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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Stmk 1995 §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätin Dr. Bayjones, den Hofrat Dr. Moritz, die Hofrätin Mag. Merl sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1. des D G W und 2. der C W, beide in S, beide vertreten durch die Fritsch Kollmann Volk und Partner Rechtsanwälte in 8010 Graz, Reitschulgasse 1, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. Mai 2011, Zl. FA13B-12.10-S407/2011-1, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. P O und 2. S O, beide vertreten durch Mag. Walter Krautgasser, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Marburger Kai 47/HP; 3. Gemeinde S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Antrag vom 28. Jänner 2009 suchten der Erstmitbeteiligte und die Zweitmitbeteiligte (bauwerbenden Parteien) um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes mit Garage und einer Einfriedung auf ihrem Grundstück in der drittmitbeteiligten Gemeinde an. Dem Einreichplan in der am 1. Februar 2010 geänderten Form ist zu entnehmen, dass das direkt an der Grundgrenze zu den beschwerdeführenden Parteien geplante Bauvorhaben aus einem Anhängerabstellplatz mit einer Fläche von 17,1 m2, einer Gerätehütte (5,52 m2) sowie einer Gartenlaube mit 12,6 m2 besteht. Entlang der Grundgrenze soll eine 14,7 m lange und 3,52 m hohe Brandwand im Sinn des § 51 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) errichtet werden.
Die beschwerdeführenden Parteien brachten in ihren Einwendungen vom 20. April 2010 vor, der Grenzabstand und die erforderlichen Gebäudeabstände würden nicht eingehalten; "die Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Grundlagen ist nicht gegeben insbesondere werden Gebäude, Nutzung und Abstände mein Grundstück betreffend auf dem Einreichplan unrichtig und mit spekulativen baulichen Veränderungen dargestellt".
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den bauwerbenden Parteien mit Bescheid vom 21. Mai 2010 unter Auflagen die Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes mit eingebauter Garage und angebauter Gartenlaube und die Errichtung einer Einfriedung. Die Einwendungen der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich des Grenz- und der Gebäudeabstände wurden als unbegründet abgewiesen, jene hinsichtlich der Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Grundlagen als unzulässig zurückgewiesen, weil es sich dabei um keine Einwendungen im Rechtssinn (subjektivöffentlichrechtliche Einwendungen) handle. Mit Bescheid vom 15. Dezember 1962 sei den beschwerdeführenden Parteien die Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit einem Grenzabstand von 4 m zum Grundstück der bauwerbenden Parteien bewilligt worden. Mit Bescheid vom 16. Juli 1974 sei ihnen die Errichtung einer Garage an der Grundgrenze zum Grundstück der bauwerbenden Parteien bewilligt worden. Eine entsprechende Einverständniserklärung des grundbücherlichen Eigentümers (des Vaters der bauwerbenden Parteien) als Anrainer für die Bebauung an der Grundgrenze liege vor. Da sowohl für das Grundstück der bauwerbenden als auch der beschwerdeführenden Parteien eine gekuppelte Bauweise zulässig und den beschwerdeführenden Parteien die Errichtung einer Garage bis an die Grundgrenze genehmigt worden sei, hätten die bauwerbenden Parteien die Wahlmöglichkeit, unmittelbar mittels Brandwand an die Grundgrenze anzubauen oder den erforderlichen Gebäudeabstand einzuhalten. Zur Einwendung hinsichtlich der falschen Darstellung der benachbarten Gebäude und deren Nutzung wies die Baubehörde erster Instanz darauf hin, dass den Nachbarn kein Recht auf die Vollständigkeit von Planunterlagen und sonstigen Belegen zukomme. Hinsichtlich der geplanten Errichtung einer Einfriedung verwies die Behörde auf die Ausführungen des bautechnischen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, wonach entlang der Grundgrenze eine Einfriedung in Form eines Sichtbetonzaunsockels mit einer Höhe von 30 cm und aufgesetzten Zaunfeldern (verzinkt mit Stahlgitter), beides mit einer Gesamthöhe von 1,80 m, errichtet würde. Die Länge der Zaunanlage zu den Nachbargrundstücken betrage 15,24 m (laut Einreichplan in der geänderten Fassung vom 1. Februar 2010: 14,7 m).
