TE Vwgh Erkenntnis 2013/11/29 2013/17/0242

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Veröffentlicht am 29.11.2013
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Index

E3L E06202020;
E6J;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/04 Steuern vom Umsatz;
37/01 Geldrecht Währungsrecht;
37/02 Kreditwesen;

Norm

31989L0646 Bankrechtskoordinierungs-RL 02te Art3;
32006L0048 Banken-RL Art4 Abs1;
32006L0048 Banken-RL Art5;
61997CJ0366 Romanelli VORAB;
ABGB §957;
ABGB §983;
BWG 1993 §1 Abs1 Z1;
BWG 1993 §1 Abs1;
BWG 1993 §31 Abs1;
BWG 1993 §32 Abs1;
UStG 1972 §2 Abs1;
UStG 1994 §2 Abs1;
UStG 1994 §6 Abs1 Z8 lite;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der H GmbH in S, vertreten durch Dr. Markus Distelberger, Rechtsanwalt in 3130 Herzogenburg, Schillerring 3, gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 30. November 2012, Zl. FMA-UB0001.200/0017-BUG/2012, betreffend Auftrag nach § 22d Abs. 1 FMAG und Androhung einer Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand im Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Schuhen und Möbeln, besteht.

Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, binnen sechs Wochen nach Zustellung dieses Bescheides die unerlaubte gewerbliche

Entgegennahme fremder Gelder als Einlage durch die weitere

Entgegennahme von fremden Geldern als Einlage sowie durch das weitere Halten der bereits entgegen genommenen fremden Gelder zu unterlassen. Die Beschwerdeführerin habe seit mindestens 30. September 2005 das konzessionspflichtige Bankgeschäft der gewerblichen Entgegennahme fremder Gelder als Einlage gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall Bankwesengesetz - BWG (Einlagengeschäft) betrieben, indem sie auf Grundlage standardisierter Darlehensverträge Gelder von Darlehensgebern auf einem näher genannten Bankkonto entgegen genommen habe. Im Falle der Vertragsbeendigung durch Kündigung der Darlehensgeber (Kündigungszeit 3 Monate) seien diese Gelder von der Beschwerdeführerin an die Darlehensgeber zurückzuzahlen. Überdies werde den Darlehensgebern von der Beschwerdeführerin eine Verzinsung in Höhe von 4 % pro Jahr gewährt. Die Beschwerdeführerin habe per Stand 20. Februar 2012 jedenfalls 195 Darlehensverträge abgeschlossen und damit Gelder in Höhe von EUR 2.979.000,-- gehalten. Die Beschwerdeführerin verfüge über keine Konzession zur Erbringung von Bankgeschäften gemäß § 4 Abs. 1 BWG.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides drohte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin für den Fall der Nichtbefolgung des Auftrages gemäß Spruchpunkt 1. die Verhängung einer Zwangsstrafe in Höhe von EUR 10.000,-- an.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die ersten Darlehensgewährungen seien bereits bei Gründung der Beschwerdeführerin am 30. September 2005 erfolgt.

Vertragsgegenstand sei jeweils die Geldhingabe durch die Darlehensgeber an die Beschwerdeführerin (als Darlehensnehmerin) mit der Abrede, dass die Gelder von der Beschwerdeführerin bei Vertragsende zurückgezahlt würden. Der Vertrag komme durch das Einlangen des Darlehensbetrages auf einem näher genannten Bankkonto der Beschwerdeführerin zustande. Dabei werde jeweils eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten und eine Kündigungsfrist von 3 Monaten vereinbart. Die Beschwerdeführerin habe sich verpflichtet, das einbezahlte Kapital nach Vertragsende vollständig zurückzuzahlen.

Die Darlehensgeber verfügten weder über Mitspracherechte hinsichtlich der Mittelverwendung noch über Einfluss auf die konkrete Verwendung der von ihnen eingezahlten Gelder. Die Gelder der Darlehensgeber würden von der Beschwerdeführerin in die gesamte Geschäftstätigkeit der "G-Gruppe" investiert.

Weder die Beschwerdeführerin noch die W GmbH (Anmerkung: Tochtergesellschaft) verfügten über eine Berechtigung zur Erbringung von Bankgeschäften gem. §§ 4 Abs. 1 iVm 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG.

Das Vorliegen eines Einlagengeschäftes gem. § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG setze Gewerblichkeit, die Entgegennahme fremder Gelder sowie einen unbedingten Rückzahlungsanspruch voraus.

Die Beschwerdeführerin trete im eigenen Namen auf und nehme die Gelder im eigenen Namen entgegen; darüber hinaus wende sie sich mit ihren Leistungen an Dritte. Die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin werde auch nachhaltig, d.h. auf Dauer, erbracht; die Beschwerdeführerin habe wiederholt und über einen langen Zeitraum Darlehensverträge mit "Freunden" und Kunden abgeschlossen; insofern sei keinesfalls von einer gelegentlichen Tätigkeit auszugehen. Die Tätigkeiten der Beschwerdeführerin seien auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet, weil die Gelder zur Finanzierung der gesamten Geschäftstätigkeit der "G-Gruppe" und damit auch jener der Beschwerdeführerin verwendet würden. Die Tätigkeiten der Beschwerdeführerin seien daher als gewerblich iSd UStG einzustufen.

