Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch S & Partner, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 8. Mai 2000, Zl. 63 150/85-III/B/13/00, betreffend Verfahren gemäß § 156 Abs. 1 MinroG (mitbeteiligte Parteien: 1.) A R und 2.) A B, beide in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 8. Mai 2000 wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 153 Abs. 1 und 2 und § 156 Abs. 1 MinroG die Bewilligung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses auf einem näher bezeichneten Grundstück unter folgenden Auflagen und Bedingungen erteilt:
"1.
Das Einfamilienwohnhaus ist, soweit in den nachstehenden Punkten nichts Abweichendes bestimmt ist, gemäß den von Baumeister W verfassten Einreichplänen in Verbindung mit der vom Vorgenannten verfassten Baubeschreibung zu errichten.
2.
Das Wohnhaus ist auf eine zugfeste Stahlbetonfundamentplatte zu gründen.
3.
Die Fundamentplatte ist durch Steckeisen mit dem Kellermauerwerk (in Ortbeton!) und dieses weiter mit der Kellerdecke so zu verbinden, dass eine räumliche Tragwirkung gegeben ist.
4.
Die unter 3. genannte Form der Verbindung ist auch bei allen tragenden Innenwänden durchzuführen, ebenso zwischen Kellerwänden und den tragenden Elementen der Kellerdecke.
5.
Der außen liegende Kellerabgang ist durch verstärkte Bewehrungseinlagen mit dem Hauptgebäude zu verbinden.
6.
Das Eingangspodest ist auskragend von der Erdgeschoßdecke herzustellen.
Bedingung:
Die Erteilung der Bewilligung gilt unter der Bedingung, dass vor Errichtung des beantragten Wohnhauses eine ausreichende Hohlraumfeststellung (in Form von mindestens drei Rammsondierungen) im Bereich des Bauplatzes durchgeführt wird. Die erforderlichen Aufschlüsse sind von der Aushubsohle ausgehend ca. 2-3 m unter die von der G-GmbH im Plan 'Prospektion B Nord, Profil Nr: A-A, GZ: TBM 99109-01', M 1:100, dargestellte Schichtgrenze des Quartärs zu führen. Hierüber ist eine Beurteilung von einer fachkundigen Person vorzulegen. Diese hat Maßnahmen für eine Verfüllung allenfalls angetroffener Hohlräume bzw. Maßnahmen für eine Gründung, welche objektschädigende Bodenbewegungen aufzunehmen in der Lage ist, zu beinhalten.
Die unter Punkt 1. genannten Unterlagen sowie der vorangeführte Plan der G-GmbH liegen dem Bescheid bei und bilden einen Bestandteil des Spruchs."
Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen nicht bestehe. Nach Darstellung des Verfahrensganges und Darstellung des Inhaltes der Bestimmungen der §§ 153 Abs. 2 und 156 Abs. 1 und 2 MinroG führte der Bundesminister zur Begründung aus, die mitbeteiligten Parteien beabsichtigten auf einem näher bezeichneten Grundstück, welches innerhalb eines bestimmten aufrechten Grubenfelds (Braunkohlenbergbau) gelegen sei, ein Einfamilienwohnhaus zu errichten. Das Grubenfeld gelte als Reservefeld. Unter Bedachtnahme auf den Sinn der Bestimmungen über Bergbaugebiete im Mineralrohstoffgesetz sei davon auszugehen, dass unter dem Begriff "Gewinnungstätigkeiten" im § 156 Abs. 1 Z. 1 MinroG auch zukünftige Tätigkeiten zu verstehen seien. In jedem Fall sei jedoch zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung zur Errichtung einer bergbaufremden Anlage in einem Bergbaugebiet eine Gewinnung - ohne Errichtung dieser Anlage - überhaupt tatsächlich und rechtlich möglich wäre. Erst wenn diese Frage bejaht werde, sei weiters zu prüfen, ob die beantragte bergbaufremde Anlage eine Verhinderung oder erhebliche Erschwerung der Gewinnung im Bergbaugebiet darstelle. Für die Aufnahme einer Gewinnungstätigkeit sei ein genehmigter Gewinnungsbetriebsplan erforderlich. Eine Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes dürfe nur unter der Voraussetzung des § 116 MinroG erfolgen. Es sei nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin über einen genehmigten Gewinnungsbetriebsplan für das gegenständliche Tagbauprojekt verfüge oder auch nur um