TE Vfgh Erkenntnis 2013/9/13 B589/2013

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Veröffentlicht am 13.09.2013
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Index

95/06 Ziviltechniker

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
EMRK Art7
ZiviltechnikerG 1993 §17 Abs7 Z2
ZiviltechnikerkammerG 1993 §55 Abs1, §56 Abs1 Z1

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Architekten wegen Führung des Bundeswappens in einem Werbeauftritt auf seiner Website trotz ruhender Befugnis

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Disziplinarsenat 1 der Sektion Architekten des Disziplinarausschusses der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten (im Folgenden: Disziplinarausschuss) verhängte mit Erkenntnis vom 16. Oktober 2012 über den Beschwerdeführer auf Grund eines Verstoßes gegen §17 Abs7 Z2 Ziviltechnikergesetz 1993 – ZTG, BGBl 156/1994, in der Fassung BGBl I 58/2010 (im Folgenden: ZTG) und gegen Punkt 1.1. (Gebot der Ausübung der Befugnis unter Beachtung der einschlägigen Gesetze), 6.1. (Gebot der Beachtung der Grundsätze der Kollegialität gegenüber anderen Ziviltechnikern) und 11.1. (Verbot einer zur Täuschung geeigneten, verwechslungsfähigen sowie gegen den Geist der Kollegialität verstoßenden Werbung) der Standesregeln für Ziviltechniker gemäß §55 Abs1 iVm §56 Abs1 Z1 Ziviltechnikerkammergesetz 1993 – ZTKG, BGBl 157/1994, in der Fassung BGBl I 55/2011 (im Folgenden: ZTKG), die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises. Der Beschwerdeführer habe "zumindest seit 2009" bis zur Erlassung des Disziplinarerkenntnisses erster Instanz im Internet in einem Werbeauftritt der ** **** ***** ***** auf der Website www.*****.at das Bundeswappen geführt, obwohl die Befugnis des Beschwerdeführers als Architekt seit 12. Dezember 2008 ruhend gestellt gewesen sei.

2. Die dagegen erhobene Berufung wies die Berufungskommission in Disziplinarangelegenheiten bei der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (im Folgenden: Berufungskommission) mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. März 2013 im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass mit der zu Werbezwecken eingesetzten Internetseite des Beschwerdeführers das Anbieten von Ziviltechnikerleistungen erfolgt sei, wobei durch die Darstellung des Bundeswappens die Ziviltechnikereigenschaft des Beschwerdeführers betont worden sei. Diese Darstellung sei geeignet gewesen, die Öffentlichkeit hinsichtlich der Gleichstellung von Ziviltechnikern mit aufrechter und ruhender Befugnis zu täuschen und somit die Vertrauenswürdigkeit bei der "Führung von Ziviltechnikergeschäften" insgesamt zu gefährden. Auch die Kostenentscheidung sei nach Ansicht der Berufungskommission entgegen dem Berufungsvorbringen nicht "offenkundig willkürlich" erfolgt, sondern beruhe auf §74 ZTKG iVm dem XXII. Hauptstück der Strafprozessordnung 1975 in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung.

3. In der gegen diesen Bescheid gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B-VG und Art2 StGG und auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK sowie die Inanspruchnahme einer Strafbefugnis ohne gesetzliche Grundlage im Sinne des Art7 EMRK geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheid beantragt. Die belangte Behörde habe die "Grundsätze des Strafrechts" bzw. die Voraussetzungen für eine Bestrafung völlig außer Acht gelassen und somit objektiv Willkür geübt, indem sie auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers nicht eingegangen sei, wonach der Disziplinarausschuss mit Beschluss vom 18. Juni 2007 von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens in einem ähnlichen Fall der Verwendung des Bundeswappens durch den Beschwerdeführer abgesehen habe und das Verhalten des Beschwerdeführers daher exkulpiert sei. Darüber hinaus handelte die belangte Behörde nach Ansicht des Beschwerdeführers auch in Widerspruch zu Art6 EMRK, indem sie im angefochtenen Bescheid eine Junktimierung des inkriminierten Sachverhaltes, nämlich die Führung des Bundeswappens, mit der nicht im Disziplinarerkenntnis gegenständlichen Verwendung der Kurzbezeichnung "ZT" (ohne Hinweis auf die ruhende Befugnis) herstellte. Letztlich habe die belangte Behörde ihrem Disziplinarerkenntnis nicht einschlägige Bestimmungen der Standesregeln für Ziviltechniker zu Grunde gelegt und daher entgegen Art7 EMRK eine Strafbefugnis ohne gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen.

