TE Vwgh Erkenntnis 2013/10/24 2012/07/0136

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Veröffentlicht am 24.10.2013
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §122;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des WH in F, vertreten durch Dr. Hans Wabnig, Rechtsanwalt in 5600 St. Johann im Pongau, Hauptstraße 35, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 16. Mai 2012, Zl. 20401-1/42777/2- 2012, betreffend wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 17. Oktober 2011 wurde im Auftrag des Beschwerdeführers bei der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (im Folgenden: BH) das "Bestandsprojekt Trinkwasserbrunnenanlage H, F" zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereicht.

Mit Bescheid der BH vom 2. Februar 2012 wurde dem Beschwerdeführer als Grundeigentümer des Grst. Nr. 417/7, KG 55304 F zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die Umsetzung folgender Maßnahme aufgetragen:

"I. Die seit mindestens 31.01.2012 auf Grundstück 417/7, KG 55304 F ohne die gemäß § 10 Abs. 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung durch Abteufen eines Tiefbrunnens erschlossene Grundwasserentnahme zum Zwecke der Wasserversorgung ist unverzüglich einzustellen.

II. Die Umsetzung der Einstellung der Grundwasserentnahme - bestätigt von einem hiezu befugten Unternehmen - ist der Wasserrechtsbehörde unverzüglich jedoch bis längstens 20.02.2012 schriftlich anzuzeigen."

Als Rechtsgrundlage führte die BH § 10 Abs. 2 und § 138 Abs. 2 WRG 1959 an.

In den Begründungsausführungen dieses Bescheides verweist die BH eingangs auf den Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers vom 17. Oktober 2011.

Unter Beachtung des bisherigen Verfahrensablaufes müsste dem Beschwerdeführer "unzweifelhaft und schlüssig klar gewesen sein", dass das Bewilligungsverfahren zur Errichtung des verfahrensgegenständlichen Grundwasserbrunnens und zur Grundwasserentnahme zu Versorgungszwecken noch nicht abgeschlossen und eine Bewilligung noch nicht erteilt worden sei. Dessen ungeachtet habe der Beschwerdeführer diesen Grundwasserbrunnen ohne Vorliegen einer wasserrechtlichen Bewilligung abgeteuft bzw. in seinem Auftrag als Grundeigentümer abteufen lassen. Der Beschwerdeführer betreibe bereits die Grundwasserentnahme zu Versorgungszwecken. Deshalb seien die im Spruch dieses Bescheides angeführten Maßnahmen aufzutragen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Begründend führte der Beschwerdeführer u.a. aus, die BH habe den Sachverhalt insofern unrichtig beurteilt, als sie von der Bestimmung des § 138 Abs. 2 WRG 1959 keinen Gebrauch gemacht habe. So könne die BH ohne Vorliegen eines öffentlichen Interesses nicht die in ihrem Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen verfügen. Da sie nicht von § 138 Abs. 2 WRG 1959 Gebrauch gemacht habe, sondern gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 die Einstellung der Grundwasserentnahme verfügt habe, liege eine unrichtige Rechtsanwendung vor.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 138 Abs. 2 WRG 1959 insofern Folge gegeben, als der Bescheid der BH vom 2. Februar 2012 wie folgt abgeändert wurde:

"1. Der … (Beschwerdeführer) … hat bis längstens 1.7.2012 das Ansuchen vom 17.10.2011 (Bestandsprojekt Trinkwasserbrunnenanlage H, F, …) durch geeignete Planunterlagen und Gutachten zu ergänzen und um die nachträgliche wasserrechtliche Genehmigung anzusuchen.

2. Bis zum Abschluss der unter Punkt 1 angeführten Verfahren darf eine Einspeisung des Grundwassers, entnommen aus dem Brunnen auf Gst. 417/7, KG F, nicht vorgenommen werden und ist die schriftliche Bestätigung dazu durch ein befugtes Unternehmen bis nunmehr längstens 1.6.2012 beizubringen."

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Herbst 2009 - wie einem Bestandteil des Ansuchens um wasserrechtliche Bewilligung vom 17. Oktober 2011 zu entnehmen sei - auf dem Grst. Nr. 417/7 des Beschwerdeführers eine Brunnenanlage errichtet worden sei. Diese Brunnenanlage solle das darauf befindliche Chaletdorf, einen Gutshof sowie das Betriebswohnhaus mit Trinkwasser versorgen. Der Brunnen und ein großer Teil der Versorgungsleitungen befänden sich auf Eigengrund des Beschwerdeführers. Die Brunnenbohrung sei bereits von 3. bis 5. November 2009 erfolgt. Das Schutzgebiet werde in zwei Zonen eingeteilt: Zone 1, im Ausmaß von 25 m2, befinde sich unmittelbar rund um den Bereich des Brunnens; Zone 2 umfasse eine Fläche von 26 m2 und berühre Liegenschaften, die sich nicht im Eigentum des Beschwerdeführers befänden.

