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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1165;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des G G in W, vertreten durch Dr. Roland Reichl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 102, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 21. November 2012, Zl. UVS-11/11473/8-2012, betreffend Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführe hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G-GmbH als Arbeitgeber mit Sitz in X zu verantworten, dass von dieser zwei näher bezeichnete pakistanische Staatsangehörige vom 1. Juni bis 3. August 2011 und ein näher bezeichneter iranischer Staatsangehöriger vom 1. Mai bis 24. Juli 2011 als Pizzazusteller beschäftigt worden seien, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch drei Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl Nr. 218/1975 idF BGBl I Nr. 120/2009 begangen und es wurden über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretungen drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 72 Stunden) verhängt.
In ihrer Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges samt Wiedergabe der Angaben des Beschwerdeführers und des Zeugen H (einem Disponenten der Firma S) in der Berufungsverhandlung aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Der Beschuldigte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der (G-GmbH) mit Sitz in (X). Dieses Unternehmen ist Franchiseunternehmen der (P-GmbH) und betreibt unter Marke "P¿" in S zwei (P)-Filialen mit angeschlossenem Zustellservice.
Die (G-GmbH) hat im Tatzeitraum die Erledigungen der Zustellungen an die Firma (S) auf Basis einer 'Vereinbarung' vom 1.5.2010 übertragen. Gegenstand dieser Vereinbarung ist im Wesentlichen die Ausführung des von der (G-GmbH) angebotenen Zustellservices. Die Zustellung wurde von Zustellern ausgeführt, welche die Firma (S) zur Verfügung stellte. Die Lebensmittel-Hauszustellung erfolgte im sogenannten '30-Minuten-Gebiet' (dh in der Stadt (X) sowie in der Gemeinde (B)) mit eigenen Kraftfahrzeugen der Zusteller. Eine Fahrtkostenabgeltung gab es nicht.
Die (G-GmbH) hatte pro Zustellung ein Entgelt von EUR 3,95 + USt an die (S) zu leisten. Die Zusteller stellten als 'Subunternehmer' der Firma (S) ihr jeweils EUR 3,20 je Zustellung in Rechnung. Die (S) beschäftigte in (X) einen Disponenten, welcher die Zusteller einteilte (diese Funktion übte im 2. Halbjahr 2011 der Zeuge (H) aus). In den beiden (P)-Filialen in (X) (am Firmensitz und (an einer näher bezeichneten Adresse in X)) lag jeweils eine Zustellermappe auf, in der sich unter anderem eine Arbeitswunschliste in Form eines kalendermäßigen Dienstplanes befand. Die Zusteller konnten sich in diese Arbeitswunschliste, die jeweils eine Woche von Montag bis Sonntag umfasste, eintragen und wurde vom Disponenten am Sonntag die Diensteinteilung für die Folgewoche vorgenommen. Sie führten sodann zu den eingeteilten Dienstzeiten die Zustellungen durch, wobei sie sich während dieser Zeit im Kassensystem der jeweiligen (P)-Filiale anzumelden hatten.
Die Bestellungen der Kunden gingen in einem Call-Center der Franchisegeberin ein, wurden dort elektronisch erfasst und so auch der jeweiligen (P)-Filiale der (G-GmbH) zur Verfügung gestellt. Dort bonierten die Zusteller ihre Zustellaufträge, bekamen die Lebensmittel (Speisen und Getränke) mit einem Kassenbon ausgehändigt und führten die Zustellung sowie das Inkasso beim Kunden durch. Die Warmhaltetasche für den Transport stellte die Firma (S) zur Verfügung, die (G-GmbH) eine elektrische Warmhalteplatte sowie die Kartons für die Speisen. Während der Zustellung blieben die Zusteller mittels Mobiltelefon erreichbar bzw. nutzten sei dieses, um Rückfragen beim Kunden (insbesondere betreffend die Zustelladresse) zu machen. Anschließend blieben die Zusteller in oder vor der (P)-Filiale, um dort auf weitere Aufträge zu warten. Die Zusteller hatten sich grundsätzlich, wenn sie für eine Schicht eingeteilt waren, auch für deren ganze Dauer (vormittags 11:00 bis 17:00 Uhr, nachmittags 17:00 bis 24:00 Uhr) bereit zu halten.
