim Berufungswerber anlässlich der nach der Impfung aufgetretenen Symptome keine diagnostische Klärung erfolgt. Außerdem bleiben - vom Berufungswerber unbestritten - auch mit den zurzeit verfügbaren Untersuchungsmethoden zirka 50% der Fälle von Enzephalitis ursächlich ungeklärt, können also keinem nachweisbaren Erreger zugeordnet werden.
Aus dem durch Statistiken beschriebenen Risiko lässt sich jeweils lediglich die Möglichkeit von Ursachen ableiten.
Daher spricht die Erfüllung dieses Kriteriums nur eingeschränkt für die Wahrscheinlichkeit, dass die angeschuldigte Impfung ursächlich für den jetzigen Leidenszustand des Berufungswerbers ist bzw. als wesentliche Bedingung dazu beigetragen hat.
Im, dem Bescheid vom 30. Juli 2002 vorangegangenen Ermittlungsverfahren wurde das Krankheitsbild während des nach der angeschuldigten Impfung aufgetretenen Fiebers festgestellt.
Übereinstimmend wird von den medizinischen Sachverständigen dargelegt, dass zur Abgrenzung das klinische Erscheinungsbild, nämlich das Vorliegen neurologischer Symptome wie Erbrechen, Delir, Koma, Krampfanfälle, Nackensteifigkeit und Lähmungen maßgebend ist. Im Privatgutachten Dris. B wird die beobachtete Apathie als zumindest 1 Symptom, welches für eine Beteiligung des zentralen Nervensystems an der Erkrankung spricht, angeführt.
Dr. H trifft keine gesonderten Feststellungen zur Symptomtypologie. Er schließt sich lediglich der Beurteilung Dris. B und Dris. U an bzw. wiederholt deren Ausführungen.
Die sonst als typisch beschriebenen Symptome wurden weder von den Eltern noch den behandelnden Ärzten oder Sachverständigen berichtet.
Die nachvollziehbar und schlüssig begründeten Ausführungen Univ. Prof. Dr. G, dass die geschilderten Symptome 'hochrot, anscheinend mit Ausschlag, lichtscheu' zwar an das Bild von Wildmasern erinnern, nicht aber an Impfmasern, wurden in der Folge nicht entkräftet. Die Ausführungen Dris. F, dass bei hohem Fieber Apathie nicht zwingend neurologisch bedingt ist, sondern auch durch den Flüssigkeitsverlust verursacht werden kann.
Die Beurteilung Mag. DDr. M, dass insbesondere die beschriebene Dauer und Höhe des Fiebers ein untypisches Krankheitssymptom für durch MM-Impfung verursachtes Fieber darstellt, sofern nicht ein schwerer Immundefekt vorliegt, wurde nicht widerlegt.
Das Vorbringen, in der angeschuldigten Impfung sei der Wirkstoff Thiomersal enthalten gewesen, wodurch die Abwehrkraft des Immunsystems geschwächt worden sei, war nicht zielführend. Thiomersal wurde als Konservierungsmittel für Totimpfstoffe verwendet und handelt es sich bei der angeschuldigten Impfung um einen Lebendimpfstoff. Dieser Umstand wurde in der Folge auch nicht beeinsprucht. Dem weiteren Vorbringen, Thiomersal sei in den kurz vor der MM-Impfung verabreichten Vorimpfungen enthalten gewesen und sei das Immunsystem des Berufungswerbers schon am 28. Jänner 1983 beeinträchtigt gewesen, kann nicht gefolgt werden. Übereinstimmend ist sämtlichen Beweismitteln zu entnehmen, dass die Vorimpfungen komplikationslos vertragen worden sind.
Univ. Prof Dr. Mu hat ausführlich dargelegt, dass die Symptome bei schweren Fällen im Kindes- und Erwachsenenalter im Prinzip gleich sind. Beweismittel, welche dazu im Widerspruch stehen, wurden nicht vorgelegt.