die Genehmigung eines solchen angesucht hätte. Vielmehr sei nach eigenen Angaben der mitbeteiligten Parteien eine Inangriffnahme des gegenständlichen Tagbauprojektes - für das im Übrigen noch nicht einmal alle Bergwerksberechtigungen vorlägen - sehr unwahrscheinlich. Ein weiteres rechtliches Hindernis, dessen Lösung zurzeit nicht absehbar sei, bildeten im Hinblick auf § 147 MinroG die privatrechtlichen Verhältnisse an den innerhalb des Tagbaubereiches gelegenen Grundstücken, die zu einem Großteil nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin stünden und auf denen sich zahlreiche Wohn- und sonstige Gebäude befänden, deren Bestand mit einem Tagbau unvereinbar sei. Ob und wie das gegenständliche Tagbauprojekt verwirklicht werde, könne daher derzeit nicht beurteilt werden. Daher könne auch nicht gesagt werden, dass die beantragte Bauführung der mitbeteiligten Parteien eine "Gewinnung" verhindere oder erheblich erschwere oder einen möglichst vollständigen Abbau des Vorkommens nicht mehr zulasse. Dazu komme, dass sich im Nahbereich des in Aussicht genommenen Bauplatzes der mitbeteiligten Parteien zwei Häuser befänden, die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Fall der Realisierung des Tagbauprojektes abgelöst und danach abgetragen werden müssten. Es müsste somit im gegenständlichen Bereich bereits wegen der bestehenden Bauten unter der Annahme, dass diese nicht abgelöst werden könnten, ein Schutzpfeiler belassen werden und es wäre dort ein Abbau nicht möglich. Durch das Hinzutreten des neuen Gebäudes würde sich nach Ansicht der belangten Behörde der erforderliche Schutzpfeiler nicht wesentlich vergrößern, sodass sich auch der Abbauverlust nicht weiter vergrößern würde und auch keine wesentliche Erschwerung der Gewinnungstätigkeit - im Vergleich zur momentanen Situation - zu erkennen sei. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass durch die Errichtung des geplanten Baues ein für die Beschwerdeführerin wesentlicher Teil der Lagerstätte nicht mehr gewinnbar wäre, d. h. große Teile des Tagbaubereiches durch diese Maßnahme blockiert wären und die Durchführung dieses Projektes wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten sei, seien daher nicht nachvollziehbar. Im vorliegenden Fall käme auch der Versagungstatbestand des § 156 Abs. 1 Z. 2 MinroG in Betracht. Mit dieser Frage habe die Behörde einen Bausachverständigen befasst, der in seiner Beurteilung sinngemäß zum Schluss komme, dass die vorgeschlagenen Sicherheitsmaßnahmen zur Vermeidung von Bauwerksschäden, ausgelöst durch kleinere Bodenbewegungen, jedenfalls vorzusehen wären. Größere Nachbrüche in oberflächennahe Hohlräume könnten durch solche bauliche Maßnahmen jedoch nicht ausreichend kompensiert werden, weshalb noch diesbezügliche Erkundungen erfolgen sollten. Diese könnten nach Ansicht des Sachverständigen in Form von Rammsondierungen durchgeführt werden, wobei die Aufschlüsse eventuell erst von der Aushubsohle ausgehend, bis etwa unter die von der Beschwerdeführerin dargestellte Schichtgrenze des Quartärs führen sollten. Im Zuge der Aushubarbeiten oder der Zusatzaufschlüsse erkannte Hohlräume oder Lockerbereiche wären zu verfüllen und sorgfältig zu verdichten und könnten dann in der vorbeschriebenen Form überbaut werden. Zu den von der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten für erforderlich erachteten weiterführenden geophysikalischen Baugrunduntersuchungen (Bodenradar und Geoelektrik) habe der Amtssachverständige der belangten Behörde ausgeführt, hinsichtlich der Hohlraumerkundung mittels Bodenradar sei allgemein bekannt, dass mit dieser Methode nur eine relativ geringe und gegenständlichenfalls zu geringe Eindringtiefe erreicht werden könne. In diesem Zusammenhang werde auf eine im Ortsgebiet von M. durchgeführte Hohlraumerkundung verwiesen, bei der lediglich eine Eindringtiefe von 2,5 m habe erreicht