Die Beschwerdeführerin erlange die vollständige Verfügungsmacht über die Gelder der Darlehensgeber (zwischen mindestens EUR 3.000,-- und maximal EUR 50.000,--) durch die Kontogutschrift. Es handle sich dabei ohne Zweifel um fremde Gelder. Die Gesellschaft sei aus dem Vertrag verpflichtet, den Darlehensgebern bei Vertragsende Geld in gleicher Menge und Güte zurückzuzahlen. Den Zeitpunkt der Rückzahlung bestimme der Darlehensgeber durch Kündigung des Vertrages. Die Beschwerdeführerin habe daher gewerblich fremde Gelder entgegengenommen.

Für den Begriff der Einlage sei es entscheidend, dass primär ein Anspruch auf Rückzahlung des eingesetzten Betrages bestehe. Dies beinhalte die Verpflichtung, dem Geldgeber den gleichen Betrag nach Maßgabe der getroffenen Vereinbarung nach Ende der Vertragsdauer zurückzubezahlen, unabhängig vom Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses. Allein wenn der Geldgeber sichergehen könne, dass er den wesentlichen Teil des von ihm eingesetzten Geldbetrags zurückfordern könne (unbedingter Rückzahlungsanspruch), werde der Begriff der Einlage erfüllt. Im vorliegenden Fall bestehe ein zivilrechtlicher Anspruch der Darlehensgeber auf Rückzahlung der der Beschwerdeführerin (als Darlehensnehmerin) übergegebenen Darlehenssumme. Die Gelder würden demnach von den Darlehensgebern im Rahmen von Darlehensverträgen mit der Absicht hingegeben, sie nach Kündigung des Vertragsverhältnisses vollständig zurückzuerhalten. Dies sei von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden. Zusätzlich erhielten die Darlehensgeber eine Verzinsung in Höhe von 4 % pro Jahr. Für das Vorliegen einer Einlage spreche auch, dass von mehreren Geldgebern fremde Gelder aufgrund typisierter Verträge als Darlehen entgegengenommen worden seien, sowie, dass sich das Angebot an ein breites Publikum (Kunden- und Bekanntenkreis sowie Informationen in Zeitschriften des Gesellschafter-Geschäftsführers Heinrich S) gerichtet habe bzw. richte.

Die Beschwerdeführerin habe somit das konzessionspflichtige Bankgeschäft des gewerblichen Einlagengeschäftes nach § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG verwirklicht.

Mit Verfahrensanordnung vom 28. Juni 2012 sei die Beschwerdeführerin daher zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes bis zum 1. Oktober 2012 aufgefordert worden. Dies insbesondere durch Unterlassung der gewerblichen Entgegennahme fremder Gelder als Einlage sowie durch Unterlassung des weiteren Haltens der bereits entgegen genommenen fremden Gelder, wobei dies der belangten Behörde durch Vorlage entsprechender aussagekräftiger Unterlagen nachzuweisen gewesen wäre.

Nach Ablauf der in der Verfahrensanordnung genannten Frist sei der bevollmächtige Vertreter der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde telefonisch kontaktiert, an den Ablauf der Frist erinnert und dahingehend informiert worden, dass eine Fristerstreckung grundsätzlich möglich und aus Sicht der belangten Behörde (im Zusammenhang mit einer von der Beschwerdeführerin ins Auge gefassten Genossenschaftsumwandlung) auch notwendig sei. Der Vertreter habe jedoch mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin keine Fristerstreckung wolle und auch keine Unterlagen vorlegen werde. Es sei die Frist der Verfahrensanordnung abgelaufen. Die Beschwerdeführerin habe keine Unterlagen vorgelegt, die die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nachweisen würden. Es sei daher davon auszugehen, dass der rechtmäßige Zustand nicht hergestellt worden sei.

Die Beschwerdeführerin erhob zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 13. März 2013, B 54/13-11, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof u.a. aus, dass die Beurteilung, ob die zahlreichen Rechtsgeschäfte der Beschwerdeführerin, mit denen sie verzinste Darlehen bei unterschiedlichen Personen aufgenommen habe, als Einlagengeschäft iSd § 1 Abs. 1 Z 1 BWG zu qualifizieren seien, keine in die Verfassungssphäre reichenden Fragen aufwerfe.

In ihrer vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift verbunden mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 1 Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993, (BWG), lautet:

"§ 1. (1) Ein Kreditinstitut ist, wer auf Grund der §§ 4 oder 103 Z 5 dieses Bundesgesetzes oder besonderer bundesgesetzlicher Regelungen berechtigt ist, Bankgeschäfte zu betreiben. Bankgeschäfte sind die folgenden Tätigkeiten, soweit sie gewerblich durchgeführt werden:

1. Die Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung oder als Einlage (Einlagengeschäft);

2. …"

Der Betrieb der in § 1 Abs. 1 genannten Geschäfte bedarf gem. § 4 Abs. 1 BWG der Konzession der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA).