Nach Ende der Arbeitsschicht hatten die Zusteller in der (P)- Filiale die für die (G-GmbH) kassierten Beträge entsprechend den Kassenbons abzuführen; Trinkgelder durften einbehalten werden. Mit der Abmeldung aus dem Kassensystem erhielten sie einen eigenen Abrechnungsbeleg, auf dem alle Zustellaufträge für den betreffenden Tag aufschienen. Weiters führten die Zusteller einen handschriftlichen 'Arbeitszeitnachweis', worin die Arbeitsstunden sowie die ausgeführten Zustellungen tageweise (getrennt nach Tages- und Abendschicht ) aufgezeichnet wurden. Dieser Nachweis wurde nach Monatsende der Firma (S) übermittelt. Jeder Zusteller legte für die von ihm durchgeführten Zustellungen im abgelaufenen Monat eine Rechnung. Die Firma (S) wiederum stellt der (G-GmbH) alle Zustellungen des vergangenen Monats in Rechnung.
Außerhalb des schriftlichen Vertrages mit der Firma (S) existierte eine Absprache mit dem Beschuldigen betreffend die Anzahl der für die jeweilige Schicht zur Verfügung zu stellenden Zusteller. Dies war abhängig vom zu erwartenden Zustellaufkommen, wobei diese gelegentlich für besondere Umstände (wie zB für medienwirksame Fernsehereignisse, Feiertage) aktualisiert wurde. Für den Fall, dass die Firma (S) die vereinbarte Zahl von Zustellern nicht zur Verfügung stellen konnte, hatte die (G-GmbH) das Recht, einzelne Zustellungen - falls erforderlich - mit Taxi durchführen zu lassen und das Zustellunternehmen mit der Taxirechnung zu belasten. Die (G-GmbH) führte keine personenbezogene Anforderung der Zusteller durch, sondern bestimmte nur deren Zahl. War ein Zusteller im Einzelfall verhindert, wurde dies dem Disponenten gemeldet, welcher ersatzweise einen anderen Zusteller einteilte oder gegebenenfalls selbst eine Schicht übernahm.
Dieser Sachverhalt war aufgrund der insoweit unbestrittenen Aktenlage und der in der Berufungsverhandlung nicht in Zweifel gezogenen Aussage des Zeugen (H) als erwiesen anzusehen."
In rechtlicher Hinsicht setzte die belangte Behörde nach Zitierung der maßgeblichen Bestimmungen des AuslBG idF BGBl. I Nr. 25/2011 fort:
"Als Beschäftigung gilt somit gemäß § 2 Abs 2 lit e AuslBG auch die Verwendung überlassener Arbeitskräfte. Die ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zwar pro forma im Rahmen eines Werkvertrages für einen Auftraggeber tätig wird, nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 4 Abs 1 AÜG und § 2 Abs 4 AuslBG) kein Werkvertrag vorliegt. Essentiell für einen Werkvertrag ist ein 'gewährleistungstauglicher Erfolg' der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten Ziels auch kein Ende findet, spricht dies gegen einen Werkvertrag (vgl VwGH 16.10.2008, Zahl 2008/09/0232). Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG (bzw. des § 3 Abs 1 AuslBG) ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl VwGH 26.1.2010, Zahl 2009/08/0269).
Auf den vorliegenden Fall bezogen ist zunächst festzuhalten, dass ein wesentlicher Geschäftszweig der (P)-Filialen des Beschuldigten die Lieferung der auch im Internet (www¿.) angebotenen Produkte frei Haus ist. Die Zusteller waren organisatorisch in den Betrieb eingegliedert (durch Einbuchung in das Kassensystem der (P)-Filialen, telefonische Erreichbarkeit, Verpflichtung bei der Filiale auf Aufträge zu warten) und hatten im Wesentlichen keine Möglichkeit, eigene unternehmerische Entscheidungen hinsichtlich der von ihnen durchzuführenden Zustelltätigkeit zu treffen. Die einzige Wahlmöglichkeit des Zustellers lag darin, die Fahrtstrecke zum Kunden zu bestimmen. Die in der Vereinbarung angeführte Möglichkeit, seitens der Firma (S) Zustellaufträge ablehnen zu können, hatte in der Praxis keine Relevanz.
Im Kern ging es darum, dass die Firma (S) der (G-GmbH) die erforderliche Anzahl von Zustellern für die jeweilige Arbeitsschicht zur Verfügung stellte. Das erhellt insbesondere auch daraus, dass es nicht um die Erfüllung der Zustellaufträge ging, sondern die einzig vorgesehene Vertragsstrafe, gegebenenfalls Taxirechnungen übernehmen zu müssen, an die Bedingung geknüpft war, dass der Personalanforderung nicht entsprochen worden war. Die Zusteller hatten faktisch keine eigene Unternehmensinfrastruktur (bei den verwendeten Fahrzeugen handelte es sich ohnehin um das Privatfahrzeug, welches nicht für Firmenzwecke angeschafft wurde). Mit Ausnahme einer Lenkberechtigung waren keine besonderen fachlichen Kenntnisse oder Fähigkeiten erforderlich.
