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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §696;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S AG in S, vertreten durch DHT Dr. Hock Treuhand und Wirtschaftsberatungs-Ges.m.b.H., Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs Gesellschaft in Wien II, Praterstraße 23, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 22. Juni 1999, GZ RV 266.97/1-9/97, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich die Kopie eines Werbeprospekts des beschwerdeführenden Handelsunternehmens bzw der von der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einkaufsorganisation belieferten Unternehmen. Unter dem Titel "Kinder machen Werbung mit S" enthielt dieser Prospekt - der im Übrigen zahlreiche Kaufangebote beinhaltete - die folgende Aufforderung:
"Mach mit und gestalte:
Was immer Dir zu S oder zur S-Werbung einfällt, gib' es im S-Geschäft ab:
* Anzeigen * Plakate * Zeichnungen
* Radiospots auf Kassette
* Drehbücher für das S-TV
* Fernsehspots auf Videokassette.
Du gewinnst sofort eine von 130.000 hohes C 0,2 Liter!"
In verkleinerter Schrift war auf dem Prospekt folgender Hinweis angebracht:
Mit der Teilnahme am Gewinnspiel stimmen der Teilnehmer und sein gesetzlicher Vertreter einer etwaigen kostenlosen Veröffentlichung der abgetretenen Werbeideen zu."
Nach dem weiteren Inhalt des Prospekts wurden als 1. Preise 6 x eine Reise ins Eurodisney nach Paris mit erwachsener Begleitung im Werte von je S 20.000,--, als 2. Preise 12 x ein Mountainbike im Wert von je S 10.000,-- und als 3. Preise 18 x eine Inlineskater-Ausrüstung im Wert von je S 5.000,-- ausgelobt.
Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg vom 11. Juli 1997 wurden der Beschwerdeführerin vom genannten Gewinnspiel Schenkungssteuer in Höhe von insgesamt S 44.050,-- vorgeschrieben.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, es lägen keine Schenkungen vor, weil die an der Aktion teilnehmenden Kinder eine Gegenleistung in Form von werblich verwertbaren Zeichnungen, Texten und Ähnlichem geliefert hätten. Im Zuge der Aktion sei in jeder der sechs Zweigniederlassungen je eine Jury gebildet worden, die die besten Werke ausgesucht und die Preise zugeteilt hätte. Die angegebenen Beträge hätten den Ladenverkaufspreisen der Sachleistungen entsprochen, die aber von den Empfängern bei einem Weiterverkauf nicht erzielt hätten werden können. Es sei auf Inserate in verschiedenen Anzeigenblättern zu verweisen, in denen von Privaten fabriksneue Sachen immer unter dem Ladenverkaufspreis angeboten würden. Ein Weiterverkauf werde in der Regel nur mit einem Abschlag von 25 % gelingen.
Nach einer die Berufung als unbegründet abweisenden Berufungsvorentscheidung brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz ein. In dieser Eingabe wurde ausgeführt, bei der Aktion "Kinder machen Werbung mit S" habe es sich nicht um ein Preisausschreiben oder Gewinnspiel in dem Sinn gehandelt, dass ein Los oder ein Zufallsgenerator über den Preis entscheidet; vielmehr seien im Rahmen eines Wettbewerbs echte Leistungen von den Teilnehmern erbracht worden, an denen die Beschwerdeführerin ein konkretes Interesse einer werblichen Verwertung habe. Erwartet sei eine Gegenleistung in Form von Werbeideen worden, die etwa als ein Sujet für Plakate, für ein Drehbuch eines Fernsehspots oder einen Text für einen Rundfunkspot verwertet werden können. Die Auswahl der kreativen Werke sei durch regionale Jurys erfolgt, in welcher auch von der Beschwerdeführerin unabhängige, einschlägig erfahrene Juroren vertreten gewesen seien. Es seien einander daher Leistung und Gegenleistung gegenübergestanden. Auf Grund eines Vergleiches mit den üblichen Preisen von Werbeagenturen sei es ausgeschlossen, dass im gegenständlichen Fall ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegen würde. Zur Höhe der Bemessungsgrundlage wurde ausgeführt, bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer solle der objektive, im gewöhnlichen "nicht-kommerziellen" Geschäftsverkehr erzielbare Preis erfasst werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, die Gewinner des Wettbewerbs seien nicht durch das Los, sondern durch Jurys ausgewählt worden. Die Gegenleistung der Teilnehmer hatten darin bestanden, originelle Werbeideen in Form von Zeichnungen, Texten etc zu liefern. Ein solches Gewinnspiel sei aber mit Quiz-Sendungen zu vergleichen. Auch dort würden Jurys über die Richtigkeit der Antworten auf Quiz-Fragen entscheiden, zu deren Lösung die Spieler ihr Allgemeinwissen einsetzen, "vergleichbar den Kindern, die ihre Phantasie zur potentiellen werblichen Verwertung zur Verfügung stellen." Dass die Veranstaltung dieses Spiels für die Beschwerdeführerin auch werbliche Nebeneffekte habe und somit von wirtschaftlicher und unternehmenspolitischer Relevanz