Index
000;Norm
AbgÄG 2005;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):2011/15/0119 E 19. September 2013Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des MH in Z, vertreten durch Dr. Albert Feichtner, Dr. Anneliese Lindorfer und Mag. Dr. Bernhard Feichtner, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Josef-Pirchl-Straße 9, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 21. September 2011, Zl. RV/0293-S/10, betreffend Einkommensteuer 2007, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Über das Vermögen des seinerzeitigen Arbeitgebers des Beschwerdeführers wurde am 8. November 2007 der Konkurs eröffnet. Nach der am 18. Dezember 2007 erfolgten Betriebsschließung wurde das Dienstverhältnis zum 21. Dezember 2007 aufgelöst, indem der Beschwerdeführer seinen Austritt erklärte (§ 25 Abs. 1 KO bzw. IO).
Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2008 von der IAF-Service GmbH bzw. der IEF-Service GmbH ausbezahltes "Insolvenz-Ausfallgeld" bzw. (ab Juli 2008) "Insolvenz-Entgelt" (im Folgenden: Insolvenz-Ausfallgeld). Dabei handelte es sich einerseits um eine "unbedingte" Kündigungsentschädigung für den Zeitraum von 22. Dezember 2007 bis 21. März 2008 (Bescheid der IAF-Service GmbH vom 25. April 2008), andererseits um eine "bedingte" Kündigungsentschädigung für den Zeitraum von 22. März 2008 bis 30. Juni 2008 sowie eine Urlaubsersatzleistung für 75 Arbeitstage (Bescheid IEF-Service GmbH vom 30. Juli 2008).
Das Finanzamt erfasste die genannten Bezüge im Einkommensteuerbescheid 2007.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er wandte sich dagegen, dass das im Jahr 2008 ausbezahlte Insolvenz-Ausfallgeld nicht im Jahr des Zuflusses, sondern bereits für das Jahr 2007 versteuert wurde. Dies führe für ihn zu einem deutlichen Progressionsnachteil. Kündigungsentschädigungen seien gemäß § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 im Kalendermonat der Zahlung zur Besteuerung zu erfassen, somit erst in der Veranlagung 2008. Das Zuflussprinzip werde durch § 19 EStG 1988 idF AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, nicht grundsätzlich abgeschafft. Es sei lediglich ein Sondertatbestand zur Progressionsentschärfung eingeführt worden. Im Jahr 2007 habe noch kein Anspruch auf Auszahlung der Kündigungsentschädigung bestanden. Er beantrage daher das Ausscheiden der Bezüge aus dem Einkommen des Jahres 2007.
In der mündlichen Berufungsverhandlung stellte der Beschwerdeführer die Besteuerung des den Zeitraum 22. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007 betreffende Teils der Kündigungsentschädigung außer Streit. Er brachte vor, der Rest ("unbedingte" und "bedingte" Kündigungsentschädigung für den Zeitraum vom 1. Jänner 2008 bis zum 30. Juni 2008 und die gesamte Urlaubsersatzleistung) sei erst 2008 zu versteuern. Er habe seine Berufstätigkeit ab Februar 2008 fortgesetzt. Die vom neuen Arbeitgeber (Nachfolger des insolventen Arbeitgebers) gezahlten Aktivbezüge habe das Finanzamt richtigerweise für das Jahr 2008 erfasst. Es könne nicht der Rechtslage entsprechen, dass die Bezugsaufzahlung ("bedingte" Kündigungsentschädigung nach Ablauf von drei Monaten ab Austritt und somit ab 22. März 2008) in das Vorjahr 2007 verlegt werde. Damit würden der neue Aktivbezug und die von diesem abhängige Zuzahlung von Insolvenz-Ausfallgeld in verschiedenen Veranlagungsjahren erfasst.