Am 2. Juni 2010 nahm der rechtsfreundliche Vertreter der beschwerdeführenden Parteien am Gemeindeamt der drittmitbeteiligten Gemeinde Akteneinsicht in die Verfahrensakten. Eine ebenfalls begehrte Einsicht in den bewilligten Plan des am Baugrundstück bereits errichteten Objektes wurde ihm einem im Akt einliegenden Protokoll zufolge "unter Verweis auf die fehlende Parteistellung u. Einschränkung des Einsichtsrechts auf das laufende Verfahren" verwehrt.
In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid eingebrachten Berufung vom 8. Juni 2010 rügten die beschwerdeführenden Parteien die verweigerte Akteneinsicht hinsichtlich des bereits abgeschlossenen Verfahrens betreffend das bestehende Objekt der bauwerbenden Parteien unter Hinweis auf § 17 AVG und brachten weiter vor, mit Bescheid vom 16. Juli 1974 sei ihnen die Errichtung einer Garage mit einer Breite von 3,90 m bewilligt worden; der Grenzabstand des Bestandsgebäudes liege laut Bescheid vom 15. Dezember 1962 jedoch - wie die Behörde erster Instanz richtig festgestellt habe - bei 4 m. Ihnen sei daher die Errichtung der Garage nicht unmittelbar bis an die Grundgrenze bewilligt worden. Die Garage sei auch konsensgemäß - und somit nicht bis an die Grundgrenze - errichtet worden; dies werde durch die erteilte Benützungsbewilligung bestätigt. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Garage an der Grundgrenze errichtet worden wäre, wäre die beantragte Bebauung dennoch nicht zulässig. Unmittelbar an das auf dem Grundstück der beschwerdeführenden Parteien errichtete Objekt grenze eine Einfriedung. Ein "unmittelbares Aneinanderbauen" sei - wie aus den planlichen Unterlagen ersichtlich sei - gar nicht beabsichtigt. Einfriedungen hätten gemäß § 6 der Bebauungsrichtlinien möglichst in transparenter Form zu erfolgen. Die maximale Höhe von Einfriedungen solle 1,80 m gemessen vom natürlichen Gelände nicht überschreiten. Einfriedungsmauern innerhalb des Landschaftsschutzgebietes Nr. 29 seien generell unzulässig. Im gegenständlichen Fall werde die Errichtung einer Brandmauer mit einer Höhe von 3,62 m beantragt. Diese stelle zufolge ihres Ausmaßes von 14,35 m auch eine Einfriedungsmauer dar, die gemäß § 6 Abs. 4 der Bebauungsrichtlinien unzulässig sei.
Mit Bescheid vom 9. September 2010 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der beschwerdeführenden Parteien keine Folge. Begründend führte er aus, dass - wie sich aus der planlichen Darstellung einwandfrei ergebe - mit Bescheid vom 16. Juli 1974 die Garage der beschwerdeführenden Parteien direkt an der Grundgrenze genehmigt worden sei. Damit gehe übereinstimmend einher, dass mit Bescheid vom 9. März 2006 eine Um- und Zubaubewilligung erteilt worden sei, welche die Garage ebenfalls direkt an der Grundgrenze situiert sehe. In den Plandarstellungen, die der Bewilligung vom 16. Juli 1974 zugrunde gelegen seien, sei die Breite der Garage mit 3,90 m, in der Bewilligung vom 9. März 2006 mit 3,80 m bezeichnet worden. Diese Divergenz sei nicht beachtlich, weil es nicht auf die Breite des Garagenkörpers, sondern auf dessen Situierung an der Grundgrenze ankomme. Darauf, dass die Garage tatsächlich nicht an der Grundgrenze errichtet worden sei, komme es dabei nicht an. Selbst wenn mit Bescheid vom 16. Juli 1974 ein unrichtiger Grenzabstand bewilligt worden wäre, wäre die Abstandsregelung des § 13 Abs. 1 Stmk. BauG verfassungskonform auszulegen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, Zl. 99/06/0087). Zu dem Vorbringen betreffend die Verletzung der Bebauungsrichtlinien führte die Berufungsbehörde aus, das Mitwirkungsrecht der Nachbarn im baubehördlichen Bewilligungsverfahren sei auf die in § 26 Abs. 1 Stmk. BauG taxativ aufgezählten Belange beschränkt; die hier angesprochenen gestalterischen Fragen gehörten nicht dazu. Das Recht auf Akteneisicht sei auf das gegenständliche Verfahren begrenzt; hinsichtlich des bereits abgeschlossenen Verfahrens hätten die beschwerdeführenden Parteien ihre Parteistellung nicht ausgewiesen.
