TE Vwgh Erkenntnis 2013/10/24 2010/15/0105

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Veröffentlicht am 24.10.2013
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Index

E3L E09301000;
E6J;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art306;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art307;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art308;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art309;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art310;
61991CJ0163 Van Ginkel Waddinxveen VORAB;
61996CJ0308 Madgett and Baldwin VORAB;
62011CJ0557 Kozak VORAB;
UStG 1994 §23;
UStG 1994 §3a Abs7;
UStG 1994 §3a Abs8 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der T Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch die Concin & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6700 Bludenz, Mutterstraße 1a, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 28. April 2010, Zl. RV/0461-F/08, betreffend Umsatzsteuer 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH veranstaltet Erlebnisreisen. Diese bestehen aus begleiteten Touren durch Länder in Afrika und Europa für Enduros (Geländemotorräder), Quads, Geländewagen und Mitfahrer in den Organisationsautos. Der Preis für die Reise wird pauschal festgesetzt und beinhaltet diverse Leistungen (wie beispielsweise: Flug, Hotels, Kartenmaterial, Treibstoffe, eventuell GPS Punkte, Tourführer, tägliche Besprechung, Satellitentelefon, Notfallrucksack, Gepäcktransport, Mittagsjause für Pistenetappen, Abendessen, Tee, Kaffee morgens und abends). Gegen eine Gebühr werden weitere Leistungen, wie Getränke und Erinnerungsgeschenke angeboten.

Die Beschwerdeführerin behandelte die Umsätze aus diesen Reiseleistungen zur Gänze als steuerfrei, weil die gesamten Reisevorleistungen im Drittland bewirkt worden und gemäß § 23 Abs. 5 UStG 1994 steuerfrei seien.

Im Rahmen einer Außenprüfung teilte das Finanzamt die steuerliche Beurteilung der Beschwerdeführerin nicht. Nach den Feststellungen des Prüfers handelte es sich bei den Reiseleistungen der Beschwerdeführerin um Pauschalreisen, die zum Teil aus Reisevorleistungen (gebuchte Fähren, Flüge und Hotels) und zum Teil aus Eigenleistungen (Tourbegleitung durch PH, Verleih von Motorrädern, Verpflegung im Camp, Bereitstellung von Treibstoff, Kartenmaterial) bestanden hätten. Eine einheitliche Reiseleistung im Sinne des § 23 UStG 1994 liege vor, wenn mehrere Reisevorleistungen erbracht würden, nicht jedoch im Zusammenhang mit Eigenleistungen. Für diese gälten die allgemeinen Bestimmungen des UStG. Der einheitliche Reisepreis sei daher in Eigenleistungen und Fremdleistungen aufzuteilen. Da sämtliche Reisevorleistungen im Drittland bewirkt worden seien, sei der auf diese Leistungen entfallende Anteil am Reisepreis gemäß § 23 Abs. 5 UStG 1994 steuerfrei.

Bei den Eigenleistungen handle es sich um einheitliche komplexe Leistungen (Leistungsbündel, Leistungspaket iSd EuGH-Urteils vom 25. Jänner 2001, C-429/97). Der Leistungsort einer solchen Leistung richte sich nach der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994, die Eigenleistungen seien daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

Da nur im Falle der Tunesienreise vom 27. Jänner 2007 bis 17. Februar 2007 die Kosten offengelegt worden seien, könne die Aufteilung in Fremd- und Eigenleistungen lediglich anhand dieser Reise geschätzt und für das ganze Jahr berechnet werden.

Gegen den im Sinne der Prüfungsfeststellungen ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2007 erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Der steuerliche Vertreter wandte zum einen ein, dass der Prüfer auch Umsätze aus der Vermittlung von Fährtransporten in die Bemessungsgrundlage einbezogen habe. Bei dieser Leistung handle es sich um eine Besorgungsleistung, die mit den Reiseleistungen nicht zusammenhänge. Eine Besorgungsleistung sei dort zu versteuern, wo die besorgte Leistung erbracht werde. Diese sei im Drittland erbracht worden und daher nicht steuerbar.