Ab dem Jahr 2006 sei die für Pensionen bestehende Sonderregelung des § 19 EStG 1988 auf von einer Insolvenz betroffene Personen ausgeweitet worden. Bei der Besteuerung der Pensionisten sei es immer schon klar gewesen, dass Nachzahlungen für ein bestimmtes Jahr diesem Jahr zuzuordnen seien, während Nachzahlungen für das Folgejahr erst in jenem Jahr zu erfassen seien. Nach den Gesetzesmaterialien zur Novellierung des § 19 EStG 1988 im Jahr 2005 habe der Gesetzgeber die Gleichmäßigkeit der Besteuerung erreichen wollen, nicht aber eine gekünstelte Zusammenballung mit Progressionsnachteil für die von einer Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Nachzahlungen von Insolvenz-Ausfallgeld seien gemäß § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Kalenderjahr als Einkünfte zu erfassen, für das der Anspruch bestehe.
Der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld komme nach § 1 Abs. 1 IESG einem Arbeitnehmer für die nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche zu, wenn über das Vermögen des Arbeitgebers im Inland der Konkurs eröffnet werde. Gesichert seien aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Das seien insbesondere Ansprüche auf laufendes Entgelt und auf Entgelt aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zu den Entgelten aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehörten auch die Kündigungsentschädigung und die Urlaubsentschädigung.
Im Konkurs könne der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nach § 25 Abs. 1 KO bzw. IO durch vorzeitigen Austritt (Konkurseröffnung als wichtiger Grund) beenden. In diesem Fall könne der Arbeitnehmer gemäß Abs. 2 leg. cit. den Ersatz des verursachten Schadens als Konkursforderung verlangen.
Im Fall eines gerechtfertigten Austritts nach § 25 KO bzw. IO sei § 29 AngG anzuwenden (Hinweis auf OGH 21. Mai 2007, 8 ObS 15/07z). Aus dieser Regelung ergebe sich: Soweit der Zeitraum der Kündigungsentschädigung drei Monate nicht übersteige, könne der Angestellte das gesamte für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug sofort und uneingeschränkt fordern ("unbedingte" Kündigungsentschädigung). Für den Zeitraum nach Ablauf von drei Monaten bestehe Anspruch auf Kündigungsentschädigung unter Einrechnung dessen, was sich der Dienstnehmer infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder was er durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt habe ("bedingte" Kündigungsentschädigung), wobei er die entsprechenden Beträge zur vereinbarten oder gesetzlichen Zeit fordern könne. Auch für diese, den Zeitraum von drei Monaten übersteigende Kündigungsentschädigung nach § 29 Abs. 1 und 2 AngG trete im Konkurs trotz des Umstandes, dass ihre (endgültige) Bezifferung wegen der ungewissen zukünftigen Entwicklung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitnehmers noch gar nicht möglich sei, die Fälligkeit gemäß § 14 Abs. 2 KO bzw. IO und § 3 Abs. 1 IESG sofort mit dem (arbeitsrechtlichen) Ende des Dienstverhältnisses ein.
Es ergebe sich somit, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Insolvenz-Ausfallgeld zum Zeitpunkt seiner Austrittserklärung und somit bei Beendigung des Dienstverhältnisses (21. Dezember 2007) begründet worden sei. Ab diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer u.a. einen (fälligen) Rechtsanspruch auf Zahlung der Kündigungsentschädigung für den Zeitraum von 22. Dezember 2007 bis 30. Juni 2008.
Die hier strittigen Zahlungen von Insolvenz-Ausfallgeld würden immer erst im Nachhinein geleistet, weshalb der Einschränkung des § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 auf "Nachzahlungen" keine Bedeutung beizumessen sei. Insolvenz-Ausfallgeld unterliege deshalb kraft Gesetzes dem Sonderbesteuerungsregime der §§ 19 Abs. 1 (und 67 Abs. 8 lit. g) EStG 1988.
Fraglich bleibe nur, für welches Kalenderjahr die strittigen Ansprüche steuerlich anzusetzen seien. Der Gesetzgeber formuliere, dass Nachzahlungen dem Kalenderjahr zugeordnet würden, für das der Anspruch bestehe. Lege man den Gesetzestext des § 19 Abs. 1 EStG 1988 wortwörtlich aus, könnte entscheidend sein, mit welchen Jahren die Ansprüche - wirtschaftlich - im Zusammenhang stünden. Dieser Zusammenhang könnte - wie bei den hier ausbezahlten Urlaubsersatzleistungen - für mehr als ein Kalenderjahr vorliegen.
