TE Vwgh Erkenntnis 2013/9/27 2012/05/0213

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Veröffentlicht am 27.09.2013
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Index

E1P;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Datenschutz;
19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
58/02 Energierecht;

Norm

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47 Abs2;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art48;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art7;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art8;
B-VG Art133 Z1;
B-VG Art144 Abs1;
B-VG Art20 Abs3;
DSG 2000 §1;
E-ControlG 2010 §24 Abs1 Z2;
E-ControlG 2010 §34;
E-ControlG 2010 §36 Abs4;
ElWOG 2010 §10;
MRK Art6 Abs1;
MRK Art8;
StGB §310;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der I Aktiengesellschaft in I, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Dr. Erik R. Kroker, Dr. Simon Tonini, Dr. Fabian Höss und Mag. Harald Lajlar, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Sillgasse 12/IV, gegen den Bescheid des Vorstandes der Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizitäts- und Erdgaswirtschaft (E-Control) vom 6. Dezember 2011, Zl. V MuBu 02/11, PA 4633/11, betreffend einen Auftrag zur Übermittlung von Daten gemäß § 34 E-ControlG und § 10 ElWOG 2010 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit die beschwerdeführende Partei damit verpflichtet wird, auch die in der Bescheidbeilage gestellten "Zusatzfragen" (Blatt 10 des Erhebungsformulars mit dem Titel "Marktuntersuchung Lieferanten Strom 2006-2010 - Zusatzfragen") zu beantworten, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Vorauszuschicken ist, dass der vorliegende Beschwerdefall in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen jenem gleicht, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2012/05/0212, zugrunde liegt.

Auch das gegenständliche Verwaltungsverfahren wurde, nachdem die beschwerdeführende Partei, ein Elektrizitätsunternehmen, von der E-Control mit dem im Erkenntnis, Zl. 2012/05/0212, angeführten Schreiben vom 30. August 2011 zwecks Durchführung einer Marktuntersuchung zur Übermittlung des von ihr auszufüllenden Erhebungsformulars (bestehend aus 10 Tabellenblättern betreffend die Jahre 2006 bis 2010) aufgefordert worden war, durch den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 20. September 2011 auf Erlassung eines Bescheides, worin festgestellt werde, dass gegenüber der E-Control keine Auskunftspflicht hinsichtlich der abgefragten Daten bestehe, eingeleitet.

In diesem Feststellungsantrag brachte die beschwerdeführende Partei u.a. vor, dass diese Marktuntersuchung keine Aufgabe der E-Control sei, die beschwerdeführende Partei als Stromlieferantin nicht gemäß § 34 E-ControlG als Auskunftspflichtige herangezogen werden könne, gemäß § 88 ElWOG 2010 die E-Control nicht zuständig sei und Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG keine Rechtsgrundlage für die Datenabfrage bilde. Ferner widerspreche die Datenabfrage dem Datenschutzgesetz 2010 - DSG 2010 und der Verfassungsrechtslage, und die Erfüllung des Auftrages sei unzumutbar, weil die Ermittlung eines Großteils der abgefragten Daten durch Einzelauswertung der Kundendaten auf Rechnungsebene erfolgen müsste. Die Beschaffung sämtlicher angefragter Informationen wäre in kurzer Zeit nicht bewältigbar. Um eine seriöse Erstellung dieser Informationen zu bewerkstelligen, wäre eine große Anzahl von Mitarbeitern eine Vielzahl von Wochen ausgelastet, was mit erheblichen internen Kosten verbunden wäre. Bei einem Teil der angefragten Informationen sei eine Übermittlung vorhandener Daten bzw. eine Auskunftserteilung schlichtweg nicht möglich, ohne dabei Wertungen, Strategien, Marktabläufe etc. im Einzelnen darzustellen und zu erläutern. Dabei handle es sich nicht mehr um die Erteilung von Auskünften, die Wiedergabe von Informationen oder die Übermittlung von Daten, sondern weit darüber hinausgehend um Erhebungs- und Informationsbeschaffungstätigkeiten, also Strategien, bei denen es sich um wesentliche Eckdaten der Geschäftstätigkeit der beschwerdeführenden Partei handle. An der Nichtoffenlegung derartiger Daten bestehe ein erhebliches schutzwürdiges Interesse. So sei beispielsweise die Auskunft über Beschaffungsstrategien eine persönliche Beurteilung. Die Zusatzfrage im Reiter "FrBesch" wäre in diesem Zusammenhang näher zu konkretisieren bzw. jedenfalls von der Befragung auszunehmen. Ein Teil der angefragten Daten sei der E-Control auf Grund der verpflichtenden Einträge im Tarifkalkulator, der Anzeige von Geschäftsbedingungen, der Informationen gemäß § 88 Abs. 2 iVm Abs. 8 ElWOG 2010 und der regelmäßig abgefragten Marktstatistik - Jahres-/Monatserhebung ohnedies zugänglich. Unabhängig davon könnten Doppelauskünfte weder im Sinn des Anfragenden noch des potenziell Auskunftspflichtigen gelegen sein. Die Bereitstellung der geforderten Daten verursache einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand, zumal die Daten nicht in dieser Zusammenstellung vorhanden seien und gesondert ausgearbeitet werden müssten.