Zum anderen vertrat die Beschwerdeführerin weiterhin die Ansicht, dass im Beschwerdefall eine einheitliche Leistung iSd § 23 Abs. 2 UStG 1994 vorliege. Da die Reisevorleistungen zweifelsfrei im Drittland erbracht würden, sei § 23 Abs. 5 UStG 1994 anzuwenden und die Reiseleistung insgesamt steuerfrei. Die von der Beschwerdeführerin veranstalteten Reisen begännen im Drittland und endeten auch dort. Einzig die Motorräder und das Gepäck würden mit Lastkraftwagen ins Drittland befördert. Die Reiseteilnehmer reisten im Regelfall selbständig mit dem Flugzeug aus dem Drittland an. Die Besorgung der Flugtickets sei eine Besorgungsleistung und habe mit der Reise nichts zu tun. Was den Verleih der Motorräder und Geländewagen angehe, handle es sich dabei nicht um eine selbständige Vermietung, welche unter § 3a Abs. 12 UStG 1994 fallen würde, sondern um eine Beförderungsleistung, welche abgesehen von § 23 UStG 1994 unter § 3a Abs. 7 UStG 1994 zu subsumieren und somit steuerfrei wäre.

Mit Schreiben vom 1. August 2008 ersuchte das Finanzamt die Beschwerdeführerin, die nach § 23 Abs. 9 UStG 1994 zu führenden Aufzeichnungen vorzulegen. Weiters wurde um Vorlage der Eingangs- und Ausgangsrechnungen für die Besorgung der Fährfahrten ersucht.

Die Beschwerdeführerin übermittelte die angeforderten Unterlagen im Zusammenhang mit den Fährfahrten. Zu den angeforderten Aufzeichnungen machte der steuerliche Vertreter das Finanzamt "aufmerksam", dass er "wohlbegründet" der Ansicht sei, dass die gesamte Reiseleistung nicht steuerbar sei. Die Beschwerdeführerin wolle sich nicht selbst eine "Steuerpflicht auferlegen", indem sie einen steuerpflichtigen Teil berechne.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 9. September 2008 gab das Finanzamt der Berufung lediglich im Punkt der Vermittlung von Fährfahrten statt.

Zur Begründung führte es aus, die besondere Besteuerungsform des § 23 UStG 1994 gelte nicht, wenn der Unternehmer im eigenen Namen Reiseleistungen mit eigenen Mitteln und Einrichtungen erbringe, also keine Reisevorleistungen in Anspruch nehme. Bei den gemischten Reiseaufwendungen der Beschwerdeführerin seien daher die einheitlichen Reisepreise auf Eigenleistungen und Fremdleistungen aufzuteilen. Für die Besteuerung der Eigenleistungen seien die allgemeinen Regeln des UStG anzuwenden. Mangels Aufzeichnungen gemäß § 23 Abs. 9 UStG 1994 seien die Reisevorleistungen im Schätzungswege zu ermitteln. Eine detaillierte und nachvollziehbare Berechnung der Anteile der Reisevorleistungen und der Eigenleistungen an den gesamten gemischten Reiseleistungen sei der Beschwerdeführerin bereits mit der Niederschrift über die Schlussbesprechung übergeben worden. Was den Anteil der Eigenleistungen an den Reiseleistungen betreffe, sei für diese der Ort der Leistung nach § 3a UStG 1994 zu bestimmen. Dabei habe eine Aufteilung der Erlöse aus den Eigenleistungen auf die einzelnen Leistungskomponenten zu unterbleiben. Der Ort der Leistung bestimme sich für das ganze Leistungsbündel nach der Generalklausel des § 3a Abs. 12 UStG 1994. Die Erlöse aus den Eigenleistungen seien daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

Die Beschwerdeführerin stellte einen Vorlageantrag, in dem sie im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholte.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge.