Damit waren die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Z 3. u 4. AÜG hinsichtlich des Vorliegens einer Arbeitskräfteüberlassung erfüllt und somit auch der Beschäftigungsbegriff des § 2 Abs 2 lit e) AuslBG gegeben, weshalb die angelasteten Verwaltungsübertretungen als erwiesen anzusehen waren."
Unter Zugrundelegung dessen erachtete die belangte Behörde den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht als erwiesen und legte im Weiteren ihre Strafbemessungsgründe dar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, wozu er zusammengefasst vorbringt, dass zwischen der G-GmbH und der Firma S ein Werkvertrag bestanden habe und die drei Ausländer als selbständige Unternehmer für die Firma S als Erfüllungsgehilfen tätig geworden seien. Als Verfahrensmängel macht er geltend, die belangte Behörde hätte den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nicht vollständig ermittelt, sondern sich als Ergebnis einer unrichtigen Beweiswürdigung bloß auf eine Scheinbegründung gestützt.
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit. a), einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (lit. b) oder überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), BGBl. Nr. 196/1988 (lit. e) als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellt Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, dass typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob ein überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2009, Zl. 2009/09/0069, mwN).
Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2008, Zl. 2007/09/0306).
In den Fällen der Verwendung überlassener Arbeitskräfte ist gemäß § 2 Abs. 3 lit. c den Arbeitgebern gleichzuhalten auch der Beschäftiger der überlassenen Arbeitskräfte, das ist nach § 3 Abs. 3 AÜG derjenige, der Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt. Nach § 3 Abs. 4 leg. cit. sind Arbeitskräfte Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen. Arbeitnehmerähnlich sind Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbständig sind.
§ 4 AÜG lautet:
"(1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber
1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder
2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder
3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder
4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet."
Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchen die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. März 1995, Zl. 94/09/0097, und vom 18. November 1998, Zl. 96/09/0281) ist für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Wege einer Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des AÜG stattfindet, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Das Vorliegen einzelner, auch für das Vorliegen eines Werkvertrages sprechender Sachverhaltselemente ist in diesem Sinne nicht ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Interessenlage Gegenteiliges ergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1998, Zl. 97/09/0150). Bei Erfüllung auch nur eines der in § 4 Abs. 2 Z. 1 bis 4 genannten Tatbestandsmerkmale liegt jedenfalls dem wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werkunternehmer als Überlasser im Sinne des § 3 Abs. 2 AÜG (der insofern die überlassenen Arbeitskräfte mittelbar zur Arbeitsleistung an den Beschäftiger verpflichtet) an den Werkbesteller als Beschäftiger im Sinn des § 3 Abs. 3 AÜG vor. Es kann Arbeitskräfteüberlassung im Sinne von § 4 Abs. 2 AÜG insbesondere auch vorliegen, wenn keine organisatorische Eingliederung der Arbeitskräfte in den Betrieb des Werkbestellers besteht, stellt doch dieses Tatbestandsmerkmal (im Sinne der Z. 3 leg. cit.) nur eines von vier möglichen Merkmalen der Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte dar (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. Juli 1997, Zl. 95/09/0218, vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0131, und vom 22. Oktober 1996, Zl. 94/08/0178). Selbst im Fall zivilrechtlich als Werkvertrag einzustufender Vereinbarungen (und einer ihnen entsprechenden Vertragsabwicklung) zwischen Unternehmer und "Subunternehmer" liegt danach eine Arbeitskräfteüberlassung vor, wenn eine der Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG anwendbar ist. Einer Gesamtbeurteilung des Sachverhalts im Sinne des § 4 Abs. 1 AÜG bedarf es nur dann, wenn der Tatbestand keiner der vier Ziffern des § 4 Abs. 2 AÜG (in Verbindung mit dem Einleitungssatz dieser Bestimmung) zur Gänze erfüllt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. März 1998, Zl. 95/08/0345).