Einlagen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 BWG sind nach § 93 Abs. 2 BWG sicherungspflichtige Einlagen. Kreditinstitute, die solche Einlagen entgegennehmen, haben gem. § 93 Abs. 1 BWG der Sicherungseinrichtung im Rahmen ihres Fachverbandes anzugehören.

Wer Bankgeschäfte ohne die erforderliche Berechtigung betreibt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, gem. § 98 Abs. 1 BWG eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu EUR 100.000,-- zu bestrafen.

Besteht der Verdacht u.a. einer Übertretung gemäß § 98 Abs. 1 BWG, so hat die FMA gem. § 22d Abs. 1 Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens die den verdächtigen Geschäftsbetrieb ausübenden Unternehmen mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der FMA zu bestimmenden Frist aufzufordern. Kommt ein aufgefordertes Unternehmen dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die FMA mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1 (in der Folge: RL 2006/48/EG) definiert ein "Kreditinstitut" als ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren.

Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2006/48/EG untersagen die Mitgliedstaaten Personen oder Unternehmen, die keine Kreditinstitute sind, die Tätigkeit der Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums gewerbsmäßig zu betreiben. Davon ausgenommen ist die Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern durch einen Mitgliedstaat, durch Gebietskörperschaften eines Mitgliedstaats oder durch öffentliche internationale Einrichtungen, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten angehören, sowie für die in den nationalen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften ausdrücklich genannten Fälle, sofern diese Tätigkeiten Regelungen und Kontrollen unterworfen sind, die den Schutz von Einlegern und Anlegern bezwecken und auf diese Fälle anwendbar sind.

Die Mitgliedstaaten sehen gem. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2006/48/EG vor, dass die Kreditinstitute vor Aufnahme ihrer Tätigkeit eine Zulassung erhalten müssen.

Die Beschwerdeführerin hat nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid in insgesamt 195 Fällen Darlehen ihrer Kunden und Mitarbeiter in Höhe von insgesamt mindestens EUR 2,979.000,-- entgegen genommen, um damit die eigene Geschäftstätigkeit (Handel mit Schuhen und Möbeln) und die Geschäftstätigkeit anderer, nicht näher bezeichneter Unternehmen der "G-Gruppe" zu finanzieren. Sie ist unstrittig nicht berechtigt, Bankgeschäfte durchzuführen.

Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin mit der Entgegennahme der Darlehen Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG (Einlagengeschäft i. e. Sinn) ausgeführt hat.

Dies bejaht die belangte Behörde, weil ihrer Auffassung nach diese Darlehen Einlagen seien, welche die Beschwerdeführerin gewerblich entgegengenommen habe.

Beides wird von der Beschwerde bestritten.

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin entgegengenommenen Darlehen als Einlagen iSd § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG anzusehen sind. Im Falle der Bejahung dieser Frage stellt sich die weitere Frage, ob im Beschwerdefall von einem gewerblichen Handeln der Beschwerdeführerin auszugehen ist.

Zum Einlagenbegriff:

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Beurteilung der belangten Behörde, Einlagen entgegengenommen zu haben, mit dem Vorbringen, den Darlehensgebern sei bekannt gewesen, dass die Beschwerdeführerin keine Bank sei und daher am Einlagensicherungssystem nicht teilnehme. Weiters sei diesen bekannt gewesen, dass die Darlehensbeträge nicht zur Vergabe von Krediten, sondern ausschließlich "für die unter dem Namen G zusammengefassten Unternehmen verwendet" würden. Alle Darlehensgeber hätten "bewusst ihre Gelder außerhalb des Bankensystems für einen Zweck zur Verfügung stellen wollen, der ihnen bekannt und dessen Unterstützung ihnen neben den wirtschaftlichen Aspekten auch ein Anliegen war bzw. ist".

Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, dass nicht jede Entgegennahme fremder Gelder als (konzessionspflichtiges) Einlagengeschäft iSd § 1 Abs. 1 Z 1 BWG zu verstehen ist. Vielmehr soll ein solches Einlagengeschäft - abgesehen von der Voraussetzung der Gewerblichkeit - nur dann vorliegen, wenn die Entgegennahme zur Verwaltung (der empfangenen Gelder; 1. Fall) oder als "Einlage" (2. Fall) geschieht. Die belangte Behörde hat ihren Auftrag auf den 2. Fall (Einlagengeschäft i. e. Sinn) gestützt.

Was als solche Einlage zu verstehen ist, ist im BWG selbst nicht ausdrücklich geregelt. Lediglich in Abschnitt VII. finden sich Bestimmungen über "Spareinlagen". Solche Spareinlagen sind gem. § 31 Abs. 1 BWG Geldeinlagen bei Kreditinstituten, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und als solche nur gegen die Ausfolgung von besonderen Urkunden (Sparurkunden) entgegengenommen werden dürfen. Gem. § 32 Abs. 1 BWG sind auf der Sparurkunde jede Einzahlung auf eine Spareinlage und jede aus einer Spareinlage geleistete Auszahlung zu vermerken.