sei, könne "unbenommen bleiben". Anders als im Falle von Architektenwettbewerben könnten die gegenständlichen Gewinne nicht als echte Leistungslöhne qualifiziert werden. Die Preise im Wert von S 5.000,-- bis S 20.000,-- stünden in keinem äquivalenten Verhältnis zu den Leistungen der Kinder. Diese Leistungen seien hinsichtlich ihrer unmittelbaren Verwertbarkeit nicht mit Arbeiten einer Werbeagentur vergleichbar, wo "eine zündende Idee für deren endgültige Umsetzung noch vieler einzelner kostenverursachender Schritte" bedürfe. Der auf dem Prospekt angeführte Beisatz, wonach der Teilnehmer und sein gesetzlicher Vertreter mit der Teilnahme am Gewinnspiel einer etwaigen kostenlosen Veröffentlichung der abgegebenen Werbeideen zustimmten, zeige, dass die Beschwerdeführerin selbst den "Werken" der Kinder keinen Gegenleistungscharakter beimesse.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin insbesondere in ihrem Recht auf Schenkungssteuerfreiheit ihrer Aktion "Kinder machen Werbung mit S" verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine freigebige Zuwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG vor, wenn die Zuwendung unter Lebenden erfolgt, der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern, das heißt diesem unentgeltlich etwas zuzuwenden. Eine freigebige Zuwendung liegt dabei nur dann vor, wenn es auf eine (Gegen)Leistung des bereicherten Teiles nicht ankommt (vgl zuletzt das hg Erkenntnis vom 27. April 2000, Zl 99/16/0249).
Preisausschreiben führen dabei zu freigebigen Zuwendungen, wenn es dem Veranstalter auf die Leistung des Teilnehmers nicht ankommt. So unterliegen Preisausschreiben für die richtige Auflösung von Rätseln, bei denen die Gewinner durch das Los ermittelt werden, der Schenkungssteuer. Hingegen ist ein aus einem Wettbewerb erlangter Preis ein echter Leistungslohn. Bei einem solchen Wettbewerb werden die Gewinner zum Unterschied von einem Preisausschreiben aus der Summe der eingesandten Lösungen nicht mittels des Loses, sondern nach der Qualität der Leistung ermittelt (vgl Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, § 3 Rz 43 und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).
Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde selbst davon ausgegangen, dass die Gegenleistung der an dem in Rede stehenden Wettbewerb teilnehmenden Kinder in der Lieferung von Werbeideen bestanden hat. Soweit die Behörde aber meint, der vorliegende Sachverhalt sei mit Quiz-Spielen zu vergleichen, bei denen eine Jury über die Richtigkeit der gegebenen Antworten entscheidet, so ist diese Folgerung nicht nachzuvollziehen. Eine Werbeidee stellt vielmehr zweifellos ein (immaterielles) Gut dar, dem im wirtschaftlichen Verkehr ein entsprechender Wert zukommen kann. Auf das Alter desjenigen, der über eine solche Idee verfügt, hat es dabei - wovon die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgehen - nicht anzukommen. Die Teilnehmer an dem Wettbewerb haben dabei gegenüber der Beschwerdeführerin "der kostenlosen Veröffentlichung der abgetretenen Werbeidee" zugestimmt, welcher Umstand eine Bedingung der Auslobung darstellte. Dass die belangte Behörde aus dieser Bedingung den gegenteiligen Schluss gezogen hat, dass nämlich den Arbeiten der Teilnehmer kein "Gegenleistungscharakter" (gemeint wohl: kein im wirtschaftlichen Verkehr erzielbarer Wert) beizumessen gewesen sei, ist nicht verständlich.
Im Hinblick auf den aus der Auslobung erkennbaren Umstand, dass die von den jeweiligen Teilnehmern eingesandten Arbeiten mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel an die Beschwerdeführerin (zur allfälligen wirtschaftlichen Verwertung) abgetreten worden sind, ist aber ersichtlich, dass es sich bei den gegenständlichen Zuwendungen um ein Entgelt für eine erbrachte Leistung und nicht um eine freigebige Zuwendung gehandelt hat.
Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid hervorhebt, dass die Umsetzung der von den Teilnehmern eingesandten Werbeideen zu ihrer wirtschaftlichen Verwertung noch vieler "kostenverursachender Schritte" bedürfte, so steht dies der Annahme einer im wirtschaftlichen Verkehr bewertbaren Sache nicht entgegen, zumal kein Zweifel besteht, dass einer "Werbeidee" auch und gerade vor ihrer Umsetzung in das jeweils in Betracht kommende Medium ein mehr oder minder großer Wert zukommen kann. Für die Beurteilung als eine bewertbare immaterielle Sache kommt es dabei entgegen der Auffassung der in diesem Zusammenhang auf Architektenwettbewerbe verweisenden belangten Behörde nicht auf spezifisches Fachwissen oder einen "personellen, aber auch unternehmerischen Einsatz" an.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 9. November 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999160250.X00Im RIS seit
26.02.2001Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013