Index
L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. der S G und 2. des H G, beide in N, beide vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 30. August 2013, Zl. BHBL-I- 4102.17-2012/0002, betreffend Herstellung des rechtmäßigen Zustandes (mitbeteiligte Partei: Gemeinde N), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 27. Februar 2012 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf nachträgliche Genehmigung einer bereits errichteten Glas-Überdachung im südwestlichen Bereich ihres Reihenhauses abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. Mai 2012, und die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 14. November 2012 jeweils abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde die unter Zl. 2012/06/0211 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht (siehe die dazu ergangene Entscheidung vom heutigen Tag).
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. Jänner 2013 wurde daraufhin gemäß § 40 Abs. 3 Baugesetz (BauG) die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes (das heißt vollständiger Abbruch des Bauwerks) für die an der Südwestseite errichtete Glas-Überdachung beim bestehenden Wohnhaus der beschwerdeführenden Parteien bis längstens 31. Mai 2013 verfügt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Baubewilligung mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. Mai 2012 rechtsgültig (gemeint wohl: rechtskräftig) versagt worden und dieser Bescheid auch von der Vorstellungsbehörde bestätigt worden sei.
Die beschwerdeführenden Parteien beriefen gegen den Beseitigungsauftrag und brachten im Wesentlichen vor, es liege keine rechtskräftige Versagung der beantragten Baubewilligung vor. Das Bauansuchen sei auf Basis einer unvertretbaren Rechtsauffassung abgewiesen worden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bauabstandsnachsicht lägen vor. Die Rechtssache sei beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Der vorliegende Beseitigungsauftrag sei verfrüht, weil das Bewilligungsverfahren noch gar nicht abgeschlossen sei. Ein Abbruchbescheid dürfe erst dann ergehen, wenn endgültig rechtskräftig die Baubewilligung versagt worden sei. Dies sei nicht der Fall; die mitbeteiligte Gemeinde sei vom Verwaltungsgerichtshof bereits aufgefordert worden, eine Gegenschrift einzubringen. Es sei "allgemein verständlich und leicht ersichtlich", dass das vorliegende Verfahren bis zum Ergehen eines Verwaltungsgerichtshofserkenntnisses jedenfalls zu unterbrechen sein werde.
Mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Juli 2013 wurde der Berufung der beschwerdeführenden Parteien keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Frist zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes auf sechs Wochen ab Zustellung dieses Bescheides erstreckt werde. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, der Bescheid über die Versagung der Baubewilligung sei rechtskräftig, ein ordentliches Rechtsmittel sei nicht zulässig. Eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stelle ein außerordentliches Rechtsmittel dar. Die Baubehörde habe zwingend die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes zu verfügen, wenn die Baubewilligung rechtskräftig versagt worden sei. Ein Beseitigungsauftrag verstoße auch nicht in unvertretbarer Weise gegen grundsätzliche Rechtsgrundsätze des Baugesetzes, weil ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben grundsätzlich erst dann begonnen werden dürfe, wenn ein rechtskräftiger Baubescheid vorliege. Der Bauwerber trage somit das Risiko, wenn er ein konsensloses Bauwerk errichte. Der Behörde sei auch kein Ermessen eingeräumt, ob sie die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verfüge, wenn eine Baubewilligung für ein bereits errichtetes Bauwerk versagt worden sei.
In ihrer Vorstellung vom 29. Juli 2013 brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, es sei nicht besonders verfahrensökonomisch und rechtlich auch nicht nachvollziehbar, wieso im vorliegenden Verfahren nicht der Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof abgewartet werde. Das vorliegende Verfahren sei zu unterbrechen (§ 38 AVG). Die beschwerdeführenden Parteien hätten eine Ausnahmegenehmigung beantragt, wonach ihnen gegen den Willen des Grundnachbarn die Zustimmung zur Unterschreitung der gesetzlichen Mindestabstände nach dem Baugesetz erteilt werde. Die Tatbestandsvoraussetzungen dafür lägen klar vor. Für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde gegen die Versagung der Baubewilligung stattgebe, erweise sich der vorliegende Beseitigungsauftrag als rechtswidrig.