Der Begriff der "Spareinlage" ist enger als jener der Einlage nach § 1 Abs. 1 Z 1 BWG (Chini/Oppitz, BWG, 613). Spareinlagen sind bestimmte Arten von Geldeinlagen. Deren Begründung kann privatrechtlich gesehen (wie auch sonst bei Einlagen) sowohl durch ein depositum irregulare als auch durch einen Darlehensvertrag erfolgen, wobei diese Unterscheidung für den Begriff der Einlagen ohne besondere Bedeutung ist (Laurer in Laurer/Borns/Strobl/M. Schütz/O. Schütz, Bankwesengesetz3, Rz 2 zu § 32). Für die Begründung einer Spareinlage ist jedoch die Ausfolgung einer Sparurkunde konstitutiv.

Im Beschwerdefall steht der Beurteilung der von der Beschwerdeführerin entgegengenommenen Darlehensbeträge als Spareinlagen iSd § 31 BWG der Umstand entgegen, dass für diese keine Sparurkunden, sondern nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ausschließlich Darlehensverträge errichtet wurden. Aus dem besonderen Einlagenbegriff des § 31 Abs. 1 BWG kann jedoch auch für den allgemeinen Einlagenbegriff des § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG gewonnen werden, dass es sich in jedem Fall um die Entgegennahme fremder Gelder, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen, handelt. Keine Einlagen i. e. S. sind regelmäßig als synallagmatische Gegenleistung entgegengenommene Gelder (z. B. Anzahlungs- und Ratengeschäfte). Dasselbe gilt auch für Aktivsalden auf Kontokorrentkonten (Karas/Träxler/Waldherr in Dellinger, BWG, § 1 Rz 28).

In der Literatur findet sich - worauf die Beschwerde hinweist - zum Einlagenbegriff des § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG auch die Auffassung, dass es sich dabei um einen Begriff handelt, der dem bankwirtschaftlichen Verkehr entnommen worden ist, weswegen die bankwirtschaftliche Verkehrsauffassung als Interpretationsmaßstab heranzuziehen sei. Demnach diene das Einlagengeschäft der Ansammlung liquider Mittel zur Finanzierung des Aktivgeschäfts eines Kreditinstituts: Einlagen würden zum Zweck einer "positiven Differenz" zwischen den im Passivgeschäft anfallenden Zinsen und den durch die Kapitalaufbringung ermöglichten Aktivgeschäften entgegengenommen (vgl. etwa Karas/Träxler/Waldherr in Dellinger, BWG, § 1 Rz 24; Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht2, II, 3/1; aA Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl, BWG2, Rz 2 zu § 1, wonach die Verkehrsauffassung nicht mehr als Abgrenzungskriterium herangezogen werden dürfe).

Diese Auffassung wurde zur Vorgängerbestimmung des § 1 Abs. 1 Z 1 BWG entwickelt, nämlich zum wortgleichen § 1 Abs. 2 Z 1 Kreditwesengesetz - KWG, BGBl. Nr. 63/1979 (auf den auch in den Materialien zur Regierungsvorlage der Stammfassung des BWG, 1130 der BlgNR XVIII. GP, 113, verwiesen wird). Allerdings ist die Identität dieser beiden Bestimmungen nur eine scheinbare. Anders als § 1 Abs. 1 BWG enthielt nämlich § 1 Abs. 2 KWG eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Verkehrsauffassung. § 1 Abs. 2KWG lautete nämlich:

"(2) Bankgeschäfte sind jene gewerblichen Tätigkeiten, die nach der Verkehrsauffassung dem Geschäftsbereich der Kreditunternehmungen zuzuordnen sind. Bankgeschäfte sind unter diesen Voraussetzungen insbesondere:

1. die Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung oder als Einlage (Einlagengeschäft);

…"

Im BWG, welches das KWG (§ 106 BWG) abgelöst hat, wurde jedoch die Bezugnahme auf die Verkehrsauffassung entfernt und die bislang demonstrative Aufzählung der Bankgeschäfte in einen taxativen Katalog umgestaltet (vgl. 1130 der BlgNR XVIII. GP, 113). Damit hat der Gesetzgeber den vordem eher weiten Interpretationsspielraum in Bezug auf die zur Bestimmung von Bankgeschäften verwendeten Begriffe erheblich eingeschränkt.

Die Schaffung des BWG war Teil eines legistischen Großvorhabens (in Form des Finanzmarktanpassungsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 532/1993), mit dem Österreich seinen legistischen Verpflichtungen im Bankenbereich aus dem EWR-Abkommen und dem daraus resultierenden acquis communautaire erfüllen wollte. Insbesondere sollte mit dem BWG den Anforderungen der Ersten Richtlinie 77/780/EWG und der Zweiten Richtlinie 89/646/EWG entsprochen werden (vgl. die bereits genannten Erläuterungen zur Regierungsvorlage). Daraus folgt, dass sich der Gesetzgeber bei der Schaffung des BWG am bereits vorgefundenen Gemeinschaftsrecht orientiert hat.