Bei den von der Beschwerdeführerin erbrachten Reiseleistungen handle es sich um gemischte Reiseleistungen. Sie bestünden nur zum Teil aus Reisevorleistungen, also aus Leistungen, die Dritte an die Beschwerdeführerin erbringen und die unmittelbar den Reiseteilnehmern zugutekämen. Als solche Reisevorleistungen seien lediglich die gebuchten Flüge und Hotels erkennbar. Diese würden zwar von der Beschwerdeführerin als Reiseveranstalterin gebucht, die Flugleistung bzw. Unterbringungsleistung in einem Hotel werde aber nicht von der Beschwerdeführerin selbst, sondern von dritten Unternehmen (Flugunternehmen bzw. Hotel) erfüllt. Die übrigen Leistungen wie die Reisebegleitung durch PH, die Bereitstellung von Kartenmaterial, die Überlassung von Treibstoffen, die Verpflegung vor Ort, der Verkauf von Bier, Wein und Limonade oder der Verleih von Motorrädern würden hingegen von der Beschwerdeführerin selbst an die Reisenden erbracht. Bei diesen Leistungen handle es sich um Eigenleistungen, die nach den allgemeinen Regeln des UStG 1994 zu versteuern seien. Das Finanzamt habe daher zu Recht die Reiseleistung in Reisevorleistungen und in Eigenleistungen aufgeteilt und steuerlich unterschiedlich behandelt.

Nicht teilen könne die belangte Behörde allerdings die Meinung des Finanzamtes, bei den Eigenleistungen handle es sich um eine einheitliche Leistung, deren Leistungsort nach der Auffangregel des § 3a Abs. 12 UStG 1994 am Sitz der Beschwerdeführerin liege und die daher im Inland steuerbar und steuerpflichtig sei. Eine einheitliche Leistung liege vor, wenn zwischen mehreren gleichrangigen Leistungen ein derart enger Zusammenhang bestehe, dass sie als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang zu sehen seien oder wenn Leistungen im Verhältnis von Hauptleistung und unselbständiger Nebenleistung stehen. In diesem Fall teile die unselbständige Nebenleistung das rechtliche Schicksal der Hauptleistung (Hinweis auf Ruppe, UStG3, § 1 Tz 31).

Nur deshalb, weil verschiedene Leistungen in einem Gesamtpaket zu einem Pauschalpreis angeboten werden, liege noch keine einheitliche Leistung zwischen der Vermietung von Motorrädern, der Bereitstellung von Treibstoff, der Verpflegung oder der Reiseleitung vor. Die Überlassung von Motorrädern stehe in der freien Entscheidung des Reiseteilnehmers. Dieser könne entweder ein eigenes Motorrad verwenden oder eines von der Beschwerdeführerin mieten. Im letzteren Falle sei auch ein entsprechend höherer Reisepreis zu zahlen. Auch die Reiseleitung sei eine besondere Leistung, die beispielsweise mit der Verpflegung vor Ort oder der Überlassung von Treibstoff nicht in einem unteilbaren Verhältnis stehe. Schließlich bestehe auch die Einheitlichkeit der Leistung im Falle der Reisevorleistungen nur aufgrund der Fiktion des § 23 Abs. 2 UStG 1994. Diese Fiktion wäre entbehrlich, wenn bei Reiseleistungen schon nach den allgemeinen Grundsätzen des Umsatzsteuerrechtes immer eine einheitliche Leistung vorliegen würde.

Auch ein Verhältnis zwischen Hauptleistung und unselbständigen Nebenleistungen liege im Beschwerdefall nicht vor. Die Eigenleistungen seien daher umsatzsteuerrechtlich je für sich zu beurteilen (Hinweis auf Kolacny/Caganek, UStG3, § 23 Anm. 9). So seien etwa in der Überlassung von mitgeführtem Treibstoff für die Motorräder, in der Verpflegung vor Ort und im Verkauf von Bier, Wein und Limonade Lieferungen im Sinne des § 3 UStG 1994 zu sehen, die, da im Ausland ausgeführt (§ 3 Abs. 7 UStG 1994), im Inland nicht steuerbar seien. Der Gepäcktransport sei als Beförderungsleistung im Sinne des § 3a Abs. 7 UStG 1994 zu beurteilen, bei der nur der inländische Teil steuerbar sei. In der Vermietung von Motorrädern könne hingegen keine Beförderungsleistung gesehen werden, denn es werde in diesem Fall keine Beförderungsleistung erbracht (die Teilnehmer fahren die Motorräder selbst, sie befördern sich somit allenfalls selbst, werden aber nicht befördert), sondern lediglich ein Beförderungsmittel überlassen. Für diese Leistung gelte daher ebenso wie für die Reiseleitung die Generalregel des § 3a Abs. 12 UStG 1994. Solche Leistungen würden am Unternehmerort erbracht.