werden können. Bezüglich der Methodik der Geoelektrik habe der Amtssachverständige ausgeführt, dass daraus (aus näher dargestellten Gründen) eine sichere Interpretation von unkonsolidierten Bereichen bzw. Hohlräumen nicht möglich sei, sodass eine Baugrunduntersuchung mittels Bodenradar und Geoelektrik weder zielführend noch erforderlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Versagung einer Baubewilligung gemäß § 156 Abs. 1 MinroG bzw. in ihrem Recht auf Vorschreibung von geeigneten Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen gemäß § 156 Abs. 2 MinroG verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes verweisen sie zunächst zur Begründung ihrer Beschwerdelegitimation auf den Regelungszweck des § 156 MinroG, der dem Schutz der rechtlichen Interessen des Bergbauberechtigten vor Beeinträchtigungen der Bergbautätigkeit und vor der Inanspruchnahme für aus der Bergbautätigkeit erwachsende Bergschäden diene. Der Bergbauberechtigte genieße daher im Verfahren nach § 153 Abs. 2 in Verbindung mit § 156 MinroG Parteistellung. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Parteiengehörs macht die Beschwerdeführerin geltend, ihr sei das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen zur Zweckmäßigkeit der von ihr vorgeschlagenen Untersuchungen mittels Bodenradar und Geoelektrik nicht zur Kenntnis gebracht worden. Wäre dies geschehen, hätte sie die belangte Behörde auf die mangelnde Schlüssigkeit der Ausführungen dieses Sachverständigen hinweisen können. Aus dem weiteren Beschwerdevorbringen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin in diesem Fall auf die Notwendigkeit sonstiger amtswegiger - über die vom bautechnischen Sachverständigen vorgeschlagenen Rammsondierungen hinausgehende - Bodenuntersuchungen, insbesondere in Form von Bohrungen, hingewiesen hätte. Das Unterlassen solcher Untersuchungen wird im Übrigen auch unter dem Gesichtspunkt einer Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens geltend gemacht. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liege auch darin, dass die belangte Behörde als Bedingung der mit dem angefochtenen Bescheid erteilten Bewilligung zwar die Einholung einer Beurteilung durch eine fachkundige Person zu den Ergebnissen der Rammsondierungen aufgetragen habe, nicht aufgetragen worden sei aber, die von dieser fachkundigen Person als erforderlich gesehenen Maßnahmen zur Verfüllung allenfalls angetroffener Hohlräume bzw. für eine Gründung, welche objektschädigende Bodenbewegungen aufzunehmen in der Lage sei, auch durchzuführen. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird schließlich die von der belangten Behörde vorgenommene Interpretation des § 156 Abs. 1 MinroG gerügt. Aus der Regelung des § 156 MinroG über Reservefelder ergebe sich, dass das Mineralrohstoffgesetz ausdrücklich eine vorausschauende Sicherung von abbauwürdigen Rohstoffvorkommen bezwecke. Es könne daher unter einer Gewinnungstätigkeit im Sinne des § 156 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. nicht nur eine solche Gewinnungstätigkeit verstanden werden, für die bereits ein rechtskräftiger Gewinnungsbetriebsplan oder zumindest ein Ansuchen um Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes vorliege. Dies ergebe sich auch aus § 156 Abs. 4 leg. cit. Es bilde auch kein rechtliches Hindernis für die Gewinnungstätigkeit im Sinne des § 156 Abs. 1 Z. 1 leg. cit., dass die privatrechtlichen Verhältnisse an den innerhalb des Tagbaubereiches gelegenen Grundstücken, die zum Großteil nicht im Eigentum der Beschwerdeführerin stünden, mit einem Tagbau unvereinbar wären, da ja gemäß § 149 MinroG die zwangsweise Grundüberlassung eingeräumt werden könne. Aus diesem Grund entsprächen auch die Ausführungen der belangten Behörde über die im Nahbereich des gegenständlichen Bauplatzes bereits bestehenden Häuser nicht den Intentionen des Mineralrohstoffgesetzes.