Eine solche Auslegung würde aber wohl zu weit gehen. Die belangte Behörde lege die Vorschrift daher so aus, dass für die Zuordnung der Nachzahlungen zu einem bestimmten Kalenderjahr der Zeitpunkt maßgeblich sei, in dem der Anspruch entstanden sei. Bei Insolvenz-Ausfallgeld sei das gemäß § 14 KO bzw. IO und § 3 IESG der berechtigte Austritt des Arbeitnehmers (hier der 21. Dezember 2007). Somit seien die in Rede stehenden Bezüge steuerlich für das Kalenderjahr 2007 zu erfassen. Die Besteuerung dieser Bezüge erfolge nach § 67 Abs. 8 lit. g EStG 1988.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 19 Abs. 1 EStG 1988 erhielt durch das BudgetbegleitG 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, folgende Fassung (Änderungen in Kursivschrift):
"Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen und Bezügen aus der Unfallversorgung, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, gelten in dem Kalendermonat als zugeflossen, für den der Anspruch besteht. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt."
In den Gesetzesmaterialen, AB 369 BlgNR 21. GP, 10, wird zur Neufassung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 ausgeführt, dass über die Zahlung von Pensionen insbesondere aus der gesetzlichen Sozialversicherung bescheidmäßig abzusprechen sei. Vor dem Ergehen des Bescheides seien Akontozahlungen insbesondere bei Witwen- und Waisenpensionen oder in zwischenstaatlichen Fällen nicht möglich. Daher werde für diese Ausnahmefälle über die Regelung des § 19 Abs. 1 zweiter Satz EStG 1988 hinaus eine Zuordnung zu jenem Zeitraum vorgesehen, zu dem die Pensionen und Bezüge wirtschaftlich gehörten.
§ 19 Abs. 1 EStG 1988 wurde durch das AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, geändert und lautete sodann (Neufassung des dritten Satzes in Kursivschrift):
"Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalendermonat als zugeflossen, für den der Anspruch besteht. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt."
Zur Novellierung des dritten Satzes in § 19 Abs. 1 EStG 1988 ist den ErlRV zum AbgÄG 2005 (1187 BlgNR 22. GP) zu entnehmen:
Seite 4: "Insolvenz-/Ausgleichsfall: Arbeitnehmer erhalten erst nach Abschluss des Verfahrens Zahlungen aus dem Insolvenzausgleichsfonds. Es sollen die Einkünfte dem Anspruchszeitraum zugeordnet werden."
Seite 8: "Die Zahlung von Insolvenz-Ausfallgeld erfolgt in vielen Fällen nicht in dem Kalenderjahr, in dem die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers eingetreten ist. Dies führt auf Grund der Progressionswirkung teilweise zu erheblichen Nachzahlungen, wenn die Arbeitnehmer im Folgejahr bei einem neuen Arbeitgeber beschäftigt sind und neben den laufenden Bezügen auch die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren zu versteuern haben, während im Insolvenzjahr nur geringe oder keine steuerpflichtigen Einkünfte vorliegen. Die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren sollen daher - wie bereits bisher Pensionsnachzahlungen - dem Kalenderjahr zugeordnet werden, in dem der Anspruch entstanden ist."
§ 19 Abs. 1 EStG 1988 in der Fassung des AbgÄG 2005 war nach § 124b Z 130 EStG 1988 für Konkurse anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2005 eröffnet wurden, und ist somit die im gegenständlichen Fall maßgebliche Fassung.