Unternehmerort sei der Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibe. Dieser Ort sei auch dann maßgeblich, wenn die Leistung tatsächlich gar nicht an diesem Ort erbracht werde (Hinweis auf Ruppe, UStG3, § 23 Tz 107/7). Die auf diese Leistungen entfallenden Umsätze seien daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig, auch wenn sie sich nicht in Österreich ausgewirkt hätten.

Hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer aus den Reiseleistungen, insbesondere auch für die Aufteilung der Entgelte auf solche, die mit Reisevorleistungen zusammenhängen und solche, die mit Eigenleistungen in Verbindung stehen, folge die belangte Behörde grundsätzlich der unbeanstandet gebliebenen Berechnung des Finanzamtes, zumal die Beschwerdeführerin keine Unterlagen vorgelegt habe, anhand derer eine exakte Aufteilung möglich gewesen wäre. Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin keine Aufzeichnungen im Sinne des § 23 Abs. 9 UStG 1994 geführt habe. Das Finanzamt sei daher nicht nur berechtigt, die Bemessungsgrundlagen für die Reiseleistungen im Schätzungswege zu ermitteln, es wäre auch berechtigt gewesen, eine Steuerbefreiung für Reiseleistungen überhaupt zu versagen, werde doch der buchmäßige Nachweis der Voraussetzungen der Steuerfreiheit gemäß § 18 Abs. 8 UStG 1994 auch als materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit angesehen. Die Beschwerdeführerin könne sich daher durch eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nicht als beschwert erachten.

Abweichend von der Berechnung des Finanzamtes seien von den Eigenleistungen aber nur die Reiseleitung und die Vermietung von Motorrädern einer Steuerpflicht zu unterziehen. Wie im angefochtenen Bescheid näher dargestellt, betrage der Anteil der steuerpflichtigen Erlöse an den gesamten Reiseerlösen 45%, sodass die Bemessungsgrundlage entsprechend zu reduzieren sei.

Dagegen wendet sich die Beschwerde.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht verletzt, dass die veranstalteten Reisen in Drittländern nicht zur Gänze als nicht steuerbar bzw. steuerfrei iSd Umsatzsteuergesetzes 1994 behandelt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 23 UStG 1994 in der für das Streitjahr 2007 maßgebenden Stammfassung lautete:

"(1) Die nachfolgenden Vorschriften gelten für Reiseleistungen eines Unternehmers,

-

die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind,

-

soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und

-

Reisevorleistungen in Anspruch nimmt.

(2) Die Leistung des Unternehmers ist als sonstige Leistung anzusehen. Erbringt der Unternehmer an einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige Leistung.

(3) Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 12.

(4) Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute kommen.

(5) Die sonstige Leistung ist steuerfrei, wenn die Reisevorleistungen im Drittlandsgebiet bewirkt werden.

(6) Sind die Reisevorleistungen nur zum Teil Reisevorleistungen im Sinne des Abs. 5, so ist nur der Teil der sonstigen Leistung steuerfrei, dem die im Abs. 5 bezeichneten Reisevorleistungen zuzurechnen sind. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung müssen vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen sein. Der Bundesminister für Finanzen kann aus Vereinfachungsgründen bei Schiffs- und Flugreisen durch Verordnung bestimmen, wie der auf das Drittlandsgebiet entfallende Teil der Reisevorleistung zu ermitteln ist.

(7) Die sonstige Leistung bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten und dem Betrag, den der Unternehmer für die Reisevorleistungen aufwendet. Die Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.

Der Unternehmer kann die Bemessungsgrundlage statt für jede einzelne Leistung entweder für Gruppen von Leistungen oder für die gesamten innerhalb des Veranlagungszeitraumes (Voranmeldungszeitraumes) erbrachten Leistungen ermitteln.