In der Vorstellung vom 23. September 2010 führten die beschwerdeführenden Parteien ergänzend zu ihrem Vorbringen aus, im bisherigen Verfahren sei nicht festgestellt worden, wo die Grundgrenze zwischen den beiden Grundstücken tatsächlich verlaufe. Dies stelle eine entscheidungsrelevante Vorfrage dar. Das von der Berufungsbehörde angeführte hg. Erkenntnis Zl. 99/06/0087 betreffe einen ganz anderen Sachverhalt, nämlich ein 25-stöckiges Hochhaus, das die Abstandsregelung des § 13 Abs. 2 Stmk. BauG nicht eingehalten habe. Diese Voraussetzungen lägen im gegenständlichen Fall nicht vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 2011 wies die belangte Behörde die Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien als unbegründet ab. Hinsichtlich des Grenzverlaufes führte sie aus, dieses Argument sei erstmals in der Vorstellung vorgebracht worden. Weder im gegenständlichen, noch in den davor durchgeführten Verfahren sei ein Zweifel am Verlauf der Grundgrenze hervorgekommen; auch in dem dem Bescheid vom 9. März 2006 zugrunde liegenden Plan sei von der Grundgrenze in dieser Form ausgegangen worden. Zu Recht habe die Berufungsbehörde daher den Verlauf der Grundgrenze als gegeben angenommen. Die beschwerdeführenden Parteien hätten die Möglichkeit, den Grenzverlauf gerichtlich feststellen zu lassen; würde ein anderer Grenzverlauf festgestellt, könnte das gegenständliche Verfahren wiederaufgenommen werden. Derzeit bestehe für die belangte Behörde kein Zweifel, dass die Baubehörden vom richtigen Grenzverlauf ausgegangen seien.
Der Umstand, dass für eine bauliche Anlage eine Benützungsbewilligung erteilt worden sei, sage nichts darüber aus, ob die Anlage tatsächlich der Baubewilligung entsprechend errichtet worden sei. Eine Benützungsbewilligung heile keine Konsenslosigkeiten. Mit Bescheid vom 16. Juli 1974 sei die Garage der beschwerdeführenden Parteien an der Grundgrenze bewilligt worden, was sich aus der planlichen Darstellung und aus der Erklärung des damaligen Nachbarn, wonach er als Anrainer das Einverständnis für den geplanten Zubau einer Garage an das bestehende Wohnhaus an der Grundgrenze erteile, ergebe. Auch im Bescheid vom 9. März 2006 sei eine Umbau- und Zubaubewilligung erteilt worden, die die Garage ebenfalls direkt an der Grundgrenze situiert sehe. Dass in den Plandarstellungen die Breite der Garage einmal mit 3,90 m und einmal mit 3,80 m bezeichnet werde, sei verfahrensrechtlich nicht beachtlich, weil es nicht auf die Breite des Garagenkörpers, sondern auf dessen Situierung an der Grundgrenze ankomme. Tatsächlich sei die Garage der beschwerdeführenden Parteien nicht in Entsprechung der Baubewilligung vom 16. Juli 1974 errichtet worden. Jedenfalls habe die Behörde bereits im Bescheid aus dem Jahr 1974 zum Ausdruck gebracht, dass eine Bebauung an der Grundgrenze zulässig sei. Eine gekuppelte Bauweise sei zulässig.
