TE Vfgh Beschluss 2013/11/21 B828/2013 ua

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Veröffentlicht am 21.11.2013
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Index

74/01 Gesetzliche Anerkennung, äußere Rechtsverhältnisse

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
BG über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften §11 Z1
AnerkennungsG §2

Leitsatz

Teilweise Zurückweisung der Beschwerde gegen Bescheide betreffend die Anerkennung der islamischen-schiitischen Glaubensgemeinschaft als Bekenntnisgemeinschaft bzw als Religionsgesellschaft mangels Legitimation; im Übrigen Ablehnung der Beschwerdebehandlung

Spruch

I.              Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 28. Februar 2013, ZBMUKK-12.056/0005-KA/2012, richtet, zurückgewiesen.

II.              Soweit sich die zweitbeschwerdeführende Partei gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 15. März 2013, ZBMUKK-9.060/0003-KA/2013, richtet, wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III.              1. Soweit sich die erstbeschwerdeführende Partei gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 15. März 2013, ZBMUKK-9.060/0003-KA/2013, richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

2. Insoweit wird die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Begründung:

1. Am 28. Dezember 2010 stellte die erstbeschwerdeführende Partei einen Antrag auf Eintragung als religiöse Bekenntnisgemeinschaft. Mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 28. Februar 2013 wurde diesem Antrag stattgegeben und festgestellt, dass die religiöse Bekenntnisgemeinschaft "Islamische-Schiitische Glaubensgemeinschaft in Österreich" gemäß §2 Abs1 des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (in der Folge: BekGG) Rechtspersönlichkeit erworben habe.

2. Am selben Tag stellte die erstbeschwerdeführenden Partei einen Antrag auf Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft. Dieser wurde mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 15. März 2013 mit der Begründung abgewiesen, dass die nach §2 des Gesetzes vom 20. Mai 1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften (in der Folge: AnerkennungsG) iVm §11 Z1 litd BekGG erforderliche Anzahl an Angehörigen nicht erreicht worden sei.

3. Gegen diese Bescheide richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

4. Soweit sich die Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 28. Februar 2013, ZBMUKK-12.056/0005-KA/2012, richtet, ist sie nicht zulässig.

4.1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate, sofern der Beschwerdeführer behauptet, durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein. Voraussetzung der Zulässigkeit einer solchen Beschwerde ist zumindest die Möglichkeit der Verletzung des Beschwerdeführers in subjektiven Rechten, was immer dann der Fall ist, wenn die bescheidmäßigen Anordnungen und Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte (oder Pflichten) begründet, verändert oder feststellt (vgl. VfSlg 17.920/2006 mwN).

Die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen einen Bescheid setzt sohin auch ein Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides voraus. Ein solches Interesse ist nur gegeben, wenn nach Aufhebung des Bescheides ein durch diesen bewirkter Rechtsnachteil des Beschwerdeführers vermieden wird. Dabei kommt es nicht auf eine subjektive Beurteilung durch den Beschwerdeführer an, sondern darauf, ob bei Anlegung eines objektiven Maßstabes angenommen werden kann, dass der angefochtene Bescheid im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung die Rechtsposition des Beschwerdeführers zu dessen Nachteil verändert (vgl. VfSlg 11.764/1988, 16.516/2002, 18.171/2007).

4.2. Das ist hinsichtlich der Feststellung des Erwerbs der Rechtspersönlichkeit als Bekenntnisgemeinschaft nicht der Fall, da den beschwerdeführenden Parteien durch diesen Bescheid kein Rechtsnachteil erwächst. Den beschwerdeführenden Parteien fehlt daher die Beschwer, um den ergangenen Bescheid mit einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof anfechten zu können. Die Beschwerde ist daher insoweit mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

5. Soweit sich die zweitbeschwerdeführende Partei gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 15. März 2013, ZBMUKK-9.060/0003-KA/2013, richtet, ist die Beschwerde ebenfalls nicht zulässig.

Die zweitbeschwerdeführende Partei hat weder den Antrag auf Anerkennung als Religionsgesellschaft iSd AnerkennungsG gestellt, noch ist sie Adressatin des den Antrag der erstbeschwerdeführenden Partei vom 28. Dezember 2010 abweisenden Bescheides. Der Bescheid vom 15. März 2013 berührt somit nicht die subjektive Rechtssphäre der zweitbeschwerdeführenden Partei. Dieser kommt somit nicht die Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG zu.

Die Beschwerde ist daher auch insoweit mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).

6. Soweit die erstbeschwerdeführende Partei sich mit der Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 15. März 2013, ZBMUKK-9.060/0003-KA/2013, richtet, wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

6.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

6.2. Die vorliegende Beschwerde rügt die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Religionsfreiheit. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer – allenfalls grob – unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität von Rechtsvorschriften (zB VfSlg 11.401/1987, 11.979/1989, 14.078/1995, 15.634/1999 und 15.673/1999) sowie zum Bundesgesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (VfSlg 18.965/2009) die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

6.3. Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

6.4. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sich die erstbeschwerdeführende Partei damit gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 15. März 2013, ZBMUKK-9.060/0003-KA/2013, richtet, abzusehen und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).

Schlagworte

Religionsgesellschaften, VfGH / Legitimation, Beschwer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:B828.2013

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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