TE Vwgh Erkenntnis 2000/10/25 2000/06/0116

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Veröffentlicht am 25.10.2000
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39 Abs2 idF 1998/I/158;
AVG §82 Abs7 idF 1998/I/158;
BauG Stmk 1995 §24 Abs1;
BauG Stmk 1995 §24 Abs2;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §25 Abs4 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde 1. der G Ges.m.b.H. in G, und 2. der Diözese G, vertreten durch H, Rechtsanwaltskanzlei OEG in G, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 5. Juni 2000, Zl. A 17 - 709/2000-1, betreffend eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben der Stadt Graz Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- zu gleichen Teilen binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerinnen gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 12. April 2000, mit welchem ihr Ansuchen um Bewilligung zur Errichtung von 20 überdachten Pkw-Abstellplätzen mit Rasengittersteinen und Betonrandsteinen auf einem näher bezeichneten Grundstück wegen unlösbaren Widerspruches zum Flächenwidmungsplan abgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Begründet ist dieser Bescheid im Wesentlichen damit, dass das Grundstück, auf welchem die Abstellplätze errichtet werden sollen, als Freiland gewidmet ist. Nach Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 25 Abs. 4 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 betreffend die Zulässigkeit von Bauten im Freiland kommt die belangte Behörde zum Schluss, dass die beantragten Parkplätze unter keinen der in § 25 Abs. 4 genannten Tatbestände fielen. Zu verfahrensrechtlichen Einwänden der Beschwerdeführerinnen wird ausgeführt, dass die Behauptung, die Behörde erster Instanz habe gegen das im Verwaltungsverfahren verankerte "Überraschungsverbot" verstoßen und die Antragsteller überfahren, ins Leere gehe, da den Berufungswerberinnen aktenkundig spätestens seit dem 5. Februar 1999 die Raumordnungswidrigkeit ihres Antragsgegenstandes nachweislich bekanntgegeben worden sei. Darüber hinaus wird auf die Derogation des § 24 Stmk Baugesetz durch § 39 Abs. 2 AVG (ergänze: in Verbindung mit § 82 Abs. 7 AVG) in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 hingewiesen. Die belangte Behörde führt in diesem Zusammenhang aus, dass die Behörde bei Feststehen des maßgeblichen Sachverhaltes sogar verpflichtet sei, von weiteren Ermittlungsschritten Abstand zu nehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerinnen in ihrem Recht auf Bewilligung ihres Antrages zur Errichtung von 20 überdachten Parkplätzen mit Rasengittersteinen, fünf Grüninseln mit fünf Laubbäumen und einer Begrenzung mit Hecken aus heimischen Gehölzen auf dem näher bezeichneten Grundstück als verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 25 Abs. 4 ROG 1974 lautet:

"(4) Außer für Zwecke land- und forstwirtschaftlicher Nutzung dürfen im Freiland

1. bestehende bauliche Anlagen im unbedingt notwendigen Ausmaß ersetzt werden, wenn

-

sie infolge eines katastrophenartigen Ereignisses (wie z. B. Elementarereignisse, Brandschaden usw.) untergegangen sind und bei Einbringung des Bauansuchens der Zeitpunkt des Unterganges nicht länger als fünf Jahre zurückliegt oder

-

sich der Neubau im öffentlichen Interesse (Erfordernisse des Verkehrs, der Landesverteidigung oder des Hochwasser- oder Grundwasserschutzes) als zweckdienlich erweist.