Die belangte Behörde erließ - ohne Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens - den nunmehr in Beschwerde gezogenen, mit dem im hg. Beschwerdeverfahren, Zl. 2012/05/0212, angefochtenen Bescheid im Wesentlichen inhaltsgleichen Bescheid, mit dem die beschwerdeführende Partei zur Übermittlung von in der Bescheidbeilage definierten Daten in elektronischer Form (Excel-Dokument) bis 20. Jänner 2012 verpflichtet wurde.

Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese - gemeinsam mit der von einem weiteren Elektrizitätsunternehmen an den Verfassungsgerichtshof erhobenen, dem hg. Verfahren Zl. 2012/05/0212 zugrunde liegenden Beschwerde - mit Erkenntnis vom 29. September 2012, B 54/12 u.a., abwies und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abtrat, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sei.

In der nunmehr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Beschwerdeergänzung stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, in eventu gemäß § 42 Abs. 3a VwGG in der Sache selbst zu entscheiden und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet sei, das Auskunftsverlangen der E-Control gemäß der Beilage des angefochtenen Bescheides zu beantworten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass - wie im hg. Erkenntnis Zl. 2012/05/0212, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG zur näheren Begründung verwiesen wird, bereits ausgeführt wurde - den Parteien zum Ergebnis einer Beweisaufnahme Parteiengehör einzuräumen ist, wobei allerdings zu Tatsachen, die im Vorbringen einer Partei Deckung finden, dieser kein Parteiengehör gewährt werden muss. Wird in einer Beschwerde die Verletzung des Parteiengehörs gerügt, so hat der Beschwerdeführer jene entscheidenden Tatsachen zu behaupten, die der Behörde wegen des gerügten Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind, und somit dessen Relevanz darzulegen.

Wenn die vorliegende Beschwerde geltend macht, es könne auf Grund der "rollierenden unterjährigen Abrechnung" eine kalendergenaue Bekanntgabe des Verbrauches der einzelnen Kundensegmente nicht vorgenommen werden, weil diese Daten im System der beschwerdeführenden Partei nicht existierten, so steht dieses Vorbringen in Gegensatz zu den im oben genannten Feststellungsantrag vom 20. September 2011 aufgestellten Behauptungen. Die beschwerdeführende Partei hat nämlich zu diesem Antrag, wie oben (I.) dargestellt, vorgebracht, dass die Beschaffung sämtlicher angefragter Informationen in kurzer Zeit nicht bewältigbar sei und "eine große Anzahl von Mitarbeitern eine Vielzahl von Wochen ausgelastet wäre, was auch mit erheblichen internen Kosten verbunden wäre". Bei einem Teil der angefragten Informationen sei eine Übermittlung vorhandener Daten bzw. eine Auskunftserteilung "schlichtweg nicht möglich, ohne dabei Wertungen, Strategien, Marktabläufe etc. im Einzelnen darzustellen und zu erläutern", an deren Nichtoffenlegung ein erhebliches schutzwürdiges Interesse der beschwerdeführenden Partei bestehe. Ferner sei ein Teil der angefragten Daten der E-Control auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen ohnedies zugänglich. "Die Bereitstellung der geforderten Daten verursacht einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand, zumal die Daten nicht in dieser Zusammenstellung vorhanden sind und gesondert ausgearbeitet werden müssen".