Mit dem BudgetbegleitG 2001 wurde im dritten Satz des § 19 Abs. 1 EStG 1988 eine Ausnahme vom Zuflussprinzip für eine bestimmte Art von Nachzahlungen, nämlich für Pensionen (und Bezügen aus der Unfallversorgung), über die bescheidmäßig abzusprechen ist, normiert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. März 2011, 2008/13/0053, 25. September 2012, 2008/13/0150). Nach der die Auszahlung dieser Bezüge regelnde Rechtslage kann sich ergeben, dass die Auszahlung noch nicht in dem Kalendermonat erfolgt, für den der Anspruch besteht, sondern erst deutlich später. Dadurch kommt es zu einem zusammengeballten Zufließen solcher Bezüge, was im Hinblick auf den progressiven Einkommensteuertarif zu einer erhöhten Steuerbelastung führt (siehe Ausschussbericht zum BudgetbegleitG 2001). Die Regelung des § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 verfolgt den Zweck, diese erhöhte Progressionsbelastung hintanzuhalten, indem die Pensionen (und anderen Bezüge) jenen in der Vergangenheit liegenden Monaten (Kalenderjahren) zugeordnet werden, zu denen sie wirtschaftlich gehören.
Im Zuge von Insolvenzverfahren ergibt sich für Dienstnehmer typischerweise die Situation, dass sie ihre Entlohnung nicht mehr regelmäßig am Fälligkeitstag erhalten. Nachträglich erhalten sie dafür zusammengeballt (Ersatz)Zahlungen in Form von Insolvenz-Ausfallgeld nach dem IESG. Die mit dem AbgÄG 2005 vorgenommene Ausweitung des Anwendungsbereiches der Sonderreglung des § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 auf Nachzahlungen im Insolvenzverfahren dient dem Zweck, die negativen Progressionsfolgen der kumulierten Auszahlung zu vermeiden. Im Hinblick darauf führen die ErlRV zum AbgÄG 2005 aus: "Die Nachzahlungen aus dem Insolvenzverfahren sollen daher - wie bereits bisher Pensionsnachzahlungen - dem Kalenderjahr zugeordnet werden, in dem der Anspruch entstanden ist."
Die in Rede stehende Sonderregelung in § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 will somit Bezüge den Zeiträumen zuordnen, in denen sie bei normalem Lauf der Dinge zugeflossen wären, wäre dem nicht im Fall von Pensionen die erst nachträgliche Bescheiderlassung und im Insolvenzfall die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners entgegengestanden. Zweck der Sonderregelung kann es keinesfalls sein, eine bislang noch nicht bekannte Art der progressionserhöhenden Zusammenballung von Einnahmen neu zu schaffen. Für den Beschwerdefall folgt daraus:
Beim vorzeitigen Austritt aus wichtigem Grund nach § 25 Abs. 1 KO gebührt dem Arbeitnehmer gemäß § 29 Abs. 1 und 2 AngG (§ 1162b ABGB) die Kündigungsentschädigung für den Zeitraum von bis zu drei Monaten sofort ("unbedingte" Kündigungsentschädigung). Hinsichtlich dieses Bezuges hat die belangte Behörde zu Recht angenommen, dass durch § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 die Fiktion des Zuflusses für den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses normiert wird. Für den Fall des berechtigten vorzeitigen Austritts ist der Kalendermonat, für den iSd § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 der Anspruch auf Entschädigung besteht, jener, in welchen die Auflösung des Dienstverhältnisses fällt. Daran ändert die Regelung des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 nichts, wonach Kündigungsentschädigungen "gemäß Abs. 10 im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen" sind, besteht doch der normative Gehalt dieser Regelung nicht in der Festlegung eines Zuflusszeitpunktes, sondern darin, dass der Bezug im Monat, für welchen sich der Zufluss aus § 19 Abs. 1 EStG 1988 ergibt, nach der Vorschrift des § 67 Abs. 10 EStG 1988 der Lohnsteuer zu unterziehen ist; solcherart braucht im Beschwerdefall auf das Verhältnis zwischen lit. g und lit. b des § 67 Abs. 8 EStG 1988 nicht eingegangen zu werden.
Die belangte Behörde hat allerdings die Rechtslage verkannt, soweit der angefochtene Bescheid eine Kündigungsentschädigung für den drei Monate übersteigenden Zeitraum betrifft. Für diese Kündigungsentschädigung, bei der gemäß § 29 Abs. 1 AngG (§ 1162b ABGB) einzurechnen ist, was sich der Dienstnehmer infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat (vgl. auch § 1 Abs. 3 Z 3 IESG), ergibt sich aus § 29 Abs. 2 iVm § 15 AngG, dass sie erst im jeweils betroffenen Monat zu leisten ist.
Nach § 14 Abs. 2 KO gelten betagte, also befristete Forderungen im Konkurs als fällig. Die Fälligkeit nach dieser Bestimmung ist anzunehmen, soweit es zum Zweck der Geltendmachung im Konkurs erforderlich ist, also insbesondere zur Feststellung der Forderungen, zur Teilnahme an Abstimmungen und Verteilungen, zur Vornahme der Aufrechnung. Diese konkursspezifische, auf den Konkursteilnahmeanspruch bezogene Fälligstellung der Forderung ändert allerdings materiell-rechtlich an der Fälligkeit der Forderung nichts; so bleibt beispielsweise der vorgegebene Leistungstermin weiterhin maßgeblich für allfällige Verzugsfolgen. Durch § 14 Abs. 2 KO wird somit die Fälligkeit einer betagten Forderung nur insoweit angenommen, als es für Zwecke der Geltendmachung im Konkurs erforderlich ist. Außerhalb des Konkurses kann die Forderung nur geltend gemacht werden, wenn materiell-rechtlich die Fälligkeit eingetreten ist (siehe hiezu etwa OGH vom 17. Dezember 2002, 5 Ob 281/02p, mwN).
Nach § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 ist für die steuerliche Zuordnung von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren der jeweilige Kalendermonat maßgeblich, "für den der Anspruch besteht". Im Hinblick auf den Zweck der Bestimmung, der Progressionswirkung durch die geballte Auszahlung von Ansprüchen aus früheren Zeiträumen entgegen zu wirken, ist es ausgeschlossen, dabei auf die in § 14 Abs. 2 KO - für die Teilnahme am Konkurs - angeordnete Vorverlegung der Fälligkeit auf den Zeitpunkt der Konkurseröffnung abzustellen. Als nicht einschlägig erweist sich auch die Regelung des § 3 Abs. 1 IESG, wonach bei der Ausmessung der Höhe des Insolvenz-Ausfallgeldes betagte Forderungen einbezogen werden. § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 stellt jeweils auf jenen Kalendermonat ab, in welchen materiell-rechtlich die Fälligkeit der Forderung fällt, hier also auf den jeweils zu entlohnenden Monat.
Die streitgegenständliche Urlaubsersatzleistung betrifft offenkundig einen im Zeitpunkt der tatsächlichen Auflösung des Dienstverhältnisses bereits bestehenden offenen (und noch nicht verjährten) Urlaubsanspruch, also (nicht verjährten) Urlaub für das bei Beendigung des Dienstverhältnisses laufende Urlaubsjahr (§ 10 Abs. 1 UrlG) sowie für vergangene Jahre (§ 10 Abs. 3 UrlG). Der Anspruch auf Urlaubsersatzleistung entsteht mit dem Ende des Dienstverhältnisses (vgl. OGH vom 30. August 2007, 8 ObS 14/07b). Dass die belangte Behörde den Anspruch auf eine solche Ersatzleistung bei Anwendung des § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 dem Monat der tatsächlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zugeordnet hat, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Anderes würde gelten in Bezug auf allfällige Urlaubsentschädigungen für Urlaubsjahre nach Auflösung des Dienstverhältnisses, wie sie sich gegebenenfalls aus § 29 Abs. 1 AngG (§ 1162 b ABGB) ergeben könnten; sie wären dann Teil der "bedingten" Kündigungsentschädigung (vgl. OGH 25. Jänner 1989, 9 ObS 15/88) und würden damit auch deren steuerliches Schicksal teilen.
Wie oben ausgeführt, hat die belangte Behörde die Rechtslage im Hinblick auf die "bedingte" Kündigungsentschädigung verkannt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 19. September 2013
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2013:2011150185.X00Im RIS seit
16.10.2013Zuletzt aktualisiert am
03.02.2014