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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Sulzbacher, Mag. Eder, Mag. Feiel und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des S Ö in S, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner, Mag. Christian Schweinzer, Mag. Georg Burger und Dr. Peter Gloß, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 20. September 2011, Zl. Senat-AB-11-0234, betreffend Ausweisung (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 28. April 2011 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (in der Fassung vor dem FrÄG 2011) aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. September 2011 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Die belangte Behörde stellte die von ihr angewendete Rechtslage dar, indem sie § 53 Abs. 1 und § 66 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011 zitierte, und sie stellte dann auch in der weiteren Begründung auf diese Bestimmungen ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 28. November 2011, B 1257/11-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof mit dem weiteren Beschluss vom 15. Dezember 2011, B 1257/11-5, zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im Verfahren ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Die von der belangten Behörde zur Begründung ihres Bescheides herangezogenen Bestimmungen des FPG wurden durch das FrÄG 2011 mit 1. Juli 2011 grundlegend geändert. Im Allgemeinen hat die Rechtsmittelbehörde aber das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides - hier: nach dem 1. Juli 2011 - geltende Recht anzuwenden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 66 Rz 83, mwN). Abweichende Übergangsbestimmungen gibt es für die von der belangten Behörde angewendeten Normen in dieser Novelle nicht.
§ 125 Abs. 14 FPG bezieht sich nämlich nur auf rechtskräftige Ausweisungen (siehe dazu und zur richtigen Vorgangsweise in Übergangsfällen des Näheren das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2012, Zl. 2011/21/0277).
Da die belangte Behörde - anders als im Fall des vorgenannten Erkenntnisses - sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihre Entscheidung auf eine im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr anzuwendende Fassung des FPG, nämlich vor dem FrÄG 2011, stützte, leidet schon deshalb der angefochtene Bescheid an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2002, Zl. 99/21/0062, mwN).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 10. Oktober 2013
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2011180277.X00Im RIS seit
31.10.2013Zuletzt aktualisiert am
28.08.2014