Für die Vergrößerung der Geschoßfläche gilt Z 2 sinngemäß;

              2.              Zubauten bei rechtmäßig bestehenden baulichen Anlagen bewilligt werden. Durch Zubauten - ausgenommen bei Sondernutzungen - darf die neugewonnene Geschoßfläche insgesamt nicht mehr als die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des ersten Flächenwidmungsplanes bestehende oder erstmals genehmigte betragen. Geht bei einer rechtmäßig bestehenden baulichen Anlage im Zuge von Bauausführungen der Konsens unter, kann das Projekt (ehemaliger Altbestand und Zubau) mit demselben Verwendungszweck als Neubau auf demselben Standort bewilligt werden;

              3.              kleinere ebenerdige, unbewohnbare Bauten von untergeordneter Bedeutung (Gartenhäuschen, Gerätehütten, Garagen für höchstens zwei Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von je 3.500 kg, Holzlagen, Bienenhütten u.dgl.) bis zu einer Gesamtfläche von insgesamt 30 m2 nur im unmittelbaren Anschluss an rechtmäßig bestehende Wohngebäude auf demselben Grundstück errichtet werden, wenn hiedurch das Orts- und Landschaftsbild nicht beeinträchtigt wird."

Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass § 25 Abs. 4 Z 1 ROG nur für die Wiedererrichtung untergegangener Bauten bzw. den Neubau zu ersetzender bestehender baulicher Anlagen zum Tragen kommt. Die Beschwerde verkennt den normativen Gehalt des § 25 Abs. 4 Z 1 ROG, wenn sie die Auffassung vertritt, dass gemäß § 25 Abs. 4 ROG Bauten im Freiland außer für Zwecke der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung auch bei Zweckdienlichkeit im öffentlichen Interesse zulässig seien.

Die belangte Behörde ist weiters im Recht, wenn sie bei der Errichtung von Stellplätzen das Vorliegen eines Zubaus verneint hat.

Auch untergeordnete Baulichkeiten im Sinn des § 25 Abs. 4 Z 3 Stmk ROG 1974 liegen im gegenständlichen Fall nicht vor (vgl. die Beschränkung auf Garagen für höchstens zwei Kraftfahrzeuge in der demonstrativen Aufzählung im Klammerausdruck des § 25 Abs. 4 Z 3 Stmk ROG 1974).

Die belangte Behörde ist somit ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, dass § 25 Abs. 4 Stmk ROG 1974 keine Grundlage für die Errichtung der gegenständlichen Stellplätze im Freiland bietet (vgl. für den Fall der Errichtung von Parkflächen für einen Abholgroßmarkt das hg. Erkenntnis vom 25. April 1991, Zl. 91/06/0050). Damit erweist sich die Abweisung der Berufung gegen den abweislichen erstinstanzlichen Bescheid wegen Verstoßes des Bauvorhabens gegen den Flächenwidmungsplan als rechtmäßig.

Auch das Vorbringen in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, dass die Rechtsauffassung einer Behörde nicht dem Parteiengehör zu unterziehen ist und die Baubehörde nach Prüfung des Vorhabens und der Einräumung des Parteiengehörs nur dann zur neuerlichen Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller verhalten ist, wenn sich im Sinne der hg. Rechtsprechung das Erfordernis ergibt, dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einzuräumen, durch eine Modifikation des Projekts einen Versagungsgrund zu vermeiden, kommt einem allfälligen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften im erstinstanzlichen Verfahren nach Durchführung eines Berufungsverfahrens, in welchem die gleiche Rechtsfrage neuerlich zu beurteilen war und in welchem die Beschwerdeführerin (schon in der Berufung) Gelegenheit zur Darlegung ihres Standpunktes hatte, keine Bedeutung mehr zu. Das neuerliche Vorbringen hinsichtlich des "Überraschungsverbotes" vermag somit keinen Verfahrensmangel im Berufungsverfahren aufzuzeigen.

Hinsichtlich der Frage der Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist der belangten Behörde im Hinblick auf § 82 Abs. 7 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG zuzustimmen (vgl. Walter/Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, 1999, 145).

Die vorliegende Beschwerde ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, da die Schriftsätze der Parteien erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der maßgeblichen Rechtsfrage der Zulässigkeit der Abweisung eines Bauansuchens für ein Projekt, welches im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan steht, nicht erwarten lässt.

Mit der Entscheidung in der Sache erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 25. Oktober 2000

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000060116.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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