4. Die Berufungskommission sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab und übermittelte dem Verfassungsgerichtshof die Verwaltungsakten.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Kammern der Architekten und Ingenieurkonsulenten (Ziviltechnikerkammergesetz 1993 – ZTKG), BGBl 157/1994, in der Fassung BGBl I 55/2011, lauten:

"Disziplinarvergehen

§55. (1) Ziviltechniker begehen ein Disziplinarvergehen, wenn sie das Ansehen oder die Würde des Standes durch ihr Verhalten beeinträchtigen oder die Berufs- oder Standespflichten verletzen.

(2) Die Tatsache, daß dieselbe Handlung oder Unterlassung auch von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde zu ahnden ist, schließt die disziplinäre Verfolgung nicht aus.

(3) Die Organe der Kammern gemäß §1 Abs1, die von Disziplinarvergehen eines Ziviltechnikers Kenntnis erhalten, haben dies der Länderkammer, deren Mitglied der Ziviltechniker ist, mitzuteilen.

(4) Ein Ziviltechniker darf wegen eines Disziplinarvergehens nicht mehr verfolgt werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von jenem Zeitpunkt, ab dem der Disziplinarausschuß von einem Disziplinarvergehen Kenntnis erlangt hat, ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist; sind seit der Beendigung des Disziplinarvergehens zehn Jahre verstrichen, so darf ein Erkenntnis nicht mehr gefällt oder vollstreckt werden.

Disziplinarstrafen

§56. (1) Disziplinarstrafen sind:

1. der schriftliche Verweis;

2. Geldstrafen bis zur Höhe von 18 150 €;

3. Entzug des aktiven und passiven Wahlrechtes für Kammerwahlen bis zur Dauer von fünf Jahren;

4. der Verlust der Befugnis.

(2) Die Disziplinarstrafe gemäß Abs1 Z3 kann neben den Disziplinarstrafen gemäß Abs1 Z2 ausgesprochen werden.

(3) Bei Bestimmung der Disziplinarstrafe ist im einzelnen Fall auf die Schwere des Disziplinarvergehens und die daraus entstandenen Folgen sowie auf den Grad des Verschuldens und das bisherige Verhalten des Ziviltechnikers Rücksicht zu nehmen. Es ist ferner Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Ziviltechniker von der Begehung weiterer Disziplinarvergehen abzuhalten. Ferner sind Milderungsund Erschwernisgründe und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ziviltechnikers zu berücksichtigen.

Disziplinarausschüsse

§57. (1) Bei jeder Länderkammer ist ein Disziplinarausschuß einzurichten. Dieser erkennt in erster Instanz über Disziplinarvergehen.

(2) Der Disziplinarausschuß besteht aus einem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter, die beide rechtskundig sein müssen, und aus je vier Mitgliedern und einem Ersatzmitglied je Sektion. Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) werden von den Sektionsangehörigen gewählt.

(3) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden vom Kammervorstand bestellt.

(4) Der Disziplinarausschuß verhandelt und entscheidet in dreigliedrigen Senaten unter Leitung des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters. Vom Vorsitzenden sind für Dauer der Funktionsperiode für jede Sektion zwei Senate einzurichten, denen er zwei Angehörige der Sektion als Beisitzer zuzuteilen hat. Der Vorsitzende hat die Zuständigkeit der Senate festzulegen.

(5) Kann für eine Sektion kein Senat gebildet werden, der den Bestimmungen des Abs4 entspricht, hat der Vorsitzende den Fall einem anderen Senat zuzuweisen.

(6) Die Senate fassen ihre Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende gibt seine Stimme zuletzt ab.