Bereits die Zweite Richtlinie 89/646/EWG des Rates vom 15. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG, ABl. L 386, S. 1 (in der Folge: Zweite Richtlinie), die zur Zeit der Schaffung des BWG in Geltung stand, definierte die Kreditinstitute als Unternehmen, deren Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren (Art. 1). Die "Entgegennahme von Einlagen und anderen rückzahlbaren Geldern" findet sich auch in Z 1 der "Liste der Tätigkeiten, für die die gegenseitige Anerkennung gilt".

Nach Art. 3 der Zweiten Richtlinie 89/646/EWG untersagten die Mitgliedstaaten Personen oder Gesellschaften, die keine Kreditinstitute sind, die Tätigkeit der Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums gewerbsmäßig zu betreiben.

Der diesbezügliche Richtlinienentwurf der Kommission (KOM 87/0715 endg.) hatte ein solche Verbotsbestimmung noch nicht enthalten. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hatte jedoch in seiner Stellungnahme zu diesem Entwurf, ABl. C 318/88 S. 42, die Notwendigkeit eines konsequenten und umfassenden Schutzes des Sparens betont und zwei Bereiche des Sparschutzes unterschieden:

"a) die Aufsicht über die Kreditinstitute, die dazu befugt sind, von der Öffentlichkeit ständig Spareinlagen in Form rückzahlbarer Gelder entgegenzunehmen, und die diese Gelder dazu verwenden, für eigene Rechnung das Kredit- und Anlagegeschäft sowie weitere Bankgeschäfte zu betreiben;

b) die Kontrolle der Entgegennahme von Spargeldern der Öffentlichkeit in jeder anderen Form, namentlich in Form von Wertpapieren, unabhängig davon, welches Wirtschaftssubjekt diese Spargelder mobilisiert."

Dies führte zu der Forderung des Wirtschafts- und Sozialausschusses, aus dem Wortlaut der künftigen Richtlinie müsse klar hervorgehen, dass nur die in einem Mitgliedstaat zugelassenen und der Bankenaufsicht unterstellten Kreditinstitute befugt seien, vom Publikum Spareinlagen in Form rückzahlbarer Gelder entgegenzunehmen. Damit dieser Grundsatz durchgesetzt werde, müssten die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, jeden Verstoß gegen diese Regel sofort strafrechtlich zu ahnden, wenn Spargelder von anderer Seite gesucht würden.

Auch wenn sich in den Erwägungsgründen der Zweiten Richtlinie 89/646/EWG dazu keine Ausführungen finden, wurde offensichtlich in Entsprechung dieser Forderung die bis jetzt zu beachtende Verbotsbestimmung (vgl. Art. 5 der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden Richtlinie 2006/48/EG) als Art. 3 in die Zweite Richtlinie 89/646/EWG eingefügt.

Gemildert wurde diese Verbotsbestimmung des Art. 3 der Zweiten Richtlinie 89/646/EWG durch die Ausnahme des zweiten Satzes des Art. 3 (Art. 5 der Richtlinie 2006/48/EG). Dieser erlaubt die Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern durch einen Mitgliedstaat, durch Gebietskörperschaften eines Mitgliedstaats oder durch öffentliche internationale Einrichtungen, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten angehören, sowie für die in den nationalen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften ausdrücklich genannten Fälle, sofern diese Tätigkeiten Regelungen und Kontrollen unterworfen sind, die den Schutz von Einlegern und Anlegern bezwecken und auf diese Fälle anwendbar sind.

Das Verbot samt Ausnahmebestimmung wurde wörtlich in Art. 3 der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (ABl. L 126, S. 1) übernommen und findet sich nun im Wesentlichen in Art. 5 der Richtlinie 2006/48/EG. Das heute in diesem Bereich anzuwendende Unionsrecht unterscheidet sich daher nur unwesentlich von den diesbezüglichen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, wie sie der österreichische Gesetzgeber bei Schaffung des BWG vorgefunden hat.

Das Unionsrecht (Gemeinschaftsrecht) steht aber der von der Beschwerdeführerin angestrebten Deutung, wonach der Einlagenbegriff des § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG ausschließlich darauf abstellt, dass die Gelder zur Finanzierung von Kreditgeschäften entgegengenommen werden, aus folgenden Gründen entgegen:

Das Unionsrecht stellt auf die gewerbsmäßige Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums ab. Daraus folgt zunächst, dass unter Einlagen iSd Art. 5 der Richtlinie 2006/48/EG jedenfalls rückzahlbare Gelder des Publikums zu verstehen sind. Auf den Zweck der Entgegennahme dieser Gelder (etwa zur Kreditvergabe oder zur Durchführung von Investitionen) wird in dieser Bestimmung nicht abgestellt.