(8) Abweichend von § 12 Abs. 1 ist der Unternehmer nicht berechtigt, die ihm für die Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten Steuerbeträge als Vorsteuer abzuziehen. Im Übrigen bleibt § 12 unberührt.

(9) Für die sonstigen Leistungen gilt § 18 mit der Maßgabe, daß aus den Aufzeichnungen des Unternehmers zu ersehen sein müssen:

1. der Betrag, den der Leistungsempfänger für die Leistung aufwendet,

2. die Beträge, die der Unternehmer für die Reisevorleistungen aufwendet,

3.

die Bemessungsgrundlage nach Abs. 7 und

4.

wie sich die in Z 1 und 2 bezeichneten Beträge und die Bemessungsgrundlage nach Abs. 7 auf steuerpflichtige und steuerfreie Leistungen verteilen."

Die Vorschrift beruht auf den Art. 306 bis 310 der Richtlinie 2006/112/EG, Mehrwertsteuersystemrichtlinie, im Folgenden RL.

Nach Art. 306 RL wenden die Mitgliedstaaten die Mehrwertsteuer-Sonderregelung auf Umsätze von Reisebüros an, soweit die Reisebüros gegenüber dem Reisenden im eigenen Namen auftreten und für die Durchführung der Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Wie der EuGH im Urteil vom 25. Oktober 2012, Kozak, C-557/11, Randnr. 18, ausgeführt hat, lässt sich schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift entnehmen, dass es sich um Dienstleistungen handelt, die bei steuerpflichtigen Dritten bezogen werden. Mit der Mehrwertsteuer-Sonderregelung für die Umsätze von Reisebüros soll vor allem Schwierigkeiten abgeholfen werden, die sich für die Wirtschaftsteilnehmer ergäben, wenn auf die Umsätze, die die Erbringung von bei Dritten bezogenen Leistungen voraussetzen, die allgemeinen Grundsätze der Mehrwertsteuerrichtlinie anwendbar wären. Die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Besteuerung, die Steuerbemessungsgrundlage und den Vorsteuerabzug würde aufgrund der Vielzahl und aufgrund der Lokalisierung der erbrachten Leistungen bei diesen Unternehmen zu praktischen Schwierigkeiten führen, die die Ausübung ihrer Tätigkeit behindern würden (vgl. schon das Urteil des EuGH vom 12. November 1992, Van Ginkel Waddinxveen, C-163/91, Randnr. 14).

Als Ausnahme von der allgemeinen Regelung der RL darf die Regelung der Art. 306 bis 310 nur angewandt werden, soweit dies zur Erreichung ihres Zieles erforderlich ist (vgl. das Urteil des EuGH vom 22. Oktober1998, Madgett und Baldwin, C-308/96 und C-94/97, Randnr. 34). Der EuGH hat deshalb wiederholt klargestellt, dass die Sonderregelung für die Umsätze von Reisebüros nur auf von Dritten bezogene Leistungen anwendbar ist.

In Randnr. 23 und 24 des Urteils vom 25. Oktober 2012, Kojak, C-557/11, führt der EuGH aus:

"23 Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass die

auf Umsätze von Reisebüros anwendbare Mehrwertsteuer-Sonderregelung in dem Fall, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der den Bestimmungen dieser Sonderregelung unterliegt, gegen Zahlung eines Pauschalpreises Umsätze bewirkt, die aus Dienstleistungen bestehen, die teils von ihm selbst, teils von anderen Steuerpflichtigen erbracht werden, nur auf die von dem Letzteren erbrachten Dienstleistungen Anwendung findet (vgl. in diesem Sinne Urteil Madgett und Baldwin, Randnr. 47).

24 In diesem Kontext ist der Begriff "einheitliche

Dienstleistung" in den Art. 307 und 308 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu verstehen. Er umfasst nur die Dienstleistungen, die bei steuerpflichtigen Dritten bezogen worden sind. Außerdem kann der vom vorlegenden Gericht herangezogene und in Randnr. 12 des vorliegenden Urteils erwähnte Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung, der im Bereich der allgemeinen Mehrwertsteuerregelung Anwendung findet, die Beurteilung der "einheitlichen Dienstleistung" im Rahmen der Mehrwertsteuer-Sonderregelung für die Umsätze von Reisebüros nicht beeinflussen."