Im Zuge der Vorprüfung dieses Projektes seien Stellungnahmen des Vertreters der Wasserwirtschaft, der Sachverständigen für Gewässerschutz, des Geologen und der Gemeinde F eingeholt und in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. Mit 31. Jänner 2012 sei durch den wasserbautechnischen Amtssachverständigen der BH festgestellt worden, dass der Brunnen bereits zur Wasserversorgung der Liegenschaften im Betrieb sei. Ob eine Trennung der Wasserversorgung des Beschwerdeführers von der öffentlichen Wasserversorgung gewährleistet sei, habe nicht festgestellt werden können. Aus diesem Grund habe die BH auch den in Berufung gezogenen Bescheid erlassen.

Wie einem Bestandteil des Ansuchens um wasserrechtliche Bewilligung vom 17. Oktober 2011 zu entnehmen sei, solle eine Konsensmenge im Ausmaß von 4,95 l/s ausgesprochen werden. Bereits im Hinblick darauf habe jedenfalls eine weitere Prüfung zu erfolgen, ob das öffentliche Interesse nach § 105 WRG 1959 nicht beeinträchtigt werde und bestehende Rechte nicht verletzt würden.

Der Annahme, dass es sich um eine eigenmächtige Neuerung handle, könne zugestimmt werden, da für die gegenständliche Maßnahme eine wasserrechtliche Bewilligung erwirkt hätte werden müssen. Im Hinblick auf das eingereichte Verfahren zur nachträglichen Genehmigung sei die Verwendung des erschroteten Grundwassers untersagt worden. Jedenfalls werde im anhängigen Verfahren die in § 105 WRG 1959 verankerte Berücksichtigung des öffentlichen Interesses die Abwägung verschiedener Aspekte und Zielrichtungen nach sich ziehen. Auf die Gefahr des Inverkehrbringens von Trinkwasser aus Sicht der Lebensmittelbehörde werde nur am Rande hingewiesen.

Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass die gegenständliche Anlage ohne wasserrechtliche Bewilligung errichtet und in Betrieb genommen worden sei und die Vorkehrungsmaßnahmen der BH bis zum Abschluss des Verfahrens zur nachträglichen Genehmigung plausibel seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 138 Abs. 1 und 2 WRG 159 samt Überschrift lautet auszugsweise:

"Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist."

Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtsverletzung in der seiner Ansicht nach gesetzwidrigen Anwendung der Bestimmung des § 138 WRG 1959.

Mit diesen Ausführungen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

Mit ihrem Bescheid vom 2. Februar 2012 erließ die BH einen wasserpolizeilichen Auftrag inhaltlich nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959; dass sie § 138 Abs. 2 WRG 1959 als Rechtsgrundlage anführte, ändert daran nichts.

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Berufung, dass die BH ohne Vorliegen eines öffentlichen Interesses die in ihrem Bescheid vom 2. Februar 2012 angeordneten Maßnahmen nicht verfügen hätte können.

Im angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG ihren wasserpolizeilichen Auftrag in einen solchen nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 ab. Ein solches Vorgehen erweist sich als prinzipiell zulässig.

Die Berufungsbehörde belastet nämlich ihren Bescheid nicht mit einer Rechtswidrigkeit, wenn sie den von der Behörde erster Instanz erlassenen wasserpolizeilichen Auftrag, der auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützt war, unter Heranziehung des § 138 Abs. 2 WRG 1959 bestätigt (vgl. die bei Bumberger/Hinterwirth, WRG, Kommentar zum Wasserrechtsgesetz2, zu § 138 unter E 230 zitierte hg. Judikatur).

Dabei übersieht die belangte Behörde jedoch, dass ein Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 dann nicht in Betracht kommt, wenn ein Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung - wie jener des Beschwerdeführers vom 17. Oktober 2011 - anhängig, aber noch nicht erledigt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 2006, Zl. 2005/07/0022, mwN).

Der angefochtene Bescheid ist aber auch noch aus einem anderen Grund gesetzwidrig.

Mit Spruchpunkt 2. wird dem Beschwerdeführer die "Einspeisung des Grundwassers, entnommen aus dem Brunnen auf Gst. 417/7", untersagt. § 138 Abs. 2 WRG 1959 ermächtigt die Behörde aber nicht, Maßnahmen solcher Art vorzuschreiben. Eine solche Maßnahme, die einer Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung entspricht, könnte nur nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959, allenfalls nach § 122 WRG 1959, verfügt werden. Ein Vorgehen nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 setzt aber das Vorliegen öffentlicher Interessen oder einen Antrag Betroffener für eine solche Maßnahme voraus. Ein Vorgehen nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 hingegen ist nur zulässig, wenn weder das öffentliche Interesse die Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung fordert noch ein Betroffener sie verlangt.

Die Vermischung von Maßnahmen nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 und § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959, wie sie die belangte Behörde vorgenommen hat, ist rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. Oktober 2013

Schlagworte

Besondere RechtsgebieteBeschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Auswechslung behördlicher Aufträge und Maßnahmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012070136.X00

Im RIS seit

26.11.2013

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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