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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 99/04/0081 99/04/0082 99/04/0083 99/04/0084Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, in den Beschwerdesachen des KH und der MH in Z (Zl. 99/04/0080), des AS und der IS in H (Zl. 99/04/0081), des FB und der LB in Z (Zl. 99/04/0082), des EE und der ME in R (Zl. 99/04/0083), und des EG und der GG in B (Zl. 99/04/0084), alle vertreten durch Dr. F und Mag. D, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) vom 1. März 1999, Zl. 556.115/19-VIII/6/99, betreffend Zurückweisung von Anbringen in einem Verfahren nach § 4 Energiewirtschaftsgesetz (mitbeteiligte Partei: O Aktiengesellschaft in L), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerden werden als gegenstandslos geworden erklärt und die Verfahren eingestellt.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurden (u.a.) die Anträge der Beschwerdeführer
"auf Übermittlung des 'Gutachtensentwurfes' von Dipl.-Ing. H und auf Einholung eines weiteren Gutachtens zur Klärung der in ihren Einwendungen vom 16.9.1998 aufgeworfenen Fragen (enthalten im Schriftsatz vom 16.9.1998, der mit Schreiben der Landwirtschaftskammer für OÖ vom 21.9.1998, tituliert als Stellungnahme der 'Schutzgemeinschaft' dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten übermittelt wurde),
...
auf Übermittlung des 'Gutachtensentwurfes' von Dipl.-Ing. H, auf Einholung eines weiteren Gutachtens zur Klärung der in ihren Einwendungen vom 16.9.1998 aufgeworfenen Fragen sowie auf Einholung eines ökologischen Gutachtens zur Ermittlung der Auswirkungen des eingereichten sowie möglicher Alternativprojekte auf die Umwelt (dieser Schriftsatz wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter gleich direkt dem Bundesminister übermittelt)
... mangels derzeit exakt definierbarer Betroffenheit und mangels daraus ableitbarer Parteistellung gemäß § 8 AVG 1991, BGBl. Nr. 51, und gemäß § 4 Energiewirtschaftsgesetz 1935, GBlÖ Nr. 156/1939
zurückgewiesen."
Weiters wurde der mitbeteiligten Partei aufgetragen, (näher bezeichnete) Detailplanunterlagen innerhalb einer bestimmten Frist nachzureichen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es zusammenfassend, dass die von der mitbeteiligten Partei bisher übermittelten Unterlagen keine genaue Ermittlung des Trassenverlaufes der Erdgashochdruckleitung zulasse, weshalb die genaue Betroffenheit der Einschreiter nicht eruiert werden könne.
Die Beschwerdeführer wurden mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 2000 aufgefordert zur Frage Stellung zu nehmen, inwieweit im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juni 1998, G 454/97, mit dem § 4 Energiewirtschaftsgesetz als verfassungswidrig aufgehoben und bestimmt wurde, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 1999 in Kraft tritt, noch eine Rechtsverletzungsmöglichkeit für die Beschwerdeführer besteht.
Die Beschwerdeführer teilten (gleich lautend) mit, dass mit dem zur hg. Zl. 2000/04/0025 angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1999, Zl. 556.115/143-VIII/6/99, ihre, im vorangegangenen Ermittlungsverfahren erhobenen Einwendungen auch inhaltlich behandelt und ihnen im dortigen Verfahren Parteistellung eingeräumt worden sei. Soweit sie im vorliegenden Verfahren den Bescheid, mit welchem ihre Einwendungen und Anträge mangels Parteistellung zurückgewiesen worden seien, angefochten hätten, erschienen sie somit - wenngleich außerhalb der im § 56 zweiter Satz VwGG in Verbindung mit § 36 Abs. 1 VwGG normierten Frist - klaglos gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdesachen wegen ihres Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden.
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandlos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Eine derartige Klaglosstellung (im engeren Sinne) setzt allerdings eine Beseitigung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides durch wen und aus welchem Titel auch immer, insbesondere eine formelle Aufhebung durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof voraus (formelle Klaglosstellung). Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer "materiellen" Klaglosstellung gesprochen (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 23. September 1994, Zl. 92/17/0134, und die dort angegebene Vorjudikatur).
Ein solcher Fall ist hier - auch nach Meinung der Beschwerdeführer -gegeben, weil mit dem oben bezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 20. Dezember 1999 die Einwendungen der Beschwerdeführer (als Parteien des Verfahrens) inhaltlich behandelt wurden.
Die Beschwerden waren daher jedenfalls schon deshalb in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und die Beschwerdeverfahren einzustellen, ohne dass noch auf die Frage einzugehen war, inwieweit im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Juni 1998, G 454/97, mit dem § 4 Energiewirtschaftsgesetz (in der Fassung der Verordnung über die Vereinfachung des Verfahrens nach § 4 des Energiewirtschaftsgesetzes) als verfassungswidrig aufgehoben und bestimmt wurde, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. Dezember 1999 in Kraft tritt, noch eine Rechtsverletzungsmöglichkeit für die Beschwerdeführer besteht.
Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist zunächst darauf zu verweisen, dass - im Sinne des oben Gesagten - keine formelle Klaglosstellung eingetreten ist. Es war daher bei der Kostenentscheidung nicht § 56 erster Satz VwGG, sondern § 58 Abs. 2 VwGG anzuwenden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0103). Nach der letztgenannten Bestimmung ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.
Im vorliegenden Fall ist ohne unverhältnismäßigen Prüfungsaufwand nicht zu ersehen, welchen Ausgang die verwaltungsgerichtlichen Verfahren genommen hätten, wären die Beschwerden nicht gegenstandslos geworden. Bei Gegenüberstellung der Argumentation des angefochtenen Bescheides mit jener der Beschwerden kommt der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG aufgetragenen Prüfung zum Ergebnis eines Kostenzuspruches an die belangte Behörde, weil er zur Annahme neigt, die belangte Behörde hätte im vorliegenden Fall obsiegt. Der Kostenersatz war den Beschwerdeführern im Grunde des § 53 Abs. 2 VwGG aufzuerlegen. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf § 49 Abs. 1 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 abzuweisen, weil die mitbeteiligte Partei bei der Einbringung der Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war.
Wien, am 8. November 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999040080.X00Im RIS seit
03.04.2001