Eine solche Berücksichtigung des Zwecks könnte allenfalls in dem Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit der Entgegennahme der Gelder gesehen werden. Für eine solche Deutung könnte allenfalls der Wortlaut der diversen Sprachfassungen ins Treffen geführt werden. So lautet Art. 5 erster Satz der Richtlinie 2006/48/EG in der englischen Sprachfassung:

"Member States shall prohibit persons … from carrying on the business of taking deposits or other repayable funds from the public",

und in der französischen Sprachfassung:

"Les Etats membres interdisent aux personnes … d'exercer, a titre professionnel, l'activite de reception de depots ou d'autres fonds remboursables du public".

Aufgrund der englischen und französischen Sprachfassung könnte allenfalls die Auffassung vertreten werden, dass nur solche Einlagengeschäfte verboten sein sollen, die den Unternehmensgegenstand des die Gelder entgegennehmenden Unternehmens bilden (und zwar zur Finanzierung der eigenen gewerblichen Kreditvergaben), aber nicht, wenn sie "lediglich" der Finanzierung der sonstigen Geschäfte des Unternehmens dienen.

Wird die genannte Bestimmung mit der Begriffsbestimmung des Kreditinstituts in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2006/48/EG gemeinsam gelesen, so ergibt sich jedoch, dass das Verbot Unternehmen, deren Tätigkeit eben nicht in der Kreditvergabe für eigene Rechnung besteht, erfasst. Diese dürfen nicht gewerbsmäßig rückzahlbare Gelder des Publikums entgegen nehmen. Das soll nur Kreditinstituten erlaubt sein, und zwar nur solchen, die vor Aufnahme ihrer Tätigkeit eine Zulassung erhalten haben.

Dazu kommt, dass die Ausnahmeregelung des zweiten Satzes des Art. 5 der Richtlinie 2006/48/EG (Art. 3 der Zweiten Richtlinie 89/646/EWG) in Bezug auf die darin genannten Mitgliedstaaten und deren Gebietskörperschaften sowie die internationalen Einrichtungen überflüssig wäre, weil diese eben keine Personen sind, deren Unternehmensgegenstand in der Entgegennahme von rückzahlbaren Geldern des Publikums besteht.

Dafür, dass es bei dem von der Richtlinie verwendeten Einlagenbegriff nicht auf die Zweckwidmung der entgegengenommenen Gelder ankommt, spricht auch das Ziel des umfassenden Schutzes der Sparer, denen nicht immer ersichtlich und vor allem nachprüfbar ist, für welche Zwecke die entgegengenommenen Gelder vom Unternehmen tatsächlich verwendet werden. Auch der Europäische Gerichtshof, hat in seinem Urteil vom 11. Februar 1999, Rs. C- 366/97 ("Romanelli"), betont, dass eine enge Auslegung der Verbotsbestimmung des Art. 3 der Zweiten Richtlinie 89/646/EWG (nunmehr: Art. 5 der Richtlinie 2006/48/EG) dazu führen würde, dass der Zweck des Schutzes der Verbraucher gegen den Schaden, den sie durch Geldgeschäfte erleiden könnten, vereitelt werde.

Daraus folgt, dass das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit in Art. 5 der Richtlinie 2006/48/EG (Art. 3 der Zweiten Richtlinie 89/646/EWG) dahingehend zu verstehen ist, dass das Verbot erst dann greifen soll, wenn die Entgegennahme der Publikumsgelder ein bestimmtes Ausmaß erreicht, das die Geringfügigkeitsgrenze jedenfalls überschreitet bzw. über das gelegentliche Maß hinausgeht. Dies entspricht auch dem Erfordernis der Gewerblichkeit in § 1 Abs. 1 BWG.

Für den Einlagenbegriff in § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG ergibt sich folgendes:

Einlagen iSd § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG liegen somit dann vor, wenn rückzahlbare Gelder des Publikums (der Öffentlichkeit), die der Anlage dienen, nicht bloß gelegentlich entgegengenommen werden. Auf die weitere Verwendung der entgegengenommenen Gelder kommt es hingegen nicht an, um von einer Einlage im Sinne dieser Bestimmung ausgehen zu können.

Von der durch Art. 5 zweiter Satz der Richtlinie 2006/48/EG geschaffenen Möglichkeit, für bestimmte ausdrücklich genannte Fälle gesetzliche Ausnahmen von der Konzessionspflicht im Falle der Entgegennahme solcher Einlagen vorzusehen, hat der österreichische Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht.

Daraus folgt aber für den Beschwerdefall, dass für die von der Beschwerdeführerin vertretene Auslegung, wonach nur typische Bankgeschäfte iS der Finanzierung von Kreditgeschäften von § 1 Abs. 1 Z 1 BWG erfasst wären, kein Raum bleibt. Auf das Wissen bzw. Wollen der Darlehensgeber in Bezug auf die tatsächliche Verwendung ihrer hingegebenen Gelder kommt es somit nicht an. Dass die belangte Behörde keine Feststellungen über die Personen der Darlehensgeber und deren Motive getroffen hat, stellt daher entgegen dem Beschwerdevorbringen keinen relevanten Verfahrensmangel dar.