(7) Die Mitglieder des Disziplinarausschusses sind in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

Berufungskommission in Disziplinarangelegenheiten

§58. (1) Über Berufungen gegen Entscheidungen eines Disziplinarausschusses erkennt in zweiter und letzter Instanz die Berufungskommission in Disziplinarangelegenheiten.

(2) Die Berufungskommission besteht aus einem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter, die beide Richter des Aktivstandes sein müssen, und aus zwölf Beisitzern. Der Vorsitzende und sein Stellvertreter sind vom Vorstand der Bundeskammer zu bestellen. Die Beisitzer sind vom Kammertag aus den Reihen der aktiv wahlberechtigten Mitglieder der Länderkammern, die ihre Befugnis ausüben, zu wählen. Sie dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder eines Disziplinarausschusses sein.

(3) Die Berufungskommission verhandelt und entscheidet in fünfgliedrigen Senaten unter dem Vorsitz des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters. Die vier weiteren Mitglieder jedes Senates sind vom Vorsitzenden für die Dauer der Funktionsperiode in fortlaufender alphabetischer Reihenfolge aus der Liste der Beisitzer in der Weise zu bestimmen, daß mindestens zwei Mitglieder des Senates der Befugnisgruppe (Architekten, Ingenieurkonsulenten) des Beschuldigten angehören.

(4) Die fünfgliedrigen Senate fassen ihre Beschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit. Der Vorsitzende gibt seine Stimme zuletzt ab.

(5) Die Mitglieder der Berufungskommission sind in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden. Die Erkenntnisse der Berufungskommission unterliegen nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungswege."

2. Die besonders relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über Ziviltechniker (Ziviltechnikergesetzes 1993 – ZTG), BGBl 156/1994, in der Fassung BGBl  I 58/2010, lauten:

"§4. (1) Ziviltechniker sind, sofern bundesgesetzlich nicht eine besondere Berechtigung gefordert wird, auf dem gesamten, von ihrer Befugnis umfassten Fachgebiet zur Erbringung von planenden, prüfenden, überwachenden, beratenden, koordinierenden, mediativen und treuhänderischen Leistungen, insbesondere zur Vornahme von Messungen, zur Erstellung von Gutachten, zur berufsmäßigen Vertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts, zur organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Projekten, ferner zur Übernahme von Gesamtplanungsaufträgen, sofern wichtige Teile der Arbeiten dem Fachgebiet des Ziviltechnikers zukommen, berechtigt.

(2) - (5) […]

[…]

Erlöschen, Aberkennung und Ruhen der Befugnis

§17. (1) - (6) […]

(7) Während des Ruhens der Befugnis sind Ziviltechniker nicht berechtigt:

1. öffentliche Urkunden (§4 Abs3) zu errichten oder

2. Ziviltechnikerleistungen (§4 Abs1 und 2) zu erbringen oder anzubieten.

(8) - (10) […]"

3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, mit der die Standesregeln festgesetzt werden, in der Fassung der 114. Verordnung mit den Änderungen der 124., 142., 187., 194. und 203. Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (Standesregeln der Ziviltechniker), kundgemacht auf der Internetseite der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, lauten:

"1. Allgemeine Pflichten

1.1. Der Ziviltechniker hat die ihm verliehene Befugnis unter Beachtung der einschlägigen Gesetze gewissenhaft auszuüben. Er hat sich innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens der Öffentlichkeit gegenüber seinem Stand würdig zu erweisen.

[…]

6. Verhalten gegenüber Kollegen

6.1. Der Ziviltechniker hat gegenüber anderen Ziviltechnikern die Grundsätze der Kollegialität zu beachten.

[…]

11. Werbung

11.1. Der Ziviltechniker muss bei jeder Werbung stets die für ihn zutreffende Befugnisbezeichnung verwenden. Verboten ist eine zur Täuschung geeignete, verwechslungsfähige, herabsetzende sowie eine gegen den Geist der Kollegialität verstoßende Werbung.