Die objektivierten Symptome sind nur zu einem geringen Teil mit den von den Sachverständigen als typisch aufgezählten Erscheinungsbildern in Einklang zu bringen. Symptome wie Erbrechen, Koma, Krampfanfälle, Nackensteifigkeit oder Lähmungen wurden nicht beobachtet. Allenfalls die berichtete Apathie deutet auf eine neurologische Komponente hin. Allerdings besteht diesbezüglich nur die Möglichkeit, weil diese auch durch den fieberbedingten Flüssigkeitsverlust verursacht worden sein könnte.
Gegen das Vorliegen der typischen Symptomatik sprechen auch die beobachtete Lichtscheu sowie die Dauer und Höhe des Fiebers.
Das Kriterium 2 ist somit nicht mit Wahrscheinlichkeit erfüllt, die Symptomatik weist keine ausreichende Ähnlichkeit auf."
Abschließend legte die belangte Behörde dar, dass entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht davon ausgegangen werden könne, die beigezogenen Sachverständigen seien befangen. Für die Annahme einer Hemmung der unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive bestehe keine Grundlage. Aus dem Umstand einer allfälligen Weisungsgebundenheit oder aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Behörde bzw. einem bestimmten Gremium alleine ergebe sich keine Befangenheit. Die Gutachten seien nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Studien erstellt worden, Hinweise auf Parteilichkeit fänden sich darin nicht.
Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens hätten den Grad der geforderten Wahrscheinlichkeit nicht begründen können. Dass ein Zusammenhang nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden könne, also grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, reiche für die Anerkennung als Impfschaden nicht aus, vielmehr müsse ein Zusammenhang zwischen Impfung und Gesundheitsschädigung zumindest wahrscheinlich sein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
1. Hinsichtlich der maßgebenden Rechtslage und der Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung in einem Verfahren auf Zuerkennung einer Impfschadenentschädigung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2013, Zl. 2010/11/0119, und auf die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2013, Zl. 2010/11/0149, sowie vom 23. Mai 2013, Zl. 2011/11/0114, verwiesen.
Daraus ist hervorzuheben, dass nach der - auch im Beschwerdefall anzuwendenden - Rechtslage nach der Novelle BGBl. I Nr. 48/2005 der Anspruch auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz schon im Fall der "Kausalitätswahrscheinlichkeit" besteht, weshalb anhand der maßgeblichen Kriterien (entsprechende Inkubationszeit, entsprechende Symptomatik, keine andere wahrscheinliche Ursache) zu überprüfen ist, ob die belangte Behörde ohne Rechtswidrigkeit zu dem Ergebnis gelangte, es sei nicht einmal die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität der gegenständlichen Impfung für die Leiden des Beschwerdeführers anzunehmen.
2. Das Beschwerdevorbringen zeigt nicht auf, dass die belangte Behörde die derart gebotenen Vorgaben nicht eingehalten hätte.
2.1. Vorweg ist festzustellen, dass seitens der belangten Behörde die Verfahrensmängel, die zur Aufhebung des Vorbescheids geführt hatten, im fortgesetzten Verfahren behoben worden sind.
2.2. Im nun angefochtenen Bescheid wurde das Fehlen der erforderlichen Kausalitätswahrscheinlichkeit im Wesentlichen damit begründet, dass die beim Beschwerdeführer nach der Impfung geschilderten Symptome nicht in Einklang zu bringen seien mit jenen, die zu erwarten wären, hätte die Impfung die Krankheit verursacht.