Soweit die Beschwerdeführerin daher die Ansicht vertritt, dass § 23 UStG 1994 auch die Eigenleistungen des Reiseveranstalters umfasse und somit auch für diese Eigenleistungen Steuerfreiheit bestünde, kann ihr im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des EuGH nicht gefolgt werden (so auch Ruppe/Achatz, UStG4, § 23 Tz 6).

Erbringt der Reiseunternehmer Reiseleistungen teils mit eigenen Mitteln, teils unter Inanspruchnahme von Reisevorleistungen, ist die Sonderregelung für Reiseveranstalter nur insoweit anwendbar, als der Unternehmer gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Für die im Rahmen einer solchen Reise erbrachten Eigenleistungen gelten die allgemeinen Besteuerungsvorschriften. Ein einheitlicher Reisepreis muss in diesem Fall aufgeteilt werden (vgl. Schuchter in Melhardt/Tumpel, UStG, § 23 Rz 44, und zu dem ebenfalls in Umsetzung der RL ergangenen § 25 des deutschen UStG Wagner in Plückebaum/Widmann, UStG, Bd. II, 199. Lfg./Juli 2013, § 25 Anm. 50, Wenzel in Rau/Dürrwächter, UStG, § 25 Anm. 51f, Leonard in Bunjes/Geist, UStG § 25 Rz 30).

Für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht der belangten Behörde teile, wonach die Eigenleistungen des Reiseveranstalters nicht dem § 23 UStG 1994 zu subsumieren seien, wendet sich die Beschwerde gegen die steuerliche Beurteilung der Zurverfügungstellung von Motorrädern im Drittland sowie der Tourführung durch PH als von der Generalnorm des § 3a Abs. 12 UStG 1994 erfasst.

Die belangte Behörde habe es unterlassen, die Tourführung durch PH auf deren wahren wirtschaftlichen Gehalt hin zu untersuchen. Die Leistung des PH sei durch persönlichen Arbeitseinsatz sowie persönliche Kenntnisse und Fähigkeiten (als Rallyefahrer und erfahrener Tourführer) bestimmt. Die von ihm erbrachte Leistung sei daher eher mit einem erfahrenen Bergführer mit besonderer Ortskenntnis als mit einem Reiseführer einer Städtereise vergleichbar. Leistungen dieser Art seien dem § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 aF zu subsumieren (Hinweis auf Ruppe, UStG3, § 3a Tz 57). Unter die so genannte Tätigkeitsregel fielen nicht nur die in § 3a Abs. 8 lit. a leg. cit. aufgezählten Leistungen, sondern auch ähnliche Leistungen wie beispielsweise eine Kombination aus sportlicher und unterrichtender Tätigkeit. Die Leistung des PH sei daher am Tätigkeitsort (Drittland) und nicht in Österreich steuerbar.

Gemäß § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 in der Fassung vor BGBl. I Nr. 52/2009 werden künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter dort ausgeführt, wo der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird.

Die Aussage, dass die Tätigkeit eines Reiseleiters dem § 3a Abs. 8 lit. a UStG 1994 a.F. zu subsumieren sei, findet sich in der von der Beschwerde zitierten Literaturstelle nicht. Nach Ansicht von Ruppe, aa0, ist die Tätigkeit von Berg- und Wanderführern als "ähnliche Leistung" iSd Abs. 8 lit. a leg. cit. einzustufen. Dies mit der Begründung, es liege diesfalls eine Kombination von sportlicher und unterrichtender Tätigkeit vor. Eine solche "kombinierte" Tätigkeit ist im Falle eines Reiseleiters aber nicht zu sehen (vgl. auch Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, § 3a Anm. 100 und 103). Die Tätigkeit von Reiseleitern besteht aus einer Vielzahl unterschiedlichster Elemente, bei denen das Schwergewicht nicht auf Leistungen liegt, die einer unterrichtenden oder sportlichen Tätigkeit ähnlich sind.