[…]"

III. Erwägungen

1. Die in der – zulässigen – Beschwerde vorgebrachten Bedenken ob der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte erweisen sich aus folgenden Gründen als nicht stichhaltig:

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

2.1. Dem Bedenken, der angefochtene Bescheid würde in Widerspruch zu Art7 B-VG und Art2 StGG stehen, weil die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auf das Berufungsvorbringen, wonach das inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers – unter Hinweis auf den Beschluss des Disziplinarausschusses vom 18. Juni 2007 – exkulpiert wäre, eingegangen sei und somit das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Bestrafung völlig außer Acht gelassen und objektiv Willkür geübt habe, ist nicht beizutreten.

Der vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren ins Treffen geführte Beschluss des Disziplinarausschusses vom 18. Juni 2007, mit dem von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen des Vorwurfs, der Beschwerdeführer habe trotz ruhender Befugnis bei einem Einreichplan am 9. Mai 2005 das Bundeswappen verwendet, abgesehen wurde, bezog sich auf einen Zeitpunkt, zu dem das Führen des Bundeswappens trotz ruhender Befugnis nicht in der nunmehrigen Form untersagt war. §17 Abs7 Z2 ZTG wurde mit der Novelle BGBl I 137/2005 in das Ziviltechnikergesetz 1993 eingefügt und ist seit 19. November 2005 geltendes Recht.

2.2. Der angefochtene Bescheid weist keine in die Verfassungssphäre reichenden Mängel auf. Es kann der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer bei Verwendung des Bundeswappens im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit eines Ziviltechnikers trotz ruhender Befugnis (arg. "zumindest seit 2009") gegen §17 Abs7 Z2 ZTG und gegen Punkt 1.1., 6.1. und 11.1. der Standesregeln für Ziviltechniker verstieß, und daher gemäß §55 Abs1 iVm §56 Abs1 Z1 ZTKG über den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängte. Zum inkriminierten Verhalten des Beschwerdeführers nahm die belangte Behörde denkmöglich an, es handle sich um ein gesetzlich untersagtes Verhalten des Beschwerdeführers.

2.3. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren in einer aus verfassungsrechtlicher Sicht unangreifbaren Weise auseinandergesetzt. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht erkennen, dass die belangte Behörde der Pflicht zur Begründung ihrer Entscheidung (vgl. VfSlg 18.614/2008) in einer verfassungsrechtlich zu beanstandenden Weise nicht nachgekommen ist.

3. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verletzung im Recht auf ein faires Verfahrens gemäß Art6 EMRK haben sich im verfassungsgerichtlichen Verfahren keine Hinweise für die vom Beschwerdeführer behauptete "Junktimierung des inkriminierten Sachverhalts" (Anbringen des Bundeswappens) mit dem Anbringen der Kurzbezeichnung "ZT" ergeben. Weder im erstinstanzlichen noch im Berufungsverfahren wurde über die Verwendung der Kurzbezeichnung "ZT" abgesprochen. Der belangten Behörde ist daher kein Verstoß gegen Art6 EMRK in der von der Beschwerde relevierten Form denkmöglich zu unterstellen.

4. Auch das Vorbringen, die belangte Behörde habe eine Strafbefugnis ohne gesetzliche Grundlage in Anspruch genommen und somit gegen Art7 EMRK verstoßen, weil im vorliegenden Fall das Führen des Bundeswappens keinen Straftatbestand darstelle, geht ins Leere. Aus §17 Abs7 Z2 ZTG ergibt sich, dass Ziviltechniker während des Ruhens der Befugnis nicht berechtigt sind, Ziviltechnikerleistungen zu erbringen oder anzubieten. Die belangte Behörde nahm denkmöglich an, der Beschwerdeführer habe durch die ihm zur Last gelegten Handlungen gegen die Berufs- oder Standespflichten gemäß §55 Abs1 ZTKG iVm den Punkten 1.1., 6.1. und 11.1. der Standesregeln der Ziviltechniker verstoßen, weil er gesetzliche Bestimmungen (§17 Abs7 Z2 ZTG) nicht beachtet hat.

5. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde – wie im vorliegenden Fall – gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1.1. Die behauptete Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten hat sohin nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes oder einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Ziviltechniker Kammer, Disziplinarrecht, fair trial, Klarheitsgebot

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2013:B589.2013

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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