Schon die beschriebene Dauer und die Höhe des Fiebers sei ein untypisches Symptom für ein durch die Masern-Mumps-Impfung verursachtes Fieber, zumal keine Hinweise für einen schweren Immundefekt vorlägen (der Beschwerdeführer habe zwar vorgebracht, die Abwehrkraft des Immunsystems sei durch das im Impfstoff enthaltene Konservierungsmittel Thiomersal geschwächt gewesen, doch würde dieser Wirkstoff nur als Konservierungsmittel für Totimpfstoffe verwendet, während es sich bei der angeschuldigten Impfung um eine Lebendimpfung handle; auch dem weiteren Vorbringen, das Immunsystem sei bei der fraglichen Impfung am 28. Jänner 1983 beeinträchtigt gewesen, weil Thiomersal in zuvor verabreichten Vorimpfungen enthalten gewesen sei, könne nicht gefolgt werden, zumal sämtlichen Beweismitteln - übereinstimmend - zu entnehmen sei, dass der Beschwerdeführer die Vorimpfungen komplikationslos vertragen habe).
Neurologische Symptome wie Erbrechen, Delirium, Koma, Krampfanfälle, Nackensteifigkeit und Lähmungen seien nicht beobachtet worden. Das geschilderte Symptom "lichtscheu" erinnere zwar an das Bild von Wildmasern, nicht aber an Impfmasern. Seitens des Sachverständigen Dr. Mu sei ausführlich dargelegt worden, dass die Symptome bei schweren Fällen im Kindes- und Erwachsenenalter im Prinzip gleich seien.
Das "Kriterium 2" sei somit nicht hinlänglich erfüllt, die Symptomatik weise keine ausreichende Ähnlichkeit auf.
2.3. Der Beschwerde gelingt es nicht, eine Unrichtigkeit der auf diese Ausführungen gestützten Beurteilung, das Ermittlungsverfahren habe die geforderte Wahrscheinlichkeit nicht begründen können, darzustellen.
Die Beschwerde rügt zwar, die belangte Behörde habe unerörtert gelassen, wie die angeführten psychischen Symptome bei einem 18 Monate alten Kind, das noch nicht in der Lage ist, sich in irgendeiner Form zu artikulieren, zu diagnostizieren sein sollten, übergeht aber die Ausführungen des Sachverständigen Mu, dass derartige Symptome von einem Arzt für Allgemeinmedizin "kaum übersehen" werden könnten (der Beschwerdeführer stand wegen des Fiebers in ärztlicher Behandlung).
Das Argument der Beschwerde, es sei ohnehin - das nach allen beigezogenen Sachverständigen wichtigste Symptom - Fieber aufgetreten, verkennt, dass nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen des Sachverständigen Ma sowohl die lange Dauer des Fiebers als auch dessen Höhe untypisch für eine impfbedingte Enzephalitis sei.
Ist aber davon auszugehen, dass die geforderte "neurologische Symptomatik" fehlt, und ist Dauer und Höhe des aufgetretenen Fiebers nicht in Einklang zu bringen mit einem durch die Impfung verursachten (was die Beschwerde nicht konkret in Abrede stellt), ist die Beurteilung der belangten Behörde, es fehle insgesamt an einer ausreichenden Wahrscheinlichkeit der Kausalität, nicht zu beanstanden. In diesem Zusammenhang ist abschließend der Vollständigkeit halber zu erwähnen, dass die Annahme der belangten Behörde, das "Zeitfenster" passe und es sei auch (wenngleich eingeschränkt) das Kriterium "Fehlen einer anderen - wahrscheinlicheren - Ursache" erfüllt, in einem deutlichen Spannungsverhältnis zu den diesbezüglichen Ausführungen des von ihr beigezogenen Sachverständigen Mu steht.
3.1. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bemängelt der Beschwerdeführer, dass sein Vorbringen, die Sachverständigen Ma und Mu seien befangen, weshalb er den Antrag gestellt habe, einen anderen, nicht in Österreich ansässigen Sachverständigen zu beauftragen, übergangen worden sei. Er verweist dazu - wie schon im Verwaltungsverfahren - auf den genannten Passus in der Impfempfehlung. Es sei daher "nicht wahrscheinlich, dass (der Sachverständige) der Empfehlung des Organs, dem er vorsitzt, in einem Gutachten zuwiderhandeln werde". Eine Befangenheit liege schon dann vor, wenn die Möglichkeit bestehe, dass ein Organ durch seine persönliche Beziehung zur Sache oder zu den beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung beeinflusst sei. Die belangte Behörde hätte nicht erwarten können, dass der Sachverständige, der Vorsitzende des Impfausschusses des Sanitätsrats, völlig frei und unbefangen an die Gutachtenserstellung herangehen werde und "sozusagen seinen 'eigenen' Empfehlungen widerspricht".
