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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
FrG 1993 §15 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des TH in Mayerling, geboren am 27. Juli 1967, vertreten durch Dr. Michael Tröthandl, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Erzherzog Rainer Ring 23, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 19. November 1996, Zl. Senat-BN-96-068, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom 16. September 1996 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Baden über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,--. Die ihm angelastete Tat wurde wie folgt umschrieben: "Sie haben sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da Ihnen weder eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes noch ein Sichtvermerk von einer Sicherheitsbehörde erteilt worden war." Als übertretene Norm wurde § 82 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, als Tatzeit "21.2.1995-15.5.1996" und als Tatort "Bundesgebiet 2534 Mayerling Nr. 5/25" angeführt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (die belangte Behörde) der Berufung des Beschwerdeführers gegen das genannte Straferkenntnis keine Folge. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer halte sich nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßig in Österreich auf. Durch den nicht näher begründeten Einwand, dass ihm die Rückkehr in sein Heimatland nicht zumutbar wäre, weil er dort im Sinn des § 37 FrG gefährdet wäre, vermöge er ein mangelndes Verschulden nicht glaubhaft zu machen. Dem Beschwerdeführer sei somit die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht anzulasten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Fremdengesetzes lauten:
"§ 15. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie unter Einhaltung der Bestimmungen des 2. Teiles und ohne die Grenzkontrolle zu umgehen eingereist sind oder
2. wenn ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde oder
3. solange ihnen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zukommt.
.....
§ 82. (1) Wer
1. nach Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung nicht rechtzeitig ausreist oder
2. einem Aufenthaltsverbot zuwider unerlaubt in das Bundesgebiet zurückkehrt oder
3. sich als passpflichtiger Fremder, ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein, im Bundesgebiet aufhält oder
4. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist in den Fällen der Z 1 und 2 mit Geldstrafe bis zu 10 000 Schilling oder mit Freiheitsstrafe bis zu 14 Tagen, sonst mit Geldstrafe bis zu 10 000 Schilling zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.
(2) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z 1 liegt nicht vor, wenn die Ausreise nur in ein Land möglich wäre, in das eine Abschiebung unzulässig (§§ 37 und 54 Abs. 4) ist, oder wenn dem Fremden ein Abschiebungsaufschub erteilt worden ist."
Vorauszuschicken ist, dass der gesetzliche Rechtfertigungsgrund des § 82 Abs. 2 FrG nicht nur in einem wegen einer Übertretung nach § 82 Abs. 1 Z. 1 FrG eingeleiteten Strafverfahren, sondern auch in einem solchen nach § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG zu beachten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2000, Zl. 96/21/0861). Der belangten Behörde ist aber zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer in keinem Abschnitt des Verwaltungsverfahrens ein ausreichend konkretes Vorbringen dahin erstattet hat, dass ihm die Ausreise nur in sein Heimatland möglich gewesen wäre und dass im Fall seiner Abschiebung in diesen Staat die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG bestünde bzw. sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen des § 37 Abs. 2 FrG bedroht wäre.
Die belangte Behörde belastete den angefochtenen Bescheid aber aus folgendem Grund mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit:
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese muss also im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Dabei ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts nach § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der in § 15 Abs. 1 (Z. 1 bis 3) leg. cit. angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist. Die Annahme der Unrechtmäßigkeit eines inländischen Aufenthalts aus der Verneinung bloß eines Teils der in § 15 Abs. 1 FrG genannten drei alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts steht mit dem Gesetz nicht in Einklang. (Vgl. zum Ganzen das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 96/21/0861.)
Nach der von der belangten Behörde vorgenommenen Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses lautet die umschriebene Tat, dass sich der Beschwerdeführer als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weil ihm weder eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes noch ein Sichtvermerk von einer Sicherheitsbehörde erteilt worden sei. Damit werden die oben genannten drei alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts von Fremden im Inland nur zum Teil verneint, weshalb aus dieser Tatumschreibung eine Subsumtion unter den zur Last gelegten Tatbestand nicht zulässig ist und der Spruch gegen § 44a Z. 1 VStG verstößt.
Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 8. November 2000
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der TatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997210223.X00Im RIS seit
13.02.2001