Diesem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zufolge wäre somit die Bekanntgabe der von der E-Control angefragten Daten in Bezug auf die einzelnen Jahre des Zeitraumes 2006 bis 2010 nicht unmöglich, sie würde nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei jedoch einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand verursachen. Wenn daher die beschwerdeführende Partei in ihrer Beschwerde vorbringt, eine kalendergenaue Bekanntgabe des Verbrauches in den einzelnen Kundensegmenten könne nicht vorgenommen werden, so handelt es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG), sodass dieses Beschwerdevorbringen unbeachtlich ist. Da die sich aus dem angefochtenen Bescheid erschließende Auffassung der belangten Behörde, dass die Übermittlung der Daten, bezogen auf die einzelnen Jahre 2006 bis 2010, der beschwerdeführenden Partei möglich sei, in dem zu deren Feststellungsantrag erstatteten Vorbringen Deckung findet, liegt aufgrund des Umstandes, dass zu dieser Frage im Verwaltungsverfahren kein Parteiengehör eingeräumt worden war, keine Rechtsverletzung vor.

Dieselben Erwägungen gelten auch in Bezug auf das weitere Beschwerdevorbringen, dass die angefragten Beschaffungsaufwendungen (vgl. die Bescheidbeilage Blatt 8) einzelnen Kundengruppen nicht zugeordnet werden könnten und die beschwerdeführende Partei keine Einteilung ihrer Kunden nach Bundesländern und Landeshauptstädten vornehme, sodass auch dieses Beschwerdevorbringen nicht zielführend ist.

Was das weitere Vorbringen anlangt, dass das Auskunftsersuchen unverhältnismäßig sei, weil die Datenerhebung sehr viel Zeit benötige und eine große Anzahl von Personen im Betrieb binden würde, so zeigt die Beschwerde damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Zur Begründung wird auf das dieselbe Rechtsfrage betreffende Erkenntnis, Zl. 2012/05/0212, verwiesen. Aus denselben Erwägungen ist auch das Beschwerdevorbringen, dass die beschwerdeführende Partei in ihrem System eine andere Dateneinteilung, als nunmehr abgefragt, habe und die Ermittlung der angefragten Informationen durch Einzelauswertung erfolgen müsste, nicht zielführend.

Wenn die Beschwerde vorbringt, die Formulierung "Produktname", "Vertriebsaufwendungen" und "Beschaffungsaufwendungen" ließen einen Interpretationsspielraum offen und einem Kunden könnten mehrere Tariftypen bzw. Produkte zugeordnet werden, so zeigt die Beschwerde damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Auch insoweit kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das Erkenntnis, Zl. 2012/05/0212, verwiesen werden. Im Übrigen sind, wie in diesem Erkenntnis ausgeführt wurde, die aus der Marktuntersuchung in weiterer Folge zu ziehenden Schlussfolgerungen nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides. Ferner kann - mangels Darstellung in der Beschwerde - nicht nachvollzogen werden, inwieweit eine Unmöglichkeit der Datenbekanntgabe darin bestehen soll, dass ein Kunde mehrere Produkte von der beschwerdeführenden Partei bezieht und deshalb mehrere Tariftypen zur Anwendung kämen.