Bei der Feuermauer handle es sich um keine Einfriedung laut Bebauungsrichtlinien. Darüber hinaus komme den beschwerdeführenden Parteien in Bezug auf die Übereinstimmung eines Vorhabens mit Bebauungsrichtlinien nur insofern ein subjektiv-öffentliches Recht zu, als damit ein Immissionsschutz verbunden sei, was hier nicht der Fall sei.
Zur verweigerten Akteneisicht hinsichtlich des Bestandes auf dem Grundstück der bauwerbenden Parteien führte die belangte Behörde aus, die prozessualen Rechte einer Partei könnten nicht weiter reichen als ihre materiellen Rechte. Weder die Bebauungsdichte noch die Frage des Grundstückseigentums begründeten subjektiv-öffentliche Nachbarrechte; die beschwerdeführenden Parteien seien durch die Verweigerung der Einsicht in die Akten eines anderen Verfahrens auch nicht gehindert, ihre Rechte im gegenständlichen Verfahren zu wahren.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wurden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift - ebenso wie die bauwerbenden Parteien - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 27 Stmk. BauG die Parteistellung behalten hat.
Im vorliegenden Fall ist das Stmk. BauG aufgrund der Übergangsbestimmung des § 119h, LGBl. Nr. 13/2010, in der Fassung LGBl. Nr. 88/2008 anzuwenden. Nach dessen § 4 Z 28 ist ein Gebäude eine bauliche Anlage, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bildet, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen ist. Als Gebäude gelten auch offene Garagen. Gebäude haben gemäß § 13 Stmk. BauG bestimmte Abstände einzuhalten. Sie sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben (§ 13 Abs. 1 erster Satz Stmk. BauG). Steht ein Gebäude an der Grundgrenze, so hat der Nachbar die Wahlmöglichkeit, entweder an die Grundgrenze anzubauen oder den erforderlichen Gebäudeabstand einzuhalten (§ 13 Abs. 3 erster Satz Stmk. BauG). Die Behörde kann etwa für Nebengebäude geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden zulassen (§ 13 Abs. 8 leg. cit.). Gemäß § 26 Abs. 1 Stmk. BauG können Nachbarn Einwendungen beispielsweise hinsichtlich (Z 1) der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan oder mit Bebauungsrichtlinien, (Z 2) der Abstände oder (Z 4) der Brandwände an der Grundgrenze (§ 51 Abs. 1 leg.cit.) erheben. Gemäß § 51 Abs. 1 Stmk. BauG müssen bei einem Gebäude, das unmittelbar an eine Nachbargrenze oder an ein anderes Gebäude angebaut wird, die Außenwände an der Grundgrenze oder die an das andere Gebäude anschließenden Außenwände als Brandwände errichtet werden.
Die beschwerdeführenden Parteien wiederholen im Wesentlichen ihr Vorbringen hinsichtlich der Abstandsvorschriften, der Brandmauer und der verweigerten Akteneinsicht.
Die Behörden des Verwaltungsverfahrens gingen davon aus, dass den beschwerdeführenden Parteien die Errichtung ihrer Garage bis an die Grundgrenze bewilligt worden sei. Dies begründen sie einerseits mit den Planunterlagen aus den Jahren 1974 und 2006 sowie andererseits mit der Zustimmung des Nachbarn aus dem Jahr 1973 betreffend einen Zubau an die Grundgrenze.
