Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §87;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der C Ges.m.b.H. in I, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 27. Jänner 2000, Zl. IIa-53.005/1-00, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender maßgebender Sachverhalt:
Das an die Beschwerdeführerin gerichtete Schreiben des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 12. Februar 1998 hat (auszugsweise) folgenden Inhalt:
"...
Da Ihr handelsrechtlicher Geschäftsführer Herr W auf Grund diverser schwer wiegender Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz die Zuverlässigkeit im Sinne der Gewerbeordnung nicht mehr besitzt, werden Sie aufgefordert, Herrn W binnen längstens 4 Wochen ab Erhalt dieser Zuschrift als handelsrechtlichen Geschäftsführer ihrer Gesellschaft abzuberufen. Im Falle eines fruchtlosen Ablaufes obiger Frist müssten ihre obgenannten Gewerbeberechtigungen entzogen werden.
Es steht Ihnen frei hiezu binnen längstens 14 Tagen ab Erhalt dieser Zuschrift eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
..."
Im Schreiben des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck
vom 13. Oktober 1999 heißt es (auszugsweise):
"...
Es wird Ihnen deshalb hiemit eine Frist von 6 Wochen ab Erhalt dieser Zuschrift zur Entfernung des Herrn W aus einer ihm maßgebenden Einfluss auf den Betrieb der Geschäftes ihres Unternehmens sichernden Stellung eingeräumt. Im Falle eines fruchtlosen Ablaufes dieser Frist müsste das Entzugsverfahren eingeleitet werden.
Es steht Ihnen frei, innerhalb oe. Frist hiezu Stellung und während der Amtsstunden in die ha. Aktenunterlagen Einsicht zu nehmen.
..."
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Handelsgewerbes beschränkt auf Fliesen- und Klinkerplatten sowie die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes Platten- und Fliesenleger im näher bezeichneten Standort gemäß § 91 Abs. 2 und § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., es seien gegen W vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck 11 Straferkenntnisse wegen Verstoßes gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (bzw. einmal gegen das Arbeitnehmerschutzgesetz) ergangen, die mit Ausnahme zweier Bescheide, die sofort rechtskräftig geworden seien, durch Berufungserkenntnisse des Unabhängigen Verwaltungssenates für Tirol bestätigt worden seien. Die Vielzahl der Übertretungen sei von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt worden, es sei jedoch eingewandt worden, dass seit über eineinhalb Jahren gegen W keine Vorwürfe mehr erhoben worden seien. Dieser Einwand sei durch ein nunmehr anhängiges (weiteres) Strafverfahren in Zweifel zu ziehen. Das ins Treffen geführte Wohlverhalten während eines als kurz anzusehenden Zeitraumes vermöge aber darüber hinaus an dem von der Behörde über W gewonnenen Persönlichkeitsbild nichts zu ändern. Eine allenfalls nach Ablauf der Frist erfolgte Entsprechung des behördlichen Auftrages vermöge an der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 2 nichts zu ändern. Die Beschwerdeführerin sei mit Schreiben vom 13. Oktober 1999, zugestellt am 15. Oktober 1999, aufgefordert worden, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Erhalt dieses Schreibens W aus seiner Funktion als "Maßgebler" der beschwerdeführenden Gesellschaft zu entfernen. Der Geschäftsführerwechsel mit 31. Dezember 1999 sei somit verspätet erfolgt. Eine Fristerstreckung sei nie beantragt worden; ebenso wenig sei geltend gemacht worden, dass die Erfüllung des behördlichen Auftrages innerhalb dieser Frist nicht möglich sei.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 14. Juni 2000, B 608/00-3, ab; antragsgemäß wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Wesentlichen vor, die Behörden erster und zweiter Instanz seien von der irrigen Meinung ausgegangen, dass eine Zuverlässigkeit des nunmehr bereits abberufenen handelsrechtlichen Geschäftsführers nicht gegeben sei. Das positive Verhalten des handelsrechtlichen Geschäftsführers nach der erfolgten Bestrafung zur Beurteilung der (Un)zuverlässigkeit sei nicht herangezogen worden. Der Beschwerdeführerin sei mit Schreiben vom 12. Februar 1998 angedroht worden, dass ihr die Gewerbeberechtigungen entzogen würden, wenn sie binnen längstens vier Wochen den handelsrechtlichen Geschäftsführer nicht abberufe. Trotz Einräumung der vierwöchigen Frist sei der Beschwerdeführerin ebenso das Recht zugestanden, binnen längstens 14 Tagen ab Erhalt der Zuschrift eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Diese schriftliche Stellungnahme sei fristgerecht mit 26. Februar 1998 erfolgt. Nach der Argumentationslinie bzw. Begründung des angefochtenen Bescheides seien die gegenständlichen Gewerbeberechtigungen deshalb entzogen worden, weil die Beschwerdeführerin innerhalb der ihr zugestandenen Frist den handelsrechtlichen Geschäftsführer aus seiner Funktion als "Maßgebler" nicht entfernt habe. Dieser Argumentation könne jedoch in keiner Weise gefolgt werden. Es stehe eindeutig fest, dass die Behörde erster Instanz entgegen ihrer Androhung sowie ihrer "Pflicht" in ihrem Schreiben vom 12. Februar 1998 nicht das Verfahren des Entzugs der Gewerbeberechtigung eingeleitet habe. Die Behörde erster Instanz habe in diesem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführerin das Recht zustehe, binnen längstens 14 Tagen ab Erhalt eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Die belangte Behörde übersehe nunmehr in ihrer Argumentation, sofern es tatsächlich eine Verpflichtung der Behörde sei, die Gewerbeberechtigung bei Nichteinhaltung einer Frist zu entziehen, dass die Behörde entgegen ihrer angeblichen Verpflichtung trotz ihrer Androhung in ihrem Schreiben vom 12. Februar 1998 dies nicht durchgeführt habe, sondern der Beschwerdeführerin ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt habe, eine Stellungnahme innerhalb einer Frist abzugeben. Diese Möglichkeit der Einräumung einer Stellungnahme werde nunmehr der Beschwerdeführerin auch im Schreiben der Behörde vom 13. Oktober 1999 eingeräumt. Dieser Aufforderung sei die Beschwerdeführerin wiederum fristgerecht nachgekommen. Trotz der bereits im Schreiben vom 12. Februar 1998 getätigten Androhung "entsprechend ihrer 'Pflicht' der Einleitung des Entzuges der Gewerbeberechtigungen wurde dies seitens der Behörde in I. Instanz nicht durchgeführt". Dies deshalb, da ja die Beschwerdeführerin gerade dem Hinweis des Rechtes zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme nachgekommen sei.
Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, dass der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, und im Falle, dass der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.
Nach § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Nach dem Schlusssatz des § 87 Abs. 1 sind Schutzinteressen gemäß Z. 3 insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung.
Soweit die Beschwerdeführerin zunächst vorbringt, die Behörden hätten sich nicht mit dem Persönlichkeitsbild des ehemaligen handelsrechtlichen Geschäftsführers auseinander gesetzt, so verkennt sie - ebenso wie die belangte Behörde -, dass es bei der Prüfung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes bedarf, weil nach der Regelung dieser Gesetzesstelle sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als zwingende Rechtsvermutung aus den dort genannten schwer wiegenden Verstößen ergibt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0127, und die dort zitierte Vorjudikatur). Derart geht auch die diesbezügliche Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin ins Leere.
Der Regelung des § 91 Abs. 2 GewO 1994 wohnt insofern ein zweifacher normativer Gehalt inne, als damit einerseits (materiell-rechtlich) ausgesprochen wird, dass Gewerbetreibenden, die eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes sind, die Gewerbeberechtigung zu entziehen ist, wenn sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen. Andererseits enthält diese Bestimmung eine Regelung des Verfahrens der Gestalt, dass vor Entziehung der Gewerbeberechtigung der betreffende Gewerbetreibende unter Setzung einer Frist aufzufordern ist, jene Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht und auf die sich der fragliche, im § 87 GewO 1994 angeführte Entziehungsgrund bezieht, zu entfernen, um so die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vermeiden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Februar 2000, Zl. 99/04/0227). Wenn derart die Aufforderung im Grunde des § 91 Abs. 2 GewO 1994 der Gewerbeentziehung nach dieser Gesetzesstelle voranzugehen hat und insofern eine Voraussetzung für diese darstellt, so folgt daraus, dass die Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist die betreffende Person zu entziehen, um so die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vermeiden, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden muss. Dies ist auch, entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin, sowohl in der Aufforderung vom 12. Februar 1998 als auch in jener vom 13. Oktober 1999 geschehen. Wenn es die Behörde (jeweils) der Beschwerdeführerin auch frei stellt ("es steht Ihnen frei"), eine schriftliche Stellungnahme abzugeben (bzw. innerhalb der Frist hiezu "Stellung und während der Amtsstunden in die Aktenunterlagen Einsicht zu nehmen"), so ändert dies nichts an der unmissverständlichen Aufforderung zur Entfernung der in Frage stehenden Person. Aus der Formulierung "es steht Ihnen frei" kann nicht darauf geschlossen werden, was der Beschwerdeführerin offenkundig vorschwebt, die Aufforderung sei insoweit alternativ gestaltet worden, als der Beschwerdeführerin die Möglichkeit eingeräumt worden sei, entweder die in Frage stehende Person innerhalb der gesetzten Frist zu entfernen oder eine Stellungnahme abzugeben (bzw. "Stellung und während der Amtsstunden in die Aktenunterlagen Einsicht zu nehmen"). Der objektive Wortlaut lässt es vielmehr nicht zu, beide Elemente - Aufforderung zur Entfernung einerseits und Einräumung der Möglichkeit zur Stellungnahme andererseits - als Einheit anzusehen, wie dies etwa bei der Verwendung von Worten wie "oder" bzw. "allenfalls" der Fall gewesen wäre. Dass die Beschwerdeführerin (jeweils) innerhalb der gesetzten Frist eine Stellungnahme abgegeben hat, ändert daher nichts daran, dass sie der Verfahrensanordnung auf Entfernung der in Frage stehenden Person innerhalb der gesetzten Frist nicht nachgekommen ist.
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag auch nicht darin gesehen werden, dass die Behörde entgegen ihrer Androhung in ihrem Schreiben vom 12. Februar 1998 nicht das Verfahren des Entzugs der Gewerbeberechtigungen eingeleitet habe. Wie bereits gesagt, hat die Aufforderung im Grunde des § 91 Abs. 2 GewO 1994 der Gewerbeentziehung nach dieser Gesetzesstelle voranzugehen und stellt insofern eine Voraussetzung für diese dar; das Gesetz bietet aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Entziehung der Gewerbeberechtigung nur innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nach Ablauf der in der Aufforderung gesetzten Frist erfolgen dürfte.
Im Beschwerdefall kann es auch nicht entscheidend sein, dass mit Schreiben vom 13. Oktober 1999 neuerlich eine Aufforderung im Grunde des § 91 Abs. 2 GewO 1994 an die Beschwerdeführerin erging, weil jedenfalls auch innerhalb der in dieser Aufforderung gesetzten Frist die natürliche Person mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte vom Gewerbetreibenden nicht entfernt wurde.
Da somit bereits schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 8. November 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000040132.X00Im RIS seit
01.06.2001