Die Beschwerde bringt weiters vor, dass ein Teil der angefragten Daten der belangten Behörde auf Grund der verpflichtenden Einträge im Tarifkalkulator (§ 65 Abs. 2 ElWOG 2010), der Anzeige von Geschäftsbedingungen (§ 80 Abs. 1 leg. cit), der Informationen gemäß § 88 Abs. 2 iVm Abs. 8 leg. cit. und der ausführlichen, regelmäßig abgefragten Marktstatistik gemäß § 8 Elektrizitätsstatistikverordnung vorliege. Schon im Feststellungsantrag vom 20. September 2011 hat die beschwerdeführende Partei vorgebracht, dass "Doppelauskünfte" nicht im Sinn der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei gelegen sein könnten und die Bereitstellung der geforderten Daten einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand erfordere, "zumal die Daten nicht in dieser Zusammenstellung vorhanden sind und gesondert ausgearbeitet werden müssen". Somit ist die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren selbst davon ausgegangen, dass die angefragten Daten nicht in der geforderten Aufgliederung vorliegen und erst erhoben und ausgearbeitet werden müssen. Damit erweist sich das Beschwerdevorbringen, dass ein Teil der angefragten Daten der belangten Behörde vorliege, als nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus unterlässt es die Beschwerde auch, näher zu konkretisieren, welche der angefragten Daten ihrer Meinung nach der belangten Behörde bereits vorlägen. Mit dem genannten Vorbringen zeigt die Beschwerde daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Diese vertritt im Übrigen die Auffassung, dass die im Spruch des angefochtenen Bescheides genannte "Beilage 1" nicht existiere, weil dem Bescheid als Beilage ein "Fragebogen (siehe S. 5 des bekämpften Bescheides)" beigefügt sei. Schon aus diesem Vorbringen - wie auch den Verwaltungsakten - geht hervor, dass dem angefochtenen Bescheid nur eine Beilage, nämlich der 10 Tabellenblätter umfassende Fragebogen der belangten Behörde, als integrierter Bescheidbestandteil angeschlossen wurde, sodass keine Zweifel daran bestehen können, dass mit "Beilage 1" das Erhebungsformular gemeint ist. Dass auch für die beschwerdeführende Partei keine Unklarheit bezüglich des Charakters des Erhebungsformulars als Bescheidbeilage herrschte, ergibt sich aus dem weiteren Beschwerdevorbringen, in dem auf einzelne Blätter der "Beilage", die - wie die Beschwerde selbst vorbringt - "10 Blätter umfasst", eingegangen wurde. Der genannte Beschwerdeeinwand ist daher nicht berechtigt.

Wenn die Beschwerde die Auffassung vertritt, dass die E-Control im Zusammenhang mit den angefragten Daten über keine Regulierungs- und Aufsichtsbefugnisse verfüge, gemäß § 88 Abs. 1 Z 3 iVm Abs. 2 Z 3 ElWOG 2010 die Landesregierung als Vollzugsorgan bestimmt sei, weshalb der E-Control keine Zuständigkeit hier zukomme, und auch Art. 37 der Richtlinie 2009/72/EG keine Vorgaben enthalte, aus denen eine Kompetenz der E-Control zur Untersuchung von Preisentwicklungen im Lieferbereich ableitbar wäre, so unterliegt sie einem Rechtsirrtum. Denn der angefochtene Bescheid wurde nicht auf § 88 ElWOG 2010 gestützt. Was das Beschwerdevorbringen in Bezug auf Art. 37 der genannten Richtlinie anlangt, so kann zur weiteren Begründung auf das oben genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis, Zl. 2012/05/0212, verwiesen werden.

Aus den in diesen beiden Erkenntnissen dargelegten Erwägungen geht auch das weitere Beschwerdevorbringen fehl, dass der angefochtene Bescheid weder in den §§ 10 und 21 ElWOG 2010 noch in den §§ 24 und 34 E-ControlG eine Grundlage finde. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen der belangten Behörde darin beizupflichten, wenn sie in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass eine Wettbewerbsaufsicht, wie sie etwa in § 24 Abs. 1 Z 2 E-ControlG vorgesehen ist, im Rahmen der intendierten Marktuntersuchung keine preisregulierende Funktion hat und vielmehr eine Beurteilungsgrundlage dafür liefern soll, ob die Entwicklung der Endkundenpreise und die der Großhandelspreise miteinander korrelieren.

Was das Beschwerdevorbringen anlangt, dass in Anbetracht des Inkrafttretens der hier relevanten Bestimmungen des ElWOG 2010 und des E-ControlG mit 3. März 2011 eine rückwirkende Datenabfrage für die Jahre 2006 bis 2010 nicht in Betracht komme, so genügt es, auch hiezu gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das Erkenntnis, Zl. 2012/05/0212, zu verweisen.

Die Beschwerde führt weiters Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) mit dem Hinweis ins Treffen, dass dieser Bestimmung zufolge jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten habe und diese Daten nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden dürften. Ferner weist die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Art. 15 ff GRC mit dem Vorbringen hin, dass nach diesen Artikeln die unternehmerische Freiheit anerkannt sei und Wirtschaftsdaten von Unternehmen ebenso wie personenbezogene Daten natürlicher Personen geschützt seien. Auch unter dem Blickwinkel dieser Bestimmungen stellten § 10 und § 21 ElWOG sowie § 34 E-ControlG keine Grundlage für die Datenanfrage dar, und es seien überdies Abfragen geschützter Daten auf Vorrat unzulässig. Im Hinblick auf Art. 52 Abs. 3 GRC seien die für die EMRK aufgestellten Grundsätze anzuwenden, sodass die Wirtschaftsdaten und Geschäftsgeheimnisse der beschwerdeführenden Partei unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK durch die GRC geschützt seien. Darüber hinaus könnten auf Grund der Beantwortung der gestellten Fragen und der Übermittlung der Daten Rückschlüsse auf den Verbrauch einzelner Kunden gezogen werden.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

In dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hat dieser darauf hingewiesen (RN 52, 53), dass Art. 8 GRC keinen bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten über die Verfassungsbestimmung des § 1 DSG 2000 hinausgehenden Schutzgehalt hat und die in Art. 8 Abs. 2 GRC getroffene Anordnung, dass personenbezogene Daten nur auf einer gesetzlichen Grundlage verarbeitet werden dürfen, durch die den angefochtenen Bescheid tragenden gesetzlichen Grundlagen gewährleistet ist, wobei auch eine Prüfung am Maßstab der Grundrechte des Art. 8 EMRK und des Art. 7 GRC zu keinem anderen Ergebnis als diejenige am Maßstab des § 1 DSG 2000 und des Art. 8 GRC führt. Den von der beschwerdeführenden Partei geäußerten Bedenken, dass durch den angefochtenen Bescheid in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 DSG 2000 iVm Art. 8 EMRK eingegriffen werde, wurde durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes geantwortet. Zu einer (nochmaligen) Behandlung eines die Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptenden Beschwerdevorbringens ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. Art. 133 Z 1 und Art. 144 Abs. 1 B-VG).

Soweit mit dem zuvor wiedergegebenen Beschwerdevorbringen die Verletzung von Bestimmungen des ElWOG 2010 und des E-ControlG behauptet wird, zeigt die Beschwerde auch insoweit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. So ist die Regulierungsbehörde einerseits auf Grund des § 36 Abs. 4 E-ControlG verpflichtet, die Vertraulichkeit wirtschaftlich sensibler Informationen bei ihren Veröffentlichungen auf ihrer Homepage zu wahren. Andererseits werden die Interessen der beschwerdeführenden Partei an der Wahrung der Vertraulichkeit ihrer der Regulierungsbehörde und den Wettbewerbsbehörden bekanntgegebenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse insbesondere auch durch Art. 20 Abs. 3 B-VG geschützt. Die Einhaltung der Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit steht überdies unter der Sanktion des § 310 StGB ("Verletzung des Amtsgeheimnisses"). Mit der nicht weiter begründeten Mutmaßung, es sei nicht ausreichend sichergestellt, dass die von der belangten Behörde im Rahmen des angefochtenen Bescheides angefragten Daten und Informationen ausreichend vertraulich behandelt würden, zeigt die Beschwerde somit auch unter dem Blickwinkel des zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - dazu wird im Übrigen auf das Erkenntnis, Zl. 2012/05/0212, verwiesen - keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Dem weiteren Beschwerdevorwurf, der angefochtene Bescheid stehe in Widerspruch zu Art. 41, 47 und 48 GRC, wonach jede Person ein Recht darauf habe, dass ihre Sache in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt werde, kommt ebenso keine Berechtigung zu. So verfängt der Hinweis auf Art. 48 GRC bereits deshalb nicht, weil es sich beim gegenständlichen Verwaltungsverfahren um kein Strafverfahren handelt. Auch mit dem Hinweis auf Art. 47 GRC, wonach jede Person, deren durch das Unionsrecht garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen (Abs. 1), und das Recht hat, dass ihre Sache von dem Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird (Abs. 2), ist für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Dass die beschwerdeführende Partei in ihrem Feststellungsantrag vom 20. September 2011 oder vor Erlassung des angefochtenen Bescheides an die belangte Behörde einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen Verhandlung gestellt habe, wird weder in der Beschwerde behauptet noch ergibt sich dies aus den Verwaltungsakten. Im Übrigen handelt es sich bei der belangten Behörde um kein Gericht, sodass diese dem Art. 47 Abs. 2 GRC nicht entsprechen konnte und deshalb nicht gehalten war, eine öffentliche Verhandlung durchzuführen.

Der Verwaltungsgerichtshof erfüllt bei Wahrnehmung seiner gesetzlichen Befugnisse zur Sachverhaltskontrolle die Anforderungen an ein Gericht mit hinreichender Kontrollbefugnis in Tatsachenfragen im Sinn des Art. 6 Abs. 1 EMRK und des Art. 47 Abs. 2 GRC (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 5. März 2012, KI-5/11 u.a. und KI- 2/12, mwH auf weitere Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR), sodass dem Art. 47 GRC insoweit entsprochen ist. Einen Antrag im Sinn des Art. 47 Abs. 2 GRC, dass über die Beschwerde eine öffentliche Verhandlung stattfinde, hat die beschwerdeführende Partei an den Verwaltungsgerichtshof nicht gestellt, sodass dieser nicht gehalten war, eine solche Verhandlung durchzuführen. Im Übrigen lassen die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsakten erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, zumal das Verfahren rechtliche und "hochtechnische" Fragen betrifft, zu deren Beantwortung auch im Sinne der Judikatur des EGMR (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2013, Zlen. 2012/05/0120 bis 0122, mwH auf die Rechtsprechung des EGMR; ferner etwa das Urteil des EGMR vom 18. Juli 2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle gegen Liechtenstein) eine öffentliche, mündliche Verhandlung nicht geboten erscheint.

Was den Beschwerdehinweis auf Art. 41 GRC und damit im Zusammenhang den Beschwerdevorwurf anlangt, dass die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides kein weiteres Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, so ist dazu auszuführen, dass, wie oben erwähnt, nach der hg. Judikatur - die im Erkenntnis, Zl. 2012/05/0212, bereits ausführlich dargestellt wurde - die Verletzung des Parteiengehörs nur dann die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bewirkt, wenn der Beschwerdeführer jene entscheidungswesentlichen Tatsachen behauptet, die der Behörde wegen des Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind, und wenn auf Grund deren Feststellung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Ein Beschwerdeführer darf sich daher nicht darauf beschränken, den Verfahrensmangel aufzuzeigen, sondern er muss auch konkret darlegen, welches Vorbringen er bei Vermeidung des Verfahrensmangels durch Einräumung des vermissten Parteiengehörs im Verwaltungsverfahren erstattet hätte und inwiefern die belangte Behörde dadurch zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 45 AVG E 536, 538 und 539 zitierte Rechtsprechung).

Ein solches ausreichendes Vorbringen zur Relevanz ihres Vorwurfes, dass die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides Ermittlungen hätte vornehmen müssen - insbesondere auch in Bezug auf die Behauptung, dass die Datenabfrage unverhältnismäßig sei -, hat die beschwerdeführende Partei, sieht man von ihrem Vorbringen in Bezug auf die gestellten Fragen zur "Beschaffungsstrategie" ab (dazu im Folgenden), nicht erstattet. Insoweit zeigt daher die Beschwerde mit ihrer Verfahrensrüge keinen wesentlichen Verfahrensmangel auf.

In Bezug auf das Tabellenblatt 10 des Erhebungsformulars (Beilage 1 des angefochtenen Bescheides) bringt die Beschwerde vor, dass die in diesem Blatt gestellten Zusatzfragen, bei denen es nicht um Daten, sondern um Strategien ("Beschaffungsstrategien") gehe, besonders schutzwürdig seien, die "Beschaffungsstrategie" der beschwerdeführenden Partei eine äußerst komplexe Materie darstelle, deren Darlegung kaum möglich sei, und das Auskunftsverlangen (auch) insoweit unverhältnismäßig sei und somit über das der belangten Behörde eingeräumte Ermessen hinausgehe.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

In dem genannten Blatt Nr. 10 werden, wie im Fall des hg. Erkenntnisses Zl. 2012/05/0212, von der belangten Behörde drei "Zusatzfragen" gestellt, nämlich:

"1. Beschreiben sie die für die Beschaffung und den Vertrieb relevanten Kundengruppen (z.B. Groß- und Kleinkunden) und geben Sie Unterscheidungskriterien an.

2. Beschreiben sie die Beschaffungsstrategie je Kundengruppe (siehe Frage 1).

3. Gibt es eine fixe Verbrauchsmindestgröße für Back-to-Back Beschaffung? Wenn ja, wie hoch ist diese? Wenn nicht, ab welcher Verbrauchhöhe wird in der Regel Back-to-Back Beschaffung angeboten?"

Schon in ihrem Feststellungsantrag vom 20. September 2011 hat die beschwerdeführende Partei vorgebracht, dass es sich bei einem Teil der angefragten Informationen nicht um "Daten", sondern um weit darüber hinausgehende "Strategien" handle, die die wesentlichen Eckdaten ihrer Geschäftstätigkeit umfassten, wobei die Auskunft über Beschaffungsstrategien eine persönliche Beurteilung darstelle und die Zusatzfrage näher zu konkretisieren sei. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt. Dessen Begründung bildet daher keine tragfähige Grundlage für eine Beurteilung, ob die Beantwortung der im Erhebungsblatt 10 gestellten Zusatzfragen für die Wahrnehmung der Aufgaben der E-Control erforderlich und angemessen sind und welche konkreten Daten hier übermittelt werden sollen, zumal der Begriff "Strategie", der laut dem Blatt 10 durch keine Ausfüllhilfe näher erläutert wird, einen sehr weiten Interpretationsspielraum offen lässt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher in Bezug auf die in diesem Blatt der Bescheidbeilage gestellten Zusatzfragen als mit einem wesentlichen Feststellungs- und Begründungsmangel belastet, sodass der Bescheid insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war. Im Übrigen war hingegen die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. September 2013

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012050213.X00

Im RIS seit

18.10.2013

Zuletzt aktualisiert am

06.12.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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