Mit dem angefochtenen Bescheid (vom 30. August 2013) wies die belangte Behörde die Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien gegen den Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Juli 2013 als unbegründet ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, im gegenständlichen Verfahren sei der Instanzenzug mit der Entscheidung der Berufskommission als letzte innerhalb der Gemeinde anrufbare Instanz erschöpft und die Versagung der Baubewilligung mit dem Bescheid der Berufungskommission vom 14. Mai 2012 somit rechtskräftig versagt worden. Die Vorstellung sei kein ordentliches Rechtsmittel. Gemäß § 40 Abs. 1 BauG sei die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes auch dann zu verfügen, wenn die Baubewilligung für ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben rechtskräftig versagt worden sei. Dabei stehe der Behörde kein Ermessen zu. Wenn ein Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt werde, trage der Bauwerber das Risiko einer nachträglichen Versagung der Baubewilligung. Auf das Vorbringen, die Baubewilligung sei zu Unrecht versagt worden, weil eine Abstandsnachsicht hätte erteilt werden müssen, sei im gegenständlichen Bescheid nicht einzugehen, weil das nunmehrige Vorstellungsverfahren rein der Überprüfung diene, ob durch den Bescheid der Berufungsbehörde subjektivöffentliche Rechte der Vorstellungswerber durch die Verfügung der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verletzt worden seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 40 Baugesetz - BauG, LGBl. Nr. 52/2001, in der Fassung
LGBl. Nr. 72/2012, lautet auszugsweise:
"§ 40
Herstellung des rechtmäßigen Zustandes
(1) Ergibt eine Überprüfung nach § 38 Abs. 1 lit. a oder b einen Grund zur Beanstandung, so hat die Behörde - unabhängig von einem Vorgehen nach § 39 - den Bauherrn aufzufordern, innerhalb eines Monats
a) einen Bauantrag zu stellen, wenn das beanstandete Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens bewilligungspflichtig ist; oder
b) eine Bauanzeige einzubringen, wenn das beanstandete Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens anzeigepflichtig ist.
(2) Ergibt eine Überprüfung nach § 38 Abs. 1 lit. a einen Grund zur Beanstandung, weil die ursprünglich vorhandene Baubewilligung oder der Freigabebescheid nachträglich aufgehoben wurden, und besteht keine Aussicht auf nochmalige Erlangung einer Baubewilligung oder Berechtigung zur Ausführung, so ist nicht nach Abs. 1, sondern sogleich nach Abs. 3 vorzugehen.
(3) Kommt der Bauherr der Aufforderung nach Abs. 1 durch Einbringung eines vollständigen Bauantrages bzw. einer vollständigen Bauanzeige nicht nach oder wurde die Baubewilligung versagt bzw. erfolgte aufgrund der Bauanzeige die Untersagung, so hat die Behörde die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zu verfügen. Falls der Bauherr nicht herangezogen werden kann, hat die Verfügung an denjenigen zu ergehen, der als Eigentümer oder als Bauberechtigter über das Bauwerk oder die sonstige Anlage verfügungsberechtigt ist; dies ist jedoch unzulässig, sofern der Eigentümer oder der Bauberechtigte nachweist, dass er dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hat, es nicht geduldet hat und er aus ihm keinen wirtschaftlichen Vorteil ziehen kann.
(4) …"
Wenn die beschwerdeführenden Parteien argumentieren, die belangte Behörde hätte sich damit auseinandersetzen müssen, dass ihnen eine Abstandsnachsicht gemäß § 7 Abs. 1 BauG zu erteilen gewesen wäre, ist ihnen entgegenzuhalten, dass die Frage der Rechtmäßigkeit der Versagung der Baubewilligung nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, weshalb auf das diesbezügliche Vorbringen nicht weiter einzugehen ist. Gegenständlich ist vielmehr nur der Auftrag zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes.
Dazu bringt die Beschwerde vor, es sei "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich davon auszugehen", dass das Bauvorhaben, für das die Baubewilligung versagt worden sei, rechtens sei. Die von den beschwerdeführenden Parteien angestrebte Logik des weiteren Verfahrens sei ökonomisch und rechtmäßig. Es mache keinen Sinn, ein Bauwerk abzureißen, wenn die Baubewilligung letztendlich doch rechtskräftig erteilt werde. Bei einem kleinen Flugdach, wie dem vorliegenden, könne durchaus zugewartet werden, bis das Baubewilligungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen sei. Wenn das Baubewilligungsverfahren dann doch irgendwann einmal rechtskräftig abgeschlossen werde, könne man das Flugdach belassen. Die bisher ergangenen Abbruchbescheide seien völlig überflüssig gewesen. Der Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens sei jedenfalls rechtens. Die Vorgangsweise der belangten Behörde sei rechtswidrig, unökonomisch und rational nicht nachvollziehbar.
Damit zeigen die beschwerdeführenden Parteien keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zutreffend von einer rechtskräftigen Versagung der Baubewilligung durch den Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. Mai 2012 ausging (vgl. dazu die Ausführungen in Hengstschläger-Leeb, AVG § 68 Rz 9). Bei dieser Rechtslage hatte die belangte Behörde gemäß § 40 Abs. 3 zweiter Tatbestand ("… oder wurde die Baubewilligung versagt …") BauG die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes zu verfügen, ohne die beschwerdeführenden Parteien nochmals aufzufordern, einen Bauantrag zu stellen. Auf das Beschwerdevorbringen betreffend eine Unterbrechung des Verfahrens war daher nicht mehr einzugehen. Der belangten Behörde ist auch darin zuzustimmen, dass bewilligungspflichtige Bauvorhaben erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen Baubewilligung errichtet werden dürfen. Die von den beschwerdeführenden Parteien angesprochene Ökonomie, wonach die Beseitigung eines konsenslosen Bauwerks erst dann aufzutragen sei, wenn auch alle Verfahren betreffend außerordentliche Rechtsmittel abgeschlossen seien, steht nicht im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0046).
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 7. November 2013
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013060158.X00Im RIS seit
05.12.2013Zuletzt aktualisiert am
15.01.2014