3.2. Mit diesem Vorbringen wird ein Verfahrensmangel nicht aufgezeigt.
Das Wesen der Befangenheit besteht darin, dass das pflichtgemäße und unparteiische Handeln des zuständigen Organs durch unsachliche psychologische Motive gehemmt wird. Nur der Mensch, der zur Ausübung der Kompetenzen eines bestimmten Organes berufen ist, kann befangen sein. Ein Befangenheitsgrund gemäß § 7 AVG kann sich daher weder auf eine Behörde noch auf eine Dienststelle beziehen. Die allfällige Befangenheit eines Sachverständigen kann nur dann mit Erfolg eingewendet werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen die Erledigung dieses Verwaltungsorganes ergeben oder besondere Umstände hervorkommen, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit desselben in Zweifel zu ziehen, etwa wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung gefolgert werden kann. Die Beiziehung eines befangenen nichtamtlichen Sachverständigen bewirkt nicht schlechthin die Rechtsungültigkeit oder Nichtigkeit der Amtshandlung, sondern einen Verfahrensmangel, der aber gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG nur dann zur Aufhebung des (davon betroffenen) angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führt, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Behörde im Einzelfall bei rechtmäßigem Vorgehen zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, wenn sich also sachliche Bedenken gegen das Gutachten oder den sich darauf gründenden Bescheid ergeben (vgl. zum Ganzen die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 7 referierte Judikatur).
Bedenken gegen die sachliche Richtigkeit des Gutachtens des Sachverständigen Mu werden von der Beschwerde nicht konkret dargelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, inwiefern der wiedergegebene Passus der Impfempfehlung aus dem Jahr 1993 eine Befangenheit des Sachverständigen bei Erstattung seines Gutachtens begründen solle: Der in Rede stehende Passus findet sich im Kapitel "Impfdokumentation", in dem zunächst die Wichtigkeit einer genauen Dokumentation der einzelnen Impfung - unter Anführung des Namens und der Chargennummer des Impfstoffs - betont und dann (im nächsten Absatz) darauf hingewiesen wird, dass gemäß § 75 Arzneimittelgesetz "unerwünschte Arzneimittelwirkungen unverzüglich … zu melden sind".
Daran schließt sich der Hinweis, dass "gerade bei Impfungen solche Verdachtsfälle abgeklärt werden müssen", unerwünschte Arzneimittelwirkungen also zu untersuchen sind. Die Formulierung im letzten Satz, es "sollten ärztlicherseits Erhebungen durchgeführt werden, die dazu geeignet sind, eine andere Ätiologie der vorliegenden Gesundheitsstörung zu diagnostizieren", ist bei verständiger Würdigung ihres Gesamtzusammenhangs also dahin zu verstehen, dass mögliche Verdachtsfälle zu untersuchen sind; das vom Beschwerdeführer (Stellungnahme vom 28. November 2008) unterlegte Verständnis, dass damit "darauf geschaut werden soll, dass möglichst keine Impfschäden im Sinne des Impfschadengesetzes auftauchen können", kann dem nicht entnommen werden.
3.3. Die Nichtbestellung eines weiteren Sachverständigen begründet daher keinen Verfahrensmangel.
4. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 21. November 2013
Schlagworte
Verfahrensbestimmungen Befangenheit offenbare UnrichtigkeitenBefangenheit von SachverständigenAblehnung wegen BefangenheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2010110120.X00Im RIS seit
13.12.2013Zuletzt aktualisiert am
30.01.2014