Die Beschwerdeführerin bringt in diesem Zusammenhang auch vor, dass sich die von ihr entgegengenommenen Darlehen kaum von der Begebung von (Unternehmens-)Anleihen unterschieden. Letztere fielen aber unstrittig nicht unter den Begriff der Einlage nach § 1 Abs. 1 Z 1 BWG und seien Spareinlagen wesentlich ähnlicher als ihr gegenständliches Finanzierungsmodell. Demzufolge müsste auch letzteres von der Konzessionspflicht nach BWG befreit sein.

Dabei übersieht die Beschwerdeführerin aber, dass für die Begebung von (Unternehmens-)Anleihen ein anderer Anlegerschutz-Mechanismus, nämlich jener nach dem Bundesgesetz über das öffentliche Anbieten von Wertpapieren und anderen Kapitalveranlagungen und über die Aufhebung des Wertpapier-Emissionsgesetzes (Kapitalmarktgesetz - KMG), BGBl. Nr. 625/1991, zur Anwendung gelangt. § 2 iVm § 1 Abs. 1 Z 1, 3 bzw. 4 KMG sieht vor, dass ein öffentliches Angebot an das Publikum (oder einer Einladung zur Zeichnung) von Wertpapieren (z.B. Anleihen mit mehr als zwölf Monaten Laufzeit) oder Veranlagungen (das sind bestimmte Vermögensrechte, über die keine Wertpapiere ausgegeben werden) im Inland nur dann erfolgen darf, wenn ein dem KMG entsprechender und gebilligter (oder bei Veranlagungen nach § 8 Abs. 2 kontrollierter) Prospekt veröffentlicht wurde. Davon gibt es zwar mehrere Ausnahmen, z.B. entfällt diese Prospektpflicht bei Kleinstangeboten nach § 3 Abs. 1 Z 10 KMG (d. h. der Gesamtgegenwert beträgt über einen Zeitraum von zwölf Monaten weniger als 100.000 Euro) oder bei Angeboten an weniger als 150 nicht qualifizierte Anleger nach § 3 Abs. 1 Z 14 KMG, weil in diesen Fällen unter dem Gesichtspunkt der Kostenintensität der prospektrechtliche Anlegerschutz gegenüber der Markteffizienz in den Hintergrund tritt. Dass das von der Beschwerdeführerin gewählte Finanzierungsmodell diesen Vorgaben entsprochen hätte, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Abgesehen davon bestanden nach den unbestrittenen Feststellungen per 20. Februar 2012 195 Darlehensverträge, sodass auch schon deshalb eine sinngemäße Heranziehung der einschlägigen Bestimmungen des KMG (hier des § 3 Abs. 1 Z 14) nicht in Erwägung zu ziehen war.

2. Gewerblichkeit

Auch der Begriff der "gewerblichen Durchführung" von Einlagengeschäften in § 1 Abs. 1 BWG wird im BWG nicht näher bestimmt. Die Materialien zur Regierungsvorlage der Stammfassung des BWG (1130 der BlgNR XVIII. GP, 113) verweisen jedoch auf den Gewerblichkeitsbegriff des UStG. Sie führen dazu aus:

"Allen Bankgeschäften ist gemeinsam, daß es sich hiebei um gewerbliche Tätigkeiten handelt; gemäß UStG 1972 ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt, gewerblich. Somit grenzt der Begriff "gewerblich" den Inhalt der in Z 1 bis 18 angeführten Tätigkeiten von gleichen Tätigkeiten des privaten oder geschäftlichen Verkehrs ab. Das Wort gewerblich schließt somit aus, daß zB schon eine gelegentliche Kredit- oder Darlehensgewährung, wie sie im privaten bürgerlichen oder geschäftlichen Verkehr vorkommt, als ein Bankgeschäft angesehen werden könnte."

Nach § 2 Abs. 1 dritter Satz UStG 1972 ist gewerblich oder beruflich jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird (vgl. auch § 2 Abs. 1 dritter Satz UStG 1994).

Tätigkeiten werden nachhaltig ausgeführt, wenn sie wiederholt unter Ausnützung derselben Gelegenheit und desselben dauernden Verhältnisses ausgeübt werden. Den Gegensatz zur nachhaltigen Tätigkeit bildet die einmalige oder gelegentliche Tätigkeit. Eine solche liegt vor, wenn sie nur fallweise (sobald sich von außen die Gelegenheit bietet) ausgeführt wird, nicht jedoch, wenn jemand selbst darauf hinwirkt, die Voraussetzungen für sein Tätigwerden herbeizuführen. Aber auch eine (zunächst) einmalige Tätigkeit kann nachhaltig sein, wenn an Hand objektiver Umstände auf die Absicht, sie zu wiederholen, geschlossen werden kann (vgl. die bei Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz 19942, Tz 49f zu § 2 angeführte hg. Rechtsprechung).