Gemäß § 153 Abs. 2 MinroG dürfen in Bergbaugebieten nach Maßgabe des § 156 Bauten und andere Anlagen, soweit es sich nicht um Bergbauanlagen handelt, nur mit Bewilligung der Behörde errichtet werden.
Nach § 156 Abs. 1 leg. cit. ist die Bewilligung nach § 153 Abs. 2 von der Behörde zu versagen, wenn
1. durch die Errichtung des geplanten Baues oder einer anderen geplanten Anlage im Bergbaugebiet die Gewinnungs- oder Speichertätigkeit in diesem verhindert oder erheblich erschwert wird, es sei denn, der Bergbauberechtigte nimmt die erhebliche Erschwerung der Gewinnungs- oder Speichertätigkeit auf sich oder
2. eine wesentliche Veränderung des geplanten Baues oder der geplanten anderen Anlage durch Bodenverformungen nicht ausgeschlossen werden kann und Bodenverformungen oder deren Auswirkungen nicht durch geeignete Maßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen (Abs. 2) vermieden werden können oder
3. durch den geplanten Bau oder die geplante andere Anlage ein möglichst vollständiger Abbau des Vorkommens nicht mehr möglich ist.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat der Bergbauberechtigte, wenn die Bewilligung versagt oder unter Anordnung geeigneter Maßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung von Bodenverformungen oder deren Auswirkungen erteilt wird und die geplante Anlage zur gehörigen Benützung des Grundstückes ohne wesentliche Änderung des bisherigen Verwendungszweckes nach Art und Umfang notwendig ist, den Bewilligungswerber angemessen zu entschädigen.
Gemäß § 156 Abs. 4 leg. cit. ist die Bewilligung dann nicht zu versagen, wenn die bergbauliche Inanspruchnahme der Grundstücke nicht innerhalb von 15 Jahren zu erwarten ist und gegenständlichenfalls kein Reservefeld vorliegt.
Aus § 156 Abs. 1 Z. 2 MinroG in Verbindung mit seinem Abs. 2 ergibt sich, dass die Bewilligung nach § 153 Abs. 2 leg. cit. dann, wenn eine wesentliche Veränderung des geplanten Baues oder der geplanten anderen Anlage durch Bodenverformungen nicht ausgeschlossen werden kann, nur unter Anordnung geeigneter Maßnahmen oder Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung von Bodenverformungen oder deren Auswirkungen erteilt werden darf.
Der von der belangten Behörde beigezogene bautechnische Sachverständige gelangte zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall zur Vermeidung von Veränderungen des geplanten Baues durch Bodenverformungen zunächst eine Hohlraumfeststellung in Form von Rammsondierungen vorzunehmen und sodann erkannte Hohlräume oder Lockerbereiche zu verfüllen und sorgfältig zu verdichten wären. Um dem Gebot des § 156 Abs. 2 MinroG zu entsprechen, wäre es daher erforderlich gewesen, dass im angefochtenen Bescheid den mitbeteiligten Parteien auch aufgetragen wird, die im Wege der in den Spruch aufgenommenen Bedingung festgestellten Hohlräume auch tatsächlich zu verfüllen oder Maßnahmen für eine Gründung zu setzen, welche objektschädigende Bodenbewegungen aufzunehmen in der Lage sind. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend hervorhebt, enthält der angefochtene Bescheid einen derartigen Auftrag nicht.