Eine unterrichtende Tätigkeit ist auf das Vermitteln von Kenntnissen und Fertigkeiten gerichtet. Das können auch praktische, technische und sportliche Fertigkeiten sein (z.B. Fahrschulen, Tanzschulen, Schischulen), sofern sie didaktisch aufbereitet und unter Verfolgung eines bestimmten Lernzieles vermittelt werden (vgl. die bei Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 116, angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Leistungen ist gemeinsam, dass der Unternehmer planmäßig ein bestimmtes Lernziel vermittelt. Die Leistungen eines Reiseleiters sind demgegenüber auf den reibungslosen Ablauf der Reise, auf reiseerleichternde Erläuterungen, Hinweise und Informationen gerichtet (vgl. auch BFH vom 23. September 1993, V R 132/89).

Sportliche Leistungen werden erbracht, wenn körperliche oder geistige Fähigkeiten in einem reglementierten Wettbewerb gemessen werden. Auch die Tätigkeit von Trainern kann als eine Tätigkeit auf dem Gebiet des Sports oder als eine damit zusammenhängende bzw. ähnliche Tätigkeit angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2006, 2002/15/0075, Slg. 8.123/F; Reinbacher in Melhardt/Tumpel, UStG, § 3a Rz 181). Die Leistungen eines Reiseleiters sind, auch wenn die Reise auf Motorrädern erfolgt, nicht auf die Ausübung des Motorsports gerichtet, sondern - wie schon ausgeführt - darauf, die Teilnehmer einer Reise umfassend unterstützend zu begleiten.

Schließlich rügt die Beschwerdeführerin auch, dass die belangte Behörde die Überlassung von Motorrädern zu Unrecht als Vermietung eines Beförderungsmittels beurteilt habe. Die Überlassung der Motorräder sei unmittelbar mit der Teilnahme an der durch PH geführten Tour verknüpft. Dies sei vergleichbar der Buchung eines geführten Segeltrips mit Mannschaft und Kapitän, bei dem die Route und das Kommando beim Veranstalter liegen, die Teilnehmer jedoch "mitarbeiten" dürften. Solche Leistungen seien auf Grund des hohen Organisationsgrades und der genauen Vorgaben durch den Veranstalter nicht als Vermietungsleistungen, sondern als Beförderungsleistungen gemäß § 3a Abs. 7 UStG 1994 a.F. zu qualifizieren und gelten daher dort als ausgeführt, wo die Beförderung bewirkt werde. Ausschließlich aus dem Umstand, dass die Teilnehmer die Fahrgeräte selbst bedienen, könne keine gegenüber einem Segeltrip abweichende Beurteilung abgeleitet werden. Relevantes Merkmal sei die eigenständige Routen- und Zeitplanung oder die durch den Veranstalter vorgegebene.

Gemäß § 3a Abs. 7 UStG 1994 idF vor BGBl. I Nr. 52/2009 wird eine Beförderungsleistung dort ausgeführt, wo die Beförderung bewirkt wird.

Von einer Beförderung kann nur gesprochen werden, wenn der Unternehmer selbst die Beförderungsleistung erbringt oder durch unselbständige Erfüllungsgehilfen erbringen lässt. Keine Beförderung liegt vor, wenn lediglich Fahrzeuge vermietet werden, die der Mieter selbst zur Beförderung verwendet (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 3a Tz 97). Entgegen dem Beschwerdevorbringen steht der Umstand, dass die Reiseteilnehmer das ihnen zur Verfügung gestellte Motorrad - unstrittig - selbst bedienen (müssen), der Beurteilung der strittigen Leistung als Beförderungsleistung entgegen. Dadurch unterscheidet sich die vorliegende Sachverhaltskonstellation auch wesentlich von einem Segeltrip, bei dem die Teilnehmer "mitarbeiten dürfen".

Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. Oktober 2013

Gerichtsentscheidung

EuGH 61991CJ0163 Van Ginkel Waddinxveen VORAB
EuGH 62011CJ0557 Kozak VORAB
EuGH 61996CJ0308 Madgett and Baldwin VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2010150105.X00

Im RIS seit

25.11.2013

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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