Einnahmen sind Vermögensvermehrungen durch Zugang von Geld oder geldwerten Sachgütern. Die Einnahmenerzielung muss nicht die primäre Motivation der Tätigkeit sein. Auch ideelle, karitative und gemeinnützige Tätigkeiten können zur Unternehmereigenschaft führen. An der Einnahmenerzielungsabsicht fehlt es jedoch, wo Tätigkeiten ohne wirtschaftliches Kalkül, ohne eigenwirtschaftliches Interesse entfaltet werden. Das ist beispielsweise der Fall, wenn das Verhalten des Leistenden von der Absicht der Unentgeltlichkeit, der Gefälligkeit, des familiären Zusammenwirkens und dgl. bestimmt ist (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz 19942, Tz 56f zu § 2).

Das Erfordernis der gewerblichen Durchführung der Tätigkeit entspricht Art. 5 erster Satz der Richtlinie 2006/48/EG, wonach sich das Verbot der konzessionslosen Entgegennahme von rückzahlbaren Geldern des Publikums auf das gewerbsmäßige Handeln beschränkt.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen der gewerblichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 UStG bejaht, weil die Beschwerdeführerin im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig geworden sei, die Darlehensverträge wiederholt und über einen langen Zeitraum abgeschlossen worden seien und die Absicht, Einnahmen zu erzielen, vorgelegen sei.

Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, dass "die DarlehensgeberInnen Freunde des Inhabers oder der Belegschaft des Unternehmens, Mitarbeiter des Unternehmens, Stammkunden des Unternehmens oder sonstige Personen sind, die bewusst und gezielt unser Unternehmen fördern wollen oder sich mit unserem Unternehmen speziell verbunden fühlen". Damit sei der Fall aber gleichgelagert jenem Sachverhalt, der dem hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2008/17/0226, zugrunde gelegen sei. In diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen von Gewerblichkeit unter Hinweis auf die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit zwischen Kreditgeberin und Kreditnehmerin verneint.

In der Beschwerde wird aber nicht behauptet, dass bei den Personen, die der Beschwerdeführerin Darlehen eingeräumt haben, gesellschaftsrechtliche Beziehungen zu der Beschwerdeführerin bestanden hätten. Bloße freundschaftliche Verbundenheit mit den Organen einer Gesellschaft oder die Wertschätzung betreffend deren Unternehmenspolitik oder deren Produkte reichen aber noch nicht hin, um die Gewerblichkeit der Darlehensaufnahmen auszuschließen (vgl. bereits in diesem Sinne das erwähnte hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2008/17/0226, von "Dritten" sprechend; vgl. dazu auch Brandl/Wolfbauer, Großbaustelle Einlagengeschäft - zugleich Besprechung der Entscheidung VwGH

20.7. (richtig 6.) 2012, 2008/17/0226, ZFR 2013/4, 16 (18)).

Der Beschwerdeführerin ist zuzugestehen, dass der Begriff der Gewerblichkeit im UStG auf die Fälle der Leistungserbringung abstellt. Als solche werden aber auch die Umsätze im Einlagengeschäft gesehen (vgl. § 6 Abs. 1 Z 8 lit. e UStG 1994). Insofern kann die Bezugnahme auf den Begriff der Gewerblichkeit, wie ihn das Umsatzsteuerrecht verwendet, entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht in der Regel als durchaus sachgerecht erachtet werden.

Dass die Darlehensaufnahmen nur dann erfolgt seien, wenn das Unternehmen der Beschwerdeführerin (oder diesem nahestehende Unternehmen der "G-Gruppe") Investitionsbedarf gehabt habe, steht einer Beurteilung der Darlehensaufnahmen als nachhaltige Tätigkeit nicht entgegen, hat die Beschwerdeführerin doch unbestrittenermaßen über mehrere Jahre hinweg mittels standardisierter Verträge von 195 Darlehensgebern Gelder entgegengenommen und dafür u.a. in ihrer Zeitschrift auch Werbung gemacht. Warum es sich dennoch um bloß gelegentliche Darlehensaufnahmen gehandelt haben sollte, ist bei dieser Vorgehensweise nicht ersichtlich.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2001, Zl. 2000/17/0134, ausgeführt hat, reicht eine bloß mittelbare Einnahmenerzielung zur Erfüllung des Gewerblichkeitsbegriffes aus. Auch wenn die Beschwerdeführerin die gegenständlichen Darlehen nicht zur Finanzierung von Kredit- und anderen Geschäften des Geld- und Kapitalverkehrs verwendet hat, so hat sie diese doch im Wege der Finanzierung ihrer unternehmerischen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen verwendet, sodass auch in diesem Zusammenhang von einer gewerblichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen ist.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die belangte Behörde zu Recht die Darlehensaufnahmen der Beschwerdeführerin als konzessionspflichtiges Einlagengeschäft iSd § 1 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall BWG angesehen und der Beschwerdeführerin den gegenständlichen Auftrag auf Unterlassung bzw. Rückzahlung erteilt hat.

Da die Beschwerdeführerin aus den dargelegten Erwägungen somit nicht in ihren Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGH in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 29. November 2013

Gerichtsentscheidung

EuGH 61997CJ0366 Romanelli VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2013170242.X00

Im RIS seit

13.12.2013

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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