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Verfahrensrüge vorbringt, die Feststellung, dass es sich bei den von den Zustellern verwendeten Personenkraftwagen um Privatfahrzeuge gehandelt habe, die nicht für Firmenzwecke angeschafft worden seien, sei nicht mit dem abgeführten Verfahren in Einklang zu bringen, und er darin eine Aktenwidrigkeit erblickt, so übersieht er, dass sich aus den Verwaltungsakten ergibt, dass die im Rahmen von Kontrollen betretenen Ausländer bei diesen Pizzazustelltätigkeiten jeweils ihre Privat-PKWs verwendet haben und die jeweiligen Zulassungsscheine der Fahrzeuge im Akt einliegen.
Darüber hinaus bleiben in der Beschwerde die aus dem Akteninhalt und den Angaben des Disponenten H abgeleiteten Feststellungen zur Einbuchung in das Kassensystem der P-Filialen, telefonischen Erreichbarkeit und Verpflichtung bei der Filiale auf Aufträge zu warten, unbekämpft, wie auch insbesondere zur bestrittenen organisatorischen Eingliederung der Ausländer in den Betrieb der G-GmbH der Argumentation der belangten Behörde lediglich Behauptungen gegenübergestellt werden, ohne dass dargelegt würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig, d.h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, weil die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. April 2008, Zl. 2007/09/0300). Damit kann aber keine in diesem Sinne unschlüssige Beweiswürdigung aufgezeigt werden.
Ebensowenig kann damit die nachvollziehbare Argumentation der belangten Behörde erschüttert werden, wenn diese daraus ableitet, dass die Ausländer im Wesentlichen keine Möglichkeit hatten, eigene unternehmerische Entscheidungen hinsichtlich der von ihnen durchzuführenden Zustelltätigkeit zu treffen und ihre einzige Wahlmöglichkeit darin lag, die Fahrtstrecke zum Kunden zu bestimmen, und davon ausgehend eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb der G-GmbH bejaht.
Bei der gegenständlichen Tätigkeit der Ausländer (Pizzazustellungen) handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Tätigkeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der Hilfsarbeiter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies unter den gegebenen Umständen ohne Weiteres vorausgesetzt werden konnte (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129, mwN).
Angesichts der evidenten einfachen manuellen Tätigkeiten, die keine besonderen Qualifikationen - mit Ausnahme einer Lenkberechtigung für den Pkw - erforderten und in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlaubten, begegnet es daher auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von weiteren Erhebungen Abstand genommen und als Ergebnis ihrer nachvollziehbaren Bescheidbegründung, welcher einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof standhält (vgl. zu den Erfordernissen etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Juni 1995, Zl. 92/07/0184, und vom 25. Mai 2005, Zl. 2002/08/0106), das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit angenommen hat und den inkriminierten Tatbestand einer unzulässigen Verwendung überlassener Arbeitskräfte erfüllt sieht.
Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass die belangte Behörde keine Aufteilung des Tatvorwurfes in zwei Zeiträume bis 30. Juni 2011 (Fassung des § 3 AuslBG gemäß BGBl. I Nr. 99/2006) und ab 1. Juli 2011 (Fassung gemäß BGBl. I Nr. 25/2011) vorgenommen hat, zumal ab diesem Zeitpunkt anstatt der "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt" die "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" eingeführt wurde. Dadurch ist er aber nicht in Rechten verletzt, da sich weder die Strafdrohung geändert hat, noch von ihm behauptet wurde, dass einer der drei im Tatvorwurf genannten Ausländer ab 1. Juli 2011 bis Ende der Tatzeit über eine "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" bzw. ein anderes gültiges arbeitsmarktrechtliches Dokument verfügt hätte:
Grundgedanke der hg. Rechtsprechung zu § 44a Z 2 VStG ist es, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift so präzise zu sein hat, dass in Verbindung mit der Tatumschreibung nach § 44a Z 1 VStG eine eindeutige Zuordnung der vorgeworfenen Tat zu einem bestimmten Straftatbestand möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 2008, Zl. 2007/07/0063, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 12. September 2005, Zl. 2004/10/0152). Zu § 44a Z 3 VStG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass darunter jene Strafsanktionsnorm zu verstehen sei, welche jene Strafdrohung enthalte, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung finde. Selbst die Anwendung einer falschen Strafsanktionsnorm verletze den Bestraften dann nicht in subjektiven Rechten, wenn die Strafdrohung mit der richtigen ident sei (vgl. die Nachweise bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren II2, § 44a VStG E 502).
Gegen die Strafbemessung wurde vom Beschwerdeführer nichts vorgebracht; beim Verwaltungsgerichtshof sind keine Bedenken bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit entstanden.
Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 3. Oktober 2013
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2013090042.X00Im RIS seit
23.10.2013Zuletzt aktualisiert am
07.02.2019