Die beschwerdeführenden Parteien halten dem im Wesentlichen entgegen, ihnen sei im Oktober 1962 die Errichtung ihres Wohnhauses in einem Abstand von 4 m zur Grundgrenze bewilligt worden; die Garage sei jedoch lediglich mit einer Breite von 3,90 m bewilligt und auch errichtet worden. Auf dem verbleibenden Abstand befinde sich ein Zaun.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung festgehalten (vgl. aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 12. November 2012, Zl. 2012/06/0086, mwN), dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde hält dieser Schlüssigkeitsprüfung stand. Aus dem den Verwaltungsakten beiliegenden Lageplan 1974 lassen sich zwar keine verlässlichen Aussagen hinsichtlich der genauen Lage der Garage der beschwerdeführenden Parteien treffen, weil darin die Grundgrenze nicht eingezeichnet ist. Die Einverständniserklärung des Vaters der bauwerbenden Parteien "für den geplanten Zubau einer Garage an das bestehende Wohnhaus, laut beiliegendem Plan, an die Grundstücksgrenze" spricht jedoch für die Annahme der belangten Behörde betreffend eine Genehmigung der Errichtung bis an die Grenze. Im Einreichplan vom 15. Februar 2006 ist beim Grundriss Erdgeschoss die Garage klar erkennbar direkt an der Grundgrenze eingezeichnet. Auch im Bescheid vom 9. März 2006 ist die Situierung des Bestandes zum Grundstück der bauwerbenden Parteien mit 0,0 bzw. 3,50 m angegeben. Der Umstand, dass zwischen der Außenwand der Garage und der Grundgrenze ein Zaun steht, ist kein Beweis dafür, dass die Errichtung der Garage nicht bis an die Grundgrenze genehmigt wurde. Sowohl aus den Planunterlagen aus 2006 als auch aus dem Einreichplan für das gegenständliche Bauvorhaben der bauwerbenden Parteien ergibt sich, dass die Dachkonstruktion der Garage der beschwerdeführenden Parteien über die Außenmauer hinausragt. Aus letzterem Plan ist deutlich erkennbar, dass sich der Zaun unter dem Dachvorsprung befindet. Die belangte Behörde gelangte daher in nicht unschlüssiger Weise zu dem Ergebnis, dass den beschwerdeführenden Parteien die Errichtung ihrer Garage an der Grundgrenze genehmigt wurde.
Laut Beschwerdevorbringen wurde die Garage am Grundstück der beschwerdeführenden Parteien jedoch nicht an der Grundgrenze errichtet. Davon geht auch die belangte Behörde - im Einklang mit den Verwaltungsakten - aus. Damit liegt eine vorschriftswidrige bauliche Anlage vor, weil sie von der erteilten Baubewilligung abweicht (vgl. dazu die in Hauer/Trippel, Steiermärkisches Baurecht, 4. Auflage, Anm. 7 zu § 41 Stmk. BauG angeführte hg. Rechtsprechung). Im Übrigen ist die den beschwerdeführenden Parteien im Jahr 1974 erteilte Genehmigung mittlerweile auch erloschen, weil nicht binnen fünf Jahren nach Rechtskraft der Bewilligung mit dem Vorhaben, das bewilligt wurde, nämlich die Errichtung einer Garage an der Grundgrenze, begonnen wurde (§ 31 Stmk. BauG).
Für das antragsgegenständliche Bauvorhaben hat dies zur Folge, dass § 13 Abs. 3 Stmk. BauG nicht anwendbar ist, weil am Grundstück der beschwerdeführenden Parteien kein Gebäude an der Grundgrenze errichtet wurde. Es ist daher grundsätzlich der Grenzabstand (§ 13 Abs. 2 leg. cit.) einzuhalten. Im fortzusetzenden Verfahren wird auch zu prüfen sein, ob allenfalls gemäß § 13 Abs. 8 leg. cit. geringere Abstände zugelassen werden können.
Da die belangte Behörde dies verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 7. November 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2011060104.X00Im RIS seit
05.12.2013Zuletzt aktualisiert am
19.05.2014