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25/01 StrafprozessNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlassfallLeitsatz
Aufhebung des angefochtenen Bescheides im AnlassfallSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Der Beschwerdeführer war Polizeibeamter im Bereich des Landespolizeikommandos Wien (LPK Wien) und befindet sich seit 1. Jänner 2011 im Ruhestand. Im Jahr 2009 erstattete das LPK Wien gegen ihn wegen des Verdachts verschiedener Disziplinarvergehen Disziplinaranzeige. In diesem Zusammenhang wurde gegen den Beschwerdeführer wegen allfälliger gerichtlich strafbarer Handlungen auch ein kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren geführt, in dem die Staatsanwaltschaft eine auf die Mobilfunknummer des Beschwerdeführers bezogene Rufdaten- und Standortdatenrückerfassung anordnete. Die ermittelten Daten der Nachrichtenübermittlung wurden der Staatsanwaltschaft und dem LPK Wien zur Kenntnis gebracht.
1.1. Die in der Folge vom Beschwerdeführer wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch Verwendung der für Zwecke des Strafverfahrens erhobenen Daten im Disziplinarverfahren bei der Datenschutzkommission eingebrachte Beschwerde wurde mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 abgewiesen, weil die Daten im Strafverfahren rechtmäßig ermittelt worden seien und daher allenfalls von den Justizbehörden zu löschen wären. Die – parallel ermittelnde – Disziplinarkommission habe die strafrechtlichen Daten iSd Ermächtigung des §140 Abs3 StPO weiterverwenden und als Beweismittel verwerten dürfen.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Datenschutz gemäß §1 Abs2
DSG 2000 und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
1.3. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
2. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §140 Abs3 der Strafprozeßordnung 1975, BGBl 631, idF BGBl I 19/2004 ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G2/2013-17, hob er §140 Abs3 StPO idF BGBl I 19/2004 als verfassungswidrig auf.
3. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt .
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,– enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlassfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2013:B1408.2011Zuletzt aktualisiert am
11.11.2013