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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofräte Dr. Köhler und Dr. Schwarz als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 19. Dezember 2012, Zl. VwSen-360036/15/AL/ER, betreffend Übertretung des GSpG (mitbeteiligte Partei: M S in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz - Land vom 23. Juli 2012, wurde der Mitbeteiligte als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der K GmbH der Übertretung der "§ 52 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4" des Glücksspielgesetzes (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von EUR 15.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 229 Stunden) verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, sie habe gegen den Mitbeteiligten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren mit Schreiben vom 11. September 2012 der zuständigen Staatsanwaltschaft Anzeige "wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet". Mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 sei die belangte Behörde von der Staatsanwaltschaft davon benachrichtigt worden, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 190 Z 1 StPO aus dem Grund des § 57 StGB (Verjährung) eingestellt worden sei. Im Ergebnis komme der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltlichen Einstellung im Falle der Verjährung der Tat jedenfalls die Bedeutung eines Freispruches im Sinne des Art 4
7. ZPEMRK zu. Schließlich sei noch zu berücksichtigen, dass "allein aufgrund des Schaffens einer Spielgelegenheit auf einem Glücksspielgerät mit einer sog. Automatik-Start-Taste bereits der strafbare Versuch einer Veranstaltung von Serienspielen gem. § 15 iVm § 168 StGB gegeben sein dürfte", weshalb eine "Ahndung durch die Verwaltungsstrafbehörde jedenfalls ausscheiden" müsse.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde. Der Mitbeteiligte hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht geäußert.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass nach einer Verfahrenseinstellung oder einem freisprechenden Urteil durch die Gerichte die Verwaltungsbehörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen habe (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, und vom 9. September 2013, Zl. 2012/17/0576). Aus der Einstellung ergibt sich nicht, dass die Staatsanwaltschaft vom Vorliegen eines gerichtlich strafbaren Tatbestandes ausgegangen wäre, sodass hier - der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend - die belangte Behörde die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbstständig zu beurteilen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. August 2013, Zl. 2012/17/0533). Dabei gleicht der vorliegende Beschwerdefall vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt und von der maßgeblichen Rechtslage her demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, Zl. 2013/17/0210, entschieden hat. Auch im gegenständlichen Fall wurden keine Feststellungen zur genauen Funktionsweise der "Automatik-Start-Taste" und ob die Rahmenbedingungen einen Spieler dazu verleiten, dass die Summe der von ihm im Verlaufe einer ganzen Spielveranstaltung eingesetzten Vermögenswerte nicht mehr gering ist bzw. ob Spieler vorsätzlich zu "Serienspielen" veranlasst werden sollten, getroffen. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort näher dargelegten Gründen war auch der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am 5. November 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013170046.X00Im RIS seit
26.11.2013Zuletzt aktualisiert am
17.03.2014