Der von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang in ihrer Gegenschrift vertretenen Ansicht, da Bescheide nach den Regeln auszulegen seien, wie sie auch für die Auslegung von Gesetzen relevant seien, sei bei der Interpretation der gegenständlichen Bedingung nicht nur deren Wortlaut, sondern auch der Sinn des angewendeten Gesetzes heranzuziehen, sodass - auch unter Heranziehung der Begründung des angefochtenen Bescheides - der Spruch des angefochtenen Bescheides dahin auszulegen sei, dass damit auch der Auftrag erteilt worden sei, allfällig erkannte Hohlräume zu verfüllen bzw. entsprechende Gründungen vorzunehmen, vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auslegung von Bescheiden nach den Grundsätzen des §§ 6 und 7 ABGB vorzunehmen ist und der Spruch eines Bescheides im Zweifel im Sinne des angewendeten Gesetzes und auch unter Heranziehung der dem Spruch beigegebenen Begründung auszulegen ist. All dies setzt aber voraus, dass der Spruch des Bescheides überhaupt auslegungsbedürftig in dem Sinn ist, dass sein Wortlaut Zweifel über seinen normativen Gehalt aufkommen lässt (vgl. zum Ganzen die in Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, § 59 E 31 ff, insbesondere E 40, 44, 45 und 49 zitierte hg. Judikatur). Eine solche Unklarheit haftet dem angefochtenen Bescheid aber nicht an, weil daraus klar und eindeutig ersichtlich ist, dass den mitbeteiligten Parteien zwar als Bedingung die Einholung eines entsprechenden Gutachtens, nicht aber die Durchführung der in diesem Gutachten für notwendig erachteten Maßnahmen aufgetragen wird.
Der angefochtene Bescheid war daher schon wegen der ihm aus diesem Grund anhaftenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof aus Gründen der Verfahrensökonomie noch zu der Bemerkung veranlasst, dass er sich zwar der Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach eine Versagung einer nach § 153 Abs. 2 MinroG begehrten Bewilligung nach § 156 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. nur dann in Betracht kommt, wenn im fraglichen Bergbaugebiet eine Gewinnung - ohne Errichtung der in Rede stehenden Anlage - überhaupt tatsächlich und rechtlich möglich wäre. Er vermag sich aber nicht ihrer Ansicht anzuschließen, dass diese Voraussetzung schon dann nicht gegeben sei, wenn im Zeitpunkt der Erlassung des Genehmigungsbescheides ein Gewinnungsbetriebsplan noch nicht genehmigt ist oder zumindest um dessen Genehmigung angesucht ist. Wie sich aus der Bestimmung des § 156 Abs. 4 MinroG zweifelsfrei ergibt, genügt es vielmehr, wenn die bergbauliche Inanspruchnahme der fraglichen Grundstücke innerhalb von 15 Jahren zu erwarten ist, sofern nicht überhaupt ein Reservefeld vorliegt, für das auch diese zeitliche Begrenzung nicht gilt.
Schließlich teilt der Verwaltungsgerichtshof auch nicht die aus der Begründung des angefochtenen Bescheides erkennbare Meinung der belangten Behörde, dem Versagungsgrund des § 156 Abs. 1 Z. 1 MinroG stünde es auch entgegen, wenn im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides noch nicht alle zivilrechtlichen Voraussetzungen an den betroffenen Grundstücken für eine Gewinnungstätigkeit durch den Bergwerksberechtigten erfüllt sind. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend hervorhebt, schließt dieser Umstand nicht aus, dass innerhalb des zeitlichen Rahmens des § 156 Abs. 4 MinroG diese zivilrechtlichen Voraussetzungen, sei es im Wege privatrechtlicher Rechtsgeschäfte, sei es auf dem in den §§ 148 ff MinroG vorgezeichneten Weg geschaffen werden. In diesem Zusammenhang ist daher auch der Hinweis im angefochtenen Bescheid verfehlt, mit Rücksicht auf den Bestand anderer Wohnhäuser im Nahbereich des den Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens bildenden geplanten Bauwerkes würde durch die Verwirklichung des Letzteren ein allfälliger Abbauverlust nicht weiter vergrößert.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 8. November 2000
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000040110.X00Im RIS seit
11.07.2001