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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
BAO §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta über die Beschwerde des Verbandes ländlicher Genossenschaften in N reg. Gen. m. b. H. in Wien, vertreten durch Dr. Michael Buresch, Dr. Ilse Koreniak, Rechtsanwälte in Wien I, Fichtegasse 2a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. Juli 1997, Zl. GA 9-223/96, betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der Y - GesmbH waren die X - AG sowie die A, B und C (letztere = Beschwerdeführerin) zu je einem Viertel (Nennbetrag des Geschäftsanteiles je S 3,675.000,--) beteiligt.
Am 21. Juni 1995 schloss die X - AG als Verkäuferin mit A, B und C einen Kauf- und Abtretungsvertrag über den Verkauf ihres Geschäftsanteiles an der Y - GesmbH, wobei die drei Käufer diesen Anteil der X - AG zu je einem Drittel übernehmen sollten. Als Kaufpreis wurde S 1,-- pro Käufer vereinbart.
Diesem Vertrag war eine Sondervereinbarung vom 20. Juni 1995 zwischen den Vertragsparteien vorausgegangen, in der sich die Verkäuferin zunächst bereit erklärt hatte, ihren Geschäftsanteil an der Y - GesmbH um S 1,-- an die Käufer zu übertragen.
Die Verkäuferin hatte sich in Punkt 2. zur Leistung eines Gesellschafterzuschusses und zur Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in einen Gesellschafterzuschuss, somit zur Leistung von insgesamt S 25,061.825,-- an die Y - GesmbH verpflichtet, wobei diese Leistungen am 20. Juni 2000 "im Rechnungswesen der Y - GesmbH als Gesellschafterzuschüsse der X - AG zu verbuchen" waren.
In Punkt 3. dieser Vereinbarung hatten sich die drei Käufer zur ungeteilten Hand verpflichtet, für die pünktliche Erfüllung von Haftungen der Verkäuferin für Verbindlichkeiten der Y - GesmbH in einer Gesamthöhe von S 21,061.825,-- zu sorgen und die Verkäuferin von der Haftung für diese Verpflichtungen schad- und klaglos zu halten. Weiters hatten sich die Käufer bereit erklärt, dafür Sorge zu tragen, dass die Verkäuferin aus allen in der Vereinbarung näher bezeichneten Verbindlichkeiten entlassen werde; bis zur endgültigen Entlassung waren von den Käufern Bankgarantien einer österreichischen Bank zur Sicherstellung dieser Verbindlichkeiten beizubringen. Auf Grund dieser Verpflichtung geleistete Beträge hatten die Käufer im Innenverhältnis zu je einem Drittel zu tragen.
Der Kauf- und Abtretungsvertrag wurde dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien am 30. Juni 1995 angezeigt. Dieses setzte mit Bescheid vom 23. November 1995 die Börsenumsatzsteuer für die Beschwerdeführerin mit S 175.515,-- fest. In der Begründung gab das Finanzamt an, dass als Bemessungsgrundlage ein Drittel des Wertes der laut Sondervereinbarung beizubringenden Bankgarantie von S 21,061.825,-- zuzüglich Kaufpreis herangezogen worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie vertrat die Auffassung, bei Punkt 3. der Sondervereinbarung handle es sich nicht um die Zahlung einer Verbindlichkeit, sondern nur um die Übernahme einer Patronatserklärung bzw. einer Wechselbürgschaft. Unter dem vereinbarten Preis nach § 21 Z. 1 KVG sei nur ein Barpreis, dh. eine ziffernmäßig bestimmte Leistung zu verstehen, nicht eine erst schwierig zu bewertende Leistung. Insbesondere die Patronatserklärungen (Pkte. 3.1.1 und 3.1.2 der Sondervereinbarung) stellten lediglich Bestätigungen dar, dass für die finanzielle Bonität der Beteiligungsgesellschaft entsprechend Sorge getragen werde. Selbst wenn es zu einer Heranziehung der Beschwerdeführerin auf Grund einer derartigen Erklärung käme, stünde ihr ein Regressanspruch gegen die Y - GesmbH offen, der mit der Zahlung gegenverrechnet werden müsste, sodass sich nur der Kaufpreis von S 1,-- als Bemessungsgrundlage ergebe. Darüberhinaus seien Teile der Verbindlichkeiten mittlerweile von der Y - GesmbH selbst beglichen worden. Die Beschwerdeführerin stützte ihre Argumentation darauf, dass die Sachverhalte in bisherigen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Z. 1 KVG nicht vergleichbar seien, weil die Beschwerdeführer (oder Dritte) in diesen Fällen stets tatsächlich Zahlungen zu leisten gehabt hätten. Alternativ berief sich die Beschwerdeführerin auf die von der Verkäuferin nach den Pkten. 2.2 und 2.3 der Sondervereinbarung gewährten Gesellschafterzuschüsse. Diese seien mit der Haftungsübernahme der Käufer gegenzuverrechnen, wenn man letztere als Teil der Bemessungsgrundlage ansehe.
In einer Ergänzung zur Berufung brachte die Beschwerdeführerin weiters vor, dass die laut Punkt 3.2. der Sondervereinbarung beizubringende Bankgarantie tatsächlich nicht übergeben wurde, weil die Käufer ihrerseits gegenüber den Banken am 21. Juni 1995 Patronatserklärungen abgegeben haben. Die Steuervorschreibung könne daher nicht auf diese Bankgarantie gestützt werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie berief sich dabei im Wesentlichen darauf, dass Bemessungsrundlage für die Börsenumsatzsteuer nach § 21 Z. 1 KVG der vereinbarte Preis sei, worunter nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Kaufpreis und alle sonstigen ziffernmäßig bestimmten Beträge, die vom Erwerber zu leisten sind, um den Geschäftsanteil zu erhalten, zu verstehen seien. Auch die Übernahme der Haftung für einen Dritten sei, wenn diese conditio sine qua non für das Zustandekommen des Vertrages sei, der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen. Der von der Beschwerdeführerin verwendete Begriff "Patronatserklärung" sei vieldeutig, im gegenständlichen Fall sei die Patronatserklärung eben eine Erklärung, dass für die Schulden der Y - GesmbH bis zu deren Bezahlung gehaftet werde; in diese Erklärung sei die Beschwerdeführerin durch die Sondervereinbarung vom 20. Juni 1995 eingetreten, womit sie die Haftung für den anteilig auf sie entfallenden Betrag übernommen habe. Im vorliegenden Fall hätten die Käufer niemals die Geschäftsanteile der Y - GesmbH erhalten, wären sie nicht in die Haftungen der Verkäuferin eingetreten. Unbeachtlich sei, dass sich die Beschwerdeführerin bei der Y - GesmbH allenfalls regressieren könne, bzw. dass die Y - GesmbH Verbindlichkeiten mittlerweile zurückbezahlt habe. Die Börsenumsatzsteuer besteuere das schuldrechtliche Geschäft ohne Rücksicht auf seine Erfüllung.
Mit der vorliegenden Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem einfachgesetzlich Gewähr leisteten Recht, nur die im Gesetz vorgeschriebene Börsenumsatzsteuer bezahlen zu müssen, verletzt. Des Weiteren macht sie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und
die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 17 Abs. 1 KVG unterliegt der Börsenumsatzsteuer der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland abgeschlossen werden. Nach § 19 KVG gelten als Wertpapiere u.a. Anteile an inländischen Kapitalgesellschaften. Die Steuer wird nach § 21 Z. 1 KVG regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter dem vereinbarten Preis neben dem Kaufpreis auch noch sämtliche anderen ziffernmäßig bestimmten Leistungen zu verstehen, die der Erwerber erbringen muss, um die Geschäftsanteile zu erhalten (vgl. etwa die hg. Erk. vom 19. Jänner 1994, Zlen. 93/16/0142, 0143 und vom 27. Jänner 2000, Zl. 99/16/0454). Auch die Übernahme einer ziffernmäßig bestimmten Haftung ist der Bemessungsgrundlage für die Börsenumsatzsteuer hinzuzurechnen, wenn sie Voraussetzung für den Erwerb des Geschäftsanteiles ist (hg. Erkenntnis vom 16. November 1995, Zlen. 95/16/0111, 0112 und 0113).
Der Beschwerdeführerin muss entgegengetreten werden, wenn sie behauptet, den bisherigen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes seien nur Fälle zugrundegelegen, in denen eine tatsächliche Zahlungsverpflichtung des Erwerbers oder eines Dritten fixiert worden sei. Als Beispiele seien die hg. Erkentnisse vom 19. Februar 1998, Zl. 97/16/0341 und vom 29. Oktober 1998, Zl. 98/16/0217, angeführt, in denen ausgesprochen wurde, dass eine vertraglich übernommene Haftungsverpflichtung ohne Rücksicht darauf in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, ob der Erwerber des Geschäftsanteils letztlich überhaupt als Haftender herangezogen wird. Die Auffassung, dass es für die Steuerpflicht nicht darauf ankommt, ob überhaupt eine Zahlungspflicht des Erwerbers entsteht, ergibt sich aus § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG (idF. vor der in BGBl. I 1999/198 kundgemachten Aufhebung; zur neuen Rechtslage siehe die Darlegungen im oben zitierten hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2000), wonach bedingte Anschaffungsgeschäfte als unbedingt abgeschlossen galten. Diese Bestimmung brachte den für Verkehrsteuern allgemein geltenden Grundsatz zum Ausdruck, dass eine einmal entstandene Steuerpflicht nicht durch einen späteren Wegfall des diese Steuerpflicht begründenden Tatbestandes erlischt (vgl. § 4 Abs. 1 BAO). Daher ist es unerheblich, dass Teile der Verbindlichkeiten, für die die Haftung übernommen wurde, später von der Y - GesmbH erfüllt wurden. Ohne Belang ist es auch, ob für die übernommene Haftung eine Absicherung durch eine Bankgarantie erfolgte. Entscheidend ist allein, dass die ziffernmässig bestimmten Haftungen als Voraussetzung des Anschaffungsgeschäfts übernommen wurden.
Dem Argument der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte die von der Verkäuferin der Gesellschaft gewährten Zuschüsse mit der Bemessungsgrundlage gegenzuverrechnen gehabt, ist zu entgegnen, dass unter dem Preis in § 21 Z. 1 KVG (allein) die Gegenleistung des Erwerbers für die Geschäftsanteile im Zeitpunkt der Übernahme zu verstehen ist. Abgesehen davon, dass für eine solche Aufrechnung die Gegenseitigkeit fehlt, hat daher, was der Veräußerer noch in die Gesellschaft investierte, außer Betracht zu bleiben, auch wenn diese Investition Voraussetzung für das Zustandekommen des Vertrages war. Daher liegt auch der von der Beschwerdeführerin diesbezüglich behauptete Verfahrensmangel nicht vor.
Da mit Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts die Höhe der Abgabenpflicht feststand, lagen die Voraussetzungen des § 200 Abs. 1 BAO nicht vor, eine vorläufige Festsetzung der Steuer kam somit nicht in Betracht.
Der angefochtene Bescheid, mit dem als Bemessungsgrundlage der Kaufpreis und der Anteil an der Haftungsübernahme herangezogen wurde, leidet somit weder an inhaltlicher Rechtswidrigkeit noch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war. Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. November 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997160354.X00